Paul Hartmann AG

Der CIO treibt den digitalen Wandel voran

16.01.2020 von Wolfgang Herrmann
Die Paul Hartmann AG zeigt, wie sich klassische Medizin- und Pflegeprodukte um digitale Lösungen ergänzen lassen. CIO und CDO Sinanudin Omerhodzic hat dafür ein umfassendes Transformationsprogramm gestartet.
Sinanudin Omerhodzic, CIO der Paul Hartmann: "Die IT stellt künftig die Technologien bereit, um gemeinsam mit dem Business Wettbewerbs­vorteile und neue Geschäftsmodelle zu generieren."
Foto: Paul Hartmann AG

Wundpflaster, Verbände, Windeln und Des­­­in­fektionsmittel für Krankenhäuser und Pflegeheime gehören zu den Kernprodukten der Hartmann Gruppe aus Heidenheim an der Brenz. Wie kann eine Digita­lisierungsstrategie für so ein Unternehmen aussehen? Sinanudin Omerhodzic, seit Januar 2017 als CIO an Bord, sieht die Lösung in besseren medizinischen Produkten: "Die Menschen leben länger und brauchen mehr Leistungen des Gesundheitssystems", erläutert der Diplominformatiker die Ausgangslage. Dadurch steigen die Kosten. Die Nachfrage nach Versorgungsleistungen nimmt zu, es werden mehr Ärzte und Pflegekräfte gebraucht.

Die Patienten, so Omerhodzic, benötigten nicht nur mehr, sondern auch bessere medizinische Services. Auf die Anbieter von Medizin- und Pflegeprodukten kommen zugleich wachsende Ausgaben für das Umsetzen neuer regulatorischer Anforderungen zu, darunter etwa die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR). Mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen verlangen auch Themen wie Datensicherheit und generell der digitale Wandel auf verschiedenen Ebenen.

Wie groß der Nachholbedarf ist, zeigt der Blick auf den Digitalisierungsindex des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem Jahr 2018. Die Healthcare-Branche liegt mit 34 Punkten abgeschlagen auf dem letzten Platz. Daraus ergeben sich Herausforderungen, aber auch enorme Chancen, sagt Omerhodzic: "Die Gesundheitsbranche wird im Vergleich zu anderen Sektoren den stärksten Wandel erfahren." Schon heute ließen sich beispielsweise künstliche Ohren per 3D-Druck herstellen. Auch komplexere Organe wie Herz oder Lunge würden schon bald gedruckt, erste Prototypen gibt es bereits.

Chancen der Digitalisierung

Das Problem des Ärztemangels auf dem Land könnten Telemedizin-Systeme lindern. Online-Termine mit dem Arzt und KI-basierte Systeme, die selbständig erste Diagnosen erstellen, werden künftig für eine Entlastung sorgen, erwartet der CIO. Großes Potenzial sieht er auch in Gesundheits-Apps, kombiniert mit Wearables, die beispielsweise die Herzfrequenz von Patienten überwachen und bei Auffälligkeiten Alarm schlagen: "Am Ende wird ein Ökosystem aus Apps entstehen, von dem sowohl die Patienten als auch Ärzte und Versorgungseinrichtungen profitieren."

Digitale Prozesse im Krankenhaus

Wie kann ein Unternehmen wie die Hartmann Gruppe von dieser Entwicklung profitieren? "Wir müssen neue Wege finden, unsere Produkte im Markt zu positionieren", sagt Omerhodzic. Ein erfolgversprechender Weg sei es, klassische Produkte um digitale Services und Lösungen zu ergänzen, beispielsweise im Bereich Logistik und Einkauf. Viele Krankenhäuser kämpften mit hohen Prozesskosten, die Nachbestellung eines medizinischen Produkts koste im internationalen Durchschnitt stolze 100 Dollar.

Die Top-CIOs der Gesundheitsbranche
Stefan Henkel, Siemens Healthineers
Stefan Henkel ist CIO von Siemens Healthineers. Stefan Henkel absolvierte sein Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bamberg, wo er ebenfalls seine Promotion abschloss. Nach Stationen als Lehrbeauftragter und selbstständiger IT-Berater, startete er im Jahr 1996 seine berufliche Laufbahn bei Siemens Management Consulting in München. Bereits 1997 übernahm er die Leitung der Supply Chain Beratung im Bereich Corporate Procurement and Logistics. Nach weiteren leitenden Positionen in verschiedenen Abteilungen wechselte er 2006 in den Bereich Customer Services der Healthcare-Sparte. Dort verantwortete er weltweit "Product Support" und den "Siemens Remote Service". Nachdem er ein unternehmensweites Transformationsprojekt erfolgreich leitete, übernahm Stefan Henkel 2011 die Position des Leiters für Customer Relationship Management Operations. Daraufhin übernahm er die Verantwortung als Leiter der IT und seit 2018 besetzt Stefan Henkel die Position des CIO von Siemens Healthineers.
Hans-Ulrich Prokosch, Uniklinikum Erlangen
Hans-Ulrich Prokosch ist CIO am Uniklinikum Erlangen und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Informatik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Bis 2003 war er Professor für Medizinische Informatik an der Universität Münster. Prokosch hat Mathematik studiert, dann einen Doktor in Humanbiologie gemacht und sich anschließend im Fach Medizinische Informatik habilitiert.
Markus Balser, Rhön Klinikum AG
Markus Balser ist seit Februar 2018 Konzernbereichsleiter IT/Konzern-EDV an der Rhön-Klinikum AG. Zuvor war er seit 2008 bei der Accenture GmbH als Managing Director im Bereich Technology Strategy verantwortlich für Enterprise Architecture & Application Strategy im deutschsprachigen Raum.
Andreas Strausfeld, Bitmarck Holding
Im Juli 2014 ist Andreas Strausfeld zum Geschäftsführer der Bitmarck Holding GmbH aufgestiegen. Damit steht er dem IT-Dienstleister für Krankenkassen vor. Andreas Strausfeld ist seit 2008 als Geschäftsführer bei der Bitmarck Holding GmbH und seit 2010 bei der Bitmarck Vertriebs- und Projekt GmbH aktiv. In gleicher Funktion war er in Personalunion auch von 2012 bis 2013 bei der Bitmarck Software GmbH tätig. 2018 wurde sein Vertrag bei Bitmarck vorzeitig um vier Jahre bis 2024 verlängert.
Ingo Elfering, Fresenius
Seit Juli 2020 besetzt Ingo Elfering den neu geschaffenen CIO-Posten bei der Fresenius Gruppe. Der gelernte Wirtschaftsinformatiker soll die globalen IT-Aktivitäten des Konzerns koordinieren und weiterentwickeln. Zudem übernimmt er die Leitung der IT-Dienstleistungs-Tochter Fresenius Netcare, die mittlerweile in Fresenius Digital Technology umbenannt wurde. Elfering berichtet an den Finanzvorstand.
Holger Witzemann, AOK Systems
Holger Witzemann ist seit Mai 2016 Geschäftsführer der AOK Systems. Der Diplom-Ingenieur für Technische Informatik war vorher Geschäftsführer im Bitmarck-Konzern in Essen, einem IT-Anbieter für Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen sowie die DAK-Gesundheit und weitere Ersatzkassen. Witzemann verantwortet nun die Softwareentwicklung für die gesamte AOK-Gemeinschaft, die BARMER, die BKK Mobil Oil, die VIACTIV Krankenasse und die Hanseatische Krankenkasse.
Jens Schulze, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
Jens Schulze ist seit September 2019 CIO und Leiter des Dezernats für Informations- und Kommunikationstechnologie (DICT) im Universitätsklinikum Frankfurt. Sein Vorgänger Martin Overath ist jetzt Geschäftsleiter Medizinischer Arbeitsplatz beim Softwarehersteller Knowledgepark. In seiner Rolle verantwortet Schultz alle Bereiche der administrativen und klinischen IT inklusive der Telekommunikation. Er berichtet an den kaufmännischen Direktor als Mitglied des Vorstands. Für seine Leistungen als CIO der Uniklinik Leverkusen (2013-2019) wurde Jens Schulze beim CIO des Jahres 2019 in der Kategorie Public Sektor ausgezeichnet.
Michael Kraus, Universitätsklinikum Freiburg
Michael Kraus ist seit August 2014 für die IT am Universitätsklinikum Freiburg verantwortlich. Bereits seit 2009 war er stellvertretender Leiter des Klinikrechenzentrums. Nach seinem Physik-Studium und einer Promotion im Bereich der Systembiologie war Kraus wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. 1996 wechselte er als IT-Leiter in die Universitätsverwaltung und verantwortete dort ab 1999 als Dezernatsleiter neben der IT für das Campus Management die Bereiche Controlling, Organisation und Neue Medien.
Rudolf Dück, UKSH
IT-Chef am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist seit Januar 2019 Rudolf Dück. Er übernahm die Leitung der Stabsstelle Informationstechnologie. Zugleich ist er Geschäftsführer der UKSH Gesellschaft für IT Services mbH (ITSG) sowie der Gesellschaft für Informationstechnologie (GfIT). Davor war Dück als Leiter des Bielefelder IT-Servicezentrums (BITS) an der Universität Bielefeld tätig.
Manfred Criegee-Rieck, Klinikum Nürnberg
Manfred Criegee-Rieck leitet seit Juni 2017 die IT des Klinikums Nürnberg. Der neue IT-Leiter ist Nachfolger des langjährigen CIOs Helmut Schlegel. Er kommt von den Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz, wo er Gesamtleiter IT war.
Heiko Reinhard, Ottobock
Heiko Reinhard ist seit Mai 2018 neuer CIO beim Duderstädter Medizintechnik-Hersteller Ottobock. Er war bislang als CEO des IT-Dienstleisters Sycor, der IT-Tochter von Ottobock, in Amerika und als IT Director North America für Ottobock tätig.
Patrick Wenz, Universitätsmedizin Mainz
Patrick Wenz leitet die IT der Universitätsmedizin Mainz bis Ende 2023 im Interim.
Jan Vitt, Universitätsmedizin Mainz
Ab Januar 2024 soll Jan Vitt die IT der Universitätsmedizin Mainz leiten.
Aude Vik, Techniker Krankenkasse
Seit Anfang 2024 ist Aude Vik Geschäftsbereichsleiterin Informationstechnologie bei der Techniker Krankenkasse.
Gunther Nolte, Vivantes-Klinik
Gunther Nolte ist schon seit 2001 IT- und TK-Direktor beim Gesundheitsnetzwerk Vivantes. Der Diplom-Informatiker arbeitete nach seinem Studium zunächst als Softwareentwickler in einem Systemhaus. Zwischen 1986 und 2001 war er unter anderem als Projektleiter für den Aufbau eines Tumorregisters am onkologischen Schwerpunkt Klinikum Kassel verantwortlich.
Dirk Herzberger, Helios Kliniken
Seit 1998 leitet Dirk Herzberger die IT der Klinikkette Helios, die seit 2005 zu Fresenius gehört. Mit seiner Abteilung "Zentraler Dienst IT" stellt er dem gesamten Unternehmen die PC-gestützte Infrastruktur zur Verfügung - das reicht von medizinischen Dokumentationssystemen über die IT für Abrechnungen bis zu Telemedizin-Lösungen. Diplom-Ingenieur Herzberger war zuvor sechs Jahre Leiter EDV der Asklepios Neurologischen Klinik Bad Salzhausen und ab 1993 am Aufbau der Zentrale Dienste EDV der Asklepios Gruppe beteiligt. Zwischen 1988 und 1992 arbeitete Herzberger als Entwicklungsingenieur in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie in der Abteilung Technische EDV der Firma Weiss Umwelttechnik.
Franz-Helmut Gerhards, DAK
Franz-Helmut Gerhards ist seit Oktober 2016 CDO und Mitglied der Geschäftsleitung der DAK-Gesundheit in Hamburg. Er ist für die unternehmensweite digitale Transformation der Krankenkasse verantwortlich. Dazu gehört neben der strategischen Ausrichtung der DAK den Aufbau eines digitalen Ökosystems sowie die digitale Transformation aller relevanten Kundenprozesse mit dem Fokus auf die Kundenorientierung. Zudem verantwortet Gerhards den mit der Digitalisierung verbundenen kulturellen Wandel und leitet die Digitale Fabrik, die als interner Inkubator die digitale Transformation der Kasse operativ gestaltet.
Henning Schneider, Asklepios Konzern
Henning Schneider hat im Oktober 2016 die Leitung des Konzernbereichs IT im Asklepios Konzern übernommen. Er folgt auf Martin Stein, der das Unternehmen verlassen hat, um als Kaufmännischer Geschäftsführer des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein tätig zu sein. Schneider wechselte vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zu Asklepios. Am UKE leitete er seit 2012 als CIO den Geschäftsbereich Informationstechnologie. Bereits seit 2008 trug er dort Verantwortung für die medizinischen IT-Systeme und die Umsetzung der elektronischen Patientenakte.
Martin Peuker, Charité
Martin Peuker ist CIO der Berliner Charité. Große Hoffnungen setzt Peuker in die europäische Cloud-Initiative Gaia-X, die allmählich Formen annimmt: "Von Gaia-X könnte der gesamte Health-Sektor profitieren", ist er überzeugt. Die Charité unterstütze die Initiative schon jetzt aktiv. Bisher kommen Cloud-Ressourcen ausschließlich im Verwaltungsbereich der Charité zum Einsatz.
Kurt Kruber, Klinikum der Universität München
Seit Dezember 2012 verantwortet Kurt Kruber am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Medizintechnik und Informationstechnik. Beide Ressorts sollen unter der Führung des 49-Jährigen näher zusammenrücken, wie sich auch an der Agenda des IT-Chefs zeigt: Eines seiner Projekte ist das Zusammenführen der Mitarbeiter aus diesen Bereichen.
Bernd Christoph Meisheit, Sana Kliniken
Bernd Christoph Meisheit ist seit August 2009 Geschäftsführer bei der IT-Tochter der Sana Kliniken. Meisheit stieß damals zu Gerald Götz, der die Sana IT Services bereits zwölf Jahre lang leitete, und formte mit ihm eine Doppelspitze. Seit Götz Sana im Herbst 2010 verlassen hat, leitet Meisheit die IT des Klinikbetreibers allein. Meisheit war zuvor IT-Verantwortlicher des Klinikverbandes St. Antonius und Geschäftsführer der Gesellschaft für Information und Technologie im Gesundheitswesen in Wuppertal. In den Jahren 2000 bis 2008 war er CIO der MTG Malteser Trägergesellschaft und Mitglied des Kooperationsrates der Deutsche Malteser GmbH. In dieser Funktion wurde er 2007 von unserer Schwesterpublikation Computerwoche für ein Rechenzentrumsprojekt zum Anwender des Jahres in der Kategorie IT-Performance gekürt. Von 1992 bis 1997 war er Leiter der Abteilung IT und Organisation und ab 1998 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Finanzen, Unternehmensrechnung und Informationssysteme der Flughafen Köln/Bonn GmbH. Meisheit hat in Köln die Fächer Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung studiert.

Hartmann hat für solche Szenarien in Spanien eine "SensorBox" entwickelt, in der Krankenhäuser medizinische Produkte aufbewahren. Werden Artikel entnommen, bestellt das System ab einem bestimmten Wert automatisch nach. Ähnlich dem viel zitierten Kühlschrank, der via Internet-Anschluss selbständig die ausgegangene Milch nachbestellt, hat Hartmann damit eine intelligente Inventarisierungs­lösung für seine Produkte geschaffen, die den Bestellprozess automatisiert und hilft, Kosten zu sparen.

Die Unternehmens- und IT-Fakten der Paul Hartmann AG
Foto: cio.de

Wie sich etablierte Produkte mit Software aufwerten lassen, zeigt sich auch im Bereich der Desinfektions­mittel. Durch Infektionen entstehen Krankenhäusern enorme Kosten, berichtet Omerhodzic. Vor diesem Hintergrund entwickelt Hartmann eine KI-basierte Software zur Früherkennung und Prävention von Infektionen. Das System wertet unterschiedliche patientenrelevante Daten aus und ist in der Lage, Infektionen in einem frühen Stadium zu identifizieren.

Selbst für Commodity-Produkte wie Windeln ar­beitet der Hersteller an einer digitalen Ergänzung: Im Pflegealltag muss das Personal in der Regel alle zwei Stunden prüfen, ob eine Windel gewechselt werden muss. Das ging bislang nur manuell. Eine mögliche Lösung ist ein Sensor in der Windel. Omerhodzic: "Unser Produkt wird damit digital."

Welche Rolle die IT-Organisation in diesem Veränderungsprozess spielt, erläutert der CIO anhand des Reife­gradmodells von Gartner. Von einem reinen "ServiceProvider" (Reifegrad 1) soll sich die Hartmann-IT bis 2022 zu einem "Technology Innovator" (Reifegrad 4) weiterentwickeln: "Die IT stellt künftig die Technolo­gien bereit, um gemeinsam mit dem Business Wettbewerbsvorteile zu generieren und neue Geschäftsmodelle zu generieren".

Dass diese Entwicklung nicht von heute auf morgen zu schaffen ist, räumt der Manager ein. Schon 2017 startete er das Transformationsprogramm "Accelerate 2022", das sich auf die zwei Dimensionen "Operational Excellence" und "Digital Excellence" konzentriert. Im ersten Teil geht es vor allem darum, Ressourcen für digitale Projekte freizuschaufeln. Omerhodzic setzt dabei stark auf Cloud Computing und hat etliche Business-Anwendungen in die Cloud verlagert.

"Wir haben uns für eine hybride Strategie entschieden", erklärt er die Hintergründe. "Ziel ist es, alle Applikationen, die Standardgeschäftsprozesse abbilden, in der Cloud zu betreiben." Eine Ausnahme bildeten nur Anwendungen, die einem regulatorischen Einfluss unterliegen. In einem groß angelegten Infrastruktur­projekt hat die Hartmann Gruppe bereits 30 Rechenzentren aufgegeben und die Workloads in einem vom Dienstleister Axians IT Solutions gehosteten Data Center konsolidiert.

Kostenvorteile durch Konsolidierung

Erhebliche Kosteneffekte erhofft sich der CIO auch durch eine Harmonisierung und Konsolidierung der komplexen IT-Landschaft, in der zu Beginn des Transformationsprogramms rund 2.000 verschiedene Systeme arbeiteten. Ähnliches gilt für die IT-Organisation, die aus 14 verteilten Einheiten bestand. Im Rahmen der Initiative "OneIT" hat Hartmann diese zu einer globalen Einheit zusammengeführt.

Digitale Produkte: Die Hartmann Gruppe entwickelt eine KI-basierte Software zur Früherkennung und Prävention von Infektionen in Krankenhäusern.
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Erfolgskritisch auf dem Weg der digitalen Transformation sind für Omerhodzic zwei neue Rollen, die er innerhalb der IT etabliert hat. Zum einen soll ein "Technology Leader Market" künftig Vertriebskollegen zum Kunden begleiten, Probleme identifizieren und technische Lösungen vorschlagen. Daneben gibt es den "Technology Leader Scout", der sich darauf konzentriert, technische Trends im Markt zu identifizieren und zu bewerten.

Wo die Reise hingeht, zeigt die Digital Hartmann Healthcare Platform (DHHP). Sie soll künftig sämtliche Services für Kunden digital zusammenfassen. Zu den Kunden gehören neben Krankenhäusern und Pflegeheimen auch Apotheken und Patienten. Technisch basiert die Cloud-gestützte Plattform auf Microsoft Azure. Erste Apps auf DHHP hat Hartmann im November live gestellt, weitere sollen 2020 folgen.

Investiert hat Omerhodzic auch in das Thema Secu­rity. Die Position des Chief Security Officer wurde mit zusätzlichem Personal verstärkt. Mit einem neu konzipierten Security Framework will Hartmann zudem die immer noch fragmentierte Applikations- und Infrastrukturlandschaft schützen. Dabei kommen auch externe Dienstleister zum Einsatz, die testweise Angriffe gegen die Architektur fahren.

Auf der Agenda des CIO steht zudem die anspruchsvolle Aufgabe, die IT vom Kostenblock zu einem Profit- Center weiterzuentwickeln. Omerhodzic: "Wir brauchen dazu unter anderem geeignete Charging-Systeme." Zu berücksichtigen seien nicht nur Kosten, sondern auch die Umsatzeffekte von IT-Initiativen.

Good IT versus Bad IT?

Eine IT der zwei Geschwindigkeiten, wie sie Gartner einst mit dem Konzept der Bimodal IT beschrieben hat, hält Omerhodzic für den falschen Weg: "Eine Trennung in Good IT und Bad IT ist kontraproduktiv und führt nur zu internen Konkurrenzkämpfen."

Am Ende müssten alle IT-Mitarbeiter die zwei grundlegenden Methoden zum Umsetzen von IT-Projekten beherrschen: konservativ, etwa nach dem Wasserfallmodell, oder progressiv mit Hilfe agiler Methoden. Entschieden werde dabei stets projektspezifisch: "Ist ein Projekt klar umrissen, bietet sich womöglich eine klassische Herangehensweise an. Bei neuen Themen mit vielen Unbekannten eignen sich agile Methoden besser." Wichtig sei, dass sämtliche Mitarbeiter sich weiterentwickelten und neue Methoden kennenlernten, ohne die herkömmlichen Arbeitsweisen als minderwertig anzusehen.

Change-Programm für die IT

Last, but not least gehört zum digitalen Umbau auch ein Change-Programm für die IT, das der CIO aufgesetzt hat. "Es geht darum, das richtige Mindset zu kreieren, den Mitarbeitern Tools und Methoden an die Hand zu geben und von Best Practices aus anderen Bereichen zu lernen", beschreibt er die Schwerpunkte. Dafür habe man auch zusätzliche Experten eingestellt.

In einem Unternehmen, das seit 200 Jahren mit starken Marken erfolgreich ist, spiele die Haltung der Mitarbeiter eine besondere Rolle, so Omerhodzic: "Wenn einer um die Ecke kommt und sagt, ab sofort machen wir alles anders, kann das schon zu Spannungen führen." Mitarbeiter von außen könnten helfen, eine neue Kultur ins Unternehmen zu tragen. Um schneller Fachkräfte zu gewinnen, plant Hartmann unter anderem Digital Hubs an internationalen Standorten, beispielsweise in Spanien und Tschechien.