SAP gegen Salesforce bei Software on Demand

CRM: Ring frei für die Gladiatoren

15.03.2006 von Thomas Mach/CW.at
Die Lager waren klar beim Thema Custormer Relationship Management (CRM): Analytisches versus operatives CRM. Das hat sich mittlerweile gewandelt: Kosten sparen und effektiver Einsatz stehen heute im Mittelpunkt. Und dabei gewinnen gemietete oder ausgelagerte Varianten mehr und mehr an Bedeutung. Ins Spiel gebracht wurde das neue Paradigma CRM on Demand vom Spezialisten Salesforce.com - was jetzt den Giganten SAP auf den Plan rief.

Das neue Paradigma "Software as a service" – neudeutsch On Demand genannt – hat seinen öffentlichen Durchbruch dem CRM-Spezialisten Salesforce.com zu verdanken. Das Unternehmen gilt als Pionier auf dem Gebiet des CRM-Leasings. 1999 gegründet, nimmt es für sich in Anspruch, der weltweit erste CRM On Demand-Anbieter zu sein. Zum Kundenkreis zählen inzwischen nicht mehr nur kleine und mittelständische Anwender, sondern auch Größen wie AOL und Avis. Ein Großteil der europäischen Salesforce-Kunden stammt laut Salesforce Deutschland Geschäftsführer Peter Steidl aus dem Mittelstand, das Spektrum reiche von zwei bis 1.000 Anwendern.

Salesforce.com brachte den Stein ins Rollen

Kurz nach dem ersten Miet-CRM-Angebot von Salesforce.com waren Wettbewerber wie Rightnow Technologies mit vergleichbaren Diensten zur Hand und schickten sich an, ebenfalls den etablierten Anbietern den (Kunden-) Boden unter den Füßen wegzuziehen. On Demand als Nachfolger der Application Service Providing-Dienste (ASP) scheint derzeit, zumindest in den USA enorm im Trend zu liegen.

Das zeigt auch das Beispiel SAP. Das Unternehmen zog – wenn auch offiziell dementiert – nach und gab Anfang Februar diesen Jahres bekannt, mit CRM On-Demand erstmals eine Mietvariante für Kunden anzubieten. Gegen eine Gebühr von 75 Dollar (Einstiegspreis) pro Monat und Nutzer können Anwender damit CRM-Funktionen für den Vertrieb nutzen.

"Das Angebot setzt auf Funktionen, die Mysap CRM entliehen wurden", erläutert Peter Graf, Executive Vice President Solution Marketing. Dieser Umstand erleichtere es Firmen, ihre On Demand-Umgebung später in eine Inhouse-Lösung zu überführen. Unternehmen seien laut Graf zudem in der Lage, das On Demand-Produkt gemeinsam mit im eigenen Haus installierten CRM-Lösungen (On Premise) zu betreiben, wenn sie das wünschen. Es sei aber auch ein reiner On Demand-Betrieb möglich.

Beide Betriebsvarianten würden sich laut Graf auch parallel nutzen lassen, so dass Anwender auf die gleiche Datenbasis zugreifen. Im Gegensatz dazu betreibe Salesforce.com ausschließlich gehostete Applikationen. Das habe laut Graf den Nachteil, dass es Kunden sehr schwer falle, eine Mietumgebung in die hauseigene IT zu migrieren.

SAP: Keine Reaktion auf den Erfolg von Salesforce?

Bei den gehosteten SAP-Applikationen sind die Daten, Prozesse und Konfigurationsmerkmale der Mieter voneinander isoliert. SAP spricht hierbei von isolierten Mandanten. Der Software-Konzern will den Einstieg in das On Demand-Geschäft aber eben nicht als Reaktion auf Konkurrenten wie Salesforce.com verstanden wissen, sondern als Erweiterung des bisherigen Verkaufs von Software-Lizenzen. "Im Gegensatz zu Salesforce.com adressieren wir große Firmen und den gehobenen Mittelstand", erklärt Graf. Das CRM-System zur Miete stehe eher in Wettbewerb mit dem Angebot von Oracle/Siebel. Dessen Produkt basiere allerdings anders als die SAP-Lösung auf einer anderen Code-Basis als das für den Betrieb im Kundenunternehmen gedachte Siebel CRM.

Dem entgegnet der für den asiatisch-pazifischen Markt verantwortliche Salesforce.com-Manager Steve Russel, dass SAP mit seiner On Demand-Lösung dem Markt hinterher hinke. Die Walldorfer kämen demnach rund sieben Jahre zu spät. Zwar würden sich SAP und auch Microsoft inzwischen für das Geschäftsmodell interessieren, sie seien jedoch bei der Umsetzung nicht sehr flott: "SAP will mit ihren On Demand-Lösungen nicht den Markt für kleine und mittelständische Firmen adressieren – eine Verteidigungsstrategie, um die eigene installierte ERP-Kundenbasis zu schützen."

Tatsächlich sieht SAP Firmen dieser Größe nicht als vorrangige Zielgruppe an. "Unser Modell ist für hundert User und mehr gedacht. Da werden sicher viele dabei sein, die bereits SAP-Kunden sind – was ich angesichts ihrer Menge auch nicht weiter schlimm finde", bekräftigt Firmenchef Henning Kagermann.

Neben SAP sind in den vergangenen Monaten auch Microsoft und Oracle sowie weitere kleinere Hersteller wie Update auf den immer schneller fahrenden On Demand-Zug aufgesprungen. Auch Sage arbeitet mit Hochdruck an einem derartigen Angebot. Kein Wunder, hört man auf die Analysten der IDC: Die Auguren prophezeien, dass sich 80 Prozent der Fortune 2.000-Firmen in den nächsten zwei Jahren nach Business-Applikationen umschauen werden, die über das Internet bedient werden können.

Salesforce.com will jedoch die etablierten Hersteller nicht nur im Applikationsgeschäft angreifen. Mit App Exchange, einer Online-Entwicklungsplattform für Geschäftsapplikationen, sollen im Stile von SAP Netweaver neue Lösungen entstehen, die Partnerfirmen entwickeln und über das Internet an Salesforce.com-Kunden verkaufen. Im Gegensatz zu Netweaver müssten Firmen hierzu aber keine Infrastruktur im eigenen Haus betreiben.

Eines der jüngsten Beispiele eines Unternehmens, dass von der On Demand-Stimmung erfasst worden ist, ist die Firma Oco. Diese hat eine On Demand-Plattform für die Bereiche Business Intelligence (BI) und Analyse entwickelt. Eigenen Angaben zufolge ist Oco damit der erste Anbieter weltweit - was man jedoch als Standardaussage in der Software-Vermarktung werten kann. So bietet die ebenfalls in den USA ansässige Firma Host Analytics einen Suite für das Business-Performance-Management (BPM) im Hosting-Betrieb an.

Von CRM zur Business Process Plattform

Und das deutsche Unternehmen Innovation Gate bietet mit Business Essentials eine On Demand-Komplettlösung für grundlegende Geschäftsprozesse an. Anwender können über eine Browser-Oberfläche auf Funktionen wie Kontakt-, Projekt-, Auftrags- und Mitarbeiterverwaltung sowie Finanzbuchhaltung zugreifen.

Business Essentials umfasst verschiedene Funktionsmodule, etwa für CRM, Projekt-, Auftrags-, Mitarbeiter-, Aufgaben- und Terminverwaltung sowie eine Finanzbuchhaltung. Die einzelnen Bausteine arbeiten dem Hersteller zufolge akten- und vorgangsorientiert. Das heißt, dass jede Akte beziehungsweise jeder Vorgang mit Informationen aus verschiedenen Modulen verknüpft ist.