IT Excellence Benchmark

Gazprom gewinnt Anwenderpreis

27.02.2015 von Johannes Klostermeier
Zum achten Mal in Folge haben Anwender die Leistungen der IT-Organisationen in ihren Unternehmen beurteilt. Beim IT Excellence Benchmark (ITEB) 2014 gewann die deutsche Tochtergesellschaft des russischen Gaskonzerns Gazprom.
Carolin Beck vom IDG-Verlag überreicht Lars Hohl die Trophäe. "Der IT Excellence Benchmark ist für uns ein wichtiges Instrument um den Erfolg dessen, was wir tun, messbar zu machen", sagt Lars Hohl, IT Service Quality Manager, Gazprom Germania.
Foto: Foto Vogt

"Überrascht und erfreut zugleich" sei er, sagt IT Service Quality Manager Lars Hohl (41) über den Spitzenplatz seines Unternehmens. Denn die glücklichsten IT-Anwender aller Unternehmen, deren IT-Abteilungen am IT Excellence Benchmark 2014 (ITEB) teilgenommen haben, hat die Gazprom Germania GmbH in Berlin. Die allgemeine Zufriedenheit mit der internen IT lag bei den Gazprom-Mitarbeitern bei einer Notenskala von 1 bis 5 bei 2,36. Der durchschnittliche Wert aller Firmen, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, war die Note 2,66.

Lars Hohl kommt ursprünglich aus dem Servicebereich. Der IT Service Quality Manager ist im Unternehmen die treibende Kraft für die Beteiligung am IT Excellence Benchmark und für die Umsetzung der sich daraus ergebenden Veränderungen. Hohls Bereich ist als Stabsstelle dem Direktor Informationstechnologie, Vladislav Stepanov, direkt unterstellt und unterstützt die IT, die als Shared-Service-Center abteilungsübergreifend für die gesamte Konzerngruppe arbeitet.

Schon seit 2010 lässt Hohl die Zufriedenheit der IT-Nutzer mit der Unternehmens-IT per ITEB-Online-Befragung ermitteln. Die kontinuierliche Teilnahme und vor allem die offenbar richtigen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen zahlten sich jetzt mit dem ersten Platz aus. Rund 240 Menschen arbeiten bei Gazprom Germania - Tendenz steigend.

Die 1990 gegründete Tochtergesellschaft des weltweit größten Gaskonzerns Gazprom in Moskau beschäftigt sich vor allem mit der Speicherung und dem Handel von Erdgas und dem Einsatz von Erdgas als Kraftstoff. "Die Gruppe ist mit rund 40 Unternehmen in über 20 Ländern in Europa, Asien und Nordamerika aktiv", sagt Hohl. Im Geschäftsjahr 2013 stieg der Umsatz um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 13,7 Milliarden Euro, der Jahresüberschuss betrug 286 Millionen Euro.

Am Hauptsitz in Berlin-Mitte in der Markgrafenstraße besteht die Abteilung aus 36 fest angestellten Mitarbeitern. Die IT gliedert sich in die Bereiche Prozesse und Anwendungen, Infrastruktur für Operation und den Support-Service-Desk. "Wir sind damit sehr gut aufgestellt", sagt Hohl. Das könnte zum Erfolg bei der Zufriedenheitsumfrage beigetragen haben. In einzelnen Bereichen und im Projektgeschäft arbeiten außerdem externe Mitarbeiter mit, bei größeren Integrationsprojekten ergänzen Spezialisten von Consulting-Partnern das Team.

Berliner IT als Shared-Service-Center

Viele Anwendungen betreibt die IT in Berlin auch als Shared-Service-Center für andere Gesellschaften innerhalb des Konzerns. So sitzt in Berlin das SAP-Kompetenz-Center für Gazprom in Europa. Die Konzernkonsolidierung läuft zentral mit SAP BOFC. Nicht nur mit dem Ergebnis seines Unternehmens bei der Befragung, sondern auch mit dem IT Excellence Benchmark ist IT Service Quality Manager Hohl zufrieden: "Es ist für uns ein wichtiges Instrument, um den Erfolg dessen, was wir tun, messbar zu machen." Man könne zwar auch andere Qualitätskennzahlen heranziehen, "die Mitarbeiter als unsere Kunden sind aber ein wichtiger Endabnehmer, der bei uns sehr viel Gehör findet".

Horst Ellermann, Chefredakteur CIO-Magazin (links), Helmut Krcmar, Professor an der TU München (Mitte) und Carolin Beck vom IDG Verlag ehren Gewinner Lars Hohl (zweiter von rechts).
Foto: Foto Vogt

Mitarbeiter werden ernst genommen

Das belegt auch die Umfrage. Die große Mehrheit der Befragten (nämlich 85 Prozent) weiß, an wen sie sich bei Problemen wenden kann. 78 Prozent der Befragten fühlen sich mit ihren Anliegen ernst genommen. Weniger Zustimmung gab es nur für die Aussage, dass die IT-Abteilung ihre Kunden stets über die Lösung des Problems auf dem Laufenden hält.

Nach den ersten Kundenzufriedenheits-Befragungen habe man bei Gazprom Germania gemerkt, wie wichtig das Feedback der Mitarbeiter als Mittel des IT-Controllings ist, sagt Hohl. "Wir können die Zahlen zur Außenkommunikation mit den Anwendern im Haus und gegenüber dem Management verwenden, und wir können mit ihnen unseren Handlungsbedarf quantifizieren.

"In anderen Unternehmen, bei denen er zuvor gearbeitet hat, sagt Hohl, habe es ebenfalls Zufriedenheitsumfragen gegeben. Doch die waren selbstgemacht. "Es gab deswegen den Verdacht, dass es durch tendenziöse Fragestellungen möglich sein könnte, die Ergebnisse in eine bestimme Richtung zu lenken.

"Beim ITEB hingegen sind die allermeisten Fragen vorgegeben. Auch sehr wichtig: Es gibt eine Vergleichbarkeit zu anderen Firmen gleicher Größe und innerhalb der Branche. Bei ITEB, einer Kooperation des CIO Magazins, der Technischen Universität München und der Firma business group munich, liegen mittlerweile 80.000 ausgefüllte Fragebögen aus 250 Unternehmen, die seit dem Start der Mitarbeiterumfragen im Jahr 2007 gesammelt worden sind.

Ansprechpartner und Termine für ITEB

Der ITEB 2015 läuft bereits, die Teilnahme ist jederzeit möglich. Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.cio.de/it-excellence-benchmark/umfrage oder direkt bei Carolin Beck, IDG Business Media GmbH, Lyonel-Feininger-Straße 26, 80807 München, Tel.: 089/360 86 -122, Fax: 089/360 86 99 -122, Mail: cbeck@idgbusiness.de

"Insgesamt sinkt in den vergangenen Jahren die Gesamtzufriedenheit mit der unternehmenseigenen IT", sagt Carolin Beck, die beim CIO-Verlag IDG für das ITEB-Projekt mitverantwortlich ist. Die Ursache dafür liege vermutlich in der unzureichenden Zusammenarbeit und der verbesserungswürdigen Kommunikation zwischen den Fachabteilungen und der IT. Hier verschlechterten sich die Noten in den vergangenen Jahren tendenziell. Die Zufriedenheit mit der IT-Arbeitsplatzausstattung der Mitarbeiter steige hingegen in den vergangenen Jahren an.

"Welche Maßnahmen wollen wir daraus ableiten?"

Nach der eigenen Meinung gefragt zu werden, sei das eine, sagt Hohl, damit sei eine Wertschätzung der Mitarbeiter verbunden. Dass die Kollegen mit ihrem Feedback dann auch tatsächlich etwas verändern könnten, sei noch wichtiger. Die Ergebnisse der jährlichen Umfrage bekommt bei Gazprom zunächst das Management in die Hand. Zwei Wochen später werden sie dann im ganzen Haus kommuniziert. Wenn die Werte vorliegen, fragen sich die Verantwortlichen jedes Mal aufs Neue: "Welche Maßnahmen wollen wir daraus ableiten?" Für die ITEB-Runde 2014 ist das Management noch damit beschäftigt, aus den Zahlen die richtigen Schlüsse zu ziehen.

"Zur mobilen IT hatte das Unternehmen in der Umfrage eigene Fragen gestellt. Die Ergebnisse wollen wir dem Projektteam, das sich um das Design des mobilen Workplace kümmert, mit auf den Weg geben", sagt Lars Hohl von Gazprom.
Foto: Foto Vogt

Trotz des Spitzenplatzes bei der allgemeinen Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der IT gibt es auch bei Gazprom noch Bereiche, in denen Dinge verbessert werden müssen. So besteht Handlungsbedarf beim mobilen Arbeiten und speziell bei der Nutzung von Notebooks. "Das ist das Wichtigste, was wir jetzt angehen müssen", sagt Hohl. "Denn der Alltag der Mitarbeiter verändert sich.

"Zur mobilen IT hatte das Unternehmen in der Umfrage eigene Fragen gestellt. Das ist bei ITEB möglich, um die individuellen Bedürfnisse der Unternehmen zu berücksichtigen. "Die Ergebnisse wollen wir dem Projektteam, das sich um das Design des mobilen Workplace kümmert, mit auf den Weg geben", sagt Hohl.

Auch zu den Wiederherstellungszeiten nach Störungen gab es Gazprom-exklusive Fragen. Der Hintergrund: Gerade hat die IT ein neues Hochverfügbarkeits-Rechenzentrum bezogen. "Mit Virtualisierung und Echtzeit-Backup machen wir, was die Wiederherstellungsszenarien angeht, einen Riesenschritt nach vorne", sagt Hohl.

In den Jahren zuvor hatte es bei Gazprom Germania eigene Fragen zu den Druckprozessen im Haus gegeben. Nachdem das Unternehmen auf Multifunktionsdrucker mit externer Wartung umgestellt hatte, ermittelte die IT drei Jahre lang die Akzeptanz bei den Nutzern. Jetzt ist das Druckerprojekt abgeschlossen, die Zufriedenheitswerte sind hoch.

Bei Gazprom werden die Umfrageergebnisse auf die Fachbereiche heruntergebrochen. So kann die IT, wenn es Beanstandungen gibt, gezielt auf die jeweiligen Abteilungen zugehen. Hohl und den IT-Kollegen sind nicht nur die aggregierten Zahlen wichtig, sondern vor allem auch die anonymen Kommentare der Mitarbeiter in den freien Textfeldern, die die ITler manchmal überraschen: "Sie geben uns einen zusätzlichen Wink, wo wir noch etwas verbessern müssen.

"Die Mitarbeiter von Gazprom sagen in der Umfrage aber nicht nur, was ihnen nicht gefällt, sie loben manchmal auch. Auf die freie Frage: "Welche drei Dinge möchten Sie der IT gerne mit auf den Weg geben?", schrieben viele einfach: "Weiter so." Andere mahnen eine stärkere Kundenorientierung und eine besser verständliche Kommunikation der IT-Abteilung mit den Mitarbeitern an.

Die Angestellten bei Gazprom Germania müssen nicht auf die jährliche Umfrage warten, um ihre Kritik anzubringen. Seit der Einführung der Qualitäts-Stabsstelle von Hohl gibt es ein eigenes Feedback-System im Unternehmen, das alle Beschwerden der Kunden aufnimmt. Der IT Service Quality Manager geht ihnen dann nach und prüft, ob bestehende Services geändert werden müssen. 2013 untersuchte die IT zusätzlich mit einem Service-Portfolio-Projekt, welche Business-Services es im Unternehmen gibt und welche unterstützenden IT-Services darunterliegen.

ITEB dokumentiert Störungen

Die ITEB-Note für die allgemeine Zufriedenheit der Kollegen mit der IT-Abteilung von Gazprom ist seit 2012 relativ konstant: gut - mit kleinen Schwankungen. Hohl war bei jeder Umfrage dabei: "Ich weiß, was in jedem Jahr passiert ist und wo es die großen Veränderungen gab, die die Anwender bemerkt haben. Wenn während einer Umfrage eine größere Störung auftritt, dann hat das natürlich Auswirkungen auf das Ergebnis.

"So kam es etwa 2011 zu einem deutlichen Einbruch beim Wert der Kundenzufriedenheit und bei der Beurteilung von Kommunikation und Zusammenarbeit mit der IT. "Das war genau ein Jahr, bevor wir das IT-up-Projekt gestartet haben", erinnert sich Hohl. Daraufhin wurden alle Infrastruktur-Layer, die Server-Systeme und die Anwendungslandschaft erneuert. Außerdem gab es eine Migration in eine neue Domäne, die mit dem Ausrollen eines neuen Standard-Desktops mit Office 2010 abgeschlossen wurde.

"Wir wollten den Wildwuchs des Software-Zoos eindämmen und die Systeme gleichzeitig auf die Gazprom-Bedürfnisse ausrichten", sagt Hohl. Jetzt gibt es eine Lösung aus einem Guss, multilingual und mit eingebauter Übersetzungssoftware. Mit einem neuen digitalen Antragswesen wurden die zuvor bürokratischen, papierbasierten Prozesse abgeschafft. Alle Veränderungen hat die IT-Abteilung mit intensiven Schulungen der Mitarbeiter begleitet."

"Wir in der IT sind kein Selbstweck"

In der Online-Umfrage wird auch die Frage gestellt: "Wie wird die IT für den Business-Erfolg wahrgenommen?" Hier vergaben die Mitarbeiter von Gazprom Germania 2014 die Note 2,22. Hohl freut das. Ein Grund für die gute Bewertung könnte das 2013 und 2014 umgesetzte Business-Process-Projekt gewesen sein, bei dem die Geschäftsabläufe aller Fachbereiche aufgenommen wurden, meint Hohl. "Das war zum einen für unser eigenes Verständnis wichtig. Zum anderen hat es aber auch die Wahrnehmung bei den Anwendern verändert." Sie hätten gesehen, so Hohl, dass sich die IT für sie interessiere. "Denn wir in der IT sind ja kein Selbstzweck, wir wollen den Fachbereichen bei der Erledigung ihrer Aufgaben helfen.

"Bei Gazprom sind sowohl die IT als auch das ­Management daran interessiert, dass sich möglichst viele Mitarbeiter an der Umfrage beteiligen. Hohl geht deswegen vorher einmal durch das ganze Haus und spricht mit den Anwendern. Außerdem wirbt die IT besonders mit den sich aus der Umfrage ergebenden Veränderungsmöglichkeiten: "Wenn wir für die Teilnahme an ITEB werben, versenden wir stets die Er­gebnisse vom letzten Jahr zusammen mit den umgesetzten Projekten." 47,1 Prozent der Mitarbeiter haben sich 2014 an der Umfrage beteiligt. "Damit sind wir, verglichen mit anderen Umfragen, Top-Performer", bilanziert Hohl.

Nicht alles kann umgesetzt werden

Da die Verantwortlichen bei Gazprom die Befragung jedes Jahr durchführen, habe man zugleich ein gutes Kontrollinstrumentarium für die eigene Arbeit zur Hand. Hohl: "Auch wenn es meistens nicht nur eine Ursache für Veränderungen gibt, so können wir anhand der Zahlen doch sehen, inwieweit unsere Maßnahmen gegriffen haben.

"Natürlich könne nicht alles, was die Mitarbeiter wollen, am Ende auch tatsächlich umgesetzt werden: "In einer idealen Welt mit unendlich vielen Mitteln würde ich gerne alle Wünsche erfüllen", sagt Hohl. Doch auch bei Gazprom werde zunächst geprüft, wie man die Vorschläge realisieren kann und wie hoch die Kosten dafür sind.

So musste die IT, als Mitarbeiter sich iOS-Geräte wünschten, auch an den Datenschutz denken, was seine Zeit dauerte. Und seit dem Windows-7-Projekt ist die IT bemüht, ihre Softwarevielfalt überschaubar zu halten. "Es mag Gründe geben, warum ein Mitarbeiter eine bestimme Software einsetzen will, aber nicht alles ist sinnvoll", unterscheidet Hohl.

Die ITEB-Online-Befragung der Mitarbeiter soll auf jeden Fall auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden: "Sie ist innerhalb des IT-Managements ein etabliertes Instrument zu unserer eigenen Steuerung und ein fester Bestandteil des IT-Marketing-Mix.

"Hohl hat in Sachen ITEB noch einen Wunsch für die Zukunft: dass noch mehr Konzerneinheiten des Gazprom-Konzerns bei der Umfrage mitmachen. "Denn dann kann es auch einen Vergleich untereinander geben", sagt Hohl. "Das will ich 2015 anstoßen."

Ansprechpartner und Termine für ITEB

Der ITEB 2015 läuft bereits, die Teilnahme ist jederzeit möglich. Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.cio.de/it-excellence-benchmark/umfrage oder direkt bei Carolin Beck, IDG Business Media GmbH, Lyonel-Feininger-Straße 26, 80807 München, Tel.: 089/360 86 -122, Fax: 089/360 86 99 -122, Mail: cbeck@idgbusiness.de