Beiserdorf-CIO Saunier

SAP fehlen echte HANA-Business-Cases

23.01.2014 von Horst Ellermann
Beiersdorf nutzt "SAP Demand Signal Management" - und somit auch HANA. Als Referenzkunde für Letzteres hält CIO Barbara Saunier jedoch nicht gerne her.
Barbara Saunier CIO, Beiersdorf AG: "Ich glaube, SAP hat da noch ein Problem, echte Business-Cases zu zeigen."
Foto: Beiersdorf AG

Ja, Beiersdorf nutzt das "Demand Signal Management" von SAP. Und ja, bei Beiersdorf läuft HANA. "Ohne geht es einfach nicht", sagt Barbara Saunier, Geschäftsführerin von Beiersdorf Shared Services (BSS). Insgesamt zeigt sie sich jedoch eher kritisch gegenüber der In-Memory-Lösung: Schnelligkeit im Reporting habe nicht vorrangig mit Technologie zu tun - sondern mit Blut, Schweiß und Tränen beim Harmonisieren der Daten.

Gerne würde Saunier auf HANA verzichten, bis es auf den virtualisierten Servern von BSS läuft: "Ich glaube, SAP hat da noch ein Problem, echte Business-Cases zu zeigen. Deswegen haben sie uns eine neue Standardlösung, nämlich Demand Signal Management mit HANA auf Basis einer bestehenden BW Custom Development Lösung, angeboten", meint Saunier.

Echte Business-Cases, das wären solche, bei denen die schnellere Analyse tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil schafft. Aber selbst ein Markenartikelhersteller wie Beiersdorf findet dafür noch kein richtig gutes Beispiel. Für etablierte Produkte wie Nivea analysiert man dort nicht stündlich einen neuen Absatzweg. Eine Dose mit einem Wasser-in-Öl-Emulgator trocknet auch nicht gleich aus, wenn sie eine Woche zu lang im Laden liegt. "In Memory braucht vollständig neue Anwendungsfelder", findet Saunier.

"Ziel war nicht Geschwindigkeit, sondern der Single Point of Truth"

Die echten BI-Probleme sind banaler. Es geht um eine gründlichere Aufbereitung der Daten beziehungsweise um eine einheitliche. Bei Beiersdorf ließ sich das auch mit dem BW Accelerator lösen. Laut Gary Sharpe, Director Global Prozess & Application Solutions, berichten alle Länder bei Beiersdorf ab 2014 die Marktanteile von Nivea, Eucerin oder Hansaplast einheitlich. Auch Sharpe betont: "Das Ziel war nicht Geschwindigkeit, sondern der Single Point of Truth."

Eine Wahrheit. Und Vergleichbarkeit. Da sind sie wieder, die alten Themen, die Datenanalysten seit Erfindung der EDV beschäftigen. Und wohl auch ewig beschäftigen werden. IT könne für logische Plausibilitäten sorgen, sagt Sharpe, also für Daten, die in sich konsistent sind. "Das wird aber nie reichen", gibt Sharpe zu bedenken.

Eine deutsche Postleitzahl mit mehr als fünf Stellen oder eine Summe, bei der das Vorzeichen ein anderes ist als bei allen Summanden, solche Fehler kann die IT eliminieren. Mehr aber auch nicht. Bei Beiersdorf gibt es deshalb Stammdatenteams im Finanz- und Produktbereich - Letztere sind auch im Austausch mit der Universität St. Gallen, die seit 30 Jahren den Umgang mit Daten erforscht.

Es sind die Schwarzbrotthemen

Stammdatenpflege. Harmonisierung. Seit zwei Jahren das Front-End von Business Objects. Das sind die Schwarzbrotthemen, die Beiersdorf umtreiben. "Klingt vielleicht nicht so prickelnd", sagt Saunier: "Aber ich glaube nicht, dass schon viele Firmen ein tagesscharfes globales Reporting haben." Gerade hat Beiersdorf die Business-Planung für 2014 abgeschlossen. Einheitliche Pläne und Forecasts kommen erstmals flächendeckend zum Einsatz. Finanzvorstand Ulrich Schmidt ist voll des Lobes für Tiefe und Vergleichbarkeit. Wenn er in Argentinien die gleichen Folien vorgelegt kriegt wie in China, dann helfe ihm das ungemein.

"Demand Sensing" schafft Bedarf

War das schon alles? Ist es das, was ein guter CIO in Sachen Daten erreichen kann? M2M-Kommunikation? - noch kein Thema für Beiersdorf. Vorbilder in Sachen Big Data? "Nein, die gibt es nicht", sagt Saunier. "Ich glaube schon, dass zukünftig viel mehr Daten von Social Media und PoS (Point of Sales) abgerufen und gesammelt werden", ergänzt sie dann. Das ganze Thema "Demand Sensing", also das Aufspüren neuer Bedürfnisse am Markt, werde spannender. Nur sieht das eben anders aus, als es die Anbieter gerne hätten: "Zunächst geht es auch hier um die Harmonisierung der Daten aus den unterschiedlichsten Quellen", gibt Saunier zu bedenken: "Die so entstandenen Datenmengen können dann nur mit In-Memory-Technologien - nicht ausschließlich HANA - verarbeitet werden."

Die Unternehmensdaten der Beiersdorf AG

Unternehmen

Beiersdorf AG

Hauptsitz

Hamburg

Umsatz

6040 Millionen Euro (2012)

Ebit

698 Millionen Euro (2012)

Mitarbeiter

16.605

IT-Kennzahlen

Mitarbeiter

194

Anwender

15.000

IT-Töchter

Beiersdorf Shared Services GmbH

Dienstleister

SAP, Microsoft, HP, IBM, Infotech

CIO

Barbara Saunier

Barbara Saunier ist CIO der Beiersdorf AG
1. Die Bücherdiebin; Autor: Markus Zusak
Der Tod als Erzähler, der noch dazu eine Schwäche für Menschen hat, die Bücher lieben. Eine Geschichte über eine Jugend im Dritten Reich, die durch die ungewöhnliche Erzählperspektive den Schrecken aufzeigt und doch Hoffnung vermittelt.
2. Fliehe weit und schnell; Autor: Fred Vargas
Krimi mit dem schrägen, aber liebenswerten Kommissar Adamsberg. Fred Vargas versteht es meisterhaft, ans Absurde grenzende Geschichten mit skurrilen und sehr menschlichen Charakteren zu spinnen.
3. Discipline of Market Leaders; Autor: M. Treacy, F. Wiersema
Etwas älter, doch immer noch ein faszinierendes Buch über die Notwendigkeit, sich zu fokussieren, wenn man den Markt erfolgreich beherrschen will. Klingt einfach, trotzdem sollte man seine eigene Strategie ab und zu daran messen.
4. Good to Great; Autor: Jim Collins
Auch hier geht es um Disziplin und Fokus. Nicht viele Ideen, sondern eine geniale, und die Disziplin, sie umzusetzen, machen den Unterschied zwischen "good" und "great". Und eigenverantwortliche Mitarbeiter, die den Mut haben, Schwächen aufzuzeigen.
5. Letzte Nacht in Twisted River; Autor: John Irving
Wieder ein schönes Beispiel der Irvingschen Erzählkunst mit allem, was dazugehört: Tragik, Zauber, Komik, Schriftsteller, Ringer und natürlich Bären. Auch wenn der Bär am Anfang der Geschichte dann eben doch kein Bär ist.