TradeLens, IBM Food Trust, We.trade

IBM erklärt seine Blockchain-Strategie

01.07.2019 von Heinrich Vaske
Auch wenn die Blockchain-Nutzung noch am Anfang steht, beschäftigen sich inzwischen fast alle Großunternehmen mit den Potenzialen der Technologie. Christian Schultze Wolters, Geschäftsbereichsleiter Blockchain Solutions bei IBM Deutschland, erklärt, warum sein Unternehmen hier so große Chancen sieht.
  • Zusammen mit Walmart betreibt IBM "Food Trust", eine Plattform zur Rückverfolgung von Lebensmitteln
  • Maersk und andere Reederei sind IBMs Partner bei "TradeLens", einem Ökosystem für die weltweite Container-Schifffahrt
  • Bei diesen und weiteren Projekten ist die Technologiebasis immer das Open-Source-System Hyperleger Fabric

Zum Thema Blockchain und Distributed Ledger gibt es momentan noch viel Skepsis im Markt. IBM steigt aber voll ein und investiert hier viel Geld. Wie ist Ihre Strategie?

Christian Schultze-Wolters leitet den Geschäftsbereich Blockchain Solutions bei IBM für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH).
Foto: IBM

Schultze-Wolters: Wir verfolgen drei Stoßrichtungen: Join, Coordinate und Build. Join heißt, wir bauen weltweite Plattformen auf, zum Beispiel gemeinsam mit Walmart IBM Food Trust für die Rückverfolgung von weltweit gehandelten Lebensmitteln. Ein zweites Großprojekt ist TradeLens, dass wir gemeinsam mit der weltweit größten Reederei Maersk umsetzen. Mit Ford und Volkswagen arbeiten wir an einem System, dass es uns erlauben wird nachzuvollziehen, ob das für Batterien essenzielle Mineral Kobalt aus einer nachhaltig bewirtschafteten Mine stammt, in der prekäre Arbeitsbedingungen oder Kinderarbeit ausgeschlossen sind.

Wir sehen die Blockchain also als ein Branchenthema. Unsere Strategie ist es in diesen Szenarien, jeweils mit einem oder zwei wirklich großen Playern in einer Industrie globale Plattformen aufzubauen. Dann bieten wir anderen Unternehmen aus diesem Ökosystem weltweit an, mit aufzuspringen - Join also. Aus unserer Sicht ist das auch eine große Chance für mittelständische Unternehmen, weil große Konzerne wie Walmart und IBM die Vorabinvestitionen tätigen.

Was verbirgt sich hinter Coordinate und Build?

Schultze-Wolters: Beim Coordinate-Ansatz finden sich vier, fünf oder sechs Unternehmen aus einer Branche zusammen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen und deshalb beschließen, im Rahmen einer konsortialen Struktur mit einem Technologiepartner eine Lösung zu bauen. We.trade ist so ein Beispiel, da haben sich sechs europäische Großbanken zusammengetan, die Plattform haben wir ihnen gebaut.

Es geht um Themen wie Trade Finance, Akkreditive und die Optimierung regulatorisch vorgegebener Bankenprozesse. Das funktioniert seit einem Dreivierteljahr, mittlerweile sind dem Ansatz insgesamt 15 Banken beigetreten. Fast jeden Monat kommt also mindestens eine europäische Großbank dazu, die mit den anderen im täglichen Wettbewerb steht.

Und beim dritten Blockchain-Ansatz Build stehen individuelle Lösungsansätze im Vordergrund. Kunden möchten bestimmte Herausforderungen in ihrer Branche lösen, und wir schauen uns dann gemeinsam an, ob die Blockchain-Technologie ein geeigneter und sinnvoller Ansatz ist. Wir schicken auch immer wieder mal Kunden nach Hause und sagen: Es gibt Software- und Datenbanklösungen, die sich besser eignen.

Deshalb sind für uns Ideation-, Discovery- und Design-Thinking-Workshops wichtig. Wir müssen die Herausforderung kennen und sicher sein, dass Blockchain die Lösung der Wahl ist. Wenn das der Fall ist, gehen wir Schritt für Schritt weiter mit einem Proof of Concept, einem Minimum Viable Product (MVP) und der iterativen Weiterentwicklung.

Hyperledger Fabric ist gesetzt

Wie sieht das technische Backbone aus?

Schultze-Wolters: Egal, ob es sich um eine große oder kleine Lösung handelt: Am Ende entsteht eine Plattform- oder Netzwerkstruktur auf der IBM Cloud. Es geht darum, das Ganze international rund um die Uhr performant zur Verfügung stellen zu können. Auf dieser Infrastruktur liegt die Blockchain, und hier arbeiten wir fast ausschließlich mit Hyperledger Fabric, einer Technologie, die auf Basis von Open Source in der Linux Foundation entwickelt wird.

Wir haben eine Reihe von Designkriterien, die uns wichtig sind. Open Source ist gesetzt, außerdem bauen wir auf eine Private oder Permissioned Blockchain, keine Public Blockchain. Wir bekennen uns klar zu offenen Standards und APIs damit alle Unternehmen, auch Mittelständler, schnell und kostengünstig mitmachen und ihre IT anbinden können.

Unsere Layer sind also die Cloud, darüber Hyperledger Fabric mit offenen Standards und darauf setzen wir dann die jeweilige Lösung auf: Food Trust, TradeLens oder was auch immer. Die können wir dann an die Systeme der Kunden anbinden. Natürlich bieten wir auch Schnittstellen zu den Plattformen unserer Cloud-Wettbewerber AWS, Google Cloud und Microsoft Azure. Wir wollen einen Vendor Lock-in möglichst ausschließen.

Bleiben wir beim Beispiel Maersk. Damit das Projekt TradeLens funktioniert, müssen sich viele Stakeholder beteiligen: nicht nur Reedereien, auch Häfen, Zollbehörden, Logistiker und große Industriekonzerne. Wie gelingt es, diese Parteien an einen Tisch zu bekommen?

Schultze-Wolters: TradeLens beinhaltet die Begriffe Trade für Handel und Lens für Linse, was für Visibilität und Transparenz steht. Wir suchen uns bei solchen Projekten immer einen großen Player, der das entsprechende Branchen-Know-how, die Prozesskompetenz und auch die Kenntnis der wesentlichen Schwachstellen in den Ökosystemen mitbringt. IBM bringt Plattform-, Technologie-, Integrations- und Open-Source-Kompetenz sowie langjähriges Projekt-Know-how ein.

Natürlich ist das ein Ökosystem-Play. IBM, aber auch die anderen müssen die Plattform in ihren Ökosystemen pushen. Maersk geht zu den Terminals, wo die Schiffe beladen werden, zu den Häfen, zu den Logistik- und Frachtunternehmen, mit denen sie eng zusammenarbeiten. Dort erklären sie die TradeLens-Idee. Wir tun dasselbe, wir reden mit unseren Kunden weltweit und beschreiben die inhaltlichen Mehrwerte.

Nachdem wir 2017 begonnen haben die Plattform zu designen und die Lösung zu bauen, konnten wir 2018 in ein Early-Adopter-Programm gehen. Immerhin 92 Unternehmen weltweit sagten: Wir machen mit. Sie wollten - ohne selbst Kosten zu haben - herausfinden, ob sich ein Mehrwert einstellt. So konnten wir die Plattform zur Marktreife führen. Das haben wir ein halbes Jahr gemacht mit den 92 und sind dann im Frühherbst letzten Jahres live gegangen. Mittlerweile haben wir so um die 120 Unternehmen auf der Plattform, darunter neun Reedereien.

TradeLens ermöglicht es den Teilnehmern, sich über das gesamte Ökosystem der Lieferkette hinweg zu verbinden, Informationen auszutauschen und digital zusammenzuarbeiten. Die Mitglieder erhalten einen umfassenden Überblick über ihre Daten, während sich die Fracht um die ganze Welt bewegt. So kann eine transparente, sichere und unveränderbare Aufzeichnung der jeweiligen Transaktionen erstellt werden.

Zahl der TradeLens-Teilnehmer wächst kontinuierlich

Ist auf TradeLens momentan nur das Ökosystem von Maersk abgebildet oder sind auch Wettbewerber drauf?

Schultze-Wolters: Wir haben mit rund 30 Maersk-Häfen und -Terminals begonnen, insgesamt sind jetzt aber schon 60 dabei. Die Vorteile haben sich außerhalb der Maersk-Welt herumgesprochen. Soeben haben auch die globalen Schifffahrtsunternehmen CMA CGM und Mediterranean Shipping Company (MSC) angekündigt beizutreten, davor schon viele kleinere Reedereien.

Damit werden bald Daten für fast die Hälfte der weltweiten Seecontainer-Transporte über TradeLens laufen. Auch CMA CGM und MSC werden ihre Ökosysteme auf TradeLens abbilden und so die Plattform aktiv bewerben. Und wir reden natürlich auch mit den anderen Großen aus den TOP 10.

Gibt es ein konkurrierendes Projekt in ähnlicher Größenordnung?

Schultze-Wolters: Cosco in China gehört auch zu den Top 10, die sind an einem ähnlichen Thema dran, aber längst nicht so groß. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich auch Cosco irgendwann für TradeLens öffnen wird.

Haben Sie Joint Ventures mit Maersk und Walmart gegründet?

Schultze-Wolters: Zunächst ja. Ursprünglich wollten wir bei TradeLens ein Joint Venture mit 51 Prozent Anteil für den Industriepartner gründen. Wir haben dann aber gesehen, dass es unseren Grundprinzipien einer Open Industry Platform widerspricht. Wir brauchen eine Governance-Struktur, an der viele Beteiligte mitwirken, um das ganze zum Leben zu erwecken. Das funktioniert nicht in einem Joint Venture mit nur einem Partner, deshalb haben wir das Modell geändert.

Jetzt ist TradeLens eine Lösung ohne eine neue Legal Entity, ein Produkt, das von IBM und Maersk geschaffen wurde und jetzt kollaborativ mit Partnern weiterentwickelt wird. Betrieben wird die Plattform von IBM. In meinem Team gibt es einen Lösungsbereich, der beschäftigt sich unter anderem mit TradeLens, aber auch mit IBM Food Trust - jeweils weltweit organisiert.

Brancheninterne Blockchain-Lösungen sind allein schon interessant, aber richtig spannend wird es erst, wenn das ganze branchenübergreifend aufgesetzt wird. TradeLens hilft ja nicht nur den Logistikern, sondern auch den großen Fertigungsunternehmen weiter. Wir wollen, dass auch Automobilkonzerne oder der Handel mitmachen - theoretisch jeder, der in eine Supply Chain involviert ist. Auch Banken und Versicherungen kommen jetzt auf uns zu, denn Transporte müssen finanziert und versichert werden, das lässt sich mit TradeLens einfacher umsetzen. Es wird also eine weltumspannende Lösung, die über das Thema SCM und Logistik weit hinausgeht.

Papierlose Prozesse im internationalen Handel?

Es geht also um mehr als nur das Tracking von Containern und Gütern?

Schultze-Wolters: Zunächst gibt TradeLens tatsächlich Supply Chain Insights, also eine Antwort auf die Frage: Wo befindet sich meine Ware oder mein Container gerade. Das können wir zu jeder Zeit weltweit in Echtzeit nachvollziehen. Wenn beispielsweise Edeka auf Lebensmittel-Container wartet oder Adidas Produkte aus China nach Deutschland verschifft, hätten sie jeweils Transparenz über die gesamte Kette.

Das zweite Problem, das wir adressieren, ist Effizienz. Die gesamte Logistik ist noch immer extrem papierabhängig. Das ist aufwändig und fehleranfällig durch die zahlreichen Medienbrüche. Wir wollen alle Dokumente digital über unsere Blockchain-Infrastruktur zur Verfügung stellen - 24/7, in Realtime - und so eine schnelle Bearbeitung möglich machen.

Teilweise kommen die Trucker heute ja noch mit einem Schmierzettel zum Terminal im Hamburger Hafen und sagen: Das ist meine Auftragsnummer. Über die Funktionalität Paperless Trade werden Frachtpapiere, Zertifikate, auch besonders sensible Daten, wenn es etwa um die Echtheit von Produkten geht, komplett digitalisiert.

Das klingt nach gigantischen Herausforderungen in der praktischen Umsetzung …

Schultze-Wolters: Ja, es ist schon klar, dass in den Zollbehörden von Peru anders gearbeitet wird als am Hamburger Hafen und in China anders als in Kanada. Wir haben deshalb exemplarisch elf Zollbehörden weltweit ausgewählt und über ein Early-Adopter-Programm involviert. Da sind wir gerade noch im sogenannten Onboarding-Prozess.

Kanada, Peru, Niederlande, Saudi-Arabien, Singapur - die sind alle sicher dabei. Wir wollten möglichst repräsentativ die verschiedenen regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen aufnehmen und verarbeiten. Im Zoll liegt eine der größten Herausforderungen.

Das Thema Supply Chain Insights ist sicher wichtig, aber Unternehmen wollen nicht nur wissen, wo ihre Ware ist, sondern auch in welchem Zustand. Bieten Plattformen wie IBM Food Trust oder TradeLens hier schon Antworten?

Schultze-Wolters: Supply Chain Insight und Paperless Trade sind nur zwei Use Cases, es werden weitere dazu kommen. Es gibt eine Roadmap für die nächsten zwei Jahre. Eine ganz wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Plattformen spielen unsere Beiräte aus den jeweiligen Branchen, wir nennen sie Advisory Boards. Immer, wenn wir über Blockchain-Projekte reden, brauchen wir eine Governance-Struktur, die über Funktionen, Geschäftsmodell, Weiterentwicklung, Partnerschaften etc. entscheidet und die Ergebnisse kommuniziert.

Wir bauen gerade je ein Advisory Board für TradeLens und für IBM Food Trust auf. Im Zusammenhang mit IBM Food Trust reden wir auch intensiv über IoT-Szenarien. Ich arbeite mit verschiedenen Unternehmen im deutschsprachigen Raum zusammen, die sich mit Kühlung, Sensorik, Aggregaten etc. beschäftigen. Diese Profis möchten wir mit auf die Plattform ziehen.

In welchem Zustand befindet sich ein Container und vor allem die Ware darin, wenn wir etwa über Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Erschütterungen reden? Gerade für Früchte aus Südamerika, die völlig unreif ihre Reise antreten und dann unterwegs einen Reifungsprozess durchmachen, ist das ganz wichtig. Wir arbeiten also an zukünftigen Use Cases rund um das Thema IoT.

Advisory Boards steuern die Blockchain-Plattformen

Wer entscheidet über die Aufnahme in das Advisory Board?

Schultze-Wolters: Diejenigen, die die Plattform gebaut haben. Für TradeLens also Maersk und IBM, für IBM Food Trust Walmart und IBM. Wir reden hier über eine Open Industry Platform, der offene Standards heilig sind. Deshalb brauchen wir eine möglichst repräsentative Zusammensetzung des Beirats. Es bringt ja nichts, wenn Maersk alle seine Freunde um sich schart. Wir brauchen auch die Stimme des Zolls mit seinen Eigenarten, unterschiedliche Logistikunternehmen, auch die großen Carrier, Häfen und Terminal-Betreiber auf verschiedenen Kontinenten. Wir wollen alle Prozessbeteiligten aus allen Regionen involvieren.

Sie sprechen über offene Standards. Werden ihre Plattformen irgendwann selbst eigene Standards setzen - einfach nur aufgrund ihrer Größe?

Schultze-Wolters: Wir orientieren uns an den offenen Standards, die es gibt. Mithilfe von Open Source und Open APIs werden wir so offen sein, wie es eben geht. Wir berücksichtigen auch die Standards aus den Branchen und bauen darauf basierend gemeinsam offene Lösungen, die für alle zugänglich sind.

Vor wenigen Wochen hat sich die Digital Container Shipping Association (DCSA) gegründet, eine Organisation von neun großen Reedereien, um IT-Standards, die es in der Container-Industrie bisher noch nicht gab, zu schaffen. Dies wurde jetzt in Hamburg auf der Global Liner Shipping Conference formal angekündigt. Mit dieser Organisation sind wir schon seit zirka einem halben Jahr im Gespräch,denn wenn sich die großen Reedereien endlich zusammentun und einen Standard schaffen für die Container-Schifffahrt, dann ist das hochrelevant für uns.

Wie überzeugt man Wettbewerber von Maersk, auf deren Plattform zu kommen?

Schultze-Wolters: Natürlich gibt es da zunächst immer gewisse Vorbehalte. Man sorgt sich, dass Maersk vielleicht deren Verträge, Frachtraten oder andere sensitive Daten einsehen könnte. Das ist aber kein Thema, wir reden über Blockchain-Technologie! Teilnehmer auf TradeLens oder IBM Food Trust können ihre eigenen Ökosysteme mit ihren Kunden, Lieferanten und Partnern abbilden.

Die Governance-Struktur definiert exakt, wer was kann und darf. Ein Rechte-Management steuert Lese- und Schreibzugriffe, dadurch ist sichergestellt, dass eine ungewünschte Transparenz nicht entstehen kann. Wir reden hierbei über einen "Distributed Ledger", das heißt die Daten bleiben im Gegensatz zu einer zentralen Datenbank verteilt, und die relevanten Transaktionen sind in der Blockchain dokumentiert.

Dahinter steckt eines unserer Grundprinzipien: Privacy is paramount (dt.: hat Vorrang). Wir steuern über die Governance-Struktur Zugriffsrechte. Es gibt keinen Supervisor oder Administrator, der Zugriffsrechte verteilt. Also gibt es auch keine Instanz, die diese Daten allein kennt und beaufsichtigt. Nur ein Advisory Board. Auch IBM weiß nicht mehr.

Teilnehmer zahlen in Dollars oder Daten

Erläutern Sie das IBM-Geschäftsmodell im Zusammenhang mit diesen Plattformen!

Schultze-Wolters: Bei globalen Plattformen wie TradeLens sind einige Unternehmen sogenannte Network Member. Sie bezahlen in Naturalien, also mit ihren Daten. Das gilt für die Häfen, die großen Carrier und die Zollbehörden - für diejenigen also, die Daten auf die Plattform bringen und sie damit zum Leben erwecken. Diejenigen, die die Daten nutzen wollen, zum Beispiel Logistikunternehmen, die damit ihre Prozesse optimieren können, oder Automobilhersteller, Retailer und Fertigungsunternehmen, die die Transportaufträge erteilen, zahlen pauschal 25 Dollar pro Container.

Gehen wir zu IBM Food Trust, also der Lebensmittel-Rückverfolgung: Da haben wir ein As-a-Service-Modell. Man zahlt je nach Unternehmensgröße einen bestimmten monatlichen Betrag pro Modul. Tracing ist ein solches Modul, damit kann ich bis ins Detail zurückverfolgen, von welcher Plantage beispielsweise eine Mango kommt. Dieser Service des Zurückverfolgens kostet für kleine Betriebe 100 Dollar pro Monat, für mittlere 1000 und für große mit über einer Milliarde Dollar Jahresumsatz 10.000 Dollar. Hier haben wir also ein Subscription-Modell. Wir lehnen das Geschäftsmodell grundsätzlich an die Struktur einer Plattform und den jeweiligen Mehrwert an.

Wie viele Mitarbeiter bei IBM beschäftigen sich mit der Blockchain?

Schultze-Wolters: Weltweit sind es rund 1.600, die Zahl steigt stetig. Wir haben mittlerweile mehr als 500 Projekte in Arbeit, davon 85 live und in Produktion in der Konstellation Join, Coordinate, Build. Was uns differenziert, ist, dass wir das Thema Blockchain und die relevanten Lösungen End-to-End bedienen. Vertriebler, Berater, Architekten, die mit den Kunden in die Workshops gehen und MVPs bauen, gehören dazu und natürlich eine große Zahl an Entwicklern, die das dann umsetzen und betreuen.

Welche Initiativen neben TradeLens und IBM Food Trust verfolgen Sie noch?

Schultze-Wolters: Besonders interessant ist sicherlich das zu Beginn genannte Projekt für den Automotive-Sektor, das wir zuerst mit Ford und einer chinesischen Minengesellschaft aufgesetzt haben. Es geht darum nachzuvollziehen, ob das für die Herstellung von Batterien wichtige und ziemlich seltene Schwermetall Kobalt unter fairen Produktionsbedingungen und ohne Kinderarbeit hergestellt wurde. Volkswagen ist kürzlich als erstes deutsches Unternehmen beigetreten. Kobalt ist nur der erste Werkstoff, auch dort werden wir über ein Advisory-Board entscheiden, mit welchen Metallen und Rohstoffen es weitergeht.

Auch für die Energiewirtschaft gibt es interessante Projekte, etwa zur dezentralen Gewinnung und Zwischenspeicherung von Energie oder zum Thema "Supplier Change", also einem schnellen Wechsel der Stromanbieter. Wir werden diese Themen im Build-Ansatz verproben, damit auf die branchenspezifischen Herausforderungen eingehen und es kundenindividuell umsetzen.