Studie über Digitale Markenführung

Mach's wie Maggi

06.02.2013 von Kristin Schmidt
E-Mails, Internet-Seiten und soziale Netzwerke sind heute die wichtigsten Kommunikationskanäle zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Eine Exklusivstudie zeigt, wie Manager Marken im digitalen Zeitalter positionieren sollten und vom Austausch mit ihren Kunden profitieren können.
O2 investiert die Hälfte seines Marketingbudgets im Internet.
Foto: O2

Die beiden Kupferkuppeln der Münchner Frauenkirche ragen in den bayrischen Himmel. Der ist so tiefblau wie die Markenfarbe von O2. Eiferndes Anpreisen aktueller Telefontarife oder neuester mobiler Alleskönner sucht man allerdings vergebens auf dem zehn Meter langen, leuchtenden Werbebanner, das der Telefonanbieter in der Gepäckausgabehalle des Münchner Flughafens platziert hat. "Willkommen in München" ist in weißen Lettern zu lesen. Daneben prangt ein pixeliges Quadrat in Schwarz-Weiß.

Wer diesen sogenannten QR-Code mit seinem Mobiltelefon abfotografiert, dem öffnet sich das Tor in die digitale Welt des seit Kurzem börsennotierten Unternehmens. Statt sich am Gepäckband die Beine in den Bauch zu stehen, können sich Reisende die öde Wartezeit auf einer eigens von O2 programmierten Seite mit Musik und Videospielen vertreiben, bis der eigene Koffer auftaucht.

"Mit solchen interaktiven Ideen", sagt Tim Alexander, bei O2 für die Markenführung verantwortlich, "bleibt unsere Marke beim Kunden in angenehmer Erinnerung."

Fernbedienung des Lebens

In der Chefetage des Mobilfunkanbieters werden Smartphones schon als "Fernbedienung unseres Lebens" gehandelt. Deshalb hat der Börsenneuling, der die Hälfte seines Marketingbudgets ins Internet steckt, seine Homepage für die gängigen Smartphone-Betriebssysteme Apple iOS, Blackberry und Android optimiert.

Eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist: Laut IT-Branchenverband Bitkom nutzen inzwischen mehr als 75 Prozent aller Deutschen das Internet. Sie verbringen durchschnittlich 83 Minuten pro Tag vor dem Rechner - Tendenz steigend, so die Marktforscher von GfK. Und auch mobile Endgeräte zählen mittlerweile in vielen deutschen Haushalten zum festen Bestandteil des alltäglichen Lebens: 60 Prozent aller Bundesbürger besitzen laut Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) internetfähige Mobiltelefone, 44 Prozent geben an, im Besitz eines Smartphones zu sein, um sich über soziale Netzwerke wie Twitter, YouTube oder Facebook auszutauschen.

Knapp 14 Millionen Deutsche gehen jede Woche über ihr internetfähiges Mobiltelefon online, 8,2 Millionen Deutsche greifen über Tablets auf Online-Inhalte zu. Und laut einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Nielsen lassen in den USA schon 40 Prozent der TV-Gucker ihre Tablets oder Smartphones selbst beim Fernsehen nicht aus dem Blick. Die veränderte Mediennutzung hat auch Einfluss auf die Verteilung der Werbebudgets: Der Online-Anteil am Werbekuchen hat sich laut BVWD seit 2005 verfünffacht und wird nach Schätzungen des Verbands im Jahr 2012 mehr als ein Fünftel der Werbeausgaben ausmachen. Nur für Fernsehspots fließt noch mehr Geld.

Veränderte Kommunikation

Hinzu kommt: Die Investitionen in mobile Displaywerbung schossen zwischen April und Juni 2012 in die Höhe. Die Ausgaben stiegen um 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Laut einer Studie der Deutschen Post haben etwa drei Viertel aller deutschen Unternehmen eine Homepage, 27 Prozent nutzten soziale Netzwerke 2011 als Marketinginstrument.

Doch das Verschieben von Marketingetats von einem Medium zum anderen ist nur Symptom und Folge eines Paradigmenwechsels im Kommunikationsverhalten zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Ob vom Rechner im Büro oder unterwegs vom Smartphone: E-Mails, Internet-Seiten und soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube sind heute die wichtigsten Kommunikationskanäle zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Kommunikation mit dem Kunden ist keine Einbahnstraße mehr, sondern ständige Interaktion auf allen Kanälen.

Die Rollen von Sender und Empfänger sind nicht mehr zu trennen, beide Seiten sind gewissermaßen ständig auf Sendung. Das heißt: Statt den Verbrauchern zu diktieren, was eine Marke ausmacht, müssen Unternehmen diese Werte zusammen mit den Usern definieren und entwickeln.

"Wenn ein Unternehmen heute keinen Facebook-Account hat, ist das so, als hätte es kein Telefon", sagt Klemens Skibicki, Marketingprofessor an der Cologne Business School. "Eine Marke ist das, was die Menschen darüber sagen. Zeichnen die Unternehmen ein Bild von ihrer Marke, das der Wahrnehmung der Kunden zuwiderläuft, können die Verbraucher das sofort via Internet aufdecken und miteinander darüber diskutieren."

Diskussionen, die Unternehmen nicht unterschätzen sollten

Denn digitale Markenführung muss genauso schlüssig angelegt sein wie der Umgang mit Marken auf analogen Kanälen. "Blogs, Webseiten und Social-Media-Auftritte sind keine Experimentierfelder mehr", sagt Thomas Koch, Marketingexperte aus Düsseldorf. "Sie sind zentraler Bestandteil des Markenauftritts." Vorbei die Zeiten, in denen Homepages zum Herausposaunen platter Werbebotschaften missbraucht wurden, Handys nur zum Telefonieren da waren und Beschwerden seitens der Kunden im stillen Kämmerlein besprochen wurden.

Dass selbst scheinbar einfache Werbeaktionen auf Facebook akribisch vorbereitet sein wollen, musste gerade Alitalia feststellen: Die italienische Fluglinie hatte mit großem Tamtam eine Rabattaktion angekündigt.

Wegen eines Softwarefehlers gab es plötzlich nicht nur günstigere Tickets, sondern auch Gratis-Flugscheine. Alitalia annullierte die Gratis-Tickets und handelte sich im Handumdrehen einen Proteststurm der Netzgemeinde ein.

Übersichtliches Navigieren sind für Websites elementar

Dabei sind gerade Dialog und Interaktion mit den Kunden die Stärken des Internets und auch das, was der Nutzer vom Online-Auftritt seiner Lieblingsmarke erwartet. Unternehmen können direkter denn je mit ihren Kunden kommunizieren, sie in die Produktentwicklung einbeziehen oder ihre Fragen beantworten.

Vor allem die sozialen Netzwerke haben den direkten Kontakt von der Filiale und der Telefonhotline ins Internet gehievt und damit die Massen mobilisiert. Alleine Facebook hat in Deutschland mehr als 24 Millionen Nutzer. Auf Twitter gibt es laut einer neuen Studie des namhaften Blogs Webevangelisten in Deutschland 825 000 aktive Accounts - dazu zählen alle, die mindestens einen Tweet pro Woche absondern.

So wurden die Digital Brand Champions gekürt

60 Marken im Test

Die Berliner Strategieagentur diffferent hat im Auftrag der WirtschaftsWoche 60 Marken aus den Branchen Automobil, Finanzen, Lebensmittel, Körperpflege, Elektronik sowie Telekommunikation getestet. 1000 Verbraucher haben die zehn aus ihrer Sicht bedeutendsten Marken jeder Branche ausgewählt. Deren digitale Markenführung hat diffferent anhand von 16 Kriterien überprüft und jeweils zwischen null und zehn Punkte vergeben. Die einzelnen Faktoren sind vier Oberkategorien zuzuordnen: Digital Relationship Value, Digital Brand Assets, Digital Brand Integrity und Digital Innovation Leadership.

Digital Relationship Value

umfasst den Dialog mit den Kunden und deren Einbindung. Eine Messgröße war dabei, wie schnell die Unternehmen auf Kundenanfragen reagieren.

Digital Brand Assets

bezieht sich auf die digitalen Inhalte und deren Aufbereitung im Netz. Zum Beispiel wurde untersucht, wie benutzerfreundlich die Homepage der Marke ist.

Digital Brand Integrity

bewertet die Vernetzung der Marketingkanäle sowie die Konsistenz der Markenbotschaft. Eine Frage dabei: Auf welchen Kanälen ist die Marke vertreten?

Digital Innovation Leadership

beschreibt, wie gut die Unternehmen neue Online-Trends erkennen und diese auch nutzen. Die Oberkategorie beleuchtet beispielsweise, ob der Markenauftritt auf mobile Endgeräte abgestimmt ist.

Qualität wird belohnt

Zentraler Grundsatz der Studie: Qualität schlägt Quantität. Marken, die zwar auf vielen Kanälen präsent sind, die Inhalte aber schlecht aufbereiten, erhalten weniger Punkte als Marken, die nur ein paar Kanäle mit hochwertigem Content anreichern.

Qualität wird belohnt

Nur Unternehmen, die dieses Potenzial erkennen und nutzen, persönliche Kundenbeziehungen im Netz pflegen und Inhalte informativ und unterhaltsam aufbereiten, können ihre Marken erfolgreich durch das digitale Zeitalter steuern - so wie O2. Der Mobilfunkanbieter ist Deutschlands digitaler Markenchampion. Das bestätigt die Studie "Digital Brand Champion" der Strategieagentur diffferent. Sie untersucht im Wesentlichen vier Aspekte: erstens die Kommunikation mit den Kunden, zweitens die Relevanz und die benutzerfreundliche Aufbereitung der Inhalte.

Drittens: Ist die Marken-Botschaft schlüssig und kanalübergreifend vernetzt? Viertens: Erkennt und nutzt die Marke neue Internet-Trends?

Auf Platz zwei landete Automobilhersteller Volkswagen, der vor allem dank dem Aufgreifen neuer Online-Trends punktete, gefolgt von Audi, der mit einer guten Mischung aus Information und Unterhaltung beeindruckte.

Auch insgesamt konnten die Branchen Telekommunikation und Automobil am besten abschneiden. Marken aus der Kosmetikbranche tun sich im Internet dagegen weiterhin schwer. Zwar konnte zum Beispiel die Haarpflegemarke Schauma beim Kriterium Benutzerfreundlichkeit der Homepage überzeugen, im Gesamtranking reichte es trotzdem nur für Platz 47.

"Professionell geführte Marken vernachlässigen keine digitale Kategorie", sagt Jan Pechmann, Geschäftsführer der Marken-Agentur diffferent. "Wichtig ist darüber hinaus eine gute Vernetzung aller Situationen, in denen der Konsument mit der Marke in Berührung kommt - also von der Website über das Regal im Supermarkt oder das Werbeplakat an der Bushaltestelle bis hin zu den sozialen Netzwerken".

In einer Liga mit Apple

Sieger O2 schafft genau das: Die Marke ist auf allen relevanten Online-Kanälen vertreten, für Verbraucher attraktiv, die Website gut zu bedienen. Besonders beeindruckte O2 die Juroren, weil es die Kunden intensiv in seinen Innovationsprozess einbindet.

Auf der konzerneigenen Plattform Ideenforum haben seit ihrem Start im November 2010 Verbraucher mehr als 1300 Vorschläge für neue Produkte oder Dienstleistungen gemacht und Verbesserungen angeregt. Nutzer Cop-Tom schrieb zum Beispiel: "Es wäre sehr schön, wenn man auf dem Handy eine bestimmte Nummer wählt und der Verbrauch der Inklusivminuten und der verschickten SMS wird angesagt".

"Diese Idee fand in der Internet-Gemeinde viele Fürsprecher. Etwa 330 Kommentare und Anregungen später verkündete der O2-Forenmoderator: "Heute ist es so weit. Die Umsetzung steht vor der Tür."

Damit ist sie eine von 74 verwirklichten Kundenideen, die das Ideenforum bislang hervorgebracht hat. Der Initiator bekam zur Belohnung ein elektronisches Gerät im Wert von etwa 100 Euro, und auch die Verbraucher sind zufrieden. "Diese Beteiligung bringt die Kunden dazu, sich mit der Marke zu identifizieren, weil sie die Angebote aktiv mitentwickeln", sagt O2-Marken-Manager Alexander. "Das schafft Nähe und bindet den Verbraucher an die Marke."

Kein einfacher Job, denn "Kunden haben vielleicht ein inniges Verhältnis zu ihrem Handy, aber nicht zu ihrer SIM-Karte", sagt Marketingprofessor Skibicki von der Cologne Business School. Deshalb positioniert sich O2 als Experte für alle Fragen rund um den Mobilfunk. "Dadurch", sagt Skibicki, "schafft die Marke beim Verbraucher Vertrauen."

Etwa über die Internet-Videos der sogenannten O2-Gurus - junge Mitarbeiter des Konzerns, die neueste Handymodelle oder Apps vorstellen. Die erklären, wie man das Datenroaming im Ausland abschaltet oder wie Handynutzer drahtloses Internet auf verschiedenen Endgeräten installieren. Die Angebote von O2 spielen dabei oftmals nur eine untergeordnete Rolle.

"Platte Werbebotschaften bringen eine Marke nicht ins Gespräch. Menschen reden mit Freunden und Verwandten über wahrhafte und unterhaltsame Informationen und suchen diese im Internet", sagt Alexander. Zum Beispiel über Google: Durchschnittlich eine Million Anfragen pro Monat bei der Suchmaschine im Beobachtungszeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 sprechen für Mobilfunkanbieter O2. Damit spielen die Münchner laut der Studie von diffferent in einer Liga mit Apple.

Umso erstaunlicher, dass der kalifornische High-Tech-Gigant Apple beim Gesamtranking unterdurchschnittlich abschneidet.

Auch Maggi setzt auf Social Media

Ein Apple Retail Store in Pudong in Shanghai. Markenerlebnisse schafft Apple in seinen Stores, nicht auf Facebook.
Foto: Apple

Geschlagen von Florena, einer Marke für Körperpflege aus dem Hause Beiersdorf, und ganze 30 Plätze hinter Dauerkonkurrent Samsung. Doch dass eine der wertvollsten Marken der Welt es im Internet nur auf Platz 46 schafft, ist nicht auf schieres Unvermögen zurückzuführen, sondern Ergebnis einer bewussten strategischen Entscheidung. Apple verzichtet nicht nur auf eine eigene Facebook-Seite, der Elektronikkonzern erteilt Verbrauchern, die sich mit vermeintlichen Verbesserungsvorschlägen ans Unternehmen wenden, per se eine Abfuhr.

"Viele Menschen, die Apple-Produkte besitzen, haben eine Art religiöses Verhältnis zu der Marke", sagt der Kölner Marketingprofessor Skibicki. "Apple gibt sich exklusiv, geradezu mysteriös. Die Verbraucher sollen den Produkten hinterherlaufen, nicht umgekehrt."

Die Traditionsmarke Maggi aus dem Hause Nestlé gibt sich im Internet offen.
Foto: Maggi GmbH

Traditionsmarke Maggi ist da weitaus offener: Für sie ist das Internet ein Segen, denn übers Kochen reden die Menschen viel und gerne. Dank der Maggi-Kochstudios vor Ort kennt sich das Unternehmen mit direktem Kundenkontakt bestens aus. "Social Media ist für uns nur ein neuer Weg des Dialogs - mit dem Vorteil, dass die einzelnen Dialoge auf einmal für viele sichtbar werden", sagt Ingo Schäfer, Leiter Marketing Kommunikation bei Maggi.

Der Fertigsuppenspezialist bietet seinen Fans die Möglichkeit, sich auf der Homepage zu registrieren und darüber personalisierte Angebote abzurufen. Hobbyköche können zum Beispiel eine eigene Rezeptsammlung erstellen oder Zutaten, die sie nicht mögen, auf eine schwarze Liste setzen, um manche Gerichte von vorneherein auszuschließen. Das Social-Media-Team des Unternehmens kann seinen Kunden außerdem Rezeptvorschläge schicken, die genau zu deren personalisierten Profilen passen - und so eine Art persönliche Beziehung zu den Interessenten aufbauen.

Auf Kundenanfragen via Internet reagiert Maggi überdurchschnittlich schnell. Jeder kann Rezepte und Produkte bewerten oder kommentieren und sofort via Facebook oder Twitter mit all seinen Freunden teilen. Da sich Menschen bekanntlich selten zu Wort melden, solange es ihnen schmeckt, sondern eher, wenn die Suppe zu salzig ist oder der Dosierverschluss der Soßenflasche tropft, scheint diese Transparenz gefährlich. "Mir ist es aber lieber, die Leute meckern auf unserer Homepage über Maggi, und wir bekommen es mit, als wenn sie am Stammtisch schimpfen, unser Produkt nicht mehr kaufen und ich die Gründe dafür nicht kenne", sagt Maggi-Markenmann Schäfer.

Dass sie auf die digital geäußerte Meinung ihrer Kunden Wert legt und unter guter Kundenbindung nicht nur den Plausch in der Filiale, das Verwalten von Sparbüchern oder das Aufstellen von Geldautomaten versteht, beweist auch die Sparkasse.

Trendscout Sparkasse

Die Sparkasse erzielt Bestwerte, wenn es um die Schnelligkeit beim Beantworten von Kundenfragen geht.
Foto: Sparkasse

Kein Unternehmen beantwortet die Fragen seiner Kunden so schnell wie das Finanzinstitut mit dem roten "S". Zwei Stunden brauchte sie, um auf eine Anfrage zu reagieren, die sie über die Website ereilte. Über den Twitterkanal dauerte es vier Stunden - beides Bestwerte.

Volle Punktzahl gab es bei diesem Indikator für alle klassischen E-Mails, die innerhalb der ersten zwölf Stunden nach der Anfrage den Kunden erreichten. Auf Facebook oder Twitter musste die Marke innerhalb von sechs Stunden antworten, um die volle Punktzahl abzuräumen. Denn auf den sozialen Plattformen ticken die Uhren doppelt so schnell.

Der Lohn: Mit Platz 15 im Gesamtranking muss die mit einem eher biederen Image behaftete Sparkasse von den Konkurrenten aus der Finanzbranche nur der Deutschen Bank den Vortritt lassen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken landen dagegen abgeschlagen auf Rang 48.

Flott war die Sparkasse auch beim Erkennen neuer Online-Trends. Schon im Jahre 2006 eröffnete sie einen eigenen YouTube-Kanal, 2008 kam Twitter hinzu.

Bebe Young Care setzt im Kontakt mit seinen Kunden neben Facebook vor allem auf das Netzwerk SchülerVZ. Was für viele andere Unternehmen keinerlei Mehrwert hätte, passt bestens zur Kernzielgruppe des Kosmetikherstellers: stark internetaffine Frauen zwischen 13 und 25 Jahren. So gelingt es der Kosmetikmarke so gut wie keiner anderen, zur Markenbotschaft passende Inhalte zu präsentieren und auf den digitalen Kanälen einen hohen Wiedererkennungswert zu kreieren. Dafür sorgt zum Beispiel der einheitliche Auftritt auf Facebook, SchülerVZ und der eigenen Web-Präsenz.

Dort werden regelmäßig Erlebnisse einer Mädchenwohngemeinschaft weitergesponnen, die seit Jahren über die Mattscheibe flimmern. Für die Bebe-WG können sich junge Kundinnen bewerben. Einmal eingezogen, testen sie Bebe-Produkte und tauschen sich mit anderen darüber aus. "Die WG spiegelt unsere Markenwerte optimal wider", sagt Bebe-Marketing-Managerin Myriam Thiel. "Und das Format ist emotional sehr positiv besetzt."

Auch die Verbindung zwischen realer Welt und Online-Marketing funktioniert bei der rosa Kosmetikmarke aus dem Hause Johnson & Johnson hervorragend. Neueste Marketingmasche, mit der Bebe potenzielle Kundinnen in die Läden lockte: eine App, mit der über 10 000 Produkte verlost wurden.

Wer mit seinem Smartphone bestimmte Bebe-Produkte einscannte, erhielt anschließend auf seinem Display ein virtuelles Rubellos. Mit nur einem Klick konnten die Gewinnerinnen ihr Glück sogar via Facebook teilen. In diesem sozialen Netzwerk hat die Bebe Young Care immerhin etwa 56 000 Fans.

Audi untersucht Verhalten seiner Homepage-Besucher genau

Etwa zehn Prozent der auf Facebook registrierten Audi-Fans posten regelmäßig Fotos.
Foto: Audi AG

Zahlen, die Audi längst hinter sich gelassen hat: Über 790 000 Facebook-Fans hat der sportliche Autobauer - so viel wie keine andere der untersuchten Marken. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, wie eine Studie der Agenturen Pilot und Zucker. Kommunikation ergab: Demnach bewerten Facebook-Fans ihre Lieblingsmarke sympathischer, vertrauenswürdiger und moderner als Menschen, die dort nicht aktiv sind.

Der Blick auf die Audi-Gemeinde belegt die Vermutung: Etwa zehn Prozent der auf Facebook registrierten Audi-Fans posten regelmäßig Fotos, kommentieren Pinnwandeinträge und stellen Fragen an das Audi-Team. Der Grund laut Markenexperten der Agentur diffferent: Audi bereitet die Inhalte im Netz hervorragend auf.

Die dort vom Unternehmen verbreiteten Informationen sind top-aktuell, haben einen hohen Informationsgehalt, und das Lesen macht nebenbei auch noch Spaß. Interessierte finden sowohl technische Details, Preise oder mögliche Sonderausstattung für alle aktuellen Modelle vom A1 bis zum R8, aber auch spielerische Elemente.

Virtuelles Händchen

Die Vorstellung des neuen Audi A3 auf der Homepage beispielsweise lässt sich per Web-Cam steuern. Die Hand des Users wird von der Kamera erfasst, und mit einer seitlichen Bewegung kann der silberne A3 auf dem Bildschirm gedreht werden. Legt der Nutzer seine Hand virtuell auf den Türgriff, geht es in den Innenraum des Fahrzeugs, wo es noch weitere Details zu entdecken gibt.

Um zu wissen, was bei den Besuchern der digitalen Kanäle ankommt, untersucht Audi ihr Verhalten genau. Wie kommunizieren sie auf den verschiedenen Plattformen? Wo halten sich die Nutzer besonders lange auf? Welche Seiten klicken sie kaum an? Je nachdem wie die Antworten ausfallen, ändern Lothar Korn, Leiter Marketing Kommunikation bei Audi, und sein Team Inhalte oder bauen die Homepage um.

Seit einigen Monaten etwa finden Internet-Nutzer alles rund ums Thema Motorsport direkt in der horizontalen Navigationsleiste auf der Startseite von Audi. Früher war diese beliebte Rubrik in Unterkategorien versteckt, die Kunden konnten die für sie so attraktiven Informationen nur nach langer Suche finden.

"Die Website ist enorm wichtig", sagt Audi-Markenexperte Korn. "Denn sie ist zu 90 Prozent der erste Kontaktpunkt zwischen Audi und unseren potenziellen Kunden."

Was nicht nur für Audi gilt. Auch Unternehmen, deren Zielgruppen heute noch wenig mit E-Mail-Marketing, Online-Gewinnspielen und webbasierten Kundenbefragungen zu tun haben, müssen sich umstellen. "Tun sie das nicht", prognostiziert Marketingprofessor Skibicki, "sterben sie gemeinsam mit ihrer Zielgruppe aus."

(Quelle: Wirtschaftswoche)