Analyse von Gartner und Experton

Die 4 wichtigsten MDM-Anbieter

11.12.2012 von Moritz Jäger
Mehr als 100 Anbieter von Mobile Device Management gibt es. Bei der Auswahl sollten CIOs sorgfältig analysieren. Mit Checkliste, wie man Übernahmekandidaten erkennt.
Mehr als 100 Anbieter tummeln sich laut Gartner auf dem Markt für Mobile Device Management.
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Wer als CIO vor der Wahl einer Lösung zum Verwalten von Smartphones und Tablets steht, verliert schnell den Überblick: Mehr als 100 Anbieter tummeln sich laut Gartner auf dem Markt für Mobile Device Management (MDM). Zur schieren Anzahl kommt hinzu: Etliche könnten bald vom Markt verschwinden, weil sie von Wettbewerbern geschluckt werden.

Dass die Bedeutung von MDM wächst, zeigen Zahlen von Gartner. In fünf Jahren werden laut den Analysten neun von zehn Firmen mindestens zwei mobile Betriebssysteme unterstützen. 65 Prozent werden bis 2017 eine MDM-Lösung nutzen. Auf dem MDM-Markt geht es derweil alles andere als ruhig zu. BlackBerry-Hersteller Research In Motion (RIM) hat sich schon 2011 mit der Übernahme von Ubitexx Know-how im iOS- und Android-Management zugekauft.

Auch Google hat in seinen Apps for Business Funktionen zur Verwaltung von Android-Geräten integriert, bisher aber nur mit rudimentären Optionen. Das könnte sich 2013 ändern, denn Google hat mit dem Kauf von Motorola auch 3LM übernommen. Der Anbieter hat sich nicht nur auf die Verwaltung von Android spezialisiert, sondern sichert das Betriebssystem über Firmware-Erweiterungen zusätzlich ab. Wann genau Google diese Produkte komplett in die Produktlinie integriert und wie es sie Nutzern zur Verfügung stellt, ist bisher allerdings offen.

Bei Gartner vorn: Mobile Iron

Gartner sieht den kalifornischen Anbieter Mobile Iron aktuell auf der Pole-Position. Das 2009 gegründete Unternehmen habe 2011 ein beeindruckendes Umsatzwachstum von 400 Prozent verzeichnet. Zu den größten Pluspunkten von Mobile Iron zählen laut Gartner die umfangreichen Funktionen rund um das Lifecycle-Management von Geräten, das App-Deployment oder die Funktionen zur Überwachung anfallender Kosten. Außerdem sei Mobile Iron in wachsenden Märkten wie Europa, Asien oder auch China stark verbreitet.

Mobile Iron bietet sein MDM als On-Premise-Lösung namens Virtual-Smartphone-Plattform und unter der Bezeichnung Connected Cloud auch aus der Wolke an.

Update: Gartner verlässt sich für den Bericht auf teilweise überholte Daten. Mobile Iron hat bereits länger eine Funktion nachgerüstet, die eine Trennung zwischen privaten und Unternehmensdaten ermöglicht. Mit Hilfe von AppConnect und AppTunnel kann man eine so genannte Mobile App Persona erstellen. Unsere Schwesterzeitung ComputerWoche beschreibt die Funktion in diesem Beitrag genauer.

Wolfgang Schwab Manager Advisor, Experton Group: "Derzeit gibt es eine ganze Reihe von Anbietern, die sehr gute Produkte haben, aber gleichzeitig als Übernahmekandidaten gelten."
Foto: Experton Group

Die unübersichtliche Gemengelage wirft für CIOs die Frage auf: Ist die Lösung, die ich heute kaufe, auch morgen noch relevant? "Derzeit gibt es eine ganze Reihe von Anbietern in diesem Segment, die sehr gute Produkte anbieten, jedoch gleichzeitig als Übernahmekandidaten gelten, weil sie jung, klein und stark wachsend sind", sagt Wolfgang Schwab von der Experton Group. "Für längerfristige und strategische Projekte kann dies zu einem deutlichen Risiko werden", so der Analyst.

Rund die Hälfte der in Deutschland aktiven Anbieter sieht Schwab als mögliche Übernahmekandidaten. Für nächstes und übernächstes Jahr rechnet er mit einer großen Konsolidierungswelle, bei der nur sieben bis zehn MDM-Anbieter als selbstständige Firmen übrig bleiben. Namen von Übernahmekandidaten nennt der Marktexperte nicht - allerdings Hinweise, anhand welcher Kriterien CIOs Hersteller beurteilen können.

Als Indizien, dass ein Unternehmen ein möglicher Übernahmekandidat für größere Mitbewerber ist, nennt Wolfgang Schwab:

Hohes Sicherheitslevel: Good Technology

Der Anbieter ist einer der bekanntesten Mitspieler im europäischen Markt. Laut Gartner hat das Unternehmen einen guten Ruf sowie eine ausgewiesene Erfolgsgeschichte im Bereich Enterprise Mobility. Ein weiterer Vorteil ist die Trennung von beruflichen und privaten Informationen über mehrere Betriebssysteme hinweg. Dazu kommen gute Sicherheitsfunktionen: Die Lösung entspricht dem US-amerikanischen Kryptografiestandard FIPS 140-2 und bietet Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mit 192 Bit. Zudem kooperiert das Unternehmen mit zahlreichen Mobilfunkanbietern.

Zu den Schwächen von Good Technology zählt Gartner die hohen Kosten pro Nutzer; zudem liefert das Unternehmen keine Integration in bestehende BlackBerry-Management-Lösungen. Kernstück des MDM ist die Messaging-Lösung, die als sehr sicher gilt. Allerdings ist ihr Einsatz Voraussetzung für die Nutzung des gesamten MDM-Produkts. Das heißt: Selbst wer die Messaging-Lösung nicht braucht, muss sie erwerben.

Nicht nur Übernahmen können die Verfügbarkeit einer Lösung beeinflussen - manche werden auch einfach nicht weiterentwickelt, wenn etwa der Mutterkonzern die MDM-Sparte aufgibt. Bei der Auswahl einer Lösung sollten IT-Chefs diesen Fall mit einkalkulieren. Schwab liefert fünf Kennzahlen, die ein mögliches Ende ankündigen. Laut dem Analysten sollten CIOs bei diesen Punkten vorsichtig werden:

Phillip Redman Research VP, Gartner: "Aktuell sind noch mehr als 85 Prozent der MDM-Systeme on-premise, in den nächsten Jahren wird sich das ändern."
Foto: Gartner

Neben der Auswahl der Anbieter stellt sich für CIOs künftig verstärkt die Frage, ob sie ihr MDM noch lokal installieren. Marktforscher Gartner erwartet künftig verstärkt den Einsatz von Cloud-Lösungen. Laut Analyst Phillip Redman sind aktuell noch mehr als 85 Prozent der MDM-Systeme on-premise, in den nächsten Jahren soll sich das ändern. Die Vorteile liegen auf der Hand, Kosten für die Softwarepflege oder die notwendige Hardware tragen die Hersteller. Dafür gibt das Unternehmen allerdings die Kontrolle der Daten teilweise in fremde Hände - eine Vorstellung, die nicht jeden CIO ruhig schlafen lässt.

Stark in Firmen vertreten: Research In Motion

RIM hat angekündigt, sich im nächsten Jahr weiter für andere Plattformen und Betriebssysteme neben der eigenen BlackBerry-Plattform zu öffnen. Bereits jetzt kann der BlackBerry-Fusion-Server iOS und Android verwalten. Laut Sasha Lekic, Director Enterprise Sales Germany bei RIM, wird der kanadische Hersteller das BlackBerry-Sicherheitsmodell für Daten und Geräte von Third-Party-Herstellern ausweiten. Ein interessanter Ansatz: Schafft es RIM, seine Sicherheitskomponenten für iOS und Android anzupassen, dürfte dies die Sicherheit auf in Unternehmen verwendeten Smartphones mit den Betriebssystemen von Apple und Google drastisch erhöhen.

Allerdings muss RIM nicht nur gegen technische Konkurrenz kämpfen, sondern auch an seinem Image arbeiten. Gartner sieht den Konzern dennoch als nicht zu unterschätzende Marktmacht, wenn der Neustart glückt.

Zu den wichtigsten Spielern auf dem deutschen Markt für Mobile Device Management zählen vor allem vier Unternehmen. Zuvorderst Mobile Iron, das Gartner in seinem aktuellen "Magic Quadrant" für den MDM-Markt als "Leader" sieht. Einer der engsten Wettbewerber ist Good Technology - mit einem ähnlichen Portfolio und ebenfalls hoher Bewertung von Gartner.

Research In Motion wird derzeit zwar gerne totgeschrieben, ist aber mit großen BlackBerry-Installationen noch immer stark in den Unternehmen vertreten. Nach RIM-Angaben nutzen sämtliche DAX-Mitglieder und mehr als 450 der Top-500-Unternehmen die Lösung der Kanadier. Microsoft schließlich könnte im nächsten Jahr zu einem der großen Spieler im Mobile- und MDM-Markt aufsteigen, nicht zuletzt durch Windows Phone 8 und die Tablet-Versionen von Windows 8.

Vor dem Aufstieg: Microsoft

Microsoft hat nicht nur gute Erfahrungen im Geräte-Management, sondern liefert mit Windows Phone und Windows 8 zwei der künftigen Plattformen für Unternehmen. Dazu darf man nicht unterschätzen, dass

Microsoft mit Exchange schon zahlreiche Unternehmensfunktionen für iOS und Android zur Verfügung stellt - Apple, Google und andere Anbieter lizenzieren diese Technik, um den Anschluss an Exchange Server sowie grundlegende Verwaltungsfunktionen zu integrieren.

Mit der Aktualisierung seines Intune-Dienstes Ende Mai hat Microsoft einen weiteren Schritt in Richtung Management mobiler Geräte unternommen. Intune kann nun nicht nur Windows-Systeme verwalten, sondern unterstützt auch Apple iOS und Google Android. Durchaus denkbar ist, dass der Konzern aus Redmond einen anderen Anbieter übernimmt, um seine Fähigkeiten in diesem Bereich weiter auszubauen.