Die Auf- und Absteiger

IT-Trends 2015 der Experton Group

04.12.2014 von Andreas Zilch
CIOs sollten 70 Prozent ihres Etats ins operative Geschäft und 30 Prozent in Innovationen und neue Prozesse investieren. 30 bis 40 Prozent der CIOs werden dieses Ziel erreichen.
Andreas Zilch ist Vorstand und Berater bei der Experton Group.
Foto: Experton

Bevor wir auf die einzelnen IT-Trends konkret eingehen, eine wichtige Message an die CIOs und die IT-Abteilungen vorab. Der wichtigste Trend der nächsten Jahre aus Perspektive der internen IT-Abteilung und des CIO könnte sein "IT wird aus Sicht unseres Unternehmens immer wichtiger, aber wir (zentrale IT-Abteilung) werden immer unwichtiger".

Dieser Trend ist aber nicht zwangsläufig - moderne IT-Abteilungen und sehr gut aufgestellte CIOs finden die richtige Balance. Das operative IT-Geschäft (auch Tagesgeschäft genannt) wird weitgehend automatisiert und standardisiert und Services mit geringer Wertschöpfung (z.B. Client Support, Standard DC Infrastruktur) mehr und mehr outgesourced. Der CIO sieht IT als sein eigenes Business und setzt alles daran, die Ziele seines Unternehmens zu kennen und tatkräftig zu unterstützen.

Dazu gehört sicher die wirkungsvolle Unterstützung der Prozesse der operativen und administrativen Geschäftseinheiten. Aber noch mehr die eigene Konzentration auf horizontale Geschäftsprozesse, die die Unternehmenseinheiten untereinander und mit Partnern (Kunden, Lieferanten) verbinden. Für diese horizontalen Prozesse existiert nämlich oft nur eine unklare Verantwortung, was die Optimierung verhindert oder erschwert. In diese Lücke kann und sollte IT stoßen - um den Wert des Unternehmens und den eigenen Wertbeitrag zu erhöhen.

Industrie 4.0 macht Produktanbieter zu Service-Anbietern

Ein weiteres spannendes Aufgabenfeld der IT-Abteilung ist das Einbringen von technologischen Innovationen in das Unternehmen - nicht nur aus der reinen IT-Sicht, sondern insbesondere zur Optimierung der Geschäftsprozesse beziehungsweise der Entwicklung komplett neuer Geschäftsmöglichkeiten. Als erstes Beispiel sei hier Industrie 4.0 genannt, wo aus reinen Produktanbietern in Zukunft erfolgreiche Serviceanbieter werden können.

Die Kunst des CIO und seiner Executives wird also eine ebenso innovative, wie ausgewogene Strategie sein. Solide IT-Services und Unterstützung der

Geschäftsprozesse bilden die Basis, Entwicklung und Verantwortung für horizontale Prozesse steigern den Wertbeitrag des IT-Bereichs für das Unternehmen und effiziente Innovationen sind die Krönung.

Hört sich einfach an, ist es aber nicht

Hört sich einfach an, ist es aber leider nicht. Zuerst braucht man eine entsprechende Strategie, dann konsequente Umsetzung und auch eine gute Ressourcenallokation. Wir empfehlen für einen starken CIO, circa 70 Prozent in das aktuelle operative Geschäft und 30 Prozent in Innovationen und neue Prozesse zu "investieren". Wenn dann für die ganze IT-Organisation noch ein "Innovationsanteil" von 10 Prozent übrig bleibt, kann das als großer Erfolg gewertet werden. Aus unserer Erfahrung werden 30 bis 40 Prozent der CIOs dieses Ziel erreichen.

Es wird aber auch bei vielen Unternehmen den Trend geben, dass Fachbereiche zunehmend die IT-Verantwortung, insbesondere für innovative Themen, übernimmt und die zentrale IT "zurückgedrängt" wird. Dies spiegelt sich auch in dem IT-Budgettrend 2015 wider - insgesamt werden die IT-Ausgaben um 3 bis 4 Prozent wachsen, die zentralen IT Budgets allerdings nur um 0 bis 1 Prozent.

Was werden aber die wirklich wichtigen IT-Trends sein, die deutsche Unternehmen (und deren IT-Abteilungen) in 2015-2020 erfolgreich machen?

Dies haben wir zunächst in folgender Grafik dargestellt:

Die Themen für 2015.
Foto: Experton

Ausgewählte Trends wollen wir hier kommentieren, wobei zu allen dargestellten Bereichen umfangreiche Informationen vorliegen.

Cloud Computing

Cloud Services und Technologien sind heute schon in vielen Unternehmen im Einsatz, allerdings ist dabei der Einsatzgrad sehr unterschiedlich. Die Reife des Cloud Angebotes hat deutlich zugenommen, die Herausforderung der Integration steht jetzt im Vordergrund. Der Versuch, individualisierte C/S Applikationen auf standardisierte Cloud Plattformen zu setzen, scheitert zumeist. Die Folge ist oft die Investition in eine Art "eigene Middleware", dies ist aber durchaus möglich.

Der Cloud Architektur gehört aber auf jeden Fall die Zukunft. Allerdings weniger in der "reinen" Form, sondern vielmehr als hybride angelegte Architektur, bei der Workloads zwischen dem eigenen Data Center und Cloud Service Providern (private, public) hin und her geschoben werden können.

Enterprise Mobility

Enterprise Mobility wird auch 2015 und in den folgenden Jahren eines der wichtigsten gemeinsamen Themen der IT und der Fachbereiche sein. Dabei spielt insbesondere die Geschäftsrelevanz eine immer zentralere Rolle. Mobile Enterprise wird sich dabei 2015 weniger auf die Endgeräte konzentrieren, sondern vielmehr auf Geschäftsabläufe beziehungsweise Geschäftsprozesse, die durch geeignete Technologien effizient und effektiv unterstützt werden.

Das Thema Geschäftsprozessoptimierung und vor allem Mobilisierung spielt dabei als initialer Schritt eine entscheidende Rolle. Insbesondere im gehobenen Mittelstand und bei Großunternehmen werden hierfür in 2015 vermehrt Projekte initiiert werden um sicher zu stellen, dass alle relevanten Geschäftsbereiche adressiert und anschließend auch optimiert werden. Als Nebeneffekt werden hierfür IT-Abteilungen und Fachbereiche eng zusammenarbeiten müssen, was dem gegenseitige Verständnis insgesamt zuträglich sein wird.

Neben den klassischen Bereichen für Enterprise Mobility wie Marketing, Vertrieb und Kundendienst werden vermehrt auch weitere Anwendungssegmente erschlossen. Hierzu gehört beispielsweise die Qualitätssicherung in der Fertigung, Unterstützung von Vorort-Technikern bei Reparaturen und ähnliches. Experton Group erwartet hier die nächsten Schritte hin zu konkret einsetzbaren Augmented Reality Lösungen auf Basis von Mobility Technologien in Kombination mit Wearables und einer Integration in Back Office Lösungen wie Lagerhaltung, Reparaturanleitungen, etc. Hier wird dann auch die Verbindung zu "Industrie 4.0" und "Digitalisierung" deutlich.

Eines der wichtigsten und häufig auch noch nicht richtig adressierten Bereiche ist aber die App-Entwicklung und die hierfür notwendige Basis-Infrastruktur. Experton Group erwartet insbesondere im Bereich Mobile Middleware und Entwicklungsplattformen für Mobile Apps deutliche Investitionen auf Anwenderseite im Jahr 2015. Vorher müssen Anwender aber eine geeignete Mobile App Strategie entwickeln, wozu auch das Testen und die Freigabe von extern entwickelten Mobile Apps gehört.

IT-Sicherheit und Privacy

Security und Privacybleiben Top-Themen für den CIO, wobei dies nicht immer mit den eingesetzten Ressourcen und Budgets korrespondiert. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung wird aber verstärkte Anstrengungen bei den Unternehmen nach sich ziehen, die teils verschärften Anforderungen für den Datenschutz umzusetzen und jedes Risiko zu vermeiden, die sehr hohen Bußgelder zahlen zu müssen, wenn es zu einer Datenpanne kommt.

Zudem ist mit einer deutlichen Zunahme gezielter, raffinierter Angriffe auf IT-Systeme zu rechnen, so dass der CIO reagieren muss, um das Unternehmen besser zu schützen. IT-Projekte in Cloud Computing, Big Data, Mobile Computing, Social Business und Industrie 4.0 haben immer eine zentrale Security-Komponente, so dass die anderen IT-Trends unweigerlich der Bedeutung von Security einen zusätzlichen Impuls geben.

Die Sicherheit von digitalen Identitäten und intelligentes Identitäts- und Zugangsmanagement gewinnt deutlich an Gewicht. Ohne sichere Identitäten kann es keine Datensicherheit und auch keine Gerätesicherheit geben. Die Vielzahl an Fällen von massenhaftem Identitätsdiebstahl in 2014 hat gezeigt, dass die Identitätssicherheit umfassend verbessert werden muss.

Aufsteiger und Absteiger 2015

Die genannten Themen und Trends haben natürlich unterschiedliche Reifegrade und damit auch Relevanz für den CIO. Während Cloud schon sehr reif ist, wandelt sich die Sicht auf Mobile Enterprise deutlich. Big Data ist ein extrem interessantes Thema, wird aber gerade in Deutschland oft zu kritisch gesehen.

Social Enterprise kann man vielleicht als "Absteiger" bezeichnen, da viele Unternehmen bei Einführungsversuchen "schlechte Erfahrungen" gemacht haben. Dies liegt aber nicht an der Relevanz und Wichtigkeit des Themas, sondern an der Erkenntnis, dass zu einem erfolgreichen Projekt wesentlich mehr gehört als der Technologie Einsatz. Kulturelle Aspekte und Veränderung von Prozessen wurden unterschätzt und vernachlässigt, daher wird Social Enterprise länger brauchen, um sich bei der Mehrzahl der Unternehmen durchzusetzen.

Security könnte der "Aufsteiger" sein, hier ist aber noch immer eine starke Diskrepanz zwischen der Einschätzung der Wichtigkeit durch die CIOs und der tatsächlichen Allokation von Ressourcen/Budgets zu erkennen.

Das Thema Sourcing (explizit nicht Outsourcing) wird kontinuierlich

wichtiger und nimmt an Bedeutung zu. Industrie 4.0 wird auch in 2015 weiter ein wichtiges Thema bleiben, da der direkte Geschäftsnutzen im Mittelpunkt steht - und hoffentlich auch von immer mehr IT-Verantwortlichen adaptiert wird.

Aus Marketing-Perspektive der IT-Anbieter wird aber sicher das Wort "Digitalisierung" 2015 als Trend oft gebraucht - und auch missbraucht - werden. Definitiv wichtig und zukunftsweisend - hier muss aber genau hinterfragt werden, was der konkrete Aspekt und Nutzen ist.

Die Top 10 Trends der Experton Group

Die Trends sind nicht gewichtet.