DHL Supply Chain

CIO Markus Voss digitalisiert die Lieferkette

20.04.2020 von Wolfgang Herrmann
Mit Automatisierungstechniken und Machine Learning macht CIO Markus Voss die Prozesse von DHL Supply Chain effizienter. Von den technischen Innovationen profitieren auch die Kunden des Logistikspezialisten.
Markus Voss, CIO und COO bei DHL Supply Chain: "Es geht darum, technische Innovationen schneller massentauglich zu machen."
Foto: Deutsche Post DHL

Zwei Milliarden Euro will die Deutsche Post DHL Group bis 2025 in die Digitalisierung ihrer Geschäftsbereiche investieren. Davon profitiert auch Markus Voss, seit 2015 Global CIO und COO von DHL Supply Chain. Als einer der größten Anbieter in der Kontraktlogistik beschäftigt der Unternehmensbereich fast 160.000 Mitarbeiter an mehr als 2.000 Standorten weltweit. Unter dem DHL-Konzerndach agieren neben der Kontrakt­logistiksparte DHL Supply Chain auch die Unternehmensbereiche Post & Paket Deutschland, Global Forwarding Freight (Luft-, See- und Landfracht), Express (Expresslieferungen) und E-Commerce Solutions.

Um die digitale Transformation voranzutreiben, hat Voss mit seinem Team die "Accelerated Digitalisation Strategy" entwickelt. "Es geht darum, technische Innovationen schneller massentauglich zu machen", sagt der promovierte Chemiker. Die zentrale Frage laute für ihn: "Wie können wir den Einsatz neuer Technologien unternehmensweit skalieren?" In der Vergangenheit habe es viele Pilotprojekte in Sachen Digitalisierung und Innovationen gegeben. "Doch es fehlte ein strukturierter Ansatz, um Technologien für alle Mitarbeiter und Kunden nutzbar zu machen."

Der CIO orientiert sich dabei unter anderem am technischen Reifegrad. Zwölf "Fokustechnologien" sollen den Konzern in Sachen Digitalisierung voranbringen. Dazu gehören vor allem Automatisierungs- und Robotiktechniken, die dabei helfen, Prozesse in den Lagern zu standardisieren und die Effizienz der vielfach noch manuellen Tätigkeiten zu erhöhen.

Bereits im Einsatz sind etwa kollaborative Roboter in den Lagerhallen von DHL Supply Chain, die Waren oder sogar ganze Regale zu den Mitarbeitern trans­portieren. Großes Potenzial sieht Voss auch bei den Wearable Devices. Den ein Kilogramm schweren Barcodescanner der Lageristen ersetzte er durch eine schlanke Kombina­tion aus Scanner am Ringfinger und einem smartphoneartigen Display am Handgelenk. Voss: "Die dicken Knochen haben wir abgeschafft." Die Mitarbeiter haben jetzt beide Hände frei und sparen sich mehrere Handgriffe beim Registrieren der Bestände. Darüber hinaus helfen Wearables auch in anderen DHL-Bereichen wie bei der Auslieferung von Paketen, indem sie die Übergabe an die Kunden vereinfachen.

Digital Transformation Officer

Beim Umsetzen seiner Strategie hilft dem CIO Thierry Driesens, der als Digital Transformation Officer eben diese Umsetzung weltweit für den Bereich DHL Supply Chain betreut. "Driesens sitzt nicht irgendwo isoliert im Elfenbeinturm, sondern ist stark in der Organisa­tion verankert", betont der IT- und Operations-Chef. Direkt zugeordnet sei dem Digitalmanager nur eine kleine Gruppe an Experten, hinzu kämen aber viele Ansprechpartner in den Fachabteilungen und den mehr als 60 Ländern, in denen DHL Supply Chain vertreten ist. Voss: "Die enge Verzahnung mit bestehenden Strukturen ist dabei erfolgsentscheidend."

Die Top-CIOs der Transportbranche
Bernd Rattey
Als Nachfolger von Christa Koenen übernahm Bernd Rattey Mitte November 2021 die Position des Konzern-CIO der Deutschen Bahn.
Christa Koenen
Seit 1. September 2021 ist die ehemalige Bahn-CIO Christa Koenen Digitalvorständin von DB Schenker. Sie ist Nachfolgerin von CIDO Markus Sontheimer.
Thomas Rückert
Seit Anfang 2021 ist Thomas Rückert für die IT Lufthansa Group verantwortlich. Er soll unter anderem die Airlines des Konzerns dabei unterstützen, kundenzentriert zu werden.
Dominik Fürste
Dominik Fürste (35) ist seit August 2017 CIO beim Europäischen Eisenbahnlogistikunternehmen TX Logistik AG. Als Mitglied der Vorstandssitzung verantwortet er die Transformation der TX zu einer digitalen Güterbahn. Dabei setzt er auf die gleichzeitige Betrachtung von Geschäftsprozessen und modernen IT Lösungen. Für die ganzheitliche Umsetzung der Transformation hat er ein agiles Portfolio- und Deliverymanagement auf Basis des Scaled Agile Framework etabliert. Fürste kam von der DB Cargo AG, wo er unter anderem die Sanierung der französischen Tochtergesellschaft begleitete und ein IT-Projekt des DB Konzerns zur Einführung eines Kapazitätsmanagementsystems für das Transportnetzwerk verantwortete.
Sabina Kusmin-Tyburski
Zum 1. Februar 2024 übernimmt Sabina Kusmin-Tyburski den CIO-Posten bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG).
Markus Sandbrink
Ende 2022 hat Markus Sandbrink, seit 2020 Leiter der Corporate IT der Rhenus-Gruppe, zusätzlich den CIO-Posten und damit die gruppenweite IT-Leitung des Logistikkonzerns übernommen.
Ralf Morawietz
Das Logistikspezialist Dachser hat mit Ralf Morawietz seit dem 1. Januar 2023 einen neuen IT-Leiter an Bord. Er folgt auf Stefan Selbach, der in Altersteilzeit ging.
Wolfgang Standhaft
Wolfgang Standhaft ist seit Januar 2019 CIO beim Flughafenbetreiber Fraport in Frankfurt/Main. Von 2006 bis Ende 2017 hat er für den Baustoffkonzern HeidelbergCement AG als CIO und Group Director Information Technology gearbeitet. Von 1998 bis 2005 war Standhaft Leiter Betriebswirtschaftliche Systeme Europa der Rewe KGaA, von 1995 bis 1998 arbeitete er als Berater bei der SAP AG.
Jasmin Kaiser
Seit Anfang Mai 2023 leitet Jasmin Kaiser die IT der Lufthansa Cargo. Sie kommt von der Lufthansa Group.
Isabelle Droll
Isabelle Droll ist CIO der TUI Airline. Seit Oktober 2021 ist sie zudem Group IT Director TUI Musement, Corporate und Sustainability.
Hugo Pluess
Hugo Pluess ist seit August 2019 CIO der Spedition Imperial Logistics International. Pluess ist damit für die gesamte IT-Landschaft aller Aktivitäten von Imperial Logistics International verantwortlich. Er war zuletzt Executive Vice President Global IT Infrastructure bei CEVA Logistics in der Schweiz.
Werner Toennessen
Als Geschäftsbereichsleiter IT ist Werner Toennessen der Chef über die Systemwelten der DER Touristik. Toennessen verantwortete als Bereichsleiter bereits seit 2010 die IT der DER Touristik Köln mit ihren Pauschalreiseveranstaltern ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg. Er gilt als profunder Kenner der IT der touristischen Unternehmen des zweitgrößten deutschen Reiseveranstalters. Toennessen startete seine IT-Laufbahn 1987 in der EDV bei Meier’s Weltreisen.
Ralf Gernhold
Seit Oktober 2018 ist der Ex-Miles & More-CIO Ralf Gernhold technischer Programmleiter Vendo bei der DB Vertrieb GmbH. Vendo beschäftigt sich mit der Digitalisierung des Vertriebs und gehört zu den strategischen Projekten des Personenverkehrs der Deutschen Bahn.
Donya-Florence Amer
Donya-Florence Amer ist CIO und CHRO und die erste Frau im Vorstand von Hapag-Lloyd. Sie übernahm den Posten zum 1. Februar 2022. Amer folgte auf Martin Gnass.
Dirk Tietz
Die DER Touristik hat ihr Führungsteam um die neue Funktion des Chief Transformation Officer (CTO) erweitert. Dirk Tietz (40) ist seit Juli 2015 auch Mitglied des Executive Boards. Er trägt damit die Gesamtverantwortung für die Digitalisierung und für die Verzahnung der Einzelunternehmen.
Petra Clemens
Seit Februar 2022 ist Petra Clemens für die IT-Transformation beim Eisenbahn-Logistiker VTG zuständig. Sie bringt fundierte Expertise auch in Sachen Change Management mit.
Oliver Wittmaier
Oliver Wittmaier folgt auf Claudia Plattner, die bei der EZB eingestiegen ist. Er konzentriert sich auf skalierende Plattformen und Datenverfügbarkeit.
Arlene Bühler
DB Cargo hat mit Arlene Bühler eine neue Digitalisierungschefin. Anfang November 2021 übernahm Bühler die Funktion mit dem Titel IT and Digitalization, CIO/CDO. Der Logistik-Konzern hat diese Position neu geschaffen, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.
Dorothea Brons
Seit Januar 2022 leitet Dorothea Brons als CIO die IT-Geschicke am Hamburg Airport. Sie ist zugleich Geschäftsführerin der IT-Tochter AIRSYS.
Frank Winkenwerder
Frank Winkenwerder ist seit Mitte Dezember 2014 Leiter des Zentralbereichs Informationssysteme der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Er war davor Leiter der Containerinformationssysteme bei HHCT, verantwortlich für die strategische Gestaltung der IT-Landschaft für das Segment Container. Von 1987 bis 2006 arbeitete Winkenwerder bei einem System- und Softwarehaus, seit 1999 als verantwortlicher Projektbereichsleiter für die Logistikbranche.
Michael Lütjann
Die Nagel-Group ernannte zum 1. Oktober 2019 Michael Lütjann zum Chief Information Officer (CIO). Er berichtet an den CEO der Nagel-Group Carsten Taucke. Zuletzt war Lütjann vier Jahre lang CIO bei Imperial Logistics International. Davor hat der 50-jährige fünf Jahre als Senior Vice President IT Management Logistics bei Schenker die globale IT Organisation verantwortet. Im Lauf seiner Karriere hat er zudem mehr als zwölf Jahre lang die IT der Fiege Gruppe in diversen Verantwortungsbereichen geprägt, zuletzt als CIO.
Bernhard Götze
Bernhard Götze ist seit Februar 2022 Vice President IT beim Kreuzfahrtanbieter AIDA Cruises in Rostock, der deutschen Niederlassung von Costa Crociere S.p.A.
Martin Kolbe
Martin Kolbe übernahm im November 2005 die CIO-Position beim Schweizer Logistikkonzern Kühne + Nagel. Zuvor arbeitete Kolbe bei der Deutschen Post World Net, wo er Bereichsvorstand und CIO der DHL Express Deutschland war.
Pieter Jordaan
Nach dem Ausscheiden von IT-Vorstand Frank Rosenberger hat der Touristikkonzern TUI die CIO-Position zum 1. Januar 2023 mit Pieter Jordaan besetzt.
Hans Fabian
Hans Fabian ist seit Januar 2017 als CIO für das Hotelvergleichsportal HRS in Köln tätig. Zuvor war Fabian CIO bei der Wirtschaftsauskunftei Schufa Holding AG in Wiesbaden. Über zehn Jahre hat Fabian davor im Bereich IT-Management bei Deutsche Post DHL in Bonn gearbeitet, zuletzt als Vice President.
Hanna Huber
Hanna Huber hat die Branche gewechselt. Die Ex-CIDO des Modehändlers Calida stieg im April 2024 beim Reiseunternehmen Flix ein.
Björn Richter
Björn Richter ist CIO von DPD Deutschland. Er kam vom Paketdienst GLS. Sein Vorgänger Dirk Tiemann bleibt als Director IT bei DPD.
Hanno Boekhoff
Hanno Boekhoff ist seit Oktober 2017 neuer IT-Leiter bei der Reederei Hamburg Süd. Sein genauer Titel: Global Head of Information Technology & Services (ITS). Vor seiner Tätigkeit für die Hamburg Süd war Boekhoff in verschiedenen Bereichen der IT als Berater und als Manager tätig.
Ralf Morawietz
CIO beim Logistikdienstleister Panalpina mit Sitz in Basel ist ab Juli 2015 Ralf Morawietz. Er startete seine Karriere als IT-Experte 1998. Im Jahr 2002 kam Morawietz zu Deutschen Post, wo er verschiedende Management-Aufgaben wahrnahm. Im Januar 2010 wechselte Morawietz als Mitglied des nationalen IT Managementeams des Logistikers Kühne + Nagel. Zuletzt war er dort Senior Vice President Global IT Products.
Carsten Bernhard
Carsten Bernhard ist seit September 2016 Group CIO/CTO beim E-Commerce-Anbieter eDreams Odigeo mit Sitz in Barcelona. Er kommt von der TUI Deutschland, wo er seit August 2013 IT-Chef war. Zu eDreams Odigeo gehören die Marken eDreams, Opodo, Travellink, Go Voyages und Liligo.
Bernd Gemein
Seit 1. September 2018 ist Bernd Gemein neuer CIO für den Unternehmensbereich Post, E-Commerce, Parcel (PeP) bei der Deutschen Post DHL. In seiner neuen Funktion ist Gemein Mitglied des Executive Committee PeP. Er berichtet an PeP-COO Tobias Meyer. Gemein hatte seit 2003 bei der Deutsche Post DHL diverse Funktionen in den Bereichen IT Development und IT Customer Integration inne. Seit 2013 war er Geschäftsbereichsleiter IT Service Management PeP.
Alexander Brandmeier
Seit Juni 2019 ist Alexander Brandmeier neuer Leiter Informationstechnologie/CIO bei der DB Energie GmbH, dem Energieversorger der Deutschen Bahn AG in Frankfurt am Main. Zuvor war Brandmeier Leiter Architekturmanagement und Unternehmensarchitekt im Unternehmensbereich der Deutsche Bahn Fernverkehr AG.
Andreas Hamprecht
Seit August 2018 ist Andreas Hamprecht Leiter IT und CIO bei DB Regio und in Personalunion weiter Leiter Geschäftsentwicklung Schiene. Hamprecht ist seit März 2017 Leiter Geschäftsentwicklung Schiene bei der DB Regio AG, von 2010 bis 2017 war er Leiter Geschäftsentwicklung bei der DB Station & Service AG. Im DB-Konzern ist er bereits seit 2001 beschäftigt, mit bisherigen Funktionen in der Konzernstrategie, im internationalen Fernverkehr sowie beim Bahnhofsbetreiber DB Station & Service.
Falko Hagebölling
Falko Hagebölling ist seit Januar 2019 Senior Director Product Development & IT bei der Lufthansa-Tochter Miles & More GmbH in Frankfurt am Main. Der promovierte Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik war bei Miles & More zuletzt seit Mai 2016 als Director Product Delivery für Projekt-, Portfolio- und Prozessmanagement verantwortlich. Im Juli 2018 übernahm er zusätzlich interimsweise die Funktion als Director IT.
Sami Awad-Hartmann
Sami Awad-Hartmann hat im März 2019 die Position des CIOs bei der Spedition Hellmann übernommen. Er war bereits von 2008 bis 2016 in verschiedenen führenden Positionen in der IT bei Hellmann tätig. Zuletzt war er stellvertretender Leiter IT global. Im Oktober 2016 hatte Awad-Hartmann die Spedition verlassen und war in das familiäre Geschäft im Fleischhandel bei Global Meat in Münster mit eingestiegen.
Horst Ulrich Mooshandl
Horst Ulrich Mooshandl ist seit April 2019 neuer CIO der Österreichischen Post. Sein genauer Titel lautet: Leitung Konzern-IT & Konzern-Einkauf. Zuvor schon hatte Mooshandl die Konzern-Einkauf geleitet sowie den Konzern-Fuhrpark gemanagt.

Neben dem Digitalverantwortlichen berichten auch die regionalen CIOs von DHL Supply Chain an Voss. Er selbst hat in seiner Rolle einen direkten Draht zu Frank Appel, dem Vorstandschef der Deutsche Post DHL Group. Wichtige strategische Entscheidungen trifft das IT-Board des Bonner Konzerns. Hier sitzen neben Voss und Appel auch die CIOs der anderen DHL-Divisionen Express, Global Forwarding Freight und E-Commerce Solutions sowie der IT-Chef der Brief- und Paketsparte, ferner der Einkaufschef und der Leiter des internen IT-Dienstleisters DHL IT-Services.

Innovation Center international

Innovationen entstünden bei DHL Supply Chain häufig dezentral an den Standorten, so der CIO. Darüber hinaus unterhält der Konzern gleich drei Innovation Center, je eines in Singapur und Chicago, aber auch im nordrhein-westfälischen Troisdorf: "Hier geht es darum, neue Technologien auszuprobieren." Regelmäßig veröffentlicht DHL zudem einen Trendradar und beschäftigt ein eigenes Trend-Research-Team. Voss: "Diese Mitarbeiter gehen mit den Kunden deren Logistikprozesse durch, identifizieren Verbesserungspotenziale und bieten innovative Lösungen an."

Zu den Kunden gehören Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen. DHL Supply Chain versorgt sie mit individuellen Logistik- und Branchenlösungen. Dazu gehören etwa Logistikdienste in den Bereichen Planung, Beschaffung, Produktion, Lagerung sowie Auslieferung und Retouren. Die Kunden kommen aus Sektoren wie Automobil, Konsumgüter, Einzelhandel, Life Sciences und Healthcare sowie Technologie.

"Unsere Kunden wollen einfach, dass ihre Logistik zuverlässig funktioniert", erläutert Voss. "Und hier sind wir der richtige Partner." Geht es um konkrete Kundennamen, gibt sich DHL in diesem Segment zurückhaltend. Ein prominentes Beispiel aus dem Automotive-Bereich ist der britische Autobauer Jaguar Land Rover. Daneben arbeite man mit fast allen bekannten Marken aus den jeweiligen Segmenten zusammen, so Voss.

Data Management und Analytics

Neben technischen Innovationen kümmert sich Voss auch um klassische IT-Aufgaben. Dazu gehört insbesondere der Bereich Data Management und Analytics. "Seit meinem Amtsantritt 2015 als CIO habe ich viel am Thema Standardisierung gearbeitet", berichtet der IT-Chef. Dabei sei es sowohl um Kernanwendungen als auch um das Stammdaten-Management gegangen.

Die Standardisierung in der Backend-IT bildet die Grundlage für übergreifende Datenanalysen, in denen Voss ein großes Potenzial sieht: "Gerade in der Logistik gibt es viele Ineffizienzen, die sich damit adressieren lassen." Die Deutsche Post DHL hat dafür unter anderem einen gruppenweiten Data Lake implementiert. Für die Entwicklung von Analytics-Anwendungen hat das Team von Markus Voss eine Referenzarchitektur definiert, die unternehmensweit nutzbar ist.

Auf der Basis eines übergreifenden Master Data Managements werden Daten aus den Kernanwendungen in den Data Lake überführt und stehen den Data Scientists über definierbare Data Marts zur Verfügung. Besonders wichtig ist dem CIO, dass dabei keine neuen Silos entstehen: "Die Daten gehören der Gruppe, nicht den Application Ownern", betont er.

Data-Analytics-Anwendungen und Machine-Learning-Algorithmen helfen dem Logistikunternehmen etwa dabei, Transportvolumina vorherzusagen. "Die Genauigkeit der Prognosen hat sich mit unserem Volume-Prediction-System um 20 bis 30 Prozent verbessert", sagt Voss. Aber auch in der Personaleinsatzplanung kommen einschlägige Systeme zum Einsatz, beispielsweise um eine intelligente Schichtplanung für die Mitarbeiter zu erstellen. Ein weiteres Einsatzfeld ist die Routenoptimierung im Lieferprozess. Voss: "Viele LKWs fahren nach der Zustellung noch immer leer zurück. Das Verbesserungspotenzial ist an der Stelle noch immens."

Besonders lohnend ist der Einsatz von Analytics und Machine Learning in den klassischen Lagerprozessen. Hier geht es häufig um Optimierungsaufgaben, die sich in der Vergangenheit nur mit großem manuellem Aufwand bewältigen ließen: Welche Bestellung muss zuerst das Lager verlassen? Wann steht der LKW an der Laderampe? Wann startet das Frachtflugzeug? Im Bereich der Nachbestellungen (Replenishment) etwa habe man den Aufwand um ein Viertel reduziert, berichtet Voss. Insgesamt sei die Produktivität in den Lagerprozessen durch den Einsatz von Machine Learning um 13 Prozent gestiegen.

Robotic Process Automation

Ein Kernthema für Voss ist Robotic Process Automa­tion: "Wir können damit große Potenziale in relativ kurzer Zeit heben." Allein im Bereich DHL Supply Chain habe man rund 400 "Opportunities" identifiziert, etwa 130 RPA-Projekte seien bereits abgeschlossen. Das Einsatzgebiet ist breit. "Im Prinzip eignet sich RPA überall, wo es wiederkehrende Prozesse gibt", urteilt der IT-Manager. Das Spektrum reiche über die gesamte Lieferkette: Von Tracking- und Tracing-Prozessen über klassische Datenein- und ausgaben bis hin zur automatisierten Bestellung von Mitarbeiter-Handys. Voss hat dafür ein eigenes Center of Excellence auf die Beine gestellt, das RPA-Lösungen als Dienstleistung anbietet.

Wearable Devices wie diese Ring-Scanner erleichtern die Arbeit in den Warenlagern von DHL Supply Chain.
Foto: Deutsche Post DHL

Entlastung im IT-Betrieb erhofft sich Voss von einer hybriden Cloud-Strategie. Für neue Services oder Optimierungen gelte grundsätzlich die Devise "Cloud First". Man prüfe generell zuerst, ob sich eine Anwendung auch über ein SaaS-Modell (Software-as-a-Service) nutzen lasse.

Anders verhält es sich mit Eigenentwicklungen, die die Kernprozesse von DHL Supply Chain steuern. Hier greift der CIO auf eine Private-Cloud-Infrastruktur zurück, die der interne Dienstleister DHL IT-Services über drei eigene Rechenzentren in Europa, Asien und Nordamerika bereitstellt. Voss: "Je näher eine Anwendung an unserem Kerngeschäft ist, desto eher betreiben wir sie in der Private Cloud." Dafür gebe es unter anderem Datenschutzgründe.

Blockchain in der Logistik

Auf dem Trendradar der DHL-Auguren poppt auch das Thema Blockchain auf. "Uns geht es dabei zunächst um ein paar grundsätzliche Fragen", erläutert der CIO: "Was kann die Technik leisten? Was können wir davon lernen, und was lässt sich schon konkret in der Logistik und bei unseren Kunden einsetzen?" Erste Schritte sind die Bonner gegangen. Im DHL Blockchain Center of Excellence entstand die Blockchain-Plattform BLESS (Baseline Eco-System Services). Sie soll unter anderem die vielen papierbasierten Prozesse im See- und Luftfracht-Geschäft automatisieren und effizienter abwickeln.

Für den erfolgreichen Einsatz der Distributed Ledger-Technik sieht Voss drei Voraussetzungen: Die Plattform müsse auf offenen Standards basieren, unabhängig von bereits bestehenden IT-Systemen arbeiten können und insbesondere stark fragmentierte Prozesse abwickeln, um den größtmöglichen Nutzen zu erzeugen. BLESS etwa basiere auf Open-Source-Software und sei auf die besonders kleinteiligen Abläufe im Frachtgeschäft zugeschnitten.

Agilität im Kerngeschäft

Mit agilen Methoden und dem Konzept einer IT der zwei Geschwindigkeiten (Bimodal IT) setzt sich Voss schon seit längerem auseinander. Der oft kontrovers geführten Diskussion um die Vor- und Nachteile kann er wenig abgewinnen: "Natürlich ist Zero Downtime und Stabilität unverzichtbar für unser Kerngeschäft. Gleichzeitig können wir aber auch hier nicht auf agile Methoden verzichten". Am Ende gehe es darum, auch die Kernsysteme agiler zu machen und Veränderungen schneller umzusetzen.

Deutsche Post DHL Group

Hauptsitz Bonn
Umsatz 63,34 Milliarden Euro (2019)
EBIT 4,13 Milliarden Euro (2019)
Mitarbeiter 546.924
CIO DHL Supply Chain Markus Voss

Nach seinem Amtsantritt sei es ihm auch darum gegangen, die Rolle des CIO neu zu interpretieren, blickt Voss zurück: "Weg vom klassischen IT-Dienstleister und hin zur einer zentralen Business-Funktion." Dass er in Personalunion auch als Chief Operating Officer (COO) agiert, habe ihm geholfen.

Zu seinen Aufgaben gehöre es auch, die Mitarbeiter in Sachen digitale Transformation mitzunehmen: "Wir brauchen eine digitale Kultur im Unternehmen. Jeder Kollege, gerade auch in den operativen Bereichen, muss Digitalisierung spüren und erleben können." Er selbst sieht sich dabei in der Pflicht und tritt beispielsweise regelmäßig in Webcasts und Video-Blogs für die Belegschaft auf. Zehn Prozent seiner Arbeitszeit verwende er mittlerweile auf Kommunikationsaufgaben, sagt Voss, und: "Wir sehen eine eindeutige Korrelation zwischen dem Einsatz neuer Technologien und der Mitarbeiterzufriedenheit."