"Bewahrer" treten hinter "Visionäre" zurück

Marktbelebung beschert CIOs Chance zur Führerschaft

15.12.2004 von Detlef Scholz
Im Zuge der sich erholenden Konjunktur müssen sich die Unternehmen umstellen: Das auf Kosteneinsparungen fixierte Management tritt hinter der visionären "Führerschaft" zurück. In dieser Umgruppierung bietet sich IT-Entscheidern die Chance, ihre Rolle im Unternehmen durch Ausrichtung auf das Geschäftliche auszuweiten. Das zeigt eine Analyse von Gartner.

Führerschaft und Management müssen voneinander unterschieden werden. Letzteres steht für Ausführen, Organisieren, Planen, Kontrollieren, Performance und Sicherstellen kontinuierlicher Verbesserungen. Führerschaft schließt dagegen das Bestimmen der Richtung ein sowie Vision, Strategie, aktive Inspiration, Motivierung, Unternehmenswerte und -Kultur.

In den vergangenen drei Jahren lag der Fokus aufgrund der vorherrschenden Kostensicht eindeutig auf dem Management. Doch für zahlreiche Unternehmen ändert sich die Situation: weg von der ausschließlichen Kostenperspektive, hin zu Wachstum und Innovation. In diesen Unternehmen ist es für die IT-Leitung wichtig, die Fähigkeit zur Führerschaft zu entwickeln. Sie muss eine aktive Rolle übernehmen, um das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren in eine neue Richtung zu führen. Die nächsten zwölf Monate sind entscheidend. Es muss sich erweisen, ob das IT-Team seiner neuen Rolle gerecht werden kann. Es sollte sich jedenfalls nicht ins Back-Office verkriechen und lediglich als Bereitsteller von Utilities verstehen.

Die Gartner-Analysten haben zwei Hauptgefahren ausgemacht, die sich dem offensiv denkenden CIO in den Weg stellen könnten: Zum einen herrsche bei vielen IT-Entscheidern ein Defizit bezüglich einer internen Führungsrolle vor. Zweitens in Form von anderen leitenden Managern, die das Prinzip der nun notwendig gewordenen Umstellung von "Management" auf "Führerschaft" nicht erkennen.

Die Folgen der reinen Kostenorientierung

Die intensive Betonung auf das Kosten-Management in den vergangenen drei Jahren hat ihren Tribut gefordert. Laut den Analysten mag es für das Unternehmen durchaus dienlich gewesen sein. Auf der anderen Seite hat die Kostenorientierung die Führerschaft geschwächt, besonders in der IT-Abteilung. Gestärkt wurden dagegen Bunker-Mentalität und extremes Konkurrenzdenken. Kreativität und fruchtbare Dialoge blieben dagegen innerhalb der IT-Organisation auf der Strecke. Diese Periode ist gekennzeichnet durch eine geringe Motivation, zu wenig Leidenschaft und ein eingeengtes Blickfeld.

Als Resultat dieser Einstellungen sind viele IT-Strategien in Unternehmen, die eigentlich eine progressive Grundausrichtung haben, übermäßig konservativ, risikoscheu und introspektiv geplant. In einigen Fällen sind sie sogar geprägt durch Rechtfertigung und Entschuldigung. IT-Führerschaft setzt aber einen klaren, schonungslosen Blick auf die Fähigkeiten und Perspektiven der IT relativ zur künftigen Richtung des Unternehmens voraus.

Viele Unternehmen haben 2004 in ihren Märkten bedeutsame Verbesserungen erfahren. Ihre IT-Teams müssen sich daher umstellen von Kostenreduzierung auf Einnahme-Verbesserungen und Wachstum. Das ist einerseits eine einzigartige Gelegenheit für den CIO, Glaubwürdigkeit und Einfluss seiner Abteilung zu stärken. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr organisatorischer Fehlfunktionen. Sie wird verursacht durch ein falsches Verständnis der sich umgestaltenden Umgebung.

Die Rückkehr zur Wachstumsorientierung weitet den Verantwortungsbereich der IT aus. Geschäftsführer sollten in der IT einen direkten Leistungserbringer und verlässlichen Partner im Wachstumsprozess sehen. Ihnen muss klar werden, dass die IT mehr ist als ein bloßer Bereitsteller notwendiger Dienstleistungen.

Vertrauen in die IT aufbauen

IT-Verantwortliche gewinnen an Glaubwürdigkeit, wenn sie Alternativen für die Wachstumsziele anbieten können. Das zählt mehr, als sich auf die technischen Aspekte zu implementierender Geschäftsstrategien zu konzentrieren oder gar ausschließlich auf den technischen Hindernissen herumzureiten. IT-Entscheider sollten stattdessen festlegen, wie sich beispielsweise Produktentwicklungen und Launch-Zyklen verkürzen lassen. Sie müssen zudem strategische und operationale Beiträge liefern, die Produktivität erhöhen und den Kundendienst verbessern. Das wird nicht einfach sein, doch das so gewonnene Vertrauen wird die Rolle der IT bei der Bestimmung der Richtung des Unternehmens festigen.

Die Skepsis der Geschäftsführer bezüglich des Wertes von Unternehmenslösungen wie ERP, CRM und SCM hemmt den Investitionswillen. Es sind ja zunächst keine greifbaren Resultate vorhanden. Doch reine IT-Investitionen gibt es nicht mehr, sondern nur noch Geschäftsinvestitionen. IT-Führerschaft bedeutet, dass CIOs eine größere geschäftliche Verantwortung haben und an den Wachstumsinitiativen aktiv teilnehmen. IT-Führerschaft schließt mehr ein, als für eine funktionierende IT zu sorgen. Sie erfordert den Aufbau von geschäftsbezogener Glaubwürdigkeit der IT.

Der Hauptbeitrag der IT-Führerschaft richtet sich auf Strategie inklusive Planung und Kontrolle der Ressourcen. Die strategische Perspektive der IT bedingt bedeutsame Änderungen ihrer Rolle und Struktur im Unternehmen. Zudem wird ihre Komplexität zunehmen. Diese Veränderungen werden durch verschiedene Entwicklungen angetrieben:

Aus diesen Gründen wird sich die Rolle der IT-Führerschaft weiter entwickeln. CIOs und Geschäftsführer müssen als Partner zusammen arbeiten, und nicht als Zulieferer und Kunde. Das sind gute Voraussetzungen für den geschäftlichen Erfolg.

Die wichtigsten Aufgaben der Führerschaft sind die Identifizierung externer Diskontinuitäten, die Angabe von Zielen und Visionen sowie Antrieb und Inspiration. Da Unternehmen immer mehr von Innovation abhängen, während gleichzeitig die Kosten niedrig gehalten werden müssen, werden diese Qualitäten den Unterschied zwischen den Unternehmen ausmachen. Traditionelle Management-Kompetenzen spielen dabei nur mehr eine untergeordnete Rolle.

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