Übernommene Applikationen werden weiterentwickelt

Letzter Akt des Oracle-Dramas

08.05.2006 von Thomas Mach/CW.at
Der Software-Konzern Oracle verknüpft im neuen Enterprise One-Release das ehemalige ERP-System von J.D. Edwards mit Supply Chain Management-Funktionen (SCM). Eine neu integrierte Funktion ist dabei die automatisierte Abwicklung von Ausschreibungen. Mittels Operational Sourcing-Modul kann die für kleine und mittlere Unternehmen konzipierte ERP-Software zudem Geschäftsbeziehungen von und zu Lieferanten abbilden.

Im Human Capital Management wurden unter anderem Selbstbedienungsfunktionen für Mitarbeiter integriert. Zudem ermöglicht es Enterprise One nun, den Personaleinsatz zu planen. Das Customer Relationship Management-Modul (CRM) wurde gegenüber der Vorgängerversion um Kundendienstmechanismen erweitert. Die SCM-Features bieten jetzt beispielsweise die Möglichkeit, die Reihenfolge beim Transport von Waren festzulegen. Dies ist etwa für Lieferanten wichtig, die einem Kunden Teile für seine Fertigung in einer bestimmten Abfolge anliefern müssen. Darüber hinaus hat Oracle eine Branchenlösung – bestehend aus Hard- und Software sowie Dienstleistungen – für produzierende Firmen aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie aufgelegt.

Das neue ERP-Release wurde laut Oracle für die Fusion Middleware zertifiziert. Demnach könnten Kunden beispielsweise Plattformkomponenten wie Containers for J2EE, BPEL Process Manager (Business Process Execution Language), Identity Management und Oracle Portal verwenden.

Analyse a la Siebel

Erst Ende vergangenen Monats hatte Oracle die Business Intelligence Suite vorgestellt. Die laut dem Anbieter "offene, standard-basierende Software, die für alle Nutzer und Geschäftprozesse innerhalb eines Unternehmens konzipiert" sei, vereine Oracle Business Intelligence Middleware mit Siebel Business Analytics. "Unsere Investition in Siebel Business Analytics ergänzt unser ohnehin schon starkes BI- und Analytic Application-Set, und wir können jetzt die branchenweit umfangreichste Lösung anbieten", erläutert Charles Phillips, Oracle President. Und ergänzt: "Unsere Investition umfasst aber auch die Aufstellung einer eigenen, dedizierten Vertriebsorganisation, die unsere Kunden dabei unterstützen wird, bessere Einsichten in ihre Geschäftsprozesse zu bekommen und somit einen Mehrwert aus ihren Daten und Applikationen zu erhalten."

Zudem bringt das Unternehmen endlich Ruhe in die seit Monaten währende Diskussion um die Zukunft der durch die Übernahmen von Peoplesoft und J.D. Edwards lukrierten Produkte. So werden laut Unternehmensangaben alle Business-Applikationen, die Oracle selbst entwickelt oder übernommen hat, auch künftig weiterentwickelt und aktiv vermarktet werden – und zwar unbegrenzt. Damit ändert das Unternehmen seine bisherige Strategie, die zwar die Wartung bestehender Software vorsah, jedoch nicht das Hinzufügen neuer Funktionen über einen unbefristeten Zeitraum, komplett. Das Konzept Applications Unlimited stehe in diesem Zusammenhang für die Wartung und den Ausbau der Produktlinien von J.D. Edwards, Peoplesoft, Siebel und Oracles E-Business Suite, wie Jesper Andersen, Senior Vice President Application Strategy bei Oracle, betont.

"Kein Anwender wird zu einem Upgrade oder einer Migration gezwungen, auch dann nicht, wenn wir im Jahr 2008 mit Fusion Application ein neues Produkt auf den Markt bringen", erklärt Andersen. Die Entwicklungsteams der einzelnen Produkte würden laut dem Strategen erhalten bleiben. Zudem bringe das Unternehmen in regelmäßigen Abständen neue Funktionen heraus. "Dies gilt auch für das in RPG geschriebene World. Noch dieses Jahr liefern wir eine neue Version von World, die zahlreiche Neuerungen enthält, aus."

Wenn die laut Andersen völlig neu entwickelte Fusion Application verfügbar sei, solle sie gleichberechtigt mit den anderen Business-Software-Lösungen vermarktet werden. "Der Kunde entscheidet, welches Produkt am besten zu ihm passt." Im Zuge der Weiterentwicklung würden künftig alle ERP- und CRM-Produkte an die Fusion Middleware angepasst.