Antizyklisch verhalten

Die vergebene Chance der CIOs

14.10.2009 von Dan Bieler
Je flexibler CIOs die Kosten und Investitionen halten, umso besser können sie sich auf den Aufschwung vorbereiten. Leider verfolgen die meisten eine sehr defensive Strategie. Dabei bieten mobile IT-Lösungen für ERP, CRM und Unified Communications das Potenzial für Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen, meint Dan Bieler von IDC in seiner Kolumne.
Nutzen Sie die Zeit, um antizyklisch zu investieren und so den ITK-Wettbewerbsvorteil entsprechend auszubauen, sagt Dan Bieler, Director Consulting, European Telecommunications & Networking bei IDC in München.

Wie der bevorstehende Aufschwung genau aussehen wird, kann niemand sicher sagen. Wichtig ist aber, dass die Kosten in den Unternehmen - auch während der Aufschwungphase - genau kontrolliert werden müssen. Je flexibler die Kosten und Investitionen gehalten werden, umso besser kann sich ein Unternehmen dann auf den Aufschwung vorbereiten - wann immer er auch kommen wird.

Leider verfolgen die meisten IT-Entscheider derzeit eine sehr defensive Strategie. Investitionen werden gekürzt, Projekte vertagt und so entwickelt sich eine Art Bunker-Mentalität, die über die wirtschaftlich schweren Zeiten hinweghelfen soll. Wir glauben, diese Einstellung wird sich rückblickend in vielen Fällen als vertane Chance entpuppen.

Schon Warren Buffett, einem der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten, wird nachgesagt für sich erkannt zu haben "never miss a good crisis". Deshalb der Appell an alle IT-Entscheider: Nutzen Sie die Zeit, um antizyklisch zu investieren und so den ITK-Wettbewerbsvorteil entsprechend auszubauen. Natürlich muss man dafür über den eigenen Schatten springen können. Aber gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollten Firmen es schaffen, preislich besonders attraktive Angebote einzuholen.

Mobilität, Haupttreiber für mehr Profitabilität

Mobilität spielt zwar bei der Erneuerung der Firmeninfrastruktur eine zentrale Rolle, ist aber kein Ziel an sich, sondern nur Mittel zum Zweck. Wir sehen ein erhebliches Potenzial für Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen durch das Einführen von mobilen Lösungen; insbesondere durch verbesserte Teamarbeit und Erreichbarkeit. In Gesprächen mit CIOs und IT Managern, die die Unternehmenskommunikations-Infrastruktur ihrer Organisationen grundlegend erneuern, wird immer wieder auf die Mobilität als der Hauptreiber für verbesserte Profitabilität und Effizienz verwiesen.

Dabei ist Mobilität schon lange nicht mehr die Domäne der Unternehmensleitung. Mittlerweile sind mobile Lösungen für alle Mitarbeiterebenen unerlässlich, um einen effizienten Betrieb zu gewährleisten und exzellente Kundenbeziehungen zu wahren. Die Gruppe der Information Workers benötigt den Zugang zu Informationen, um mit Kollegen jederzeit von allen Orten aus zusammenarbeiten zu können - unabhängig von der Branche, in der sie arbeiten.

Die Planung der Kommunikationsinfrastruktur als strategische Notwendigkeit

Im Rahmen der Entwicklung der Unternehmenskommunikations-Infrastruktur wird Mobilität einen viel höheren Stellenwert einnehmen als in der Vergangenheit. Wer die strategische Rolle der Mobilität unterschätzt oder als separate Insellösung der weiteren ITK-Infrastruktur betrachtet, riskiert ihr Potenzial nicht voll zu nutzen. Die Folgen können Verluste zunächst von Kunden oder sogar Marktanteilen sein.

Laut einer IDC Analyse behaupten immerhin 72 Prozent der Firmen, dass sie eine dokumentierte Kommunikationsstrategie haben (Abbildung 1). Mobile Sprachtelefonie spielt weiterhin die grö?te Rolle, gefolgt von Messaging Anwendungen wie Instant Messaging, Mobile Email und Remote Access. Nur vier Prozent der Firmen behaupten, dass Mobilität in ihrer Kommunikationsstrategie nicht enthalten ist.

Abbildung 1: Mobile Elemente der Unternehmenskommunikationsstrategie Quelle: IDC Umfrage zur Kommunikationsnachfrage bei IT Managern in Europa; November 2008; n = 326.

Die Analyse zeigt auch, dass sehr viele Firmen mit Enterprise Mobility hauptsächlich Datenkarten und Mobile E-Mail assoziieren. Das wirkliche Potenzial für Produktivitäts-und Effizienzsteigerungen wird natürlich durch einen solchen limitierten Ansatz nicht genutzt.

Wir betrachten Enterprise Mobility jedoch als Teil des umfassenderen Unified Communication (UC) Trends. Wie man in Abbildung 1 sehen kann, erkennen leider viel zu wenig Firmen diesen Zusammenhang und planen Mobilitäts-Lösungen ohne die UC-Komponente vollständig zu integrieren. In Europa verfolgen nur 15 Prozent der befragten Unternehmen eine mobile Strategie, die UC als zentralen Bestandteil beinhaltet.

Im Zuge der Mobilisierung von IT-Lösungen wie Enterprise Resource Planning (ERP) oder Customer Relationship Management (CRM) wird die Bedeutung von Systemintegration in der Kommunikationsinfrastruktur stark ansteigen. Mobile Lösungen werden in den wenigsten Fällen als Insellösung oder als ein Grüne-Wiese-Szenarium wachsen. Stattdessen wollen immer mehr Unternehmen Mobilität mit Elementen ihren bestehenden IT-Lösungen sowie Bestandteilen ihrer Festnetz Kommunikationslösungen integrieren. Dies stellt die Unternehmen vor weitreichende Integrationsherausforderungen, um eine Interoperabilität zwischen verschiedenen Software-Lösungen und Geräten zu gewährleisten.

Darüber hinaus sehen wir, dass Social Media Teil der Kommunikations-infrastruktur wird. Eine langfristige Mobilitäts-Strategie muss daher auch die Bedürfnisse von Prosumern im Geschäftsumfeld unterstützen. Dies gilt besonders da die Popularität von Social Media Applikationen wie Twitter, LinkedIn oder Facebook auf mobilen Geräten zunehmend im Geschäftsumfeld sichtbar wird, wie für den Austausch von Informationen über informelle Kanäle. Unternehmen sollten sich eine Strategie überlegen, wie sie mit dieser Entwicklung umgehen.

4 Schritte zum Erstellen und Umsetzen der Mobilitätsstrategie

CIOs, die an einer mobilen Lösung arbeiten, sollten folgende Punkte im Auge behalten:

1. Die Krise nutzen: Die Krise bietet die Möglichkeit, mobile Lösungen zu preislich attraktiven Konditionen auszubauen.

2. Die Chance auf Erneuerung der Kommunikationsinfrastruktur: Die mobile Lösung nicht nur als Teil eines weiteren UC Trends betrachten, sondern auch als Chance auf Neugestaltung von Geschäftsprozessen. Mobilität geht weit über Sprache und reinen Datenaustausch hinaus und betrifft Aspekte wie Auftragsverwaltung, Kundenbetreuung, Buchführung, Arbeitszeiterfassung, Optimierung der Logistik usw.

3. Ein modulares Konzept, basierend auf offenen Standards: Damit Interoperabilität gewährleistet werden kann, sollte man auf einen schrittweisen Roll-out setzen und mit modularen Elementen an der mobilen Lösung arbeiten. Auch wegen der Budgetzwänge sollten ITK-Projekte aus modularen Komponenten bestehen, um bestehende Investitionen und noch nicht vollständig abgeschriebene Lösungen integrieren zu können.

Einfache Benutzung entscheidet über Erfolg

4. Eine für Endnutzer relevante und einfach bedienende Kommunikations-Lösung erstellen: Entscheidend ist es, größten Wert auf einfache Benutzung zu legen, damit die Lösungen von den Nutzern auch wirklich angenommen werden. Wenn Endnutzer nicht verstehen, wie sie die Lösung anwenden sollen, wird die Investition in die mobile Lösung ein Flop und zahlt sich nicht aus. Etwa ein Drittel der CIOs berichtet, dass sie auf gewisse Zurückhaltung unter den mobilen Endnutzern sto?en. Eine frühe Einbindung der Mitarbeiter in die Planung sowie in das Training kann helfen, Vorbehalte zu minimieren.

Dan Bieler ist Director Consulting, European Telecommunications & Networking bei IDC in München