Gartner über neue IT-Rollen

2017 kommt der Chief Analytics Officer

26.02.2016 von Christiane Pütter
Neue Berufsbilder zeichnen sich ab, allen voran der Chief Analytics Officer und der Chief Data Officer. Dabei könnten auch CIO und CTO die Aufgaben übernehmen.
  • Gartner rät Unternehmen, den Wert ihrer Daten in den Mittelpunkt zu stellen und alle beruflichen Funktionen darum herum anzuordnen
  • Rund 70 Prozent derer, die „Analytics“ im Titel führen, stammen aus den Fachabteilungen
Glaubt man Gartner, machen sich die Chief Analytics Officer (CAO) schon mal fit.
Foto: Ollyy - shutterstock.com

Es wird voll in der Sparte IT-Berufe. Die Digitalisierung bildet neue Funktionen und Titel aus. Der US-Marktforscher Gartner versucht sich in seinem Papier "The rise of 'data and analytics' roles points to digital business transformation" an einer Systematik.

Zwei neue Titel stehen dabei im Vordergrund. Es sind der Chief Analytics Officer (CAO) und der Chief Data Officer (CDO). Gartner kommentiert das positiv und rät Unternehmen, den Wert ihrer Daten in den Mittelpunkt zu stellen und alle beruflichen Funktionen darum herum anzuordnen.

Die Analysten schicken vorneweg, wie sich das Verständnis für "Data" und "Information" wandelt. Demnach galten "Daten" quasi als weniger wertvoll, während "Informationen" höherwertig waren. So bezieht sich eine Daten-Strategie meist auf Infrastruktur oder Storage, der Begriff "Information" ist Business Intelligence-Themen vorbehalten.

Eine Haltung, die sich laut Gartner ändert, vor allem in den USA. Dort weicht der Begriff Business Intelligence dem Schlagwort Analytics. Die Marktforscher untermauern das mit einer Auszählung von Berufsbezeichnungen in Linked In-Profilen. Auf C-Level-Ebene fanden sie rund 19.600 Titel, die "Data" oder "Information" enthielten, aber nur 690 mit dem Zusatz "Business Intelligence".

Der ehemalige Telefonica-CIO Andreas Pfisterer und andere über den Chief Digital Officer
Diskussion um den CDO
Braucht ein Unternehmen einen dezidierten Chief Digital Officer (CDO) oder ist Digitalisierung Aufgabe des CIO - dazu gibt es unterschiedliche Positionen.
Andreas Pfisterer, vormals CIO bei Telefonica
Andreas Pfisterer ist (mittlerweile ehemaliger) CIO der Telefónica Germany GmbH & Co. Er nahm die Digitalisierung seines Unternehmens selbst in die Hand. Pfisterer verstand sich dabei als Enabler und aktiver Gestalter. In dieser Rolle beriet er sowohl den CEO als auch jeden, der das operative Geschäft verantwortet. Seine These: Der klassische CIO, der sich in erster Linie um Rechenzentrum, Server, Netze und Anwendungs-Entwicklung kümmert, ist ein Auslaufmodell.
Frank Ridder, Gartner
Frank Ridder ist Analyst beim Marktforscher Gartner. Seine These: Der CIO kann die Digitalisierung nur dann selbst managen, wenn er sein klassisches Tagesgeschäft abgibt.
Alexander Wink, Korn Ferry
Alexander Wink ist Senior Client Partner und Member of the Global Technology & Industrial Practice beim Headhunter Korn Ferry. Viele seiner Kunden, die einen CDO suchen, haben nur ungenaue Vorstellungen vom Anforderungsprofil. Die Rolle eines CDO ist einfach noch nicht ausgereift.
Harald Linné, Atreus
Harald Linne ist Geschäftsführer beim Interim-Management-Anbieter Atreus. Er beobachtet ein steigendes Interesse der Unternehmen an Interim Managern, die Digitalisierungsprojekte stemmen sollen. Im Gegensatz zu Beratern, die Erkenntnisprobleme lösen sollen, werden Interim Manager wegen Umsetzungsproblemen geholt und typischerweise in der Linie eingesetzt.
Wilfried Lyhs, Interim Manager
Wilfried Lyhs von Hilderts & Partner ist Interim Manager. Seine Erfahrung: "Digitalisierung des Unternehmens ist derzeit ziemlich hype. Ich glaube allerdings, dass viele Unternehmen, vornehmlich mittelständische, Entwicklungsbedarf in ihren Prozessen und ihrer IT haben. Diese sind noch als Vorstufe zur 'Digitalisierung' zu betrachten."

Ein weiteres Ergebnis dieser Recherche: rund 70 Prozent derer, die irgendetwas mit "Analytics" heißen, arbeiten nicht in der IT-Abteilung. Sie stammen aus den Fachabteilungen.

4 Aufgaben für den CDO

Was nun die Chief Analytics Officer (CAO) und Chief Data Officer (CDO) angeht, so schätzt Gartner deren Zahl auf aktuell etwa 1000 weltweit. Die überwiegende Mehrheit von ihnen, rund 60 Prozent, ist in den USA tätig. Vor allem Banken und Marketing-Abteilungen aller Art von Unternehmen beschäftigen CAOs und CDOs. Bis Ende nächsten Jahres wird sich die Zahl an CAOs und CDOs verdreifacht haben, so die Prognose der Marktforscher.

Denn der Job muss gemacht werden. Diesen umreißt Gartner mit vier Charakteristika:

1. Business Transformation: neue "Digital first"-Geschäftsmodelle, neue Kooperationen zwischen verschiedenen Unternehmen und neue Formen des Wettbewerbs,

2. Wertschöpfung: Monetarisieren von Informationen und Algorithmen,

3. Effizienz im Betrieb: Kostensenkung und Transparenz,

4. Risk Management: Risikoreduktion, Regulierungen, Investigation und Compliance.

Gartner schreibt CAOs und CDOs zusätzlich die unternehmensweite Verantwortung für folgende Bereiche zu: Big Data, Governance, Datenanalyse, Verlässlichkeit und Wert der Daten, das Kapitalisieren der "Information-Assets" des Unternehmens.

CIO und CTO könnten die Aufgaben auch übernehmen

Die Analysten räumen ein, dass es dafür nicht unbedingt einen CAO oder CDO braucht. Unternehmen, die diese Rollen nicht besetzen wollen, werden diese Aufgaben dem CIO oder dem Chief Technology Officer (CTO) übertragen.

Wie auch immer Unternehmen die Dinge benennen - "Daten" oder "Informationen" - und wie sie die Rollen betiteln: die Informationstechnologie wächst aus der IT-Abteilung heraus und in weitere Unternehmensbereiche hinein. Der Begriff "Algorithmic Business" beschreibt das. So sehen die Analysten in ihrem Hype Cycle for Enterprise Information Management 2015 beispielsweise Decision Management Software und Operational Intelligence-Plattformen im Kommen.