Blockchain, Cloud, Container

Die 4 Quellen digitaler Schockwellen

27.03.2017 von Werner Kurzlechner
Die Folgen der Digitalisierung werden 2020 überall in der Geschäftswelt angekommen sein, sagt Atos voraus. Neue Arbeitsweisen, Geschäftsmodelle, Technologien und Herausforderungen bestimmen die digitale Transformation.
  • Schutz vor Quantencomputern bald gängig
  • Containerisierung ermöglicht Workload-Flexibilität in der Cloud
  • Bald plattformunabhängige Instrumentierung für Windows, Linux, x86 und ARM
  • Blockchain kann in der digitalen Welt Vertrauen schaffen
  • Anwender sollten auf gemeinsame Datenplattformen vorbereitet sein
Ein richtiger Strudel: Die Grafik zeigt, woher im Atos-Modell die Disruptionen kommen.
Foto: Atos

Die digitale Revolution ist in vollem Gange und disruptiv. Sie wirbelt irgendwie alles durcheinander. Bestreiten wird das kaum jemand - und doch wird manch einer einwenden, dass das so nach einer nichtssagenden Binse klingt. Die man außerdem häufiger hört, geradezu in Dauerschleife sozusagen. Vorstellungen von digitalen Erschütterungen hat gewissermaßen jeder. Aber so bleibt unspezifisch, was genau eigentlich gemeint ist.

So gesehen benötigt das Thema, das so sehr umtreibt, dringend der Konkretisierung und Systematisierung. Eine neue Studie von Atos mit dem Titel "Journey 2020. Digital Shockwaves in Business" liefert genau das in hohem Maße. Die Autoren haben ein Modell entwickelt, dass in exakt vier Dimensionen umreißt, welche Trends im Zusammenspiel die digitale Revolution ausmachen.

Wettbewerb wird in allen Branchen intensiver

"Journey 2020" heißt die Studie deshalb, weil nach Einschätzung von Atos 2020 die Folgen der Digitalisierung überall in der Geschäftswelt angekommen sein werden. Schon lange schreitet diese ja im B2C-Bereich voran, während im B2B-Bereich sich immer noch viele Unternehmen gar nicht oder nur peripher tangiert fühlen. Damit ist also in drei Jahren Schluss, prognostizieren die Autoren.

Den Schlüssel für deren Herangehensweise an das Thema liefert ebenfalls bereits im Studientitel die Formulierung "Digital Shockwaves". Atos-CEO Thierry Breton greift das Bild in seinem Vorwort auf. Man stelle sich Kräuseln auf der Oberfläche eines Teiches vor. Gespeist werde diese sichtbare Bewegung aus unterschiedlichen Quellen. Aber die Wellen interagieren miteinander auf komplexe Art und Weise. "Die geschäftlichen und sozialen Auswirkungen dieser Schockwellen werden den Wettbewerb in allen Branchen intensivieren, neue Skills der Mitarbeiter erfordern und oft zu Entlassungen führen", führt Breton aus.

Die vier Quellen digitaler Disruptionen

Die digitalen Disruptionen speisen sich im Atos-Modell aus vier Quellen: Arbeitsweisen (wie Menschen auf gänzlich neue Weise mit anderen Menschen, Maschinen und virtuellen Wesen zusammenarbeiten), Geschäftsmodelle (neue Märkte, Geschäftsmodelle und Gewinnströme), disruptive Technologien und entstehende Herausforderungen (Themen wie Sicherheit, die einer radikalen Neuausrichtung bedürfen).

Diese vier Disruptionsquellen wirken sich allesamt - im Zusammenspiel und keineswegs nur mit erfreulichen Folgen - auf die fünf Bereiche Globalisierung, Demografie, Vertrauen, Automatisierung und wirtschaftliche Nachhaltigkeit aus. Atos benennt für jede der vier Quellen die konkreten Phänomene, die damit verbunden sind und gibt der Zielgruppe - Entscheider verschiedener Couleur - insgesamt zwölf Empfehlungen zum Zurechtfinden in der neuen digitalen Welt.

Disruptionsquellen und Entwicklungen

So sieht in aller Kürze das hochgradig systematische Design der Studie aus. CIOs, die allgemeine Analysen über die neue Datenwelt oder die Automatisierung nicht mehr lesen, finden beispielsweise im Kapitel zu den disruptiven Technologien erfrischende Lektüreabwechslung: Themen, die die IT direkt betreffen und in vielen anderen Studien nicht diskutiert werden. Den Disruptionsquellen sind folgende Entwicklungen zugeordnet:

A. Geschäftsmodelle

B. Arbeitsweisen

C. Disruptive Technologien

D. Neue Herausforderungen

Auf jeden dieser Punkte geht die Studie ausführlich ein. Mancherlei erklärt sich von selbst - zum Beispiel, dass sich durch Digitalisierung zusätzliche Datenschutzfragen stellen. Anderes tönt neu und bedarf einiger Erläuterungen. Mit "Quantum Safe Cryptography" etwa ist Sicherheit gegenüber Angriffen gemeint, die von Quantencomputern ausgehen.

Im Umfeld von Cloud Computing und Internet der Dinge ist die Nutzung von Public Encryption-Technologien üblich. "Dieser Schutz kann aber irgendwann durch Algorithmen, die auf Quantencomputern laufen, ausgehebelt werden", heißt es in der Studie.

IT-Infrastruktur muss bald "quantum safe" sein

Momentan ist das auch in den Ohren der Autoren zwar noch Zukunftsmusik - aber nur solange, bis kommerzielle Quantenrechner auf dem Markt seien. "Quantencomputing und -kryptografie zu verstehen und anzunehmen, kann Firmen erfolgreich auf Cybersecurity-Bedrohungen der Zukunft vorbereiten und ihnen außerdem dabei helfen, die eigenen Zukunftschancen durch Quantenrechner auszuloten", so die Autoren. Recht rasch davon betroffen werden laut Atos Unternehmen sein, die mit sensiblen Daten handeln. Bei einer Überprüfung ihrer IT-Infrastruktur und ihrer Sicherheitsprozesse werden sie zu gewährleisten haben, "quantum safe" zu sein.

Dieses neue Prinzip des Sicherheitsdesigns wird nach Ansicht der Autoren in absehbarer Zeit generell gelten. Technologisch gebe es bereits zwei Lösungskonzepte: Post-Quantum Encryption (PQE) und Quantum Key Distribution (QKD).

Eine Hybride Welt

Auf Basis dieser beiden Konzepte wird es, so die Atos-Prognose, erst einmal eine hybride Welt in den Unternehmen geben: einen Bereich mit traditionellen Security-Systemen und daneben einen Hochsicherheitstrakt, der robust gegenüber der Quantentechnologie ist. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind indes groß, weil es an unter anderem an Fachleuten, Standardisierung und Best Practices mangelt.

Cloud und Container sind noch noch so weit

Das Stichwort "Cloud & Containerization" bezieht sich ebenfalls auf ein Feld, das die meisten Unternehmen erst in nicht unmittelbarer Zukunft betreten werden. Voraussetzung dafür sind laut Atos mehrere technologische Etappen, die sich bis 2020 jedoch zu einer das Geschäft verändernden Entwicklung zusammengesetzt haben dürften. Worum geht es dabei?

Containerisierung bietet nach Einschätzung der Analysten die Möglichkeit, bisher ungelöste Probleme in der Cloud in den Griff zu bekommen: den Umgang mit Unterschieden bei IaaS und PaaS; den Transport von Workloads über mehrere Cloud - als Ausweg aus dem gefühlten Gefängnis des einen Cloud-Providers; das Streben nach einem leichten und zugleich effizienten, konsistenten und wiederholbaren Einsatz von Cloud-Anwendungen. Virtualisierte Cloud-Plattformen genügen nach Atos-Ansicht herausfordernden Business-Belangen bisher nicht.

"Containerisierung in der Cloud erhöht die Transportierbarkeit, Effizienz und Agilität von Applikationen über multiple Umwelten/Clouds hinweg mit reibungslosem Betriebsmanagement", führen die Studienautoren aus. "Mit anderen Worten: Apps werden unabhängig von der Plattform in exakt der gleichen Weise eingesetzt und gemanagt."

Plattformübergreifende Instrumentierung und Automatisierung

Mit den digitalen Disruptionen habe das eine Menge zu tun, so Atos. Derzeitige funktionale Lücken können geschlossen werden, Zusammenhänge gibt es mit mehreren Innovationen und Entwicklungen, die für die kommenden fünf bis zehn Jahre bevor stehen dürften. Ein Beispiel dafür ist plattformübergreifende Instrumentierung und Automatisierung - ein Schlüssel für Einsatzszenarien, in den Windows, Linux, x86 und ARM in einer einzigen Umgebung gemischt werden.

Trusted Computing

Als anderes Beispiel nennt die Studie Trusted Computing: Features, die Vertrauens- und Sicherheitsfragen gewissermaßen ablösen, wenn Workloads zwischen Service-Providern und Orten verschoben werden. Ein bekannt anmutendes Etikett dafür gibt es auch schon: "Bring Your Own Trust" als Vorstellungsmarke für wirklich transportable Apps.

Diese Übersicht zeigt, welche Anwendungsfelder für Blockchain Atos sieht.
Foto: Atos

Kryptowährungen und Blockchain

Der Vertrauensaspekt ist ebenfalls entscheidend für eine weitere Entwicklung, die Atos in seinem Vierquellenmodell auflistet: Kryptowährungen und Blockchain. Blockchain wurde bekannt als der Kryptowährung Bitcoin zu Grunde liegendes Protokoll. Definieren lässt es sich als öffentliches Register von Transaktionsblöcken, die im Rahmen eines abgestimmten Protokolls geprüft werden können. In der noch nicht geregelten digitalen Welt eine Krücke zur Vertrauensbildung mit Wert weit über den Bitcoin-Kosmos hinaus.

"Daten sind die neue Währung", schreiben die Studienautoren. "Wir benötigen Mittel, die ihren Wert auch in verteilten und im Kern nicht vertrauten Ökosystemen sichern." Gefragt sei etwa ein Mittel zur Etablierung smarter Verträge, die Transaktionen validieren.

Konkret kann nach Meinung der Autoren Blockchain in der Industrie weiterhelfen, indem Lieferkettentransaktionen authentifiziert werden. In der Medienbranche gilt das für das Management von digitalen Rechten. Und auch in Transaktionsumwelten im Internet der Dinge wird Vertrauensbildung nötig sein.

12 Tipps von Atos

Neben der Darstellung disruptiver Entwicklungen gibt Atos den Entscheidern ein Dutzend Tipps, wie sie auf den digitalen Schockwellen reiten können anstatt darin unterzugehen:

1. Den Akzent auf situatives Bewusstsein legen - und erst darauf eine Strategie aufbauen

2. Alle geschäftlichen Aspekte vereinfachen

3. Vorbereitet sein auf gemeinsame Industriedaten-Plattformen

4. Die Granularität von Prozessen und Transaktionen erhöhen

5. Die Automatisierung maximieren

6. Neues transformatives Führen ermöglichen

7. Interne Silos aufbrechen

8. Auch als B2B-Unternehmen den Kunden ins Zentrum rücken

9. Bedenken, dass Multi-Speed IT keine immer passende Zauberformel ist

10. Ein Gegengewicht zu den digitalen Giganten herstellen

11. Abwägen zwischen disruptiver und schrittweiser Innovation

12. In Sammlung, Betreuung und Analyse von Daten investieren