Praxiserfahrungen

Einführungsstrategie für SAP HANA

12.04.2016 von Peter Ratzer, Alex Gruener und Thorsten Krieger
Eine sehr enge Abstimmung mit den Fachbereichen ist notwendig, um den Nutzen für das Business transparent zu machen. Denn HANA kann z.B. durch Automatisierung die Prozesskosten massiv senken, nur wenn der Fachbereich dies zulässt.
  • Eine HANA-Einführungsstrategie besteht aus Praxiserfahrung aus drei Eckpfeilern
  • SAP HANA ist keine Out-of-the-box-Lösung, sondern eine Umgebung, die mächtige Werkzeuge zur Datenanalyse zur Verfügung stellt
  • Das Automatisierungspotenzial steigt jedoch nicht mit den technischen Möglichkeiten, sondern mit der Offenheit der Fachbereiche zur Automatisierung ihrer Geschäftsabläufe.

SAP HANA ermöglicht als In-Memory-Plattform die Echtzeitsteuerung der verschiedenen Unternehmensprozesse und erfüllt Anforderungen an Big Data Warehousing, Planung und Organisation sowie Predictive Analytics. Mit S/4 HANA hat SAP die Module Finance und Logistic bereits technisch optimiert. Wer SAP HANA einführen möchten, muss sich mit folgenden Fragestellungen auseinander setzen:

Kurz- und mittelfristige Mehrwerte schaffen

SAP HANA ist nicht bloß ein neuer Datenbanktyp, sondern vielmehr eine Plattform, die die Datenströme des Unternehmens zentriert. Man ist gut beraten, dies zuzulassen, wenn man die Vorteile von SAP HANA nutzen will. Anstatt auf Informationen zu warten, ersetzen On-demand-Informationen zeitgesteuerte Batch-Prozesse. Damit können viele IT-gestützte Abläufe automatisiert werden und das Arbeiten am Bildschirmplatz verändert sich zunehmend mehr zum Exception Handling. Beispiele finden sich in S/4 HANA z.B. beim Supply Chain Forecasting.

Damit stellt sich die Frage nach einer geeigneten HANA Einführungsstrategie. Aus der Praxiserfahrung besteht diese aus drei Eckpfeilern:

1. Daten zentrieren

Sicherlich liegt es nahe, als erstes ein bestehendes SAP-System auf SAP HANA zu portieren. Es ist zu empfehlen, das mit dem nächsten Wartungszyklus zu verbinden, da eine Datenbank Migration eine Down-Time erfordert, auch wenn SAP hier einen einfachen Plattformwechsel mit nahezu keiner Downtime verspricht. Ein vollständiger Regressionstest ist notwendig, um sicherzustellen, dass alle Anwendungen wie vorher funktionieren, auch wenn lediglich Datenbank Hints und datenbankspezifische Abfragen nicht mehr unterstützt werden. Hiermit wird vermutlich ein Performancegewinn erreicht.

Daten von Nicht-SAP-Anwendungen sind über diverse Services in SAP HANA integrierbar. Der SAP Enterprise Information Management (EIM) Service kann Daten aus dritten Systemen wie z.B. AS/400 in HANA über Adaptoren zur Verfügung stellen. Mit dem SAP Landscape Transformation (SAP LT) Replication Server können ereignisgesteuert Daten nicht nur geladen, sondern auch repliziert werden. Damit besteht die technische Möglichkeit, Daten zentral zur Verfügung zu stellen.

2. Informationen liefern

Mit SAP HANA können beliebig große Datenmengen nicht nur wegen der In-Memory Fähigkeit verarbeitet werden, sondern weil die Verarbeitung der Daten auch auf Datenbankebene erfolgt. Damit verlagert SAP den Business Logic Layer von der Applikationsschicht auf die Datenbank. Hier werden große Datenmengen zu Informationen verarbeitet, die den Fachbereichen für Unternehmensentscheidungen zur Verfügung stehen.

SAP HANA ist keine Out-of-the-Box-Lösung, sondern eine Umgebung, die mächtige Werkzeuge zur Datenanalyse zur Verfügung stellt. Für diese Zwecke hat SAP eine eigene Entwicklungsumgebung, das SAP HANA Studio zur Verfügung gestellt. Hier muss die IT zukünftig Skills aufbauen, um z.B. Eigenentwicklungen in SAP für HANA zu optimieren.

Reporting Systeme wie z.B. Business Intelligence von SAP Business Objects können über sogenannte Views auf die Daten zugreifen und diese geeignet visualisieren. Mit dem HANA extended Service (HANA XS) können webbasierte Anwendungen direkt auf HANA zugreifen. Damit ist der Weg bereitet, beliebige Reporting- oder transaktionale Apps auch mobil oder via Web dem Vertrieb, Management oder Dritten zur Verfügung zu stellen.

3. Arbeitsabläufe automatisieren

Durch die Echtzeitverarbeitung der Daten in SAP HANA können Geschäftsprozesse automatisiert werden. Während viele Entscheidungen heute auf Basis von Dashboards oder Tabellen getroffen werden, kann man vielfach diese durch entsprechende analytische Algorithmen in SAP HANA automatisieren. Das Automatisierungspotenzial steigt jedoch nicht mit den technischen Möglichkeiten, sondern mit der Offenheit der Fachbereiche zur Automatisierung ihrer Geschäftsabläufe.

In-Memory-Systeme lösen klassische Datenbanken ab
Basis: 2864 Befragte.jpg
2864 Anwender hat Crisp Research zum Thema In-Memory befragt: 42 Prozent haben sich mit der Technik bereits beschäftigt. Doch nur für 150 von ihnen steht der Einsatz von SAP HANA fest.
Eingesetzte Datenbank.jpg
Vor allem Microsoft- und Oracle-Systeme sind die bevorzugten Datenbanken in den befragten Anwenderunternehmen.
Pläne für In-Memory-Datenbanken
Gut vier von zehn Befragten haben bereits eine In-Memory-Datenbanktechnik evaluiert. Allerdings sagen auch fast 60 Prozent, dass derzeit eine In-Memory-basierte Datenverarbeitung für sie nicht von Interesse sei.
Entscheidung in Sachen HANA
200 Anwenderunternehmen von den 2864 Befragten beschäftigen sich intensiver mit SAP HANA. Rund ein Drittel setzt das System bereits produktiv ein. Fast die Hälfte prüft noch und knapp jeder Fünfte kann sich noch nicht so recht entscheiden.
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Mehr als die Hälfte der HANA-Interessenten erwartet, dass das In-Memory-System die Unternehmensprozesse beschleunigt. Außerdem soll HANA dabei helfen, Systeme zu konsolidieren, um so die Komplexität zu verringern. Immerhin jeder Achte ist unzufrieden mit Oracles Lizenzpolitik und will deshalb den Anbieter wechseln.
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Vor allem im Umfeld von Big Data, dem Customer Relationship Management (CRM) und Industrie 4.0 sowie dem Internet der Dinge solle HANA zum Einsatz kommen. Simulationen neuer Geschäftsmodell spielen bei der strategischen Zielsetzung allerdings noch keine besonders große Rolle.
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Das Gros der HANA-Interessenten will das System für Business Intelligence (BI) und das Reporting einsetzen. Der Einsatz als Betriebsplattform für neue Workloads kommt nicht einmal für ein Viertel der Unternehmen in Frage. Als Innovations-Show-Case spielt HANA derzeit nur eine untergeordnete Rolle.
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Die meisten Anwender sehen HANA derzeit als ergänzendes System und Beschleuniger für ihre bestehenden Architekturen. Nur jeder Fünfte der Befragten will HANA als Primär-System einsetzen und bestehende Systeme abschalten.
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Vor allem das fehlende Knowhow für HANA im eigenen Haus wie bei potenziellen Partnern bereitet den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Außerdem fehlen den Befragten Migrationskonzepte für Nicht-SAP-Systeme.
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Neben den Klassikern wie Zeit- und Budget-Überschreitungen beklagen die HANA-Anwender auch Probleme mit der Systemstabilität sowie nicht erfüllte Erwartungen hinsichtlich der Leistung.
Anwendern ist HANA zu teuer.jpg
Verbesserungspotenzial sehen die Befragten vor allem bei den Kosten. Sie wünschen sich ein attraktiveres Lizenzmodell, mehr Out-of-the-Box-Lösungen sowie günstigere Wartungskosten.

Eigene Anwendungen auf SAP HANA heben

Wie bereits eingangs beschrieben, laufen eigene Anwendungen in SAP sowie ggf. Modifikationen auch auf HANA, wenn man auf die Nutzung datenbankspezifischer Feature im ABAP Code verzichtet (z.B. Hints, Store Procedures, direkte Datenbankabfragen, etc.). Um jedoch die HANA Vorteile zu nutzen, sollte man über folgende Optimierungsstrategien nachdenken:

  1. Die Automatisierung von Unternehmensabläufen kann ggf. massiv die Prozesskosten senken. Dies bedeutet in der Regel jedoch ein Re-Design der bestehenden Anwendung, da bestimmte Transaktionen nicht mehr notwendig sind - manuelle Bearbeitungsschritte werden durch das System ersetzt. Neue Transaktionen sind ggf. notwendig, um den automatisierten Prozess zu überwachen und Ausnamefälle zu bearbeiten.

  2. Eigene Anwendungen müssen auf HANA optimiert werden, um gewünschte Zugriffs- oder Verarbeitungszeiten zu verbessern. Hierzu verlegt man Abfragen und Datenberechnungen auf die Datenbankebene (vgl. Abbildung 1: Performanceverbesserung durch SAP HANA Optimierung). Lediglich der Aufruf der HANA Operationen und die Visualisierung bleibt im ABAP Stack. Das Datenmodell insbesondere bei eigenen Tabellen muss ggf. auch angepasst werden.

Abbildung 1: Performanceverbesserung durch SAP HANA Optimierung
Foto: Deloitte

Wir empfehlen eigene Anwendungen dann zu optimieren, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

In SAP HANA planvoll investieren

SAP HANA ist eine strategische Plattform, die zunehmend im Unternehmen genutzt wird. Das bedeutet, dass tendenziell eine Entscheidung über die erweiterte Nutzung von SAP HANA ansteht. Daher empfiehlt es sich von Anfang an, diese Dynamik in die Planung der Lizenz- und Hardwareinvestitionen einzubeziehen. Cloud-Services oder Shared Services beim Hardware oder Data Center Provider, auch als Tenant Lösung bekannt, sollte man dabei in Betracht ziehen.

Speicher, Rechenleistung und Lizenzen stehen bei SAP HANA in einem engen Verhältnis. Daher sollte man auf den Ressourcenbedarf der SAP-HANA-Anwendungen achten. Drei Einflussfaktoren bestimmen die Bearbeitungszeit und damit den Ressourcenverbrauch in SAP HANA: die Komplexität der Datenverarbeitung, das Datenvolumen und die Anzahl von Zugriffen auf diese Daten. Steigt die Intensität dieser Einflussfaktoren derart, dass die Kapazität der Hardware erreicht wird, können die Kapazitäten nur durch Hardware-Erweiterung und damit zusätzliche Lizenzen erweitert werden.

Falls die Hardware innerhalb der geplanten Nutzungszeit nicht ausreicht, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Hardware hinzuzufügen (vgl. Abbildung 2: SAP HANA System im Scale-out oder Scale-up Szenario):

Abbildung 2: SAP HANA System im Scale-out oder Scale-up Szenario
Foto: Deloitte

Es gibt mittlerweile Techniken, die den grundsätzlichen Ressourcenverbrauch pro End User und Datenbankabfrage durch ein verändertes Berechnungskonzept massiv senken können. Man spricht hier von logischer Skalierbarkeit. Dies sind Konzepte, die insbesondere in der Batchbearbeitung oder bei hochfrequenten und komplexen Berechnungsroutinen eingesetzt werden können.

Um nachhaltig Investitionen in HANA planen zu können, empfiehlt sich daher

Fazit

Eine Einführung von SAP HANA kann nur dann gelingen, wenn die IT sich darauf vorbereitet, in dem sie entsprechend neue Experten an Bord holt und HANA als Mehrwert für das Business verkauft. Dabei ist eine sehr enge Abstimmung mit den Fachbereichen notwendig, um den Nutzen für das Business transparent zu machen. Denn HANA kann z.B. durch Automatisierung die Prozesskosten massiv senken, wenn der Fachbereich dies zulässt. Und nur dann setzt man die technischen Potenziale von SAP HANA mehrwertspendend für das Business ein.

DSAG Investitionsumfrage 2016
Schwerpunkte bei SAP-Investitionen
Rollout, Konsolidierung, Harmonisierung - das sind wie schon in den vergangenen Jahren die Schwerpunkte der SAP-Investitionen seitens der Anwender. Während das Interesse an HANA und S/4HANA langsam wächst, sind SAPs Cloud-Angebote noch lange nicht im Markt angekommen.
Digitale Transformation
Investitionen in die Digitalisierung der Geschäftsmodelle und Prozesse werden wichtiger, sagen vier von fünf befragten SAP-Anwenderunternehmen.
Wer entscheidet über SAP-Investitionen?
Der Einfluss der Fachbereiche wird größer. In mehr als der Hälfte aller Unternehmen entscheiden IT- und Fachbereichs-Verantwortliche gemeinsam, wohin SAP-Investitionen fließen. Wo das nicht der Fall ist, hat meist noch die IT das Sagen - bis auf die Schweiz. Hier schwindet die Macht der IT-Abteilung.