Kunde im Zentrum

7 Startup-Methoden für Konzerne

14.11.2018 von Christiane Pütter
Zur DNA von Unternehmen junger Gründer zählen sieben Merkmale. Diese können sich Konzerne trotz grundlegend anderer Strukturen aneignen, erklärt der US-Marktforscher Forrester.
  • Chris Hulls, Gründer der GPS-App Life360, sagt: "Wir haben bereits versagt, wenn ein Kunde eine App aufruft. Uns ist entgangen, dass er in diesem Moment eine bestimmte Information braucht, und wir haben sie ihm nicht proaktiv angeboten."
  • Auch junge Unternehmen sind nicht ganz frei von Legacys – Netflix und Paypal haben Millionen investiert, um die Architektur ihrer Software-Stacks zu überarbeiten.

"Digital transformation: Master startup methods" nennt der US-Marktforscher Forrester eine Studie über das, was etablierte Unternehmen von den jungen lernen können. Die Analysten betonen jedoch, dass es nicht nur um Startups im engeren Sinn geht, sondern um Firmen, deren Gründer als "Digital Native" gelten, als Menschen also, die schon mit der Digitalisierung aufgewachsen sind.

Forrester benennt sieben Merkmale, die für die DNA eines jungen Unternehmens typisch sind.
Foto: Forrester

Forrester spricht von der besonderen DNA (Desoxyribonucleic Acid, Desoxyribonukleinsäure), die solche jungen Unternehmen auszeichnet. Sieben Merkmale weist diese DNA auf: eine extrem starke Kundenzentriertheit und daraus resultierend kundenzentrierte Metriken sowie menschliche Mitarbeiter und Bots in kundenzentrierten Teams. Weiter eine eigene Technologie-Plattform, sehr talentierte und engagierte Mitarbeiter, eine Kultur des Lernens und eine hohe Geschwindigkeit bei der Entwicklung von Innovationen.

Sieben Ansatzpunkte für Konzerne

Im Einzelnen heißt das für Entscheider in Konzernen folgendes:

1. Kundenzentriertheit

Im Originaltext spricht Forrester von "Customer Obsession". Was das heißt, illustriert das Beispiel von Luis Uguina, Chief Digital Officer der Macquarie Bank. Nach umfangreicher ethnografischer Marktforschung entwickelten sein Team und er Ende 2015 eine App, die die Alltagsrealität der Kunden widerspiegeln soll. Der Nutzer findet Informationen wie "noch 14 Tage bis Monatsende, Ausgaben für Kleidung 75 Dollar, Ausgaben für Urlaub 225 Dollar, Ausgaben in Restaurants 270 Dollar".

2. Kundenzentrierte Teams aus Mitarbeitern und Bots

Forrester rät zu Scrum-Teams. Das Zentrum des idealen Teams bilden Entwickler und Systeme Künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Ihnen stehen ein Scrum Master und ein Product Owner (aus dem Business) zur Seite. Das Team arbeitet nach DevOps-Methoden, testet ständig und verbessert kontinuierlich die Nutzer-Schnittstelle.

3. Kundenzentrierte Metriken

Die herkömmlichen Metriken weisen die Interessen des Unternehmens wie Umsatz und Absatz aus. Kundenzentrierte Metriken sollen messen, wie lang ein Kunde für diesen und jenen Vorgang braucht, wie einfach er ihn ausführen kann und Ähnliches. Chris Hulls, Gründer der GPS-App Life360, geht dabei sehr weit. Er sagt: "Wir haben bereits versagt, wenn ein Kunde eine App aufruft. Uns ist entgangen, dass er in diesem Moment eine bestimmte Information braucht, und wir haben sie ihm nicht proaktiv angeboten."

4. Schnellere Innovationen

Der schnelle Weg zu Innovationen führt über ständiges Testen. Das Unternehmen entwickelt eine Hypothese und baut das entsprechende Produkt. Gleichzeitig legt es Indikatoren für Erfolg und Misserfolg fest. Das Produkt wird getestet, verbessert, erneut getestet und so weiter. Es ist ein anhaltender Prozess.

5. Fehlerkultur

Arbeiten nach agilen Methoden beinhaltet eine positive Fehlerkultur, weil Fehler als Teil des Lernprozesses gelten. Forrester zitiert David Fleischman, vormals Vice President Global Product bei Expedia: "Große Manager liegen nur mit jeder dritten Entscheidung richtig."

6. Bei hochqualifizierten Mitarbeitern nicht knausern

Technologien rund um Künstliche Intelligenz und Machine Learning entwickeln sich so schnell, dass kaum ein Unternehmen perfekt ausgebildete Mitarbeiter findet. Das rückt die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft der Beschäftigten ins Zentrum. Das gilt nicht nur für die Frage, ob sie sich selbst weiterqualifizieren wollen, sondern auch in puncto Teilen des eigenen Wissens. So etwas müssen Firmen honorieren, wollen sie eine lernende Organisation werden.

7. Technologie

Digital Natives favorisieren Cloud Computing und Open Source. Doch auch junge Firmen sind nicht ganz frei von Legacys - Netflix und Paypal haben Millionen investiert, um die Architektur ihrer Software-Stacks zu überarbeiten.

Der Vergleich mit Konzernen wird immer etwas hinken, nichtsdestoweniger können alteingesessene Firmen einiges übernehmen. Beispiele dafür liefern etwa BMW mit DriveNow und die BNP Paribas-Gruppe mit der Onlinebank "Hello Bank" in Österreich, schreibt Forrester.