Ranking der größten IT-Dienstleister

Die Top 50 Systemhäuser in Deutschland 2017

18.09.2017 von Ronald Wiltscheck und Regina Böckle
Die Großen werden immer größer, die kleineren zwar nicht immer kleiner, aber sie tun sich mit dem Wachstum schwer. Zu diesem Fazit könnte eine erste oberflächliche Analyse des deutschen Systemhaus-Marktes 2017 verleiten. Doch stimmt das wirklich?
  • Einige Veränderungen an der Spitze
  • Bechtle, Computacenter und Cancom ganz vorne
  • Der Markt wird erwachsen
  • Coopetition nimmt zu
  • Systemhäuser transformieren ihre Geschäftsmodelle

Nichts Neues in der Systemhausszene - das scheint die Rangliste der größten Systemhäuser in Deutschland, die ChannelPartner nun zum 19ten Mal in Folge veröffentlicht, nahezulegen. Im Großen und Ganzen stimmt das auch. Denn in der Tat konnten die führenden Systemhäuser Deutschlands fast durch die Bank deutlich zulegen, die Wachstumsraten lagen zwischen 8,2 Prozent (Cancom) und sagenhaften 42,4 Prozent bei der SVA System Vertrieb Alexander GmbH, die bereits in den Vorjahren um jeweils mehr als 20 Prozent zugelegt hatte.

Zwar gibt es auch Gegenbeispiele: So nahmen die Umsätze von T-Systems um drei Prozent und die Erlöse bei Dimension Data Deutschland um 3,7 Prozent ab, aber das sind Ausnahmen. Die leicht gesunkenen Umsätze beider Unternehmen sind im Prinzip deren grundlegendem Umbau geschuldet. Insgesamt geht es auch 2017 fast allen Systemhäusern gut, ihre Auftragsbücher sind gefüllt.

Doch diese scheinbare Sicherheit birgt die Gefahr, neue Themen (Managed Services, Cloud, Big Data, IoT, Blockchain, Digitalisierung, etc.) nicht mit der nötigen Energie anzugehen und sich weiterhin auf den Verkauf herkömmlicher Hard- und Software zu beschränken.

Viele Systemhauschefs, die in den vergangenen Jahrzehnten ihr Unternehmen erfolgreich auf- und ausgebaut haben, sehen sich inzwischen auch mit der Frage einer möglichen Nachfolgeregelung konfrontiert. Ist ein Nachfolger nicht in Sicht, plant mancher, das Geschäft in den nächsten Jahren noch nach dem Modus "Business as usual" zu führen.

Das ist riskant. Denn die Kunden sind über die neuen Möglichkeiten der IT immer besser informiert. Und sie fordern von ihren IT-Dienstleistern proaktiv Cloud-Lösungen und Managed Services. Insoweit ergibt es für die Systemhausbetreiber schon Sinn, ihr bisheriges Geschäftsmodell in Frage zu stellen und sich den neuen Möglichkeiten des IT-Vertriebs und IT-Betriebs zu öffnen.

Falls das - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich ist, kann auch der Unternehmensverkauf eine sinnvolle Option darstellen. So sichert man die Beschäftigung der eigenen Mitarbeiter und gewährleistet, dass Bestandskunden auch künftig von seriös agierenden Systemhäusern betreut werden.Auch deshalb wird sich die Konsolidierung der Systemhausszene in den nächsten fünf Jahren fortsetzen. Die Branche wird erwachsen.

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Wie definiert sich ein Systemhaus?

Doch wer ist nun Deutschlands größtes Systemhaus? Im Vorjahr haben wir T-Systems zum ersten Mal ins Ranking aufgenommen. Aber ist das Geschäft von T-Systems mit dem Business von Bechtle, Cancom und Co. wirklich vergleichbar? In Teilen sicherlich schon. Allerdings erwirtschaftet T-Systems das Gros der eigenen Erlöse mit dem Betrieb von Rechenzentren, der wiederum bei den klassischen Systemhäusern (noch) nicht zum Kerngeschäft gehört.

Doch die Grenzen verschwimmen hier zunehmend, denn Cancom beispielsweise hat mit der Tochter Pironet eigene Rechenzentren im Portfolio. Andere Systemhäuser bieten derartige Services ebenfalls an, nur eben nicht in eigenen Rechenzentren, sondern bei Co-Location-Partnern wie Equinix (Axians) oder E-Shelter (Bechtle). Zum Teil lassen die Systemhäuser aber auch bei T-Systems hosten. Und E-Shelter wiederum ist eine Tochter des NTT-Konzerns, dem auch die Systemhaus-Töchter Dimension Data, NTT Data und NTT Security angehören. In diesem Teilmarkt des Systemhaus-Geschäfts herrscht also eine lebhafte Coopetition.

Lesetipp: Alle Ergebnisse der Systemhausstudien 2017 von COMPUTERWOCHE und ChannelPartner

Zurück zu T-Systems: In den Vorjahren haben wir die Telekom-Tochter in der Systemhausrangliste nicht berücksichtigt. Zwei gewichtige Argumente haben uns dazu bewogen, das zu ändern: Zum einen nähern sich die Geschäftsmodelle der T-Systems und der "klassischen" Systemhäuser stetig an. Dieser Trend war bereits im Vorjahr sehr deutlich zu beobachten. Zum anderen betrachten die Systemhäuser die Telekom-Tochter nach wie vor als einen wichtigen Konkurrenten -immerhin 18,1 Prozent der von uns befragten IT-Dienstleister haben dies kundgetan.

Den stärksten Wettbewerbsdruck verspüren die Systemhäuser aber von den "local heroes" (62,8 Prozent) und nach wie vor von Bechtle (51,1 Prozent). Bei den mittelständischen Kunden ist eben die lokale Nähe des IT-Dienstleisters oft ausschlaggebend dafür, mit diesem zusammenzuarbeiten, und Bechtle ist mit mehr als 60 deutschlandweit verteilten Systemhäusern fast immer nah am Kunden.

Ebenfalls zu den Schwergewichten im Systemhaus-Markt gehört Cancom/Pironet. Den Konzern aus München betrachten 27.7 Prozent der Systemhäuser als bedeutenden Wettbewerber; ferner (24,5 Prozent) sowie Dimension Data und Axians (jeweils 12,8 Prozent). Hinzu kommen weitere überregional agierende Systemhäuser wie Cema, ACP, SVA, , NTT und Controlware (37,2 Prozent) sowie Dienstleister wie Accenture, Atos, Materna und andere, die von 17 Prozent der von uns befragten Systemhäuser als Konkurrenten wahrgenommen werden. Insoweit spiegelt das ChannelPartner-Ranking die Branche relativ realistisch und repräsentativ wieder.

Lesetipp: Wachstumsschub aus den Fachbereichen

Transformation des Geschäftsmodells

Nicht alle Systemhäuser kommunizieren ihre in Deutschland getätigten Umsätze, so dass wir hier auch andere Quellen, zum Beispiel die Listen von Lünendonk oder eigen - von anderen Marktbeobachtern gestützte - Schätzungen hinzuziehen.

So veröffentlicht beispielsweise T-Systems nur die weltweit erzielten Erlöse, die sich laut Geschäftsbericht 2016 auf 6,5 Milliarden Euro beliefen. Dabei handelt es sich um Umsätze, die das Unternehmen mit externen Kunden, also ohne Telekom, erzielte. Lünendonk schätzt nun den Inlandsanteil der T-Systems auf 90 Prozent, das entspräche einem (rein externen) Deutschland-Umsatz von 5,9 Milliarden Euro.

Außerdem unterscheidet Lünendonk in den eigenen Erhebungen zwischen der "IT-Beratung und Systemintegration" sowie den "IT-Services". Letztere definiert der Marktforscher als "Betrieb von Rechenzentren und Applikationen", was wiederum in der modernen Ausprägung den von Systemhäusern erbrachten "Managed Services" entsprechen würde.

Unter "IT-Beratung und Systemintegration" versteht Lünendonk das "klassische" Business der Systemhäuser, also das IT-Projektgeschäft. Im Jahre 2017 umfasst dieses Geschäft natürlich auch zahlreiche Consulting-Leistungen seitens der Systemhäuser - im Zuge der Digitalen Transformation zum Beispiel die ausführliche Geschäftsprozessberatung im Vorfeld.

Bei T-Systems schätzt Lünendonk die Inlandsumsätze im Bereich "IT-Beratung und Systemintegration" auf 1,3 Milliarden Euro. Die IT-Service-Erlöse der Telekomtochter wären demnach 2016 auf genau 4,573 Milliarden Euro zu beziffern. Diese Schätzungen basieren auf den von T-Systems veröffentlichten Kennzahlen für "Computing & Desktop Services": 74.333 betreute Server und 1,77 Millionen gemanagte Arbeitsplatzsysteme. Auf der Position "Systemintegration" nennt T-Systems 7,1 Millionen fakturierte Arbeitsstunden.

Zum Video: Die Top 50 Systemhäuser in Deutschland 2017

Erfolgreiche Systemhäuser decken heute beide Marktsegmente ab: das transaktionale Projektgeschäft und die fortlaufenden IT-Services. Viele Systemhäuser versuchen sogar, ihre Kunden ganz in Richtung Managed Services zu bewegen, so dass deren Umsätze eher dem von Lünendonk vorgeschlagenen Marktsegment "IT-Services" zuzurechnen wären. Letztlich erfordert das aber auch viele Beratungsstunden beim Kunden, und IT-Projekte fallen selbstverständlich auch weiterhin an. Hier geht es dann zum Beispiel um die Migration in die Cloud, um die Anpassung der Geschäftsprozesse an die Vorgaben der Digitalen Transformation und ähnliches.

Insoweit ist die messerscharfe Trennung zwischen dem Erbringen von IT-Services, Beratung und Systemintegration unserer Ansicht nach wenig sinnvoll. Daher orientiert sich unser Systemhaus-Ranking an den Gesamtumsätzen der Unternehmen.

Die Mittelschicht schmilzt

Aus der Systemhaus-Rangliste von ChannelPartner ist ganz klar ersichtlich, dass die Zahl der Systemhäuser, die Jahresumsätze von über 250 Millionen Euro erwirtschaften, wächst: 2015 gelang nur zehn Unternehmen der Sprung über diese Umsatzmarke, 2016 waren es schon 15. Gleichzeitig schwindet der Größenabstand zwischen diesen Häusern. Das Feld an der Spitze rückt also immer näher zusammen.

Im Unterschied dazu nahm die Anzahl mittelgroßer Systemhäuser mit Jahresumsätzen zwischen 50 und 150 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr etwas ab. Schafften es 2016 noch 19 Systemhäuser in diese Umsatzklasse, sind es 2017 nur noch 14, die Jahreserlöse zwischen 50 und 150 Millionen Euro erwirtschafteten.

Dieser Umstand könnte die These erhärten, wonach es kleineren Systemhäusern zunehmend schwerer fällt, organisch zu wachsen, während sich größere Systemhäuser - etwa durch Akquisitionen - da (noch) leichter tun. Die hier skizzierte Umsatzentwicklung mittelständischer Systemhäuser könnte aber auch ein Indiz dafür sein, dass diese Unternehmen sich verstärkt mit Cloud- und Managed-Service-Modellen befassen.

Bei manchen Systemhäusern ist ein stagnierender - oder gar ein rückläufiger Umsatz - exakt aus diesem Grund sogar strategisch geplant Denn ein Zurückfahren des Projektgeschäfts zugunsten des Cloud- und Manged-Service-Geschäfts bedingt, zumindest in der Anfangsphase, dass sich die nennenswerten Umsatzerlöse in die Zukunft verschieben.

Im Umfeld der kleineren Systemhäuser mit Jahresumsätzen bis zu 50 Millionen Euro werden künftig neue Player für mehr Bewegung sorgen. Denn seit einigen Jahren sind zahlreiche "Born in the Cloud"-Dienstleister dabei, sich sehr erfolgreich am Markt zu positionieren.

Diese aufstrebenden Unternehmen können - müssen aber nicht notwendigerweise - zu direkten Konkurrenten klassischer Systemhäuser werden. Die IT-Architektur der meisten Anwender wird auf absehbare Zeit hin hybriden Charakter tragen und damit sowohl Kompetenzen in traditionellen Bereichen des Projektgeschäfts erfordern, als auch ausgeprägtes Cloud-Know-how. Kooperationen könnten dafür eine ideale Lösung sein und allen Beteiligten mehr Wachstum bescheren.

Die 50 größten Systemhäuser Deutschlands 2017

(basierend auf den Jahresumsätzen 2016, Stand 08/2017)

Rang

Unternehmen

Inlandsumsatz (in Mio. Euro) 2016

Inlandsumsatz (in Mio. Euro) 2015

1

T-Systems International GmbH 2)

5.873,0

6.057,0

2

Bechtle AG

2.172,0

1.957,6

3

Atos IT Solutions and Services GmbH 2)

1.915,0

1.860,0

4

Computacenter AG & Co. oHG

1.700,0

1.560,0

5

Cancom SE

914,2

845,0

6

Comparex AG

713,0

639,0

7

NTT Data *2)

649,9

514,7

8

msg systems AG 2)

566,7

492,7

9

Axians Deutschland **

520,0

342,0

10

Dimension Data Germany AG & Co. KG *2)

448,0

465,0

11

SVA System Vertrieb Alexander GmbH

403,0

283,0

12

arvato Systems 2)

379,4

373,1

13

Allgeier SE

370,0

344,0

14

Infosys Ltd. 2)

333,0

250,0

15

Ratiodata GmbH

250,0

207,5

16

Controlware GmbH

244,0

205,0

17

All for One Steeb AG

227,2

204,2

18

ESG Elektroniksystem-? und Logistik GmbH 2)

220,0

219,0

19

adesso AG 2)

214,5

152,7

20

Inforsacom Logicalis GmbH

196,8

185,0

21

Materna GmbH

190,0

181,0

22

ACP Holding Deutschland GmbH

175,0

165,0

23

Datagroup

172,1

156,1

24

MR Datentechnik Vertriebs- und Service GmbH 1)

148,0

139,0

25

Profi Engineering Systems AG

146,0

148,0

26

Insight Technology Solutions GmbH 1)

115,1

106,3

27

Concat AG

108,0

106,5

28

IT-Haus GmbH

90,0

93,0

29

IT Services & Solutions Ricoh Deutschland GmbH

86,0

k.A.

30

Unisys Deutschland

80,0

82,0

31

Freudenberg IT GmbH & Co. KG

78,0

71,4

32

Conet Group

72,7

93,7

33

Orbit Gesellschaft für Applikations- und Informationssysteme mbH

62,0

55,0

34

Cema AG Spezialisten für Informationstechnologie

61,0

51,0

35

ComputerKomplett Holding GmbH

56,0

58,0

36

SanData EDV Systemhaus GmbH

56,0

k.A.

37

FKS Friedrich Karl Schroeder

52,0

51,2

38

Advanced UniByte GmbH

47,3

34,5

39

Sievers-Group

42,6

39,0

40

Proact Deutschland GmbH

40,0

k.A.

41

netgo Unternehmensgruppe GmbH

38,0

k.A.

42

SYSback AG

34,8

k.A.

43

URANO Informationssysteme GmbH

33,0

34,0

44

SHD System-Haus-Dresden GmbH

32,0

18,0

45

pco Personal Computer Organisation GmbH & Co. KG

26,0

25,0

45

interface systems GmbH

26,0

47

Enowa AG

25,0

k.A.

48

microstaxx GmbH

21,0

20,0

48

TechniData IT-Service GmbH

21,0

20,0

49

think about IT

20,1

k.A.

50

ahd hellweg data GmbH & Co. KG

18,5

51

DextraData GmbH

17,9

18,0

52

Adlon Intelligent Solutions GmbH

14,4

k.A.

53

IT-On.NET GmbH

7,6

5,8

Die 50 größten Systemhäuser Deutschlands 2017

*) Teil der NTT Gruppe
**) umfasst Fritz & Macziol und Crocodial IT Security
1) Schätzungen von ChannelPartner
2) Laut Lünendonk-Listen 2017