Public Private Partnership

Verwaltung und Wirtschaft sollten sich Risiken teilen

27.09.2007 von Johannes Klostermeier
Immer häufiger greift der Staat auf Partnerschaften zwischen Verwaltung und Wirtschaft zurück. Das gilt mittlerweile auch für IT-Projekte. Über Hürden und mögliche Erfolge hat CIO.de mit Wilfried Erber, Mitglied der Geschäftsführung der BearingPoint GmbH, gesprochen.
Wilfried Erber, BearingPoint: "Staatliche Dienstleistungen aus Kundensicht konzipieren und umsetzen."

LKW-Maut und Herkules sind die spektakulärsten Fälle von PPP in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland. Wie beurteilen Sie diese Form der Zusammenarbeit zwischen Staat und privaten Unternehmen? Überwiegen Ihrer Meinung nach die Chancen oder die Risiken (PPP="Pleiten, Pech und Pannen")?

Trotz einiger negativer Schlagzeilen sehen wir immer noch ein erhebliches Potenzial zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung in der öffentlichen Verwaltung durch Nutzung von PPPs. Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben ist zunehmend als kritisch zu bewerten. Diese Tatsache erfordert es, über einen langen Zeitraum hohe Einsparpotenziale zu erschließen und nachhaltig zu realisieren. Die Modernisierung von Staat und Verwaltung kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Es ist zu erwarten, dass die angespannte Haushaltslage der öffentlichen Verwaltung einen Denkanstoß bietet, ihr Dienstleistungsportfolio und dessen Erbringungsformen zu überdenken. Der Anteil administrativer Arbeiten in Landesverwaltungen beträgt beispielsweise rund 35 Prozent. Erfahrungswerte aus dem Betrieb standardisierter Lösungen in diesen Bereichen zeigen Einsparpotenziale von bis zu 30 Prozent.

Der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen verdeutlicht, welche Effekte sich durch die Privatisierung ehemals hoheitlicher Aufgaben erzielen lassen. Nicht vergessen werden sollte, dass Privatunternehmen im Rahmen von PPP der öffentlichen Hand "unternehmerische" Risiken abnehmen und durch anteilige oder Vorfinanzierungen öffentliche Haushalte entlasten.

Welche Beispiele würden Sie als erfolgreiche Beispiele für PPPs nennen, und was sind Ihrer Ansicht nach die Ursachen des Erfolgs?

Hier lohnt sich ein Blick nach Europa. In Großbritannien wurden beispielsweise neben der Passerstellung auch die Pensionsverwaltung und die Arbeitsvermittlung privatisiert. Aber auch in Deutschland gibt es erfolgreiche Beispiele, insbesondere in den Bereichen Hochbau und Verkehr. Erfolgreich sind diese Vorhaben immer dann wenn es gelingt, PPPs nach betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien zu führen, durch Konsolidierung Skaleneffekte zu erzielen und neue Geschäftsmodelle realisiert werden können, beispielsweise zum flexiblen Einsatz von Personal.

Vor welchen Fallstricken würden Sie die Beteiligten von Public Private Partnerships warnen?

Etliche E-Government-Dienstleistungen wären nicht mangels Nutzer gescheitert, hätte man von Beginn an die Bürger zu Beteiligten in diesem Prozess gemacht. Behördenleistungen müssen zudem zukünftig horizontal und vertikal integriert werden - das Denken in einer Ressortsicht verhindert auf Dauer die Nutzung von Synergien und ganzheitliche Prozessbetrachtungen. Gerade hier können PPP-Lösungen helfen. Bei der erfolgreichen Einführung solcher Lösungen sollte immer auf eine umfangreiche Kommunikation zwischen allen Beteiligten geachtet werden - auch wenn dies wie eine Binsenweisheit klingt. Regelungen zwischen den Partnern sollten, auch um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, eindeutig und interpretationsfrei beschrieben und vertraglich geregelt sein. Schlussendlich benötigt ein PPP eine gute Koordination aller Parteien.

Gibt es Projekte, die sich für PPPs besonders anbieten?

Grundsätzlich eignen sich viele nicht hoheitliche Aufgaben für PPPs. Die Einspareffekte sind dort am höchsten, wo die Wertschöpfung verglichen mit den operativen Risiken am geringsten ist. Das trifft beispielsweise auf Aufgaben des Personal-Managements, der Buchhaltung, der Logistik oder dem Reise-Management sowie die sie unterstützenden IT-Services zu. Auch Aufgaben, die hohe und/oder fortlaufende Investitionen erfordern, sollten im Fokus einer PPP-Betrachtung stehen.

Siemens, beteiligt an Herkules, verweist auf eine viel größere Anzahl an PPPs in anderen Ländern wie etwa in Großbritannien und wünscht sich - wie andere Firmen auch -, eine schnelle Steigerung derartiger Projekte. Können Sie den Unternehmen Hoffnung machen?

Die britischen Erfahrungen zeigen, dass PPP-Projekte zu erhebliche Kostenreduktionen führen können, weil erheblich effizientere Strukturen zur Durchführung administrativer Aufgaben geschaffen werden können. Da im Ausland überwiegend positive Erfahrungen erzielt wurden, bin ich optimistisch, dass die Projekte auch in Deutschland zunehmen werden - wenn auch nicht im gleichen Umfang wie im angelsächsischen Markt - das zeigen vergleichbare Entwicklungen der Outsourcing-Welle vergangener Jahre deutlich. Erfreulich wäre es allerdings auch, wenn ohne privatwirtschaftliche Beteiligung die öffentliche Hand leistungsfähigere Strukturen schaffen würde, wie zum Beispiel Shared Service Center, die Aufgaben von mehreren Behörden bündeln.

Was müsste sich in Deutschland ändern, damit es mehr öffentlich-private Partnerschaften geben würde?

Die Rahmenbedingungen sind alle gegeben. Ängste in der öffentlichen Wahrnehmung wie Arbeitsplatzgefährdungen durch PPP, Schwierigkeiten in den Vertragsverhältnissen zwischen den Partnern, steuerliche Fragestellungen, Investitionsrisiken etc. müssen durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und ein stärkeres Schauen über den nationalen Tellerrand hinaus zerstreut werden, nur dann lassen sich die Potenziale durch PPP realisieren. Darüber hinaus müssen in vielen Fällen zuerst die Strukturen geschaffen werden, um Effizienz und Effektivität zu ermöglichen und um gegebenenfalls in einem weiteren Schritt Private einzubeziehen, da ein zu kleinteiliges Geschäft häufig auch für und mit privaten Dritten uninteressant bleibt.

Eignen sich Ihrer Meinung nach IT-Projekte besonders gut für PPPs? Oder kann es gerade bei IT-Großprojekten - etwa wegen "kultureller Differenzen" - eher zu Problemen zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Partnern kommen?

An dieser Stelle gibt es immer die gleichen Vorbehalte: Die Geschwindigkeit, mit der sich die IT entwickelt, stünde langfristigen Vertragsbeziehungen im Wege. Außerdem wird oft behauptet, dass die Integration der IT in Verwaltungsprozesse die Unterscheidung der Verantwortungsbereiche zwischen den Partnern eines PPP erschwere. Die Argumente sind sicherlich im Grundsatz für IT-Projekte richtig. Die Frage ist, ob das tatsächlich gegen Formen der Risikoverteilung in PPP spricht. Ich behaupte an dieser Stelle: Das tut es nicht. Nehmen wir das Beispiel Ausschreibung: Hier trägt im Normalfall die öffentliche Hand das volle Risiko, dass sich die Investitionen auch rechnen.

Typischerweise ist das genau eine Domäne der Privatwirtschaft. Die Privatwirtschaft kann daher mit ihrem Know-how technologische und verfahrenstechnische Risiken gut abschätzen. Im Übrigen sind die "kulturellen" Unterschiede gerade im IT-Bereich gering - IT-Mitarbeiter sprechen die gleiche Sprache und teilen die gleiche Begeisterung für Technologie.