Personalberatung

Wenn die Bewerbung beim eigenen Chef landet

27.02.2015 von Hans Königes
Wer sich für eine neue Position in einem anderen Unternehmen bewirbt, sollte vorsichtige sein. Denn der sorglose Umgang mit eigenen Daten kann auch im Bewerbungsgeschehen fatale Folgen haben. Wie IT-Profis mit ihrem Lebenslauf und vertraulichen Daten umgehen sollten, erklärt ein Personalprofi anhand aktueller Erfahrungen.

Wo ist das Problem, wenn der eigene Lebenslauf in der Branche zirkuliert? Ein bisschen Prominenz kann doch nicht schaden, oder? "Leider doch", sagt einer, der es wissen muss: Thomas Biber, Geschäftsführer der Personalberatung Biber & Associates. "Wer als Bewerber die Kontrolle über seine Daten verliert, ist schnell verbrannt und kann - unabhängig von seinen Fähigkeiten - unvermittelbar werden."

Thomas Biber, Personalberater: "Wer als Bewerber die Kontrolle über seine Daten verliert, ist schnell verbrannt."
Foto: Privat

Thomas Biber vermittelt SAP-Berater an Unternehmen. Eine typische Frage, die Bewerber oft an ihn stellen, lautet: "Haben Sie schon Rückmeldung vom Auftraggeber?" Neulich hieß seine Antwort darauf: "Ja, er hat postwendend abgesagt. Die Personalabteilung kannte Sie schon." Darauf der Bewerber, überrascht: "Wie ist das möglich?"

Nur einen Schuss frei

Woran erkennt man einen seriösen Personalberater? Meistens klärt sich im weiteren Gespräch, dass der Jobsuchende seinen Lebenslauf an mehrere Personalberater übergeben hat. Was er nicht bedacht hat, und was viele nicht wissen oder einfach ignorieren: "Bei der Bewerbung in einer Firma mit einer professionellen HR-Abteilung hat man nur einen Schuss frei", so Biber.

So führen Informatiker erfolgreiche Bewerbungsgespräche
Vorab-Überlegung
"Wichtig ist die Vorbereitung auf das Gespräch. Der Bewerber darf da nicht einfach locker rangehen, sondern sollte sich vorher überlegen, wie er sich den Gesprächsablauf vorstellt."
Erscheinungsbild Business Casual
"Business Casual sollte auch für Entwickler Pflicht sein. Das beinhaltet die Krawatte, nicht aber zwingend den dunklen Anzug. Wer in der neuen Stelle Kontakt zu Kunden haben wird, sollte beim Bewerbungsgespräch so erscheinen, wie zu einem Kundentermin."
Informatiker-typisch
"Nach wie vor tendieren Informatiker dazu, sich sehr fachorientiert zu präsentieren. Sie setzen voraus, dass der Gesprächspartner sie versteht und Interesse an technischen Einzelheiten hat."
Gilt die These "Wer fragt, führt"?
"Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, die Initiative zu übernehmen, gerade für Führungskräfte. Dabei sollte man aber Flexibilität mitbringen und aktiv zuhören. Aktiv zuhören heißt, aufmerksam zuhören, Rückfragen stellen und auf die Körpersprache des Gegenübers achten."
Tabu-Fragen
"Es gibt keine absoluten Tabus. Fragen, die für den Bewerber sehr wichtig sind, sollten immer gestellt werden. Aber man sollte berücksichtigen, dass jede Frage immer etwas über den Fragenden selbst aussagt. Fragen, die als unangemessen oder unverschämt empfunden werden, sollte man tunlichst vermeiden."
Die Höhe des gewünschten Gehalts
Man kann sich in Gehaltsfragen bei Bekannten informieren oder im Internet recherchieren. Es gibt viele kostenpflichtige Gehaltsstudien, aus denen manchmal Auszüge oder Zusammenfassungen frei veröffentlicht werden. Und wer über einen Personalberater geht, fragt den."
Gewünschte Weiterbildung
"Die Frage nach Weiterbildungsmöglichkeiten ist gut formuliert, wenn sie eine Win-Win-Situation nahelegt. Das kann beispielsweise so formuliert werden: „Welche Möglichkeiten bieten Sie mir, mich zu verbessern?“
Dr. Gerhard Humbert, HSC Personalmanagement
Gerhard Humbert von HSC Personalmanagement gibt Informatikern Tipps für erfolgreiche Bewerbungsgespräche.

Wer beim ersten Anlauf kein Interesse hervorrufen kann, erhält auch bei der zweiten und dritten Bewerbung keine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das hat mit der Prozesseffizienz von HR-Abteilungen zu tun, die keine Zeit haben, Doppelbewerbungen durchzusehen. Den HR-Verantwortlichen ist oft gar nicht klar, dass die Bewerber von ihrer ersten angeblichen Bewerbung möglicherweise gar nichts wissen. "Unseriöse Marktteilnehmer nutzen die Lebensläufe als Lockvögel in wahllosen Rund-Mailings an Unternehmen.

Ihre Hoffnung besteht darin, durch das Interesse des Unternehmens an einem Kandidaten einen Fuß in die Tür zu bekommen", so Biber. Der Kandidat erfahre davon nicht einmal etwas, geschweige denn, dass er um sein Einverständnis gebeten werde. Und noch schlimmer: Nicht selten landet so eine Bewerbung sogar auf dem Tisch des noch aktuellen Vorgesetzten. "Solche Methoden bringen die Kandidaten am Arbeitsmarkt um ihre Chancen."

Unternehmen mit einer professionellen Personalstrategie haben Rahmenverträge mit ausgewählten Personalberatungen, die nach ihren Qualitätskriterien arbeiten. Wenn sie nun den Lebenslauf eines Kandidaten über einen noch nicht bekannten oder sogar verrufenen Berater erhalten, macht dies einen schlechten Eindruck. Mit hoher Wahrscheinlichkeit landet der Kandidat in der Datenbank der abgelehnten Bewerber, obwohl er von den Qualifikationen her durchaus passen könnte. "In einem Bewerbungsverfahren spielt einfach alles in den Gesamteindruck hinein", warnt Personalberater Biber.

Irrationaler Rekrutierungsablauf

Seriöse Personalberater fragen datenschutzrechtlich korrekt Bewerber vor jedem Unternehmenskontakt einzeln nach ihrer schriftlichen Zustimmung.
Foto: Picture-Factory - Fotolia.com

Gerade junge Bewerber im IT-Umfeld machen sich keine Vorstellung, wie sensibel und manchmal auch irrational im Bewerbungsverlauf auf jede Einzelheit reagiert wird. Wenn jemand in einem geografisch engen Bereich außerhalb der großen Ballungsräume einen Karrieresprung machen möchte, kann ein unseriöser Personalberater diese Ambitionen schnell zerstören. So mancher SAP-Berater erhält von den wenigen in einer Region in Frage kommenden Arbeitgebern bereits nach einer einzigen Mail eines Personalberaters eine ablehnende Antwort.

Tipps für die CIO-Bewerbung
Die CIO-Karriere
CIOs gehen nur bedingt den klassischen Weg einer Bewerbung. Oft finden Telefonate und Gespräche mit einem Personalberater statt, bevor Unterlagen zum Einsatz kommen.
Unterlagen auch für Top-Führungskräfte wichtig
Sie spielen in dem Moment eine sehr wichtige Rolle, in dem der potenzielle neue Arbeitgeber die Unterlagen des Kandidaten erhält und sich so einen Eindruck verschafft.
Stimmiges Gesamtbild
Die Unterlagen sollten gut strukturiert und das Layout ansprechend sein. In der Ausgestaltung ist man dabei frei.
Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen
Ein Dokument sollte eine vollständige chronologische Aufzählung der bisherigen Stationen enthalten. Bei den für die Position relevanten Stationen sollte man ausführlicher werden und folgende Punkte aufnehmen:
Umfang und Art der Geschäftsverantwortung, ...
... Auskunft über eine internationale Tätigkeit, ...
... Unternehmensgröße, ...
... Angaben zur Organisation, ...
... zum Beispiel zu Zentralität beziehungsweise Dezentralität...
... Budget-Verantwortung, ...
... Personalverantwortung, ...
... Hierarchie-Stufen, ...
Unterlagen abrunden
Schließlich sollte man auch wesentliche Erfolge und Herausforderungen der wichtigen Stationen darstellen.
Aussagen zum Führungsverständnis
Aussagen zum Führungsverständnis und der eigenen Arbeitsweise passen zum Beispiel gut in ein einseitiges Dokument, in dem man sich selbst vorstellt.

Seriöse Personalberater fragen datenschutzrechtlich korrekt Bewerber vor jedem Unternehmenskontakt einzeln nach ihrer schriftlichen Zustimmung. Das kostet Zeit. Es hilft aber zu vermeiden, dass die Bewerbung bei Unternehmen landet, an denen der Kandidat ohnehin kein Interesse hat. Zum Beispiel, weil er dort früher schon gearbeitet hat.

Allzu Privates im Netz bleibt gefährlich

IT-Profis sollten über ihre gesamte Karriere hinweg darauf achten, die Kontrolle über ihre Daten und ihren Lebenslauf zu behalten. Sie sollten Personalberatern für die Weitergabe ihrer persönlichen Daten nie eine Generalvollmacht erteilen. Man muss sich als Bewerber keineswegs auf einen einzigen seriösen Personalberater verlassen. Es kann durchaus sinnvoll sein, mit zwei oder drei Vermittlern zusammenzuarbeiten. So kann sich der Bewerber die Stellenangebote ohne viel Recherche-Aufwand liefern lassen.

Personalberater ist nicht gleich Personalberater Doch unseriöse Personalberater sind nicht die einzigen, die vertrauliche Bewerberdaten streuen. Manchmal ist es auch der Bewerber selbst, der eigentlich vertraulich zu behandelnde Daten preisgibt - und zwar in den sozialen Netzwerken. Man sollte stets damit rechnen, dass unbedachte Postings auf Facebook, Twitter und Co. später in einem ungünstigen Licht betrachtet werden - vor allem wenn es um Führungspositionen geht. Die Veröffentlichung von Partyfotos ist meistens peinlich, manchmal sogar schädlich.

Wenig hilfreich sind auch allzu private Details wie die eigene Krankheitsgeschichte. Bildergalerien von Trinkgelagen sind verheerend. Personaler und mögliche Vorgesetzte gewinnen den Eindruck, dass jemand, der sich so präsentiert, nicht in die Unternehmenskultur passt. Und die Option auf eine Führungsposition - als CIO oder IT-Leiter etwa - verbaut man sich auf diese Weise ohnehin, "denn dafür benötigt man Autorität", mahnt Biber.

Es spricht nichts dagegen, als IT-Profi auf Xing oder LinkedIn ein gut gepflegtes Profil der eigenen Laufbahn anzulegen - nur, so Biber "nie als PDF- oder Word-Dokument". Wenn dieses weitergegeben wird, sieht es so aus, als geschehe das mit Einverständnis des Bewerbers. Ebenso unangebracht ist es wegen der Missbrauchsgefahr, einen formatierten Lebenslauf auf Jobplattformen öffentlich zugänglich zu machen. Zwar arbeiten manche unseriöse Headhunter auch mit öffentlichen Lebensläufen aus Xing. Aber das fällt auf. Biber: "Arbeitgeber merken, dass dies keine Bewerbung im engeren Sinne ist."

Zehn Tipps für einen guten Ruf im Web
10 Tipps für einen guten Ruf im Web
86 Prozent der Personalberater recherchieren Bewerber im Internet. Anbieter Reputeer gibt zehn Tipps, wie man seinen Online-Ruf überwacht und verbessert.
Tipp 2
Achten Sie auf Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Netzwerken. Ihr Facebook-Profil sollte so eingestellt sein, dass nur bestätigte Kontakte Ihre Einträge und Bilder sehen können.
Tipp 3
Beobachten Sie Namensvetter im Netz und grenzen Sie sich gegebenenfalls stärker ab. So besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen Ihnen und Ihrem Namensvetter.
Tipp 4
Nutzen Sie Business-Netzwerke wie Xing, um Ihre Kompetenzen zu zeigen und sich beruflich zu vernetzen.
Tipp 5
Achten Sie auf aktuelle Kontaktdaten im Netz, lautet die fünfte Empfehlung von Reputeer. Wer seine Kontaktdaten lieber nicht im Internet sehen möchte, sollte darauf achten, dass die Einstellungen bei Xing und Co. so gewählt werden, dass die Kontaktdaten nicht einsehbar sind.
Tipp 6
Immer sollte gelten: Überlegen Sie sich gut, was Sie ins Netz stellen. Das Internet vergisst nichts.
Tipp 7
Veröffentlichen Sie aktiv Inhalte zu den Themen, mit denen Sie in der Öffentlichkeit in Verbindung gebracht werden möchten.
Tipp 8
Löschen Sie Ihre Profile in sozialen Netzwerken, die Sie nicht aktiv nutzen. Dann werden Sie nicht mit der Plattform in Verbindung gebracht und laufen darüber hinaus nicht Gefahr, mit einem veralteten Profil im Netz vertreten zu sein.
Tipp 9
Bei all diesen Tipps sollte man aber immer authentisch bleiben und ein stimmiges Bild von sich im Netz zeigen.
Tipp 10
Der letzte Ratschlag mahnt zur Vorsicht bei der Nutzung von Applikationen, denen man umfassenden Datenzugriff gewährt. Vor der Nutzung einer Applikation sollte man sich die AGBs genau durchlesen.

Private Website kann zur Falle werden

Und noch ein dritter Bereich ist sensibel: die eigene private Website. Personaler und potenzielle Vorgesetzte nehmen sie meist wie eine Arbeitsprobe wahr. Da ist es schlecht, wenn die Seiten technisch veraltet, schlecht gestaltet, eigenwillig designt oder mit Rechtschreibfehlern gespickt sind. Biber rät daher: "Die Website sollte in der Zeit eines Bewerbungsverfahrens offline sein."

Wo man keinen direkten Einfluss nehmen kann, weil eigene Bilder von Dritten veröffentlicht wurden, hilft nur noch der mühsame Versuch, mit anderen, neuen Inhalten die peinlichen Beweise von der ersten Suchergebnisseite zu verdrängen, oder manchmal auch ein unmissverständlicher Brief vom Anwalt.

Es wirft kein gutes Licht auf den IT-Kandidaten, wenn er schon mit seinen eigenen Daten nicht verantwortungsvoll umgeht: "Das ist ein kapitaler Minuspunkt. Wer dann noch eine weitere Schwächen im Lebenslauf oder Vorstellungsgespräch zeigt, wird aussortiert."

SAP-Berater zum Beispiel arbeiten meist in mittleren und größeren Unternehmen und eng mit der Geschäftsführung oder Buchhaltung zusammen. "Gerade sie müssen von ihren Gesprächspartnern ernst genommen und respektiert werden", sagt Biber. "Sonst haben sie keine Chance, Einfluss zu nehmen oder auch einmal Widerstände zu überwinden."