Mitarbeiterbindung gewinnt an Priorität

Warum auch Chefs gut geschult werden müssen

Jens Gieseler arbeitet als freier Journalist in Tübingen.
Führungskräfte spielen beim Thema Mitarbeiterbindung eine überdurchschnittliche Rolle. Allerdings wird ihnen für diese Aufgabe nicht genügend Zeit eingeräumt, und Schulung ist auch nicht selbstverständlich.
Die Schulung von Führungskräften ist sehr wichtig, um Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
Die Schulung von Führungskräften ist sehr wichtig, um Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Seit Jahren werden in der IT-Branche zu wenig Fachkräfte ausgebildet, deshalb fehlen je nach Studie zigtausend kompetente Mitarbeiter. Entsprechend "wildern" die Unternehmen bei der Konkurrenz. Eine Personalberaterin spricht vom "großen Abwerben". So rückt das Thema Mitarbeiterbindung stärker in den Vordergrund.

Andreas Günzel sagt, dass das Gesamtpaket für einzelne Mitarbeiter stimmen muss. "Je nach Lebensphase kann das Gehalt eine wichtigere Rolle spielen, wenn etwa bei einem Alleinverdiener ein Hausbau ansteht", so der Director Human Ressources von itdesign. Bei anderen sind es flexible Arbeitszeit oder Teilzeit, aktuell arbeiten lediglich rund drei Viertel der 220 Mitarbeiter nahe an den 40 Regelstunden.

Führungskräfte können viel kaputt machen

Bei den Jüngeren spielen Sinn der Tätigkeit und deren Relevanz für die Gesellschaft eine zunehmende Rolle. Aber immer sind die Stimmung im Team und im Unternehmen entscheidend für die Mitarbeiterbindung. "Führungskräfte können viel Begeisterung wecken, aber auch kaputt machen", so Günzel, dessen Unternehmen mehrfach mit Arbeitgeberpreisen ausgezeichnet wurde.

Andreas Günzel, itdesign: "Führungskräfte können viel Begeisterung wecken, aber auch viel kaputt machen."
Andreas Günzel, itdesign: "Führungskräfte können viel Begeisterung wecken, aber auch viel kaputt machen."
Foto: itdesign

Deswegen hat der IT-Dienstleister ein Programm für die Vorgesetzten entwickelt: Führung@itdesign. Viermal im Jahr werden sie von externen Trainern in klassischen Themen geschult. Etwa Kommunikation und Feedback, denn das Fördern und Fordern der Mitarbeiter bleibt ein zentraler Aspekt von FührungFührung. Alles zu Personalführung auf CIO.de

Gezielte Schulung für Chefs

Auch Mitarbeiterauswahl gehört ins Programm, weil die Führungskräfte mitentscheiden, wer in ihr Team kommt und deshalb einen Blick entwickeln sollten, ob jemand in die Arbeitsgruppe passt und ob er dort Aufgaben und Rollen ausfüllen kann, die bisher nicht oder weniger gut besetzt sind.

Aufgrund der Entwicklung der vergangenen drei Jahre ist hybride Führung ein zentraler Schulungsinhalt geworden. Als IT-Unternehmen hatten die Tübinger schon immer Mitarbeiter, die nicht am Standort gelebt haben, aber durch Corona, hat sich die Zahl der hybriden Teams und der Mitarbeiter im Home-Office deutlich erhöht. "Im unmittelbaren Kontakt im Büro oder am Kaffeeautomaten sehen und fühlen Führungskräfte eher, wie es ihren Kollegen geht und können sich kümmern", sagt Günzel, doch am Bildschirm ohne Gestik und körperlicher Bewegung sei das viel schwieriger rauszufinden.

Besondere Herausforderung: Teamspirit nach Corona fördern

Auch den Teamspirit und die Identifikation mit dem Unternehmen zu erhalten sei schwieriger, wenn Mitarbeiter von zu Hause arbeiten. Führungskräfte müssen aufmerksamer sein, gezielter nachfragen und auch Räume schaffen, in denen sich das Team ohne konkreten Arbeitsauftrag trifft.

"Führungskräfte sind die nächsten Vertreter des Unternehmens", so der HR-Director. Ihre Aufgabe ist es, individuell auf die unterschiedlichen Mitarbeitertypen einzugehen, sie auch stärkenorientiert im Team einzusetzen und ihnen die Wertschätzung und Feedback zu geben - positiv wie negativ. Das ist gerade bei flachen Hierarchien und sehr kollegialem und verbundenem Umgang nicht ganz einfach.

Externe Coaches helfen weiter

Deshalb können die Führungskräfte auch immer die Unterstützung von externen Coaches nutzen, um das eigene Verhalten zu reflektieren und sich Rückendeckung zu holen. Gerade für junge Führungskräfte ist der Rollenwechsel eine Herausforderung, denn natürlich stehen sie mehr im Focus und die neue Rolle benötigt andere Kompetenzen.

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