E-Mail-Archivierung reicht nicht

Aufbewahrungspflicht für Facebook & Co.

23.05.2013 von Oliver Schonschek
Geschäftliche Kommunikation findet auch über soziale Netzwerke statt. Archivierungslösungen sollten deshalb auch relevante Twitter- oder Facebook-Nachrichten erfassen.

Wenn sich Unternehmen in sozialen Netzwerken wie Facebook, LinkedIn oder Xing engagieren, dann geschieht dies nicht nur zur Steigerung der Bekanntheit und zur Imageverbesserung. Auch die Kommunikation mit Kunden und Interessenten spielt eine wichtige Rolle, wie die Studie "Social Media in Unternehmen" des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) zeigt.

Wie umfangreich bereits die digitale Kommunikation über soziale Netzwerke und andere soziale Online-Medien ist, macht die Bitkom-Studie "Einsatz und Potenziale von Social Business" am Beispiel der IT-Unternehmen deutlich: Bei 59 Prozent dieser Firmen werden soziale Medien sowohl für die interne als auch für die externe Kommunikation eingesetzt.

Nicht nur E-Mails sind gerichtsrelevant

Wenn Behörden Einblick in Geschäftsdokumente verlangten, betraf dies in Deutschland laut der "2011 Information Retention and eDiscovery Survey" von Symantec in 53 Prozent der Fälle E-Mails, in 51 Prozent der Fälle Anwendungsdaten. Doch 42 Prozent beziehungsweise41111111 38 Prozent der Anfragen galten Nachrichten, die über Instant-Messenger-Dienste und soziale Netzwerke ausgetauscht wurden.

Unternehmen sollten bei den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten für geschäftliche Dokumente deshalb nicht nur an E-Mail und Office-Dateien denken. Auch die Kommunikation über Instant Messenger, Chat-Programme und soziale Netzwerke wie Facebook kann geschäftliche Relevanz haben, die eine Archivierung erforderlich macht.

Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
Die Nutzung sozialer Netzwerke zu Unternehmenszwecken ist längst Alltag.
Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
: Behörden verlangen nicht nur Einblick in E-Mails, sondern auch in Nachrichten, die über soziale Netzwerke ausgetauscht wurden. Das sollte in den internen Archivierungsprozessen berücksichtigt werden.
Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
Soziale Netzwerke wie Facebook bieten eine integrierte Downloadfunktion an, mit der sich Nutzerdaten herunterladen lassen. Für eine Archivierung ist allerdings mehr notwendig.
Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
Die Archivlösungen für soziale Medien unterscheiden sich unter anderem in den unterstützten sozialen Netzwerken. Bei Gwava Retain Social können Inhalte aus Facebook und Twitter archiviert werden.
Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
Lösungen wie Gwava Retain Social unterstützen zum Beispiel bei der Archivierung von Facebook-Inhalten.
Archivierung von Nachrichten aus sozialen Netzwerken
Bei Gwava Retain Social beispielsweise ist eine gezielte Recherche in den archivierten Inhalten möglich, zum Beispiel in den Twitter-Nachrichten (Tweets), die die Mitarbeiter zu betrieblichen Zwecken veröffentlicht haben.

Wie Osterman Research herausfand, werden die Nachrichten, die über Facebook, Twitter oder LinkedIn ausgetauscht werden, von 73 bis 79 Prozent der Unternehmen noch nicht archiviert.

In vielen Firmen ist bereits eine Archivlösung für E-Mails vorhanden. Diese sollte nun um die Archivierung weiterer Formen der digitalen Kommunikation erweitert werden. Das kann durch Speziallösungen zum Beispiel im Bereich Archivierung sozialer Medien geschehen oder durch spezielle Funktionen, die soziale Netzwerke oder Instant Messenger bieten.

Unternehmen, die Insellösungen vermeiden und eine einheitliche Lösung für die gesamte elektronische Archivierung wollen, finden auch dafür passende Lösungen auf dem Markt.

Archivfunktion bei Twitter, Facebook & Co.

Ein Weg zur Archivierung der Kommunikation, die zum Beispiel über Twitter geführt wird, läuft über die sozialen Medien selbst. Tweets, die Nachrichten über Twitter, erscheinen zwar flüchtig. Doch der Betreiber von Twitter speichert die Nachrichten.

Nutzer können in ihrem Twitter-Konto innerhalb der Einstellungen ihre archivierten Nachrichten anfordern. Das Archiv wird dann bereitgestellt, und ein Link für das Herunterladen des Archivs kommt per E-Mail.

Facebook: Soziale Netzwerke wie Facebook bieten eine integrierte Downloadfunktion an, mit der sich Nutzerdaten herunterladen lassen. Für eine Archivierung ist allerdings mehr notwendig.
Foto: Screenshot Facebook.com, Oliver Schonschek

Dieses Verfahren weist allerdings mehrere Einschränkungen auf:

• Die Bereitstellung des Archivs kann mehrere Tage dauern.

• Der Ablauf kann nicht ohne Weiteres automatisiert werden. Eine fortlaufende Archivierung erfordert also viel Disziplin seitens des Nutzers.

• Unternehmen können die Archivierung in dieser Form nicht zentral steuern.

• Das Herunterladen des Twitter-Archivs allein erfüllt noch keine Aufbewahrungspflichten. Das Archiv wird zwar in dem Standardformat HTML geliefert und kann mit jedem Browser geöffnet werden.

Doch die Archivdatei muss regelmäßig auf ein sicheres, vor Manipulationen und Zugriffen geschütztes Speichermedium ausgelagert werden. Diese Aufgabe muss separat gelöst werden.

Bei Facebook kann der Nutzer unter den Allgemeinen Kontoeinstellungen eine Kopie seiner Facebook-Daten herunterladen, um ein Archiv anzulegen. Doch auch dieses Herunterladen kann nicht automatisiert oder im Unternehmen zentral gesteuert werden, ohne zusätzliche Archivwerkzeuge einzusetzen.

Die Archivfunktionen von Twitter & Co. reichen für sich genommen also nicht aus, um einen Archivprozess aufzusetzen, der auch soziale Medien umfasst.

Spezielle Archivlösungen für soziale Medien

Unternehmen, die bereits die E-Mail-Archivierung umgesetzt haben, sollten prüfen, ob ihr Anbieter auch Lösungen im Programm hat, mit denen sich Nachrichten archivieren lassen, die über Skype, Twitter oder Facebook gelaufen sind.

Ist dies nicht der Fall, sollten zusätzliche Archivlösungen erwogen werden. Der Idealfall, dass sich diese in die bestehende Archivlösung integrieren lassen, wird sich nicht immer einstellen. Trotzdem darf die Kommunikation über soziale Medien nicht einfach von der Archivierung ausgenommen werden, wenn ein Unternehmen relevante Nachrichten über Facebook & Co. austauscht.

Lösungen unterscheiden soziale Netzwerke und Chats

Werden zum Beispiel Dienste wie Skype und Facebook parallel im Unternehmen genutzt, um mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern zu kommunizieren, sind häufig zwei zusätzliche Archivlösungen erforderlich.

So bietet zum Beispiel das Dell-Unternehmen Quest Software eine Lösung namens Social Media Archiving für Nachrichten über Facebook, LinkedIn und Twitter an. Für die Kommunikation über Skype, Google Talk oder Yahoo Messenger gibt es die Archivlösung Instant Message Archiving.

Ähnlich verhält es sich bei Erado Social Media Archiving und Erado Instant Message Archiving sowie Global Relay Archive for Social Media und Global Relay Archive for Public Instant Messaging.

Werden die Archivlösungen durch den Anbieter zum Beispiel in einer Cloud betrieben, bedeuten getrennte Archivierungsfunktionen für soziale Netzwerke und für Instant Messaging allerdings keinen nennenswerten Zusatzaufwand. Oftmals kann eine zusätzliche Cloud-Lösung per Mausklick bestellt und aktiviert werden. Die Anbindung der jeweiligen Nutzerkonten an die Archivierung muss das Unternehmen in jedem Fall vornehmen.

Auf die Schnittstellen und Funktionen kommt es an

Welche sozialen Netzwerke, Chat-Dienste und Instant Messenger genau unterstützt werden, variiert von Anbieter zu Anbieter. Als Unternehmen sollte man also genau prüfen, welche Dienste aktuell betrieblich genutzt werden, und überlegen, ob weitere in Zukunft hinzukommen werden. Schließlich ist das Thema Archivierung ein Langzeitprojekt.

Archivierungslösungen
Die Archivlösungen für soziale Medien unterscheiden sich unter anderem in den unterstützten sozialen Netzwerken. Bei Gwava Retain Social können Inhalte aus Facebook und Twitter archiviert werden
Archivierungslösungen
Lösungen wie Gwava Retain Social unterstützen zum Beispiel bei der Archivierung von Facebook-Inhalten.
Archivierungslösungen
Bei Gwava Retain Social beispielsweise ist eine gezielte Recherche in den archivierten Inhalten möglich, zum Beispiel in den Twitter-Nachrichten (Tweets), die die Mitarbeiter zu betrieblichen Zwecken veröffentlicht haben.

So unterstützt zum Beispiel Instant Message Archiving von Quest Software oder Actiance Vantage die Archivierung der Skype-Kommunikation, das Global Relay Archive for Public Instant Messaging laut Funktionsbeschreibung dagegen nicht.

Das Global Relay Archive for Social Media zum Beispiel archiviert auch Nachrichten, die über LinkedIn ausgetauscht werden, Gwava Retain Social aber nicht.

Vergleichen sollte man auch die genauen Funktionen der Archivlösung, denn Archivierung bedeutet ja mehr als langfristige Speicherung. Gerade eine intelligente Suchfunktion für das Archiv und eine Dokumentation der Archivierung durch entsprechende Berichte gehören zu den zentralen Anforderungen.

Komplettlösungen für die Archivierung

Spezielle Archivlösungen sollten sich wenn möglich an bestehende Archive anbinden lassen, wie dies zum Beispiel Erado für sein Social Media Archiving verspricht. Dies ermöglicht durchgehende Recherchen im Archiv sowie ein umfassendes Löschen aller betroffenen Daten nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist.

Für die Verknüpfung verschiedener Archivlösungen sind offene Schnittstellen und einheitliche Archivformate notwendig. Es empfiehlt sich deshalb eine Abstimmung mit dem Anbieter des bereits vorhandenen Mail-Archivs.

Einfacher ist die Situation, wenn statt Insellösungen möglichst Komplettlösungen für die Archivierung der digitalen Kommunikation genutzt werden. So bietet zum Beispiel Eze Castle Integration die Lösung Eze Archive zur gemeinsamen Archivierung von E-Mail und Instant Messaging.

Auch wenn der Name Sonian IM Archive so klingt, als könne nur Instant Messaging archiviert werden, verbirgt sich hinter dieser Lösung ein Dienst, mit dem sich Instant Messages, Nachrichten über soziale Netzwerke wie Facebook, LinkedIn und Twitter und sogar SMS archivieren lassen.

Eine Lösung wie Symantec Enterprise Vault unterstützt neben der Archivierung von Kommunikationsdaten aus sozialen Medien auch das Archivieren von E-Mails, Dateien, SharePoint-Inhalten, Instant Messages und Datenbanken.

Welcher Leistungsumfang und damit welches Produkt tatsächlich benötigt werden, muss jedes Unternehmen selbst prüfen. Wer auf lange Sicht zum Beispiel Skype nicht nutzen will, braucht auch keine entsprechende Unterstützung für das digitale Archiv.

Tipp: den Datenschutz nicht vergessen

Da zusätzlich zu E-Mail oftmals auch das Internet am Arbeitsplatz privat genutzt werden darf, müssen Unternehmen damit rechnen, dass die Beschäftigten während der Arbeitszeit auch soziale Netzwerke und Instant Messaging privat verwenden.

Diese Privatnutzung erschwert aber die Archivierung, denn aus datenschutzrechtlichen Gründen muss die private Kommunikation von der betrieblichen Archivierung ausgenommen werden.

Es empfiehlt sich also unbedingt, in einer internen Richtlinie, der sogenannten Social Media Policy, die strikte Trennung zwischen privaten und beruflichen Profilen bei sozialen Medien zu fordern.

Der Datenschutz stellt noch eine weitere Forderung auf, wenn die Archivierung der Kommunikation über Facebook & Co. in der Cloud oder im Hosting durch einen Dienstleister durchgeführt wird. So muss sich das Unternehmen davon überzeugen, dass die Vorgaben zur Auftragsdatenverarbeitung eingehalten werden, die personenbezogenen Daten bei der Archivierung also geschützt bleiben. Dazu gehört insbesondere, dass das digitale Archiv so verschlüsselt wird, dass kein Unbefugter zugreifen kann, auch nicht der Dienstleister.

Archivierung sozialer Medien lohnt sich

Unternehmen, die bereits mit der E-Mail-Archivierung Probleme haben, stehen weiteren Archivierungsvorhaben skeptisch gegenüber. Doch Studien wie Symantecs Social Media Protection Flash Poll zeigten bereits vor Jahren, dass die Archivierung sozialer Medien wichtig ist, um zum Beispiel ungenehmigte Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken schnell aufklären zu können. Inzwischen ist eine Reihe von Archivlösungen verfügbar, die wertvolle Unterstützung dabei leisten können, Nachrichten in sozialen Netzwerken genauso zuverlässig zu archivieren wie E-Mails. (Tecchannel)