Strategien


IT-Kosten steuern

IT-Effizienz rückt wieder in den Fokus

Stan Gibson ist ein US-amerikanischer Technologie-Redakteur, Autor und Sprecher mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der IT-Branche.

Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage suchen CIOs nach Hebeln, um die Effizienz zu steigern. Das Augenmerk liegt auf Cloud, Automatisierung – und der Belegschaft.
Geht es um Effizienz, blicken viele IT-Chefs derzeit mit Argusaugen auch auf die Cloud-Kosten.
Geht es um Effizienz, blicken viele IT-Chefs derzeit mit Argusaugen auch auf die Cloud-Kosten.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Effizienz war schon immer ein Hauptanliegen von IT-Führungskräften - mal mehr, mal weniger. 2023 rückt das Thema aufgrund der anhaltenden Inflation und der virulenten Rezession wieder stärker in den Fokus. Insbesondere die Kosten von Cloud-DienstenCloud-Diensten werden genau unter die Lupe genommen - und das zu einer Zeit, in der die Cloud-Ausgaben fast die Hälfte vieler IT-Budgets ausmachen. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

"Da immer mehr Arbeitslasten in die Cloud verlagert werden, ist das Management der Cloud-Ausgaben zu einer Priorität geworden", berichtet Dilip Venkatachari, Senior Executive Vice President sowie Global Chief Information and Technology Officer der U.S. Bank. Das Finanzinstitut mit Hauptsitz in Minneapolis ist dabei, 70 Prozent seiner Workloads zu Cloud-Anbietern zu verlagern, vor allem auf Microsoft Azure. Damit hat sich der Cloud-Anteil in wenigen Jahren mehr als verdoppelt.

IT-Kosten steuern und optimieren

"Wir müssen die Ausgaben für bestimmte Anwendungen im Laufe der Zeit verfolgen und zuordnen können. Zu wissen, wo der größte Bedarf besteht, ist der erste Schritt, um die Kosten zu steuern", sagt Venkatachari. Um dies zu erreichen, hat die U.S. Bank FinOps eingeführt, eine Business-Disziplin mit einer Reihe von Best Practices zur Optimierung der Cloud-Ausgaben von Unternehmen. "Wir betrachten es als einen Ansatz, um bei kritischen Ausgaben im Zusammenhang mit der Infrastruktur strategischer vorzugehen", so der Manager.

Den Gürtel enger schnallen

Rick Villars, Group Vice President bei der Marktforschungsfirma IDC, sieht die Cloud als Chance, IT-Kosteneinsparungen zu erzielen. Er prognostiziert, dass 2024 rund 50 Prozent der IT-Ausgaben auf Cloud-Services entfallen werden. "Wenn man den Gürtel enger schnallt, schaut man sich den größten Budgetposten an", sagt Villars. Zudem seien viele Unternehmen in den vergangenen drei Jahren Verpflichtungen gegenüber Cloud-Anbietern eingegangen und müssten nun bei der Erneuerung von Verträgen Preiserhöhungen zwischen zehn und 20 Prozent hinnehmen. "Viele sind der Meinung, dass sie zu viel für die Cloud ausgeben", beobachtet der Experte.

Ist die Cloud eine Abzocke?

"2023 ist das Jahr der Effizienz", meint Tracy Woo, Senior Analystin bei Forrester Research. "Die Menschen erkennen, dass die Cloud kein Proof of Concept mehr ist und dass sie sich für eine mögliche Rezession wappnen müssen." Ein Blick auf die Cloud-Rechnungen könnte den Eindruck erwecken, dass Cloud-Anbieter ihre Kunden ausnutzen, aber das sei nicht der Fall, so Woo. "Es gibt keine Preisabzocke. Dafür ist der Markt zu wettbewerbsintensiv."

Stattdessen schlössen Kunden oft Cloud-Verträge in der Annahme ab, dass sie damit Geld sparen. Doch weil sie die Kosten nicht genau genug verfolgten, würden sie unangenehm überrascht. Daher müssten Unternehmen die Abrechnungen pro Stunde, pro Minute und sogar pro Sekunde verfolgen. "Die Art und Weise, wie man die Kosten im Auge behalten muss, unterscheidet sich stark von der IT vor Ort", argumentiert Woo.

Cloud-Kosten im Fadenkreuz

Wie die U.S. Bank befindet sich auch Avnet, ein Anbieter elektronischer Komponenten, mitten in einer mehrjährigen Cloud-Migration, bei der letztendlich alle IT-Ressourcen verlagert werden sollen. "Als wir vor vier oder fünf Jahren zum ersten Mal über eine Verlagerung sprachen, dachten wir, dass die Cloud billiger sein würde. Wir haben früh gelernt, dass das nicht der Fall ist", erinnert sich Max Chan, CIO von Avnet. "Lift and Shift wird niemals wirtschaftlich sein, wenn man nicht seine Arbeitsweise ändert."

Diese Lektion mussten Chan und Avnet im Eiltempo lernen. "Die Cloud hat ein anderes Betriebsmodell und erfordert einen völlig neuen Ansatz, Dinge zu erledigen", sagt Chan. "Wenn man nur an Rechenleistung, Speicherplatz und Kapazität denkt, erlebt man eine böse Überraschung. Wir haben aus unseren Fehlern der Vergangenheit gelernt." Avnet hat ein FinOps-Team eingerichtet, das ServiceNow Cloud Insights einsetzt, um die von Jahr zu Jahr steigende Cloud-Nutzung zu verfolgen, berichtet Chan: "Es ist eine mehrjährige Reise. Während der Migration können Sie Ihr RechenzentrumRechenzentrum auf keinen Fall abschalten." Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

Alternative Cloud-Plattformen gesucht

Novanta, ein Hersteller von photonischen Geräten und Technologiepartner für medizinische und industrielle OEMs, hat seine Cloud-Strategie vor drei Jahren verabschiedet. Das Unternehmen, das hauptsächlich Microsoft Azure nutzt, hat seine Cloud-Nutzung von zwei auf derzeit 55 Prozent gesteigert und prüft nun die Kosteneffizienz sowie alternative Cloud-Plattformen. "Wir sehen uns andere Cloud-Service-Provider an, um Diversifizierung, Ausfallsicherheit und betriebliche Effizienz zu erreichen", erläutert Sarah Betadam, CIO und CISO von Novanta.

Das Unternehmen plant, ein Viertel seines IT-Betriebs in einem verkleinerten Rechenzentrum unterzubringen, CIO Betadam experimentiert mit Temperaturen über 64 Grad, um die Kosten für die Klimaanlage zu senken. "Energie zu sparen und die Nachhaltigkeit zu verbessern, ist ein wichtiges Ziel für uns", sagt sie. So habe Google Research gezeigt, dass IT-Infrastrukturen auch bei 80 Grad sicher betrieben werden können. Betadam fügt hinzu, dass das Bestreben, die Cloud-Kosten zu senken, kein ungewöhnlicher Sparzwang ist, der nur für 2023 gilt, sondern Teil des kontinuierlichen Strebens des Unternehmens nach Effizienz.

Shift Left und mehr Automatisierung

Kevin Gray, CIO der Stadt Burbank in Kalifornien, hat andere Herausforderungen. Als der örtliche Arbeitgeber Disney die Entlassung von 4.000 Mitarbeitern ankündigte, nahm Gray dies zur Kenntnis. "Wir sind zwar nicht von einer Rezession betroffen, aber die Unternehmen bauen ihre Belegschaft ab. Wenn die Steuereinnahmen sinken, könnten wir unsere stetige Finanzzuflüsse verlieren", so Gray. "Wir haben eine Diskussion mit dem Stadtdirektor geführt. Ziel ist es, dem Sturm zuvorzukommen, indem wir für mehr Effizienz und Automatisierung sorgen - in der IT und der gesamten Stadt."

Zu diesem Zweck führt die 108.000 Einwohner zählende Kommune eine Reihe von "Smart City"-Initiativen ein, die auf dem Internet der Dinge (IoT) und KI basieren, darunter ein intelligentes Verkehrs-Management sowie ein smartes Transportsystem. Obwohl es sich nicht um eine formale FinOps-Initiative handelt, plant der CIO die Implementierung des Scaled AgileAgile Frameworks (SAFe) for GovernmentGovernment, ein Konzept für den Einsatz von Lean, Agile und anderen Prinzipien für öffentliche Einrichtungen. Alles zu Agile auf CIO.de Alles zu Government auf CIO.de

"Wir legen großen Wert auf 'Shift Left', also die Verlagerung der Arbeit auf kostengünstigere Ressourcen", berichtet Gray. "Dazu gehört auch mehr Automatisierung", fügt er hinzu. Was die Cloud anbelangt, sei er bei den Kosten "sehr vorsichtig", und er versuche, die Ausgaben für AWS- sowie Microsoft-Office-365-Dienste mithilfe von Tools zu senken, die mit den Services geliefert werden.

Effiziente Verwaltung der Arbeitskräfte

Die Flexibilität des Personals spielt eine wichtige Rolle bei der Kostenkontrolle für die Stadt Burbank. Mit seinen 33 Vollzeitbeschäftigten verlässt sich Gray auf Subunternehmer, Systemintegratoren und Managed-Service-Anbieter, um Lücken zu schließen - statt viele eigene Mitarbeiter einzustellen und sich später mit Entlassungsentscheidungen konfrontiert zu sehen.

Laut Greg Smith, Professor an der Georgetown University und CTO eines Unternehmens im Raum Washington, D.C., bietet die Zunahme von Remote Work als Folge der COVID-19-Pandemie Möglichkeiten für Einsparungen. "Organisationen beginnen, betriebliche und technologische Veränderungen als Folge der hybriden Arbeitsumgebung zu implementieren, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern."

So ermöglicht es etwa die standortabhängige Entlohnung, Gehälter an Löhne in den Regionen anzupassen, in denen Remote-Mitarbeiter leben. Zudem könnten Unternehmen nach Ansicht von Smith kostspielige Büroflächen einsparen und nicht benötigte Immobilien veräußern. "Mit einer Mischung aus vollständig remote tätigen, hybriden sowie Onsite-Mitarbeitern lassen sich erhebliche Einsparungen bei der Gehaltsabrechnung erzielen", sagt der Wissenschaftler. Dynamische Beschaffungsmodelle und Qualifikationsmarktplätze hülfen ebenfalls dabei, Talentlücken zu schließen, ohne sich auf Vollzeitressourcen festzulegen.

Best Practices für IT-Kostenkontrolle

Unabhängig davon, ob die Märkte expandieren oder schrumpfen, erfordert die IT-Budgetierung ein geschicktes Management. "Jedes Jahr ist ein Jahr der Ökonomie. Wir wollen jederzeit gut mit unseren Budgets haushalten", sagt CIO Venkatachari von der U.S. Bank. Auch Avnet-Manager Chan, der aus erster Hand erfahren hat, dass die Cloud kein Allheilmittel ist, rät seinen Kollegen, vorsichtig vorzugehen. "Stürzen Sie sich nicht in die Cloud und treiben Sie die Kosten in die Höhe, ohne zu wissen, wie Sie gegensteuern können, denn sonst bleiben Sie lange Zeit auf den hohen Ausgaben sitzen."

Und für Novanta-CIO Betadam sollte sparsames Wirtschaften nicht davon abhängig sein, ob die Wirtschaft gerade turbulent ist oder nicht. Die Konzentration auf den ROIROI für alle IT-Programme würde sich immer auszahlen, insbesondere bei Budgetverhandlungen: "Der Fokus auf den ROI und die betriebliche Effizienz sollte Teil der DNA und ein Markenzeichen von IT-Managern werden." Alles zu ROI auf CIO.de

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com

Zur Startseite