Analysten-Kolumne

IT-Einkäufe besser strukturieren

21.06.2006 von Hartmut Lüerßen
Eine schnellere Auftragsvergabe, bessere Konditionen durch Volumenbündelung und eine gesteigerte Qualität: Die Ziele, die große Firmen mit einer Optimierung der Einkaufsprozesse sowie dem Provider-Management verfolgen, sind ambitioniert. Der Schlüssel dazu ist mehr Transparenz durch klare Strukturen und Prozesse.

Bei großen Unternehmen ist der Einkauf bei der Beschaffung von IT-Dienstleistungen wie IT-Beratung in den vergangenen Jahren wichtiger geworden. Dabei übernimmt der Einkauf vor allem die kaufmännische und rechtliche Beurteilung von Angeboten und die gesamte Abwicklung der Auftragsvergabe. Das umfasst nahezu alle Schritte von der Zusammenstellung der fachlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an das Projekt oder den Service, über die Verwaltung der Ausschreibung bis hin zur Koordination von Beauty-Contests und der finalen Auftragsvergabe, je nachdem ob die Rechtsabteilung oder Betriebsrat involviert werden müssen.

Die IT kann sich dadurch voll auf die Definition der fachlichen Aspekte sowie die fachliche Bewertung der Konzepte und Angebote konzentrieren. Dieser Freiraum für das Kerngeschäft wird von den IT-Verantwortlichen auch als großer Vorteil gesehen. Die Hoheit über die IT-Strategie bleibt in ihrer Hand und sie gewinnen mehr Zeit für die Gestaltung und Umsetzung ihrer Hauptaufgaben. Gleichzeitig werden sie von aufwändigen Administrationsaufgaben entlastet.

Damit die Zusammenarbeit und Aufgabenteilung jedoch gut und reibungslos funktionieren kann, sind klare Strukturen und definierte interne Prozesse erforderlich. Dass diese internen Prozesse sowie die Steuerung der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern insgesamt bei großen und den größten Unternehmen in Deutschland ein Thema ist, zeigt die aktuelle Lünendonk-Studie "Einkauf von IT-Beratung und IT-Dienstleistungen im Spannungsfeld von Standardisierung und Wertbeitrag", die seit Juni 2006 verfügbar ist. Für die Studie wurden CIOs und leitende Einkäufer in 28 großen Unternehmen in Deutschland befragt, davon elf Dax-Unternehmen.

Konsolidierung und Transparenz

Gerade bei den großen Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern, die über verzweigte internationale Aktivitäten verfügen, haben sich im Laufe der Jahre teilweise mehrere hundert externe IT-Berater und -Dienstleister etabliert, wobei die One-Man-Shows der Freiberufler darin gar nicht enthalten sind. Bei so vielen verschiedenen Dienstleistern steigt der Steuerungsaufwand ins Extreme, was generelle Vorteile der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, zum Beispiel mehr Flexibilität, teilweise wieder aufzehrt.

Um hier gegenzusteuern und gleichzeitig Potentiale zur Volumenbündelung und damit zur Reduzierung der externen Kosten zu heben, geht der Trend dahin, die Zahl der externen Dienstleister insgesamt zu reduzieren. Dabei agieren die Unternehmen meist in Anlehnung an das Pareto-Prinzip: Circa 80 Prozent der Beratungsleistungen und Services wollen sie mit wenigen großen Partnern abwickeln, für 20 Prozent der Themen setzen die Firmen weiterhin auf kleinere Spezialisten. Denn auch große Anbieter mit einem breiten Leistungsspektrum können nicht alles gleich gut.

Ein wichtiges Werkzeug für die Konsolidierung ist dabei die Auswahl von bevorzugten Partnern, die in einer Preferred-Partner-Liste zusammengefasst werden. Von den im Rahmen der Studie befragten Unternehmen arbeiten bereits mehr als 70 Prozent mit Listen bevorzugter Partner. Insgesamt 25 Prozent der Unternehmen bereiten eine solche Liste vor oder überarbeiten ihre bestehende Ausprägung in Bezug auf das Matching der internen Anforderungsbereiche mit dem bewerteten Leistungsportfolio des externen Partners. Im Durchschnitt umfasst die Liste von Preferred Partnern 23 Unternehmen, nur in Ausnahmefällen wird die Zahl von 60 Teilnehmern überschritten.

Anforderungen an Preferred Partner

Dabei unterscheiden sich die Anforderungen an das Preferred-Partner-Modell zum Teil erheblich. Bei manchen der Befragten stellen die Listen lediglich eine Hilfestellung für die Vorauswahl dar. Andere Unternehmen haben das Thema auch international schon stark vorangetrieben und eine detaillierte Anforderungs- und Matching-Matrix entwickelt - oft in Verbindung mit einem mehrstufigen Partner-Modell. Teilweise werden sogar unternehmensinterne Zertifizierungsvorschriften für Produktionsbereiche mit abgebildet.

Bei dieser Konstellation können bei Projektanfragen aus der Matrix heraus innerhalb sehr kurzer Zeit zwei oder drei Firmen angesprochen werden, was die Zeit bis zur Auftragsvergabe bei hoher Transparenz stark verkürzt. Angesichts der steigenden Transparenz-Anforderungen im Rahmen der IT-Governance durch Bestimmungen wie SOX oder Basel II ist das ein weiterer großer Vorteil für die Organisation.

Die wichtigste Basis für die Erstellung dieser Listen, so zeigten es die Interviews, sind die konkreten Erfahrungen aus der bisherigen Zusammenarbeit mit Dienstleistern. Neben fachlichen Kriterien in Bezug auf IT-Skills, tiefem Know-how der Geschäftsprozesse und anderer Kriterien zählen im Rahmen von Risiko-Betrachtungen auch wirtschaftliche Aspekte wie eine solide Finanzierung und die geschäftliche Entwicklung für die Status-Bewertung eines Partners.

Raum für Optimierung

Bei der Zusammenarbeit mit den bevorzugten Partnern sind Rahmenverträge die Regel. Weniger verbreitet ist es jedoch, strukturierte Dokumentationen von Projekterfolgen in jährliche Provider-Assessments einfließend zu lassen. Werden diese Bewertungen der laufenden Zusammenarbeit mit dem externen Partner gemeinsam von der IT, den Fachbereichen und dem Einkauf durchgeführt, entsteht ein transparenter Blick aller Interessenträger auf die Gesamt-Performance des Dienstleisters - zum Vorteil des Wettbewerbs um Qualität.

Hartmut Lüerßen ist Geschäftsführer des Dienstleistungs- und Marktforschungsunternehmens Lünendonk.