Budget, Mitarbeiter und Wissen fehlen

Digitalisierung: Viele Hürden für Deutschen Mittelstand

13.03.2016
Sie können nicht so, wie sie wollen: Gerade kleine Mittelständler in Deutschland würden ihre Geschäftsmodelle gerne digitaler machen und sich damit für die Zukunft rüsten. Doch eine Analyse zeigt: Viele Hürden auf dem Weg dorthin verhindern das.

Jeder dritte Mittelständler hierzulande scheitert einer Studie zufolge beim Versuch, stärker auf den Trend der Digitalisierung zu setzen. Die größten Hemmschuhe sind demnach zu kleine Budgets, Fachkräftemangel oder fehlendes Wissen im eigenen Betrieb. Ausgerechnet kleine Mittelständler gerieten so oft in die Bredouille, da sie im Vergleich zu den Branchengrößen zurückfielen, obwohl gerade sie von den Früchten der Digitalisierung profitieren könnten. Das Zukunftsthema beschreibt etwa Online-Bezahlsysteme, die Kundenbetreuung per Smartphone-App oder intelligente Logistik und Produktion, aber auch automatische Verschleiß- und Wartungshinweise.

Diese Warnung vor einer Zweiklassengesellschaft bei der Digitalisierung des Mittelstandes ist ein Ergebnis einer Analyse des Beratungskonzerns EY aus Stuttgart. Die Studie lag der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag vor. Sie umfasst 3000 Betriebe und ist laut EY repräsentativ für den gesamten deutschen Mittelstand. Der gilt als Rückgrat der Wirtschaft. Ab diesem Montag (14.3.) macht auch die Weltleitmesse CeBIT die Chancen und Risiken des Mittelstands beim digitalen Wandel zum Thema.

Die gute Konjunktur in den Betrieben überdecke das Problem derzeit noch, sagte EY-Partner und Studienleiter Peter Englisch. Er warnte: "Wenn die Zeiten schlechter werden, wird sich die Spreu vom Weizen trennen und Unternehmen mit konsequenter Digitalisierungsstrategie werden einen Vorteil im Wettbewerb haben." Während Dienstleister und Handel schon heute verstärkt auf die Digitalisierung setzten, liefen die Industrie sowie der Bau- und Energiebereich meist noch hinterher.

4 Tipps zur Digitalisierung von Unternehmen
Vier Tipps zur erfolgreichen Digitalisierung
Drucken Sie noch oder digitalisieren Sie schon? In unserem Quiz wollen wir von Ihnen wissen, welchen Grad der Digitalisierung Sie und Ihr Unternehmen erreichen. Doch Raum für Verbesserungen gibt es immer, deswegen haben wir für Sie vier nützliche Tipps zur erfolgreichen Digitalisierung Ihres Unternehmens.
1. Mehr Akzeptanz durch modulare Lösungen
Um die Akzeptanz neuer Technologien bei den Mitarbeitern zu gewährleisten, sollten diese frühzeitig eingebunden und die Veränderungen langsam, aber stetig vorgenommen werden. Am besten eignen sich dafür modular aufgebaute Lösungen, die sich nach dem Baukastenprinzip erweitern lassen.
2. Anforderungen definieren
Definieren Sie zunächst die Anforderungen an digitale Lösungen zur Prozessoptimierung – und zwar zusammen mit den betroffenen Mitarbeitern und Managern. Nur intuitiv zu bedienende und sichere Lösungen, die sich einfach und bereichsübergreifend implementieren lassen, tragen wirklich dazu bei Prozesse zu vereinfachen und Zeit zu sparen. Deshalb sollte die eingesetzte Technologie nicht nur zu den aktuellen Anforderungen des Unternehmens passen, sondern auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigen.
3. Alle Unternehmensbereiche einbeziehen
Holen Sie alle Beteiligten mit ins Boot. Die Erfahrung zeigt, dass Einführungsprozesse deutlich effizienter ablaufen, wenn jeder Unternehmensbereich mit einbezogen wird. So lassen sich kritische Punkte und mögliche Risiken bereits im Vorfeld abschätzen und minimieren. Entscheidend ist, die Vorteile, die dem Unternehmen durch neue Lösungen entstehen, frühzeitig zu definieren und an alle Anspruchsgruppen zu kommunizieren. So sparen Sie Kräfte, um die entscheidenden letzten Schritte zu gehen.
4. Ganzheitlicher Ansatz und Agilität
Sie sollten Ihre Strategie, Struktur, Kultur und Prozesse permanent hinterfragen und gegebenenfalls neu ausrichten und nachjustieren. Dabei immer an die Anwender denken und alle Mitarbeiter und Führungskräfte motivieren, sich in einen kontinuierlichen Dialog und Verbesserungsprozess einzubringen.

Generell scheint der Einzug digitaler Technologien in den deutschen Mittelstand nicht mehr aufzuhalten. Bei gut jedem zweiten Unternehmen (54 Prozent) spielen digitale Technologien bereits eine große oder mittelgroße Rolle für das Geschäftsmodell. Jedoch gibt immerhin noch jedes fünfte Unternehmen an, dass sie gar keine Rolle spielten.

Das wird sich ändern. "Deutschland ist ein Hochtechnologie-Standort, der von der Innovation lebt", sagt Englisch. Beispiele für digitale Revolution gibt es längst: Uber mischt die Taxibranche auf, AirBnB lehrt Hoteliers das Fürchten und Fließbänder vernetzen sich mit den Bauteilen. Aber auch die Analyse von gegnerischen Mannschaften per Software ist für die deutsche Fußballnationalmannschaft schon Alltag.

Gut jedes dritte Unternehmen (35 Prozent) geht laut der EY-Studie davon aus, dass die Bedeutung der Digitalisierung in den nächsten fünf Jahren deutlich zunehmen wird. 39 Prozent erwarten immerhin noch eine leichtes Plus. Laut Fachmann Englisch hat es die Energiebranche derzeit besonders schwer, die sich nach dem Atomausstieg und dem Rückbau von Kraftwerken neu sortiert. Durch die Restrukturierungen fehle vielerorts das Geld für Investitionen in neue Technologien. (dpa/rs)