Zwischen Datensammeln und Datenschutz

10 Jahre Google Street View

15.11.2020
Vor zehn Jahren diskutierte Deutschland wie man die Privatsphäre in der digitalen Welt retten kann. Der Streit entzündete sich an den Kamera-Autos, die für Google Häuserfassaden fotografierten.
Fahrzeuge im Auftrag von Google sammeln Daten für den Dienst Street View. In Deutschland hat das zu massiver Kritik geführt.
Foto: jessicakirsh - shutterstock.com

Die bunten Google-Autos mit den auffälligen Kamera-Aufbauten fahren inzwischen in rund 90 Ländern der Erde herum. Millionen von Panorama-Aufnahmen ermöglichen es Google, in seinen Karten eine virtuelle Umgebung anzubieten. Fast 20 Millionen Kilometer haben die Wagen abgefahren.

Google Street View umfasst aber auch Ansichten der Unterwasserkorallen von West Nusa Tenggara in Indonesien oder im amerikanischen Naturwunder Grand Canyon. Auf den Straßen hierzulande wurden die Kamera-Wagen allerdings schon lange nicht mehr gesehen. Im Panoramadienst von Google besteht Deutschland vor allem aus weißen Flecken. Und dort, wo etwas zu sehen ist, wurden die Bilder seit 2011 nicht mehr aktualisiert.

Google Street View ging in Deutschland vor zehn Jahren an den Start. Insgesamt 20 große Städte sollten am 18. November 2010 den Anfang machen, kleinere schnell folgen. Doch der Ausbau kam bald ins Stocken, weil sich an dem Dienst die schärfste Datenschutz-Debatte seit dem Streit um die Volkszählung Anfang der achtziger Jahre entsponnen hatte.

Private Details für Jeden einsehbar

Die damalige Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) malte mögliche Konsequenzen in düsteren Farben an die Wand: "Ich kann mir anhand von solchen Diensten anschauen, wo und wie jemand lebt, welche privaten Vorlieben er oder sie hat, wie seine Haustür gesichert ist oder welche Vorhänge an den Fenstern sind - und das ist noch das Wenigste." Damit werde das Private ohne Schutzmöglichkeiten in die globale Öffentlichkeit gezerrt.

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Der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht heute den Start von Google Street View als einen Punkt, an dem sehr viele Menschen zum ersten Mal gemerkt hätten, dass sie sich nicht einfach vom Internet abkoppeln könnten. "Sie mussten erkennen, dass die Digitalisierung sie erfasst, völlig unabhängig davon, ob sie nun selbst einen Computer haben oder nicht, ob sie digital affin sind oder ob sie voll noch im analogen Zeitalter stehen."

Googles Kamerawagen sammelten einfach alle Daten

Schaar erinnert daran, dass Google sich damals einen gravierenden Fehltritt leistete: Die Kamerawagen griffen damals auch Daten aus ungeschützten WLAN-Netzen auf. Google sprach von einem Fehler eines Entwicklers. Schaar hält das für eine Schutzbehauptung. Dass Google sich für die WLAN-Erfassung entschuldigt habe, erinnere an das Verhalten beim Dieselskandal. "Die illegalen Abschalt-Einrichtungen hat man auch auf ein Fehlverhalten einzelner Ingenieure zurückgeführt."

15 mysteriöse Funde auf Google Street View
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Diesen Schnappschuss machte ein Google-Street-View-Fahrzeug in Sydney: Ist hier ein im Himmel fliegendes UFO zu sehen? Oder handelt es sich um eine Lichtspiegelung? Die Wahrheit ist irgendwo da draußen ...
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
In Aberdeen (Schottland) sichteten die Google-Street-View-Kameras mehr als ein Mal einen Mann mit Pferdekopf-Maske. Seltsamerweise entfernte Google die Bilder vom Pferdekopf-Mann kurze Zeit nachdem User sie entdeckt hat. Geblieben ist nur dieses Foto, das den Mann zeigt, wie er sich gerade die Maske aufsetzt. Wer dieser Mann ist, bleibt bis heute ein Geheimnis.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Über einer italienischen Stadt fingen die Google-Street-View-Kameras eine seltsam geformte Wolke auf - oder handelt es sich um Rauch? Bisher ist unklar, um es sich um eine Verschmutzung des Objektivs oder eine Spiegelung handelt. Oder etwa doch ein Rauch-Monster?
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Findige User von Google Earth entdeckten im Sommer 2010 im Atlantischen Ozean in der Nähe von Long Beach (New York) diese Aufnahme, die ein unter Wasser befindliches Flugzeug zu zeigen scheint. Kurze Zeit später aktualisierte Google die Aufnahmen von diesem Bereich und das Flugzeug verschwand ...
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
In der Schweiz machten die Google-Street-View-Kameras dieses seltsame Bild über einem See in Quarten. Die Gestalt erinnert an zwei in Roben gekleidete Personen. Im Netz wurde sogar darüber spekuliert, es könnte sich um Jesus selbst handeln ...
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Und noch eine angebliche Sichtung von Jesus: Dieses Mal auf einem Feld in Ungarn, welches in Google Earth in Frühjahr 2010 entdeckt wurde.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Anfang 2010 wurde dieses Bild in Google Street View gesichtet: Ein Ufo über der britischen Stadt West Bromwich? Oder machte sich da gerade ein Google-Techniker an der Kamera zu schaffen?
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Okay - man muss ganz lange und ganz genau hinschauen, bis man ein Objekt im Wasser sieht, das wie eine riesige Krake auszuschauen scheint. Die seltsame Kreatur wurde in Google Earth vor der Küste von Delray Beach (Fort Lauderdale) gesichtet. Monster oder nicht?
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Ist auf diesem Bild bzw. hier auf Google Maps etwa Atlantis zu sehen? Google Earth-Nutzer machten die Entdeckung einige hundert Kilometer westlich von Afrika. Das Rechteck ist groß und befindet sich an einer der Stellen, an denen vermutet wird, dass um 9000 vor Christus Atlantis versank. Kurz nach der Entdeckung gab Google aber Entwarnung: Laut Google entstand das Rechteck auf dem Meeresgrund durch ein Forschungsschiff, das Messungen durchführte.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Sind auf dieser Aufnahme auf Google Street View in Großbritannien siamesische Zwillinge zu sehen? Machen die Männer gleichzeitig mehrere Fenster sauber? Wahrscheinlich handelt es sich wohl eher um einen Kamera-Defekt ...
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Es gibt Menschen, die machen verrückte Dinge, wenn sie wissen, wann und wo ein Google-Street-View-Fahrzeug vorbei fahren wird. Dieser Mann aus Mannheim ließ sich nackt in seinem Kofferraum filmen. Und der Hund stellte sich tot. Google hat die Aufnahme derweil aus Google Street View entfernt. Dort heißt es: Das Bild werde derzeit überarbeitet und stehe demnächst wieder zur Verfügung.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Für Entsetzen sorgte im August 2010 dieses Bild in Großbritannien: Es hatte den Anschein, als habe die Google Street View-Kamera die Leiche eines Mädchen gleich aus mehreren Perspektiven gefilmt. Später stellte sich heraus, dass das Mädchen einfach nur einen Streich spielen wollte. Google entfernte die Nahaufnahmen des Mädchens.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Diese Szene sichteten Google-Earth-Nutzer über Utah: Ist auf dem Bild etwa eine Cruise Missle zu sehen? Bisher wollte und konnte niemand bestätigen, ob es sich um eine Rakete handelt. Es könnte sich, so wird auch spekuliert, um ein Flugzeug mit Tragflächen in dunkler Farbe handeln.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Hat hier ein Dieb ein Flugzeug auf einem Spielplatz versteckt? Oder wieso fliegt ein so großes Flugzeug so tief über Bushwick, einem Vorort von New York. Die Aufnahme findet sich sowohl in Google Earth als auch hier auf Google Maps. Das Flugzeug befindet sich zum Zeitpunkt der Aufnahme exakt über einen Kinderspielplatz. Die Aufnahme wurde am 18. Juni 2010 gemacht - die Aufnahmen von Google Street View stammen allerdings von 2009. Die Auflösung: Es handelt sich tatsächlich um ein niedrig fliegendes Flugzeug und die Regenbogen-Farben sind wahrscheinlich entstanden, weil das Flugzeug schneller flog, als der Satellit die Aufnahmen knipsen konnte.
15 mysteriöse Funde auf Google Street View
Mit Google Earth und Google Maps kann jeder Anwender selbst Spion am PC werden. Ein User entdeckte beispielsweise dieses geheime Gebäude im Dschungel von Burma. Der Knackpunkt: Keiner weiß, wozu dieses Gebäude eigentlich dient. Eventuell wird hier ein geheimes Atom-Projekt durchgeführt.

Trotz der scharfen Kritik an dem Google-Dienst glaubt selbst Datenschützer Schaar, dass es viel gravierendere Eingriffe in die Privatsphäre gibt als Street View. "Ich meine damit das Datensammeln, das sozusagen unbemerkt hinter dem Bildschirm geschieht. Wenn ich surfe, wenn ich mich digitaler Dienste oder Apps bediene, ist meine Privatsphäre im Zweifel stärker bedroht, als wenn Häuserfassaden abfotografiert und diese Aufnahmen im Internet verbreitet werden."

Gestartet war Street View im Mai 2007 zunächst in den USA. Google erkannte schnell, dass menschliche Gesichter und Auto-Kennzeichen automatisch unkenntlich gemacht werden sollten. Lange kontrovers diskutiert wurde, ob auch Häuserfassaden mit einem virtuellen Schleier überzogen werden sollten - und wer darüber zu entscheiden hat: Eigentümer oder aktuelle Bewohner. Am Ende einer quälend langen Debatte um eine "Pixel-Burka" durften das beide Gruppen.

Google verzichtet in Deutschland auf weitere Kamerafahrten

In Deutschland beantragten damals 244.000 Haushalte, ihre Wohnhäuser unkenntlich zu machen. Google betonte damals, knapp drei Prozent der Haushalte hätten eine Verpixelung beantragt. Der Aufwand dafür war aber offenbar so groß, dass Google auf weitere Kamerafahrten verzichtete. Nur zu kleineren Prestige-Projekten wie der Erkundung der Münchner Allianz-Arena oder der Elbphilharmonie in Hamburg wurden die Street-View-Kameras noch einmal aus dem Schrank geholt.

Google Street View
75 verrückte Impressionen
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Dennoch fahren noch ständig Autos auf deutschen Straßen, die ihre Umgebung erfassen. Sie stammen von Karten-Spezialisten wie TomTom oder Here sowie Tech-Konzernen wie Apple und auch Google. "Zweck ist nun nicht mehr, eine Karte zu zeichnen oder eine virtuelle Welt zu generieren, die sich der Mensch anschauen kann", erläutert der Unternehmensberater Kersten Heineke, der als Partner bei McKinsey das Center for Future Mobility in Europa leitet. Es gehe vielmehr darum, Hochpräzisionskarten zu generieren, die von Maschinen gelesen werden können und das autonome Fahren möglich machen.

Digitalisierung bedingt Akzeptanz und Vertrauen

Datenschützer Schaar plädiert nun dafür, auch für die neue digitale Mobilitätswelt ein Regelwerk zu definieren, bei dem die Privatsphäre gewahrt bleibt. "Digitalisierung kann nur dann letztlich erfolgreich und nachhaltig sein, wenn dort Akzeptanz und Vertrauen vorhanden sind. Das war vor zehn Jahren bei Google Street View nicht der Fall."

Digitalisierung und Datenschutz gehörten zusammen und sollten eigentlich keine Gegner sein, meint er. Google Street View sei aber auch ein Beispiel dafür, dass man Lösungen finden könne, Digitalisierung und Datenschutz miteinander zu verbinden. "Ob die gefundene Lösung, bestimmte Aufnahmen zu verpixeln, wirklich so weise war, darüber kann man natürlich nach wie vor streiten." (dpa/rs)