Geschäftsmodelle für Smart Energy

Thüga vernetzt Stadtwerke auf Innovationsplattform

22.10.2020 von Andrea König
Thüga gründete bereits im Jahr 2011 eine Innovationsplattform. Dort sind momentan 39 Stadtwerke aktiv. Thüga will die Stadtwerke bei Innovationen unterstützen und mit Startups aus dem Tech-Bereich zusammenbringen.
Das Team hinter der Innovationsplattform treibt die Themen auf Projektebene voran, unterteilt in die vier Cluster Smart City, Smart Living, Smart Energy und Mobilität.
Foto: Peter Diehl, Thüga Aktiengesellschaft

Der Wettbewerb auf dem Energiemarkt hat sich verschärft und Branchengrenzen verfließen - viel stärker als früher müssen sich Stadtwerke mit anderen Marktteilnehmern messen. Trends wie der demografische Wandel, neue Konsum- und Mobilitätsmuster sowie die fortschreitende Urbanisierung beschleunigen die Entwicklung.

Über alledem steht der digitale Wandel als zentrale Herausforderung. Stadtwerken steht es offen, sogenannte energienahe Felder für sich zu erschließen - beispielsweise Carsharing-Angebote, WLAN-Geschäftsmodelle, Smart Living oder regionalen Stromhandel. Diese bieten Versorgern das Potenzial, neue Kunden zu erreichen und bestehende Beziehungen zu festigen. Was diese Chancen verbindet: Die Basis all dieser Geschäftsmodelle sind digitale Technologien. Für deren Erschließung fehlt es Stadtwerken jedoch oft an Expertise und internen Ressourcen.

Innovationsplattform als Netzwerk

An dieser Stelle setzt die Innovationsplattform der Thüga an, die 2011 gegründet wurde: Sie ist ein Netzwerk aus Versorgern in stetigem Austausch und enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus Forschung und Industrie sowie Tech-Startups. Dreh- und Angelpunkt ist das Team der Innovationsplattform. Ziel ist es, Ressourcen effizient zu nutzen und Herausforderungen gemeinschaftlich zu meistern.

Derzeit sind 39 Stadtwerke auf der Innovationsplattform aktiv - als Partnerunternehmen, die von den Angeboten der Plattform profitieren, und als Impulsgeber, die ihre Ideen, ihre Erfahrungen und auch ihre Ressourcen teilen. All dies koordiniert das Team der Innovationsplattform: Es analysiert den Markt, prüft potenzielle Geschäftsmodelle und beobachtet relevante Startups.

Um dem Weg zu einem tragfähigen Geschäftsmodell eine Struktur zu geben, wurde der Thüga-Innovationsmanagement-Prozess (TIM-Prozess) eingerichtet. Der TIM-Prozess bündelt sämtliche Innovationsaktivitäten der Thüga-Gruppe und strukturiert sie. Digitale Geschäftsmodelle und Technologien sollen dadurch schnell und effektiv in den Markt gehen. TIM deckt den gesamten Innovationsprozess ab, von der Identifizierung der Potenziale über die Konzeption und Pilotierung von Geschäftsmodellen bis hin zur erfolgreichen Markteinführung.

Christoph Ullmer, Leiter der Thüga-Innovationsplattform: "Im digitalen Wandel steckt für etablierte Stadtwerke und Regionalversorger auch die Chance, in neue Bereiche zu expandieren."
Foto: Thüga

Ergänzend zum TIM-Prozess fungiert der 2018 eingeführte E-ccelerator als Inkubator für digitale und innovative Lösungen: Stadtwerke geben ihre Ideen nicht nur ein, sie übernehmen die Projektleitung direkt selbst. Ähnlich einer "Höhle der Löwen" konkurrieren kreative Teams mit ihren Geschäftsideen regelmäßig um Budgets und Ressourcen. Eine Jury aus Vertretern der Innovationsplattform und der Thüga-Partnerunternehmen entscheidet über die Vergabe. Erhält ein Projekt den Zuschlag, setzen es die Product Owner bis zur Marktreife um.

Beispiel-Projekt Carsharing mit E-Autos

Das Projekt "Kommunales Mobilitäts-Sharing" wurde beispielsweise gemeinsam von Thüga und Partnerunternehmen initiiert. Das Stadtwerk bietet seinen Kunden ein Carsharing mit Elektrofahrzeugen an, das zur Reduktion verkehrsbedingter Emissionen und des Verkehrsaufkommens beiträgt. Es etabliert sich als zentraler Betreiber und stellt neben der Buchungsplattform auch die notwendige Ladeinfrastruktur bereit. Die EVL Energieversorgung Limburg war als Pilotpartner ab dem Projektstart beteiligt und hat bereits die Ausschreibung für das Aufsetzen einer geeigneten IT-Plattform mitbegleitet.

Die wichtigsten CIOs der deutschen Energiebranche
Martin Hölz
Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt.
Damian Bunyan
Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services.
Philip Lübcke
Philip Lübcke ist seit September 2019 Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit.
Sebastian Weber
Seit 1. Juli verantwortet Sebastian Weber als CTO bei Eon den IT-Betrieb. Er soll auch die digitalen Plattformen des Konzerns ausbauen. Zudem hat er gemeinsam mit Christopher d'Arcy in einer Doppelspitze die Geschäftsführung der IT-Tochter Eon Digital Technology GmbH übernommen. Beide berichten direkt an Digitalvorständin Victoria Ossadnik.
Jan-Wilm Buschkamp
Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten.
Oliver Herzog
Zum 1. September 2023 übernimmt Oliver Herzog den CIO-Posten bei der Thüga. Seine Vorgängerin Annette Suckert scheidet altersbedingt aus dem Unternehmen aus.
Thorsten Steiling
Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen.
Marcus Schaper
Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen.
Jan Leitermann
Seit Juni 2017 ist Jan Leitermann Group CIO beim österreichischen Öl- und Erdgaskonzern OMV in Wien. Leitermann war zuvor Managing Director und Board Member beim Beratungsunternehmen Accenture AG Schweiz.
Jürgen Skirde
Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich.
Jan-Hendrik Semkat
Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services.
Jörg Ochs
Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH.
Michael Seiferth
Im Oktober 2021 hat Michael Seiferth die Geschäftsführung der N-Ergie IT übernommen. Vorgänger Klaus Vogl hat das Unternehmen verlassen.

In Workshops mit der EVL und dem IT-Dienstleister nahm das Modell Gestalt an. Mit dem Projektfortschritt wuchs auch das Team um Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen der EVL - vom Controlling bis zum Fuhrparkmanagement. Acht Monate und einige Erfahrungen später war das größte Learning: Es muss nicht von Beginn an alles perfekt sein - wichtig ist, mit einfachen Lösungen zu starten. Ebenso wertvoll ist es, Kundenfeedback abzuwarten und danach das Modell anzupassen. Viele dieser Erkenntnisse fließen in die Umsetzung bei anderen Stadtwerken - und mit der IT-Plattform existiert bereits die Basis eines skalierbaren Geschäftsmodells.

Zusammenarbeit mit Microsoft Teams

Diese und weitere Erfolgsgeschichten sollen verbreitet werden: Die Innovationsplattform organisiert daher regelmäßige Formate wie Anwendertreffen oder Innovationsforen. Das Jahrestreffen bringt Vertreter aller 39 Mitgliedsunternehmen zusammen, um gemeinsam aktuelle Themen zu diskutieren. Daneben setzt die Plattform auf das Extranet der Thüga-Gruppe als digitales Informationsportal. Zur intensiveren Zusammenarbeit sind Tools wie Microsoft Teams im Einsatz oder Vertreter der Stadtwerke erhalten durch kurze Hospitation Einblicke in die Arbeitsweise der Innovationsplattform.

Über die Thüga

Thüga ist das größte kooperative Netzwerk kommunaler Energie- und Wasserdienstleister in Deutschland. Mehr als 100 Stadtwerke bilden die Thüga-Gruppe. Moderiert wird Deutschlands größtes Stadtwerke-Netzwerk durch die Thüga Aktiengesellschaft mit Sitz in München.

Die Projekte der Innovationsplattform umfassen den Einsatz unterschiedlicher Technologien, etwa die Blockchain-Technologie. Andere Geschäftsmodelle der Innovationsplattform basieren auf Big Data Analytics und künstlicher Intelligenz oder bringen Sensorik und IoT-Funknetze zusammen. Dabei unterstützen Startups aus dem Tech-Bereich, die neben der Expertise die Fähigkeiten zur Umsetzung mitbringen.

Im Kern verfolgen die Thüga-Stadtwerke mit der Innovationsplattform drei Ziele:

Die E-Mobilität kann sich für Stadtwerke zu einem neuen Geschäftszweig entwickeln.
Foto: Thüga Aktiengesellschaft

Die Plattform - mit ihren Möglichkeiten zum Netzwerken, zum Erfahrungsaustausch und zur Zusammenarbeit - spielt eine essenzielle Rolle: Neben der Optimierung des Bestandsgeschäfts und zahlreichen neuen Themen geht es vor allem um die Moderation eines kulturellen Wandels hin zu Offenheit gegenüber innovativen Ansätzen und Methoden. Sowohl die Stadtwerke als auch das Team der Innovationsplattform lernen durch die Zusammenarbeit in Projekten mit Startups, Forschungsinstituten und Industrie.