Stresstests bestehen

Die größten Fallen im Vorstellungsgespräch

Meridith Levinson ist Autorin unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.
Gewiefte Personalchefs legen es darauf an, Bewerber auf ihre Stressresistenz zu prüfen. Wir haben aufgelistet, mit welchen Stolperfallen Sie beim Vorstellungsgespräch rechnen müssen und wie Sie ihnen entkommen.
Geschafft: Sie sind zum Bewerbungsgspräch eingeladen.
Geschafft: Sie sind zum Bewerbungsgspräch eingeladen.
Foto: tsyhun - shutterstock.com

Glückwunsch, Sie haben es geschafft: Ihre Bewerbung liegt beim Personalchef ganz oben, Sie sind auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch und haben sich auf alle Fragen gut vorbereitet. Beim vielleicht neuen Arbeitgeber geht es ansprechend weiter: Die Konversation fließt gut dahin, und Sie machen alles richtig.

Aber plötzlich fragt Sie der Personalchef dann doch etwas, auf das Sie nicht wirklich vorbereitet waren. Und auf einmal fühlen Sie sich wie ein scheues Reh im Scheinwerferlicht: Sie stammeln irgendeine Antwort und haben gleichzeitig das Gefühl, dass Sie den Personalchef damit nicht wirklich beeindrucken können. Ihre bisher gezeigte Zuversicht kriegt einen bösen Schlag ab und geht zusammen mit Ihren Chancen auf den Job den Bach runter.

Ob es eine überraschende Frage ist, ein Fauxpas bei der Kleiderordnung, oder das stundenlange, ermüdende Gespräch: In Vorstellungsgesprächen kommt es immer wieder zu spontanen Ereignissen; einige davon planen Ihre Gesprächspartner bewusst ein, um sie zu testen. Sie als Bewerber müssen solche Situationen meistern.

Damit Sie sicher durch das Unerwartbare manövrieren, haben Karriere-Experten und Personalchefs über acht Szenarien geplaudert, die während eines Vorstellungsgesprächs eintreten können. Tipps, wie Sie sich in solchen Schrecksekunden verhalten und wieder zurück in die Spur finden, gibt es inklusive.

Eine unangemessene oder gar unrechtmäßige Frage erwischt Sie völlig auf dem falschen Fuß

Nicht alle Fragen im Vorstellungsgespräch sind erlaubt. Auskunftswünsche nach Familienstand und Kindern gehören zu den Tabufragen. Es gibt allerdings Personalchefs, denen das völlig egal ist.

Susan Whitcomb, Karriereberaterin und Buchautorin, empfiehlt eine Dreistufen-Strategie, um mit solchen Fragen umzugehen:

  • Vermeiden Sie eine direkte Antwort auf solche Fragen, wenn es Sie um ihre Jobchancen bringen könnte.

  • Gehen Sie stattdessen auf die Sorgen des Personalchefs ein, die hinter der Frage stecken könnten.

  • Betonen Sie eine positive Charaktereigenschaft oder Fähigkeit, die diese Bedenken entkräften.

Auf die Frage etwa, ob Sie verheiratet sind, sollten Sie Whitcomb zufolge antworten: "Mein Partner unterstützt mich und meine KarriereKarriere optimal. Meine letzte Position forderte von mir häufig Überstunden und ständiges Reisen. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich die stillen Momente abends im Hotel genossen habe, wo ich mich wirklich auf die Arbeit konzentrieren konnte." Alles zu Karriere auf CIO.de

Sie werden gebeten, über die "losen Sprossen" auf Ihrer Karriereleiter zu sprechen

Viele Bewerber haben "lose Sprossen" auf ihrer Karriereleiter, Entlassungen oder häufige Jobwechsel zum Beispiel. Sie müssen wissen, wie Sie damit umgehen, weil die Art und Weise, wie Sie mit Karriereknicks umgehen, den Unterschied zwischen "im Spiel bleiben" und dem sofortigen "Aus" ausmachen können.

Susan Whitcomb rät dringend davon ab, zu taktieren und etwa die Länge der Beschäftigungslosigkeit oder die Gründe für eine Kündigung zu relativieren. Die Karriereberaterin empfiehlt Bewerbern stattdessen, direkt und freimütig über diese Umstände zu sprechen. "Schreiben Sie vor dem Gespräch die Antworten auf solche Fragen nieder und hoffen Sie darauf, dass niemand danach fragen wird. Aber wenn es dazu kommt, vermeiden Sie negative Überraschungen im Gespräch und haben Sie eine positive Antworten dafür parat."

Auf die Frage nach einer Entlassung könnte die Antwort lauten: "Mir wurde in meinem letzten Job nahegelegt zu kündigen. Aus den Fehlern, die zur Kündigung führten, habe ich viel gelernt, und ich denke, dass ich mit diesem Wissen ein guter Kandidat für Ihre Stelle bin.

Rosemary Haefner, Vizepräsidentin bei CareerBuilder, empfiehlt, die Herausforderungen zu benennen, die sich aus der vorangegangenen Situation ergeben haben und die für die neue Stelle wichtig sind. "Sie müssen Ihre Erfahrungen so zuspitzen, dass Sie genau deshalb der beste Kandidat für die offene Stelle sind."

Sie geben langweilige Routine-Antworten

Wie gesagt: Personalchefs fragen nicht zufällig nach Dingen, die für Sie überraschend sind, sondern gezielt, um sie zu verunsichern und Ihre Reaktionen zu testen. Aber entspannen Sie sich: Selbst, wenn Sie vor lauter Überraschung eine allenfalls mittelmäßige Antwort zustande bringen, ist noch nicht alles verloren.

Connie Thanasoulis-Cerrachio, Karriere-Expertin bei Vault.com, erinnert sich an so eine Situation im Vorstellungsgespräch. Nicht nur sie fand ihre Auskünfte damals offensichtlich unbefriedigend. Zehn Minuten später erinnerte sich Thanasoulis-Cerrachio aber dann an ein Projekt, dessen Beschreibung die bessere Antwort auf die Frage gewesen wäre. Sie fragte ihren Gesprächspartner, ob sie noch einmal zum gewünschten Thema zurückkehren dürfte. Der Personalchef war einverstanden, und sie damit in der Lage, auch auf diesem zuvor unsicheren Terrain Boden gut zu machen.

Sie kommen ins Schwafeln

Ein Zeichen dafür, dass ein Bewerber mit einer Frage nicht klar kommt, ist Langatmigkeit. "Wenn Sie sich selber beim Plappern erwischen: Stoppen Sie es!", rät Thanasoulis-Cerrachio. "Es ist kein großes Problem zu sagen, dass man den Faden verloren hat und seinen Gegenüber bittet, die Frage zu wiederholen". Bevor Sie auf eine schwierige Frage unverbindlich und ausschweifend antworten, nehmen Sie sich lieber eine kleine Auszeit, um sich eine bessere Replik zu überlegen. Damit zeigen Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie konstruktiv an der Diskussion teilnehmen.

Und wie merkt man, dass man ins Schwätzen kommt? Laut Susan Whitcomb dann, wenn die Ausführungen zu einer Frage länger als zwei Minuten in Anspruch nehmen.

Sie müssen bei einer Schlüsselqualifikation passen

Im Schnitt treten bei jeder offenen Position acht Mitbewerber im Vorstellungsgespräch gegeneinander an, hat Susan Whitcomb ausgerechnet. Arbeitgeber haben bei dieser Fülle an geeigneten Kandidaten die freie Auswahl. Und es gibt eine realistische Chance dafür, dass Sie nicht alle Anforderungen an einen Bewerber erfüllen.

Wenn das so ist, müssen Sie diese "Defizite" im Vorstellungsgespräch ansprechen, so die Expertinnen. Sie sollten allerdings nicht darauf rum reiten, dass Sie die Anforderungen nicht erfüllen. Versuchen Sie besser, hinter den Grund Ihres potenziellen Arbeitgebers zu kommen, diese Qualifikationen zu fordern.

Ein Beispiel: Sucht der Personalchef einen Kandidaten mit einem bestimmten Erfahrungsschatz, empfiehlt Whitcomb die folgenden Fragen: "Ich habe verstanden, dass Sie einen Bewerber mit diesen oder jenen Fähigkeiten suchen. Verraten Sie mir, wofür Sie diese Qualifikation genau brauchen?"

Aus der Antwort kann der Bewerber ableiten, was er weiter sagen kann. Zum Beispiel das: "In meinen bisherigen Positionen habe ich diese Aufgaben auch erledigt. Dabei habe ich unter anderem Technologien eingesetzt, die ich vorher nicht kannte. Trotzdem habe ich die Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit erledigt." Sie gewinnen das Wohlwollen Ihrer Gesprächspartner schneller, wenn Sie auf ein bestimmtes Ziel hin diskutieren können.

Sie lassen die Flügel hängen

Vorstellungsgespräche sind physisch und psychisch umso anstrengender, je länger sie dauern. In Kombination mit dem sowieso vorhandenen Stress des Bewerbers führt das bei jedem irgendwann dazu, dass Kraft und Konzentration verloren gehen.

Trotzdem: Sie müssen Ihre Konzentration aufrechterhalten, meint Vault.com's Thanasoulis-Cerrachio. "Sie müssen immer bei 110 Prozent sein". Schließlich signalisiert mangelnde Konzentration im Gespräch, dass der Kandidat auch im Job später leicht die Flügel hängen lässt, mahnt die Personalberaterin.

Um genügend Kraft für einen stressigen Tag zu haben, empfiehlt Thanasoulis-Cerrachio einen guten Schlaf am Abend vor dem Termin. Wer außerdem noch Studentenfutter und Wasser mitgenommen habe, könne sich zwischendurch schnell stärken.

Das Problem der nachlassenden Kraft ist auch: Genau darauf warten gewiefte Personalchefs im Verlauf eines langen Tages, um Sie so richtig auf die Probe zu stellen. Das ist dann genau die Zeit, in der Sie noch gewissenhafter darauf achten müssen, interessiert und neugierig zu wirken, anstatt im Sessel zurück zu sinken und einzuschlafen.

Die Aufmerksamkeit sollte auch in Pausen aufrechterhalten werden, wenn Ihnen zum Beispiel ein netter Mitarbeiter die Büros zeigt. Die Versuchung ist bei zunehmender Erschöpfung groß, auf harmlos klingende Fragen nach dem Befinden ehrlich zu antworten. Bedenken Sie aber, dass auch diese freundliche Person ihre Eindrücke später an den Personalchef weitergeben könnte.

Ihnen unterläuft ein Missgeschick mit der Kleidung

Eine Laufmasche, Socken, die Ihnen auf die Knöchel rutschen, Essensreste in den Zähnen, ein fehlender Knopf an Hemd oder Hosenbund: Das Problem solcher Missgeschicke ist, dass Sie dadurch mehr abgelenkt und gestört werden, als Ihre Gesprächspartner.

Wenn Sie mit Outfit und Aussehen hadern, können Sie die 110 Prozent Energie gleich vergessen, die Sie für die Antworten auf knifflige Fragen brauchen. Packen Sie vorsichtshalber also eine zweite Strumpfhose, ein zweites Paar Socken, ein Nähset und Zahnseide ein, um kleine Schönheitsreparaturen gleich vor Ort vornehmen zu können. Es wird Ihrer Konzentration gut tun. Seien Sie an der Stelle auf alle aufkommenden Probleme perfekt vorbereitet.

Ihr Mobiltelefon klingelt

Sie sind nervös. Sie denken an tausend Dinge, die für das Gespräch wichtig sind. Nur leider haben Sie vergessen, Ihr Handy auszuschalten. Murphys Gesetz zufolge klingelt Ihr Mobiltelefon natürlich genau dann, wenn Sie mit dem Personalchef verhandeln. Der zeigt sich pflichtgemäß alles andere als begeistert darüber.

Aus dieser Situation kommen Sie nur mit einer Entschuldigung für die Unterbrechung heraus. Schalten Sie Ihr Handy spätestens dann aus, rät Thanasoulis-Cerrachio. Und: Blinzeln Sie auf keinen Fall vorher noch betont unauffällig auf die Nummer des Anrufers.

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