Customer Relationship Management

Droht Ihr CRM-Projekt zu scheitern?

31.08.2020 von David Taber und Florian Maier
Wenn die Implementierung eines CRM-Systems für Sie gerade zum Albtraum wird, drängen sich Fragen auf. Wir sagen Ihnen, was jetzt zu tun ist.

Das Netz ist voll von Beiträgen, die Ihnen sagen, wie Sie das Scheitern von Projekten verhindern. Das ist ohne Frage zu begrüßen. Allerdings gehen Analysten davon aus, dass trotzdem ein Drittel aller CRM-Projekte im Desaster endet. Wenn Sie zu diesen unglücklichen 33 Prozent gehören, sollten Sie unbedingt weiterlesen.

Aussicht auf Fehlschlag? Wir sagen Ihnen was zu tun ist, wenn Ihr CRM-Projekt zu scheitern droht.
Foto: Gearstd - shutterstock.com

Das CRM-Desaster ist schon da

Mindestens ein Dutzend Analysten-Reports ließe sich an dieser Stelle zitieren, die über die Fail-Rate von CRM-Projekten mutmaßen. Verschiedene Methoden und Standards lassen die Fehlerquote mitunter recht heftig schwanken: Zwischen 18 und 69 Prozent soll sie betragen.

Dabei zielen diese Zahlen und Analysen meist auf eine Frage ab: "Hat das Projekt die Erwartungen erfüllt?". Ein eher schwammiger Standard, der auch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden kann: Das Kind will den Spinat nicht essen, also schmeckt er abscheulich - ganz egal, wie gut er hätte schmecken können, wenn der kleine Mensch ohne Vorbehalte ins Spinat-Abenteuer gestartet wäre.

Wenn Ihr CRM-Projekt aber gerade dabei ist, aus dem Ruder zu laufen, stellen Sie sich wahrscheinlich eher die Frage: "Was nun?".

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Wird Ihr Projekt zum Fail?

Zunächst einmal: Wenn gewisse Leute Ihr CRM-Projekt als Fehlschlag einschätzen, sollten Sie überprüfen, ob dieser Vorwurf überhaupt Substanz hat. Das tun Sie, indem Sie es auf Anzeichen für Misserfolg scannen:

Hat das Projekt 20 Prozent seines ursprünglichen Zeitplans und Budgets erreicht? War der Zeitplan eventuell von vornherein zum Scheitern verurteilt? War das Budget realistisch oder ist es eher Wunschdenken entsprungen?

Haben sich Probleme mit der Datenqualität während des Projekts intensiviert? Datenqualität ist ein wesentlicher Treiber von Nutzer-Unzufriedenheit - sogar wenn das (CRM-)System an sich gut funktioniert. Probleme bestehen im Regelfall in:

Wie funktional ist Ihr CRM-System?

Bewerten Sie die Beteiligung und die Erwartungen der Nutzer

Bewerten Sie das Projektmanagement

Sobald Sie all diese Informationen eingeholt haben, könnte sich herausstellen, dass Ihr Projekt eigentlich gar kein Fehlschlag ist. Es könnte die Ziele erreicht haben, die angesichts des Zeitplans realistisch waren - nur nicht die, die fälschlicherweise (aus welchen Gründen auch immer) erwartet wurden.

Dem CRM-Fehlschlag auf den Grund gehen

Die klassische Reaktion, wenn ein Projekt fehlschlägt: Die Schuld wird dem Projektteam zugeschoben, Projektmanager werden ersetzt, Berater ausgetauscht und ein Crashkurs im "Besserwerden" abgehalten. In Extremfällen kann es auch dazu kommen, dass das Management gleich das ganze System über Bord wirft.

15 Probleme beim Projektmanagement
1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen.
2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia.
3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv.
4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt.
5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet.
6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann.
7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht.
8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software.
9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist.
10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat.
11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3.
12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen.
13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren.
14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes.
15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden.
15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.

Und auch wenn solche Entscheidungen hochemotional und politisch befriedigend sein mögen - sie verursachen im Regelfall auch hohe Kosten. Schließlich sorgt jede Änderung für neue Unruhe und die Bildung neuer Lernkurven. Im schlimmsten Fall endet das Ganze auch wie in "The Mythical Man-Mouth".

Wenn Sie auf die Mehrzahl dieser Fragen mit Ja antworten können, ist der Zug für Ihr CRM-Projekt vermutlich abgefahren. Es könnte deshalb durchaus Sinn machen, wenn Sie sich an ein Beratungsunternehmen wenden, bevor Sie das neue IT-Projekt voller Inbrunst angehen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.

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