Reifegrad Digitalisierung

Unternehmen setzen Künstliche Intelligenz kaum ein

19.07.2017 von Christiane Pütter
Erst zwei Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen Artificial Intelligence. Vier Prozent kooperieren mit Startups. Das zeigt eine ZEW-Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums.
  • Unternehmen aus Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Finanzdienstleister und Wissensintensive Dienstleister sind am stärksten digitalisiert
  • Jedes dritte Unternehmen nutzt Smart Services
  • 17 Prozent verzichten auf Kooperationen mit anderen Unternehmen, weil sie befürchten, dass Mitarbeiter abgeworben werden

"Die Potenziale der innovativen Anwendungsbereiche könnten noch stärker genutzt werden." Das schreiben der Marktforscher Kantar TNS und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im "Monitoring Report Wirtschaft Digital 2017". Die Studie hat das Bundeswirtschaftsministerium beauftragt.

In puncto Digitalisierung zeigen sich je nach Branche erhebliche Unterschiede.
Foto: Kantar TNS/ZEW

Mit Blick auf eine vergleichbare Vorjahresstudie und daraus abgeleitete Prognosen für die kommenden fünf Jahre sprechen die Marktforscher von einer zunehmenden Digitalisierung deutscher Unternehmen. Auf einem Index mit maximal hundert Punkten erreichen sie jetzt einen Wert von 54, für 2022 rechnen die Forscher mit einem Wert von 58. An der Studie haben mehr als 1.000 Betriebe teilgenommen. Der Index berücksichtigt folgende drei Kriterien:

Die Potenziale der Digitalisierung

Die Potenziale der Digitalisierung unterteilen die Studienautoren in vier Kategorien: Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz (KI), Smart Services und Big Data. Am häufigsten - 33 Prozent - nutzen die Unternehmen Smart Services. 19 Prozent arbeiten mit Big Data und 14 Prozent haben Industrie 4.0-Anwendungen implementiert. Den geringsten Einsatzgrad weist Künstliche Intelligenz (KI) auf: Lediglich zwei Prozent der Unternehmen arbeiten damit.

Smart Services werden am häufigsten genutzt, Künstliche Intelligenz (KI) am wenigsten.
Foto: Kantar TNS/ZEW

Vernetzung in Branchen

Die Marktforscher haben untersucht, inwieweit sich die Unternehmen vernetzen. "Es überrascht nicht, dass insbesondere Branchen, die ohnehin einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen, auch ihre Prozesse innerhalb der Produktion oder Dienstleistungserstellung intensiver digital vernetzt haben", schreiben sie. Demnach haben Informations- und Kommunikationstechnologie-Unternehmen mit einem Vernetzungsgrad von 77 Prozent die Nase vorn. Es folgen mit jeweils 61 Prozent Finanzen/Versicherungen und Wissensintensive Dienstleister (beispielsweise Verlage, Steuerberater, Architekturbüros und Werbeagenturen).

Keine weitere Branche überspringt 50 Prozent. Unternehmen aus Chemie und Pharma weisen einen Vernetzungsgrad von 45 Prozent auf, Energieversorger von 44 Prozent, Fahrzeug- und Maschinenbau kommen auf 42 beziehungsweise 41 Prozent. Die Schlusslichter bilden Handel (39 Prozent), das sonstige verarbeitende Gewerbe (32 Prozent) und das Gesundheitswesen (31 Prozent) sowie Verkehr/Logistik (27 Prozent).

Schließen Entscheider Kooperationen mit anderen Unternehmen, geht es meist um Informations- und Erfahrungsaustausch.
Foto: Kantar TNS/ZEW

Noch wenig Kooperationen mit anderen Unternehmen

Ein weiteres Thema der Studie sind Kooperationen. "Ein Fünftel der Unternehmen in der gewerblichen Wirtschaft kooperiert mit Unternehmen aus der eigenen Branche, um die Digitalisierung voranzutreiben", stellen die Marktforscher fest. Ziel dessen ist meist der Austausch von Informationen und Erfahrungen oder die Zusammenarbeit in einzelnen Geschäftsbereichen. Deutlich seltener bilden sie strategische Allianzen oder gründen gemeinsam. Startups scheinen keine große Rolle zu spielen, lediglich vier Prozent der Studienteilnehmer kooperieren mit ihnen.

Die Marktforscher haben die Unternehmen, die keinerlei Kooperation eingehen, nach den Gründen gefragt. Meist sehen die Befragten keinen Bedarf dafür (74 Prozent), oder sie glauben, ihr Geschäftsmodell eigne sich dafür nicht (65 Prozent). Manchem Entscheider sind die Erfolgsaussichten zu ungewiss (33 Prozent), andere befürchten, dass Mitarbeiter abgeworben werden (17 Prozent).