Probleme heterogener Systemlandschaften

Portalsoftware-Lösungen auf dem Prüfstand

21.05.2004 von Thomas Zeller
Portalsoftware-Lösungen für Firmen sind im Funktionsumfang und der Integrationstiefe deutlich besser geworden. Allerdings weisen sie noch erhebliche Schwächen bei der Integration auf. Dies geht aus der neuen Portalsoftware-Vergleichsstudie von CSC Ploenzke hervor. Probleme werfen vor allem heterogene Systemlandschaften mit uneinheitlichen Benutzerschnittstellen auf.

Der Portalsoftwaremarkt bietet nach verschiedenen Studien ein gewaltiges Wachstumspotenzial. Ein wesentlicher Grund für das große Interesse an den Lösungen ist der hohe Druck auf die Unternehmen, ihre Prozesse effizienter zu gestalten und die Kosten zu senken. Dazu bieten Portale attraktive Möglichkeiten.

In vielen Unternehmen und Organisationen führen jedoch heterogene Systemlandschaften mit uneinheitlichen Benutzerschnittstellen für Mitarbeiter und Administratoren zu erheblichen Mehrkosten. Ein Portal kann (gegebenenfalls in Verbindung mit einem EAI-Tool) auf verschiedene Systeme verteilte Informationen, Prozesse und Applikationen bündeln und den Nutzern auf einer einheitlichen Benutzeroberfläche zur Verfügung stellen. Dabei werden Querschnittsfunktionen wie zum Beispiel die Benutzerverwaltung oder die Suche vom Portal übernommen.

Der Nutzen eines sorgfältig geplanten und sauber implementierten Portals kann erheblich sein, so CSC Ploenzke. Die vielfältigen Effizienzgewinne und die damit verbundenen Kosteneinsparungen führen teilweise zu sehr kurzen Amortisationszeiten. Dabei kann der positive Nutzeneffekte mit einem relativ geringen Risiko erzielt werden: Ein Vorteil von Portalen besteht in der Möglichkeit, sie zunächst für besonders erfolgskritische Anwendungsfälle zu entwickeln und dann schrittweise zu umfassenden Lösungen auszubauen.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor von Unternehmensportalen liegt in ihrer Verknüpfung mit den bestehenden Anwendungen und Geschäftsprozessen des Unternehmens. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass etablierte Softwareanbieter wie IBM, Microsoft oder SAP gegenüber den reinen Portal-Spezialisten Wettbewerbsvorteile haben und zunehmend Marktanteile gewinnen können. Während reine Portalspezialisten wie Plumtree international zu den Marktführern gehören, wird der deutsche Markt von etablierten Softwareanbietern wie SAP oder IBM dominiert.

Das Beratungsunternehmen CSC Ploenzke hat sechs Anbieter von Komplettlösungen ausgewählt und deren Erzeugnisse anhand von zehn Kriterien bewertet und in einem Labor getestet:

"Weblogic Portal 8.1" von Bea Systems eignet sich insbesondere für die Entwicklung von individuellen Portallösungen in heterogenen Systemlandschaften. Hier zeigen sich die ausgeprägten Stärken des offenen und flexiblen Programmiermodells, der breiten Personalisierungs- und Security-Möglichkeiten und der guten Entwicklungsumgebung. Allerdings schneidet Bea vergleichsweise schlecht in den Kategorien Content-Management und Integration ab, da im Standardlieferumfang zwar brauchbare, aber nicht sehr umfassende Funktionen enthalten sind.

"WebSphere Portal 5.02 Extend" von IBM bietet ein vergleichsweise umfassendes Softwarepaket zum Betrieb von Unternehmensportalen. Eine Stärke des Produktes ist das Zusammenspiel mit den Softwarekomponenten von Lotus. Darüber hinaus liefert IBM eine Fülle von Konnektoren zur Anbindung von Drittsoftware (wie zum Beispiel ERP-Systemen) und ermöglicht eine einfache Integration von Web Services. Allerdings müssen Kunden auch bei diesem Produkt für komplexe Integrationsvorhaben ein Zusatz-Tool kaufen. Beim User-Management fielen die Single-Sign-on-Methoden, also der Zugang zu allen Funktionen über ein einziges Passwort, positiv auf, nicht jedoch die Benutzeradministration, die als "undurchsichtig" kritisiert wird.

"MIPT" von Microsoft bietet alles aus einer Hand – vom Betriebssystem (Win2K) über die Datenbank (SQL) bis hin zum Webserver (IIS) und dem Firewall (ISA). Die Tatsache, dass MIPT aus einzelnen separaten Produkten zusammengestellt wurde, wirkt sich allerdings auch negativ aus. Zum einen besitzt jeder Server eine eigene Administrationsoberfläche, zum anderen besteht jedes Produkt auch aus einem eigenen API-Satz. Dies bedeutet auch, dass die Produkte auf der Serverseite nicht optimal aufeinander abgestimmt sind.

"Oracle AS 10g Portal" verfügt über eine gute funktionale Ausstattung. Insbesondere bezüglich Personalisierung, Content Management (Versionierung und Workflow), Sicherheitsinfrastruktur, Integrationsinfrastruktur und Adaptoren, ist vor allem die konsequente Verwendung von Industriestandards (J2EE, XML etc.) hervorzuheben. Bei der Verwendung der Oracle Collaboration Suite für alle Kommunikationsaufgaben profitieren Unternehmen von der engen Verzahnung der Produkte. Allerdings gibt es keine Tool-Unterstützung für das Erzeugen von Adapter-Portlets.

"Enterprise Portal 6.0" von SAP hat einige Schwächen der Vorgängerversion beseitigt.Vor allem die Unix-Unterstützung ist ein Plus. Lief das Produkt früher nur unter Windows, können Kunden es jetzt ebenso unter Solaris, HP-UX und AIX betreiben. Mit der Freigabe von "Netweaver 2004" wird die Software auch unter Linux verfügbar sein. SAP nutzt das Portal als Frontend für seine Business-Applikationen. Allerdings lässt die schon seit langem versprochene .NET-Anbindung für die Portalentwicklung weiter auf sich warten.

"Sun Java Systems Portal Server" hat im Gegensatz zu den anderen fünf untersuchten Portalprodukten seine Wurzeln in der Benutzerverwaltung und der Security. Das wird durch seine Architektur unterstrichen, die auf dem Sun Directory Server basiert. Dazu kommen die Security-Funktionalitäten des Sun Identity Servers. Bei Benutzerverwaltung und Security gehört der Sun Portal Server zu den leistungsfähigsten aller untersuchten Produkte, so CSC Ploenzke. Bemängelt wurde, dass die Administationsoberfläche für die Präsentation sich an technisch versierte Anwender richtet. Zudem vermissen die Autoren der Studie hierbei ein zentrales Navigationskonzept, was die Verwaltung des Portals erleichtern würde.

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