RAG Aktiengesellschaft

Flexible Konzernarchitektur schaffen

14.02.2006 von Rolf Röwekamp
Die IT-Strategie des Unternehmens steht ganz im Zeichen der vollständigen Integration der Degussa AG und des geplanten Börsengangs. Eine Service-Orientierte Architektur (SOA) soll die fundamentalen Änderungen unterstützen.

Die RAG ist schon lange kein Bergbaukonzern mehr. Im Geschäftsjahr 2004 trug die Sparte nur noch 15 Prozent zum Umsatz bei. Dagegen nähert sich der Umsatz des Chemie-Bereichs langsam aber sicher der 50-Prozent-Marke. Noch in diesem Jahr will die RAG den Spezialchemieanbieter Degussa vollständig übernehmen. Für Konzernchef Werner Müller gilt dieser Schritt als Meilenstein auf dem Weg zum geplanten Börsengang im Frühjahr 2007. Beide künftigen fundamentalen Änderungen des Konzerns bestimmen schon jetzt die IT-Strategie. Aus den beiden Großprojekten leitet CIO Dieter Pfaff eins der drei strategischen Ziele ab.

1. Er plant eine Service-orientierte Architektur (SOA) aufzubauen. "Eine SOA ist für den Konzern wichtig, weil wir damit flexibel und schnell die neuen Anforderungen aus Börsengang und der Degussa-Integration umsetzen können", erklärt Pfaff. Er teilt nicht die Scheu vieler IT-Manager, die sich mit einer SOA noch stark zurückhalten und erst weitere Entwicklungen abwarten. "SOA hat ein Reifestadium erlangt, in dem man das Thema mit Bedacht angehen kann."

Als Basis für die SOA dient das Unternehmensportal. Mit SAP Enterprise Portal hat die RAG im vergangenen Jahr den Aufbau und Roll-Out der technischen Infrastruktur abgeschlossen. Die Mitarbeiter greifen rollenbasiert zentral über Single-Sign-On auf Anwendungen und Systeme zu. "Viele SOA-Elemente sind in dem Unternehmensportal bereits angelegt", sagt Pfaff.

2. CIO Pfaff will die IT-Services im Konzern standardisieren. Das betrifft vor allem die Infrastrukturen und Standardanwendungen wie Mail und SAP Netweaver. Dagegen sollen die Business-Anwendungen der vier Sparten Energie, Chemie, Immobilien und Bergbau angesichts der sehr unterschiedlichen Geschäftsmodelle und Anforderungen weiterhin dezentral definiert werden.

Zur Standardisierung zählte 2005 auch, die Rechnungslegung von HGB-Bilanzierung (Handelsgesetzbuch) auf den Konzernabschluss nach IFRS (International Financial Reporting Standards) umzustellen. Die RAG konsolidierte das Bilanzwesen mit dem Modul SAP SEM-BSC (Strategic Enterprise Management Business Consolidation). Laut Pfaff handelt es sich dabei um die bislang komplexeste Implementation dieses Moduls in einem Unternehmen. "Wir haben die Berichterstattung innerhalb eines Jahres konsolidiert und eingeführt. Das ist angesichts der sehr tiefen Einführung sehr schnell gewesen", sagt Pfaff. Mit dem gleichen Modul will die RAG in diesem Jahr auch das Konzernreporting zentralisieren.

IT-Integration von Degussa

Die geplante vollständige Übernahme der Degussa bringt ebenfalls Standardisierungsaufgaben mit sich. Als ein erstes Projekt wurde bereits ein neues konzernweites IT-Controlling implementiert, das auch die Degussa umfasst. Hierbei wurde sehr stark auf Erfahrungen und Prozesse der Degussa aufgesetzt. Gerade auf dem Gebiet des IT-Controllings war Degussa sehr stark aufgestellt. Der Chemieanbieter ließ bis August 2005 seine IT von der IT-Tochter Its.On erledigen. Im Sommer des vergangenen Jahres integrierte Degussa die Tochter zurück in den Konzern. Seitdem leitet CIO Jochen Gintzel dort die IT.

3. Ein konsequentes Controlling im ganzen Konzern ist die eine Hälfte des dritten strategischen Zieles. Die andere Hälfte besteht darin, auch das Sourcing konzernweit zu straffen und zu zentralisieren. Zur Sourcing-Strategie gehörte 2005 ein Beschaffungs-Management für den RAG-Konzern zu schaffen. Das Projekt war eine Folge des Verkaufs der RAG Informatik an SBS (Siemens Business Services). Die IT-Tochter erbrachte bis dahin rund 80 Prozent aller IT-Leistungen für den Konzern (ohne Degussa).

Seit Anfang 2005 firmiert die ehemalige IT-Tochter unter dem Namen SBI Ruhr (Services for Business IT Ruhr GmbH). "Mit dem neuen zentralen Beschaffungsmanagement organisieren wir jetzt unsere Einkäufe effizienter und steuern unsere Dienstleister besser", sagt Pfaff.

Fundamentale Änderungen kommen auf die IT auch durch den Börsengang zu. Denn künftig muss der Konzern auch Compliance-Anforderungen erfüllen. Zum Teil macht er das schon. Obwohl die RAG weder an der Deutschen Börse noch in der US-Börse gelistet ist, gab es bei RAG immer die Politik, die entsprechenden Vorschriften – soweit sinnvoll anwendbar – zu befolgen.