BI-Migration - vom Host auf dezentrale Systeme

Mehr BI für weniger Geld

14.09.2009
Business Intelligence ist in der Finanz- und Versicherungsbranche ein Treiber für Produktinnovation, am Großrechner aber auch ein enormer Kostenfaktor. Als Ausweg aus der Lizenzkosten-Falle bietet sich die Migration vom Host auf eine dezentrale BI-Plattform an. Welche technischen und konzeptionellen Hürden dabei zu meistern sind, lesen Sie in diesem Beitrag von Dominika Rantasa, Consultant bei der metafinanz Informationssysteme GmbH.

Insbesondere die Produktentwicklung von Finanzdienstleistern und Versicherern profitiert von BI-Analysen. Man möchte den Kunden vielfältigere, individuellere und der jeweiligen Lebenssituation angemessene Produkte anbieten und muss dafür das Kundenverhalten immer genauer beobachten. Gleichzeitig werden aber auch für die Unternehmensteuerung und das aufsichtsrechtliche Risikomanagement immer tiefere Einsichten in das Data-Warehouse benötigt.

Wenn der Anwender klickt, klingelt beim Hersteller die Kasse

Mit dem wachsenden Erkenntnishunger steigt die Zahl der durchgeführten BI-Analysen und das schlägt unmittelbar auf die IT-Kosten durch. Hauptkostenverursacher ist dabei die in der Banken- und Assekuranzbranche verbreitete Großrechnerarchitektur. Das bei Host-Systemen übliche MIPS-basierende Lizenzmodell führt dazu, dass jede Rechenoperation in Rechnung gestellt wird. Wann immer also ein Anwender auf einen Knopf drückt, klingelt beim Hersteller die Kasse. So kann es schon mal passieren, dass bei komplexen Anwendungen signifikante Kosten für Analysen auflaufen, ohne dass dabei immer der entsprechende Mehrwert geliefert würde.

BI-Plattformvielfalt als große IT-Herausforderung

Ein weiteres Problem der IT-Landschaften in der Branche ist die Plattformvielfalt. Einzelne Abteilungen, Geschäftsbereiche und Niederlassungen haben in der Vergangenheit große Freiheiten bei der Wahl von Business-Intelligence-Tools genossen. Man verfolgte häufig einen Best-of-Breed-Ansatz und handelte sich dabei eine Vielfalt an Plattformen ein und damit verbunden, hohe Folgekosten für Wartung und Betrieb.

Inzwischen haben sich jedoch die Rahmenbedingungen verändert: IT-Organisationen stehen unter starkem Kostendruck und suchen nach Wegen, die IT stärker zu industrialisieren und Ausgaben zu reduzieren. Gleichzeitig fordern die Fachbereiche eine größere Flexibilität der IT-Systeme. Das klingt nach der Quadratur des Kreises, doch gibt es für Banken und Versicherer Lösungswege, wie das folgende Beispiel zeigt. Es beruht auf Erfahrungen aus dem Migrationsprojekt eines Versicherers.

Wechsel auf User-basierte-Lizenz spart Kosten

Um den wirtschaftlichen Nutzen einer groß angelegten BI-Migration nachzuweisen, empfiehlt es sich, zunächst einmal die wichtigsten Quick-Wins darzustellen. Der erste besteht in der Umstellung der dispositiven Datenbestände vom Host auf eine dezentrale Plattform, im konkreten Projekt auf ein Oracle-Datenbanksystem auf Unix. Das Lizenzmodell ändert sich damit von der MIPS-basierten Abrechnung zu einer Kostenberechnung pro Benutzer, was bereits die Maintenance-Kosten verringern kann. Da nun nicht mehr jede Rechenoperation Geld kostet, gewinnen die Anwender zudem mehr Freiheiten bei ihren Analysen.

Einheitsplattform erfordert weniger Know-how

Weitere Einsparpotenziale liefert die Konsolidierung auf eine einheitliche BI-Plattform. Wo bisher mehrere Dutzend Einzelapplikationen mit Know-how unterstützt werden mussten, konzentriert sich das Wissen jetzt auf eine einzige Anwendungsplattform. Dieser Schritt muss sorgfältig geplant und umgesetzt werden und erfordert auch einiges an Überzeugungsarbeit, da sich Anwender nur ungern von liebgewordenen Applikationen trennen. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass aktuelle BI-Plattformen wie SAS oder Cognos problemlos die verschiedensten Anforderungen der Fachbereiche abdecken.

Dank integrierter SOA-Fähigkeiten eröffnen sich darüber hinaus auch ganz neue Nutzenszenarien für zukünftige Projekte. Nicht zuletzt sollten Shoring-Aspekte in die strategischen Überlegungen hineingenommen werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine auf BI-Standardplattformen basierende Implementierung häufig aufgrund der auch Offshore-verfügbaren Skills Shoring-fähig ist - trotz der hohen Nähe zum Fachbereich. So kann man beispielsweise die Wartung nach Indien oder an alternative Standorte auslagern.

Reports müssen angepasst werden

Ein erfolgskritischer Faktor für die BI-Migration ist auch die Optimierung der Abfragestrategie. Übernimmt man die Mechanismen vom Host eins zu eins, verschlechtert sich die Performance bei der Report-Generierung auf der neuen Plattform deutlich. Hochkomplexe Berichte, die bisher auf dem Host in Minuten ausgespuckt wurden, können in dezentralen Systemen im schlimmsten Fall ganze Tage dauern. Das liegt an den oft völlig unterschiedlichen Datenzugriffsstrategien. Also müssen bestehende Berichte auf die neue Zielplattform angepasst werden. Da es sich bei Finanz- und Versicherungsunternehmen dabei häufig um mehrere zehntausende Berichte und Abfragen handelt, ist der Migrationsaufwand enorm. Er sollte von vorneherein mitkalkuliert werden. Um die Kosten überschaubar zu halten, bieten sich verschiedene Lösungen an: von der automatisierten maschinellen Umwandlung bis hin zur Nutzung kostengünstiger Shoring-Kapazitäten.

Optimierung: Von drei Tagen Rechenzeit auf 10 Minuten

In unserem Beispielprojekt konnte die optimierte Berichterstellung die Geschwindigkeit überraschend steigern. Das Erzeugen komplexer Sachversicherungsstatistiken verringerte sich von ursprünglich drei Tagen am Host auf zehn Minuten auf einer SAS/Oracle-Plattform. Gleichzeitig kann der Anwender die bisherigen MIPS-Kosten einsparen. Wichtig ist, die Fachanwender zu schulen, die Berichte erstellen.

Zweifellos muss man für eine BI-Migration nach dem skizzierten Muster zu Beginn nicht unerheblich investieren. Dafür können Unternehmen jedoch sehr schnell mit deutlichen Einspareffekten rechnen und profitieren mittelfristig von umfassenderen und flexibleren Analysemöglichkeiten.