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04.11.2001

Rund hundert Millionen Mark haben sich dieBertelsmann-Buchclubs die Einführung von SAP R/3 zusammenmit der CRM-Komponente und der Data-Warehouse-Lösung von SAPbislang kosten lassen. Hofmann rechnet mit weiteren zehnMillionen Mark jährlich für Wartung und Weiterentwicklung.„Darin sind noch nicht die Kosten für die Migrationdes Online-Buchhandels BOL enthalten“, gibt der CIO zubedenken. Auch BOL gehört zur Bertelsmann Direct Group, hataber bislang keine SAP-Schnittstellen. Die Online-Händlerarbeiten mit dem hausgemachten Backend-System DMD2000, dasauch beim RTL- und beim Lego-Club im Einsatz ist. Zurzeitläuft die Umstellung auf Infinity als Frontend-Lösung, mitder auch das Weihnachtsgeschäft abgewickelt werden soll. Dasist Unruhe genug. Hofmann will das Backend-System deshalberst in der ersten Hälfte des kommenden Jahres ersetzen.Auch hier baut er auf den Big Bang.

Es wird der letzte große Knall für Hofmann. Die Clubs mitE-Commerce zu verknüpfen – das ist sein letztes großesZiel, bevor der 62-Jährige Mitte nächsten Jahres in Pensiongehen will. Damit rundet er sein Werk bei Bertelsmann ab– auch für den Kunden eine runde Sache. BOL hat 1,5Millionen Produkte in Deutschland, der Club lediglich 4000bis 6000 Schnäppchen im Angebot. „Es wird nie so sein,dass ein Kunde seinen kompletten Medienbedarf beim Clubabdeckt. Wenn er Harry Potter lesen will, dann besorgt ersich den auch“, sagt Hofmann. Für ihn ist es deshalbeine logische Konsequenz, beide Angebote aus der DirectGroup zu verknüpfen und die Informationstechnik auf einesolche Verknüpfung vorzubereiten. Personalisierte Angeboteließen sich so einfach realisieren. Ein Buch von Liz Mohnstünde dann im Clubangebot nicht zwingend neben derVideokassette „Dinosaurier“. InteressierteLeser könnten sich online themenähnliche Angebote machenlassen oder gleich einen speziellen Katalog anfordern. Daswäre allerdings ein Traditionsbruch: DeutscheClubmitglieder, die zum Teil seit mehr als 25 Jahren dabeisind, haben sich längst daran gewöhnt, dassPräsidiumsmitglieder der Bertelsmann-Stiftung und Dinos imKatalog nebeneinander stehen.

Die Direct Group

In diesem Unternehmenszweig pflegen 15000 Mitarbeiterüber Buch- und Musikclubs sowie über E-Commerce Kontakt zurund sechzig Millionen Kunden. Die Musiktauschbörse Napstergehört zu den bekannteren Beispielen imOnline-Bereich. Andreas Schmidt, Chef der BertelsmannE-Commerce Group, sucht damit in den USA nach eigenen Wegenin puncto IT. „Das ist auch gut so“, sagt derCIO der Direct Group, Klaus Hofmann. Die Amerikaner müsstensich viel stärker um die Themen Download-Standards undSicherheit kümmern als die anderen Teile der Direct Group,ausgenommen der deutsche Buchhandel BOL.de. DieBertelsmann-Web-Angebote haben beinahe so viele Kunden wieder weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner.

Die Buchclubs

Im Geschäftsjahr 1999/2000 haben die Bertelsmann-Clubs4,5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Sie residieren in22 Ländern und haben insgesamt 28 Millionen Mitglieder. DieMehrzahl davon (25 Millionen) bestellt regelmäßig bei denfünf größten Clubs (Deutschland, Frankreich, Großbritannien,Niederlande und USA), die ihre IT gemeinsamweiterentwickeln. Unter dem Motto „Common ClubInformation Technology“ (CCIT) koordiniert der CIO derBertelsmann Direct Group, Klaus Hofmann, das Geschehenzwischen rund 2000 Club-Clients. Er will mit SAP R/3„mehr aus den Kunden herausholen“. Für drei bisvier Jahre sollen die Bestellungen zurückverfolgt werden; zudiesem Zweck erneuern gerade alle Niederlassungen ihre Soft-und Hardware. Künftig soll die Kundenabwicklung überwiegendauf Sun-Servern mit Oracle-Datenbanken undUnix-Betriebssystemen laufen. Hofmann schafft damit dieGrundlage für eine engere Anbindung an den Online-BuchhandelBOL.

Vier große Hürden auf dem Weg zu SAP

Die einzelnen Aufgaben der SAP-Einführung ordnet CIOKlaus Hofmann nach folgenden Schwierigkeitsgraden:

Der CIO der Bertelsmann Direct Group

Klaus Hofmann ist einer der wenigen Top-ManagerDeutschlands, die seit 40 Jahren mit Informationstechnikvertraut sind. Er startete seine Karriere bei IBM, als dortnoch Lochkarten gestanzt wurden. Nach 18 Jahren bei BigBlue hatte er mehrere nationale und internationaleFührungspositionen inne. Er war Vorstand bei der R+VVersicherungs- gruppe, der Asko Deutsche Kaufhaus AG und derDeutschen Börse AG.

Seit 1996 ist der Experte für internationaleUnternehmensentwicklung und InformationstechnologieBereichsvorstand und Chief Information Officer derBertelsmann Direct Group. In dieser Funktion steht er einemkleinen Stab von zehn Mitarbeitern vor; dennoch hat ergroßen Einfluss, da er bei den IT-Kollegen der autonomenZweige in der Direct Group als versierter Fachmanngilt. Darüber hinaus sitzt Hofmann seit Mitte des Jahres imAufsichtsrat der Beratungsfirma Mummert + Partner.