IT-Recruiting und Diversity

24 Unternehmen treffen 110 IT-Talente

13.07.2023
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Der ReDI Job Fair 2023 in München brachte Arbeitgeber und Jobsuchende mit Migrationsgeschichte zusammen. Mit dabei: ein flammender Appell für Eigeninitiative.
Beim ReDI Job Fair 2023 in München präsentierten sich 24 Unternehmen als Arbeitgeber.
Beim ReDI Job Fair 2023 in München präsentierten sich 24 Unternehmen als Arbeitgeber.
Foto: Karen Funk

"Ich erzähle euch einmal die Geschichte von Marcy." So startete Birgit Köbl die Auftaktveranstaltung zum ReDI Job Fair im Juli in München. "Sie kam als Flüchtling nach Deutschland, schrieb 120 Jobbewerbungen und bekam keine Antwort." Dann habe sie an einer Jobmesse der ReDI School of Digital Integration teilgenommen, fünf bis sechs Arbeitgeber kennengelernt und drei Jobangebote erhalten.

Genau darum gehe es beim ReDI Job Fair: dass sich die Bewerbenden mit den Arbeitgebern treffen, man sich kennenlernen und in die Augen schauen könne, so Köbl weiter. Das mache den großen Unterschied, davon ist die Director Talent Program & Career Partnerships bei ReDI überzeugt. Denn: 50 Prozent hingen davon ab, was man weiß, die restlichen 50 Prozent davon, wen man kenne.

"Ihr seid die Zukunft der Stadt!"

Clemens Baumgärtner, Landeshauptstadt München: "You are the future of the city".
Clemens Baumgärtner, Landeshauptstadt München: "You are the future of the city".

Ein Grußwort hielt auch Clemens Baumgärtner vom Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, Mitveranstalter des Job Fairs. Er kam herbeigeeilt von der Eröffnung der Oktoberfestbaustelle und war sichtlich froh, den hohen Außentemperaturen entkommen zu sein und sich im Munich Urban Colab in der Freddie-Mercury-Straße 5 abkühlen zu können. Er freue sich, so viele neue Talente auf der Veranstaltung zu sehen. Der IT-Sektor brauche Fachkräfte. "You are the future of the city", schloss er.

Anette Farrenkopf, Jobcenter München, dankte der ReDI School für die innovativen Wege, Menschen in IT-Jobs zu bringen.
Anette Farrenkopf, Jobcenter München, dankte der ReDI School für die innovativen Wege, Menschen in IT-Jobs zu bringen.

Die nächste Rednerin, Anette Farrenkopf, Geschäftsführerin des Jobcenters der Stadt München, gratulierte den anwesenden Jobsuchenden zunächst zu ihrem bestandenen ReDI-School-Abschluss. ReDI bietet Menschen mit Migrationsgeschichte und ohne Zugang zur digitalen Welt unterschiedliche IT-Kurse und -Qualifizierungen mit einer Dauer von etwa drei Semestern an, um sie fit für den deutschen Arbeitsmarkt zu machen. Farrenkopf freute sich, dass 60 Prozent der Absolventen weiblich seien - diese Verteilung spiegelte auch das anwesende Publikum wider. Das Jobcenter betreue derzeit etwa 31.000 Migrantinnen und Migranten, da sei die Unterstützung durch ReDI eine große Hilfe.

"Vergesst, was ihr früher getan habt!"

Bei allen Hilfestellungen, die der Staat und gemeinnützige Organisationen wie ReDI den Menschen biete, dürfe man aber nicht vergessen, wie wichtig Eigeninitiative sei, so warnte Sangeeta Singh eindrücklich. Die gebürtige Inderin hielt einen flammenden Appell an alle Anwesenden, dass man nicht im stillen Kämmerlein sitzen dürfe und darauf warten solle, dass einem geholfen wird oder einem ein Jobangebot zufliegt.

Sangeeta Singh (rechts) machte den Anwesenden Mut und rief zur Eigeninitiative auf. Links im Bild Birgit Köbl von ReDI und Christian Meyer von Straight Solutions.
Sangeeta Singh (rechts) machte den Anwesenden Mut und rief zur Eigeninitiative auf. Links im Bild Birgit Köbl von ReDI und Christian Meyer von Straight Solutions.

Sie sei als Mathematiklehrerin nach Deutschland gekommen, habe aber keine Arbeit finden können, weil die Reglementierungen für Lehrberufe dies nicht zuließen. Daraufhin habe sie beschlossen, erst einmal die deutsche Sprache richtig zu lernen, denn das sei einer der wichtigsten Schritte, um Fuß zu fassen. Außerdem habe sie sich von dem Gedanken frei gemacht, unbedingt in ihrem früheren Beruf zu arbeiten. Das riet sie auch allen Zuhörenden: "Vergesst, was ihr früher getan habt, verabschiedet euch davon und startet neu!"

Vor dem Smart Learning müsse Hard Learning kommen, davon ist sie überzeugt. Um sich neu aufzustellen sei es zudem wichtig, sich mit Menschen zu umgeben, die einen unterstützen: "Geht raus und sucht den Kontakt zu denen, die euch weiterbringen." Das habe auch ihr geholfen. Nach ihrem Abschluss bei ReDI hat sie jetzt ein Praktikum bei Cisco begonnen und hofft auf eine Festanstellung.

Von Allianz bis Validas

An diesem Nachmittag hatten über 110 arbeitssuchende Menschen mit Migrations- oder Flüchtlingsgeschichte die Gelegenheit, 24 Unternehmen kennenzulernen und sich über Karrieremöglichkeiten zu informieren. Zu den teilnehmenden Firmen zählten unter anderem die Allianz, Arvato Systems, Payback, Reply, Retarus und Validas, aber auch Startups, das Goethe Institut und UnternehmerTUM mit der Digital Product School. Viele Unternehmen waren zum wiederholten Mal dabei und haben gute Erfahrungen gemacht - nicht nur bei der Anbahnung von Kontakten, sondern auch langfristig: Denn diverse Teams sind erfolgreiche Teams, da waren sich alle einig.

Die anwesenden Firmen durften sich in einem Mini-Pitch den Jobsuchenden vorstellen, clever gemanagt von Janis Janowky, der das Mikrofon nicht aus der Hand gab, um Ausschweifungen zu verhindern. Die sehr sympathischen Kurzvorstellungen brachen für viele Jobsuchende das Eis, so dass sich im Anschluss an den Firmenständen schnell intensive Gespräche entspannen. Die meisten Firmen suchten Talente in der Software-Entwicklung, für das Front-End oder den Support. Einige hoben zudem hervor: "Wir suchen auch alle möglichen anderen Profile, nicht nur in der IT." Der flächendeckende FachkräftemangelFachkräftemangel ist offenbar da. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de

ReDI School in München

Die "ReDI School of Digital Integration" in München wird unterstützt durch das Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ). Die gemeinnützige Programmierschule bietet Kurse für technikinteressierte Migranten und Geflüchtete, die keinen Zugang zu digitaler Bildung haben. Gegründet wurde ReDI 2015 von der Dänin Anne Kjaer Bathel. Die gGmbH hat Niederlassungen in Berlin, Hamburg, München, Nordrhein-Westfalen sowie Kopenhagen und Aarhus.

Mehr zum Thema Diversity in der IT in unserem Sonderheft, hier zum kostenlosen Download.

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