Stoßrichtung Social Media

Die 5 neuen Cloud-Modelle von Salesforce

01.10.2012 von Hartmut  Wiehr
Das bisherige Cloud-Modell für CRM und interne Collaboration (Chatter) wird ausgedehnt: Vor allem Marketing, Vertrieb und Personalführung wandern in die Wolke.

Kundenveranstaltungen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Fachvorträge und Networking mit Kollegen und Fachleuten werden zunehmend durch viel Marketinggetöse und jede Menge Keynotes ohne viel Inhalt in den Hintergrund gedrängt. Diesen Eindruck konnte man zumindest auf der "Dreamforce“ gewinnen, die der Cloud- und CRM-Anbieter Salesforce.com im September in San Francisco veranstaltete.

Marc Benioff, CEO von Salesforce, liebt die großen Auftritte: Er propagiert die "social revolution" für die Unternehmen und meint größere Marktanteile für seine Firma.
Foto: Salesforce

So ließ es sich Salesforce-CEO Marc Benioff, einer der Gründer des vor elf Jahren gestarteten Unternehmens mit heute über 6000 Mitarbeitern, nicht nehmen, am ersten Konferenztag eine drei Stunden dauernde Keynote zu halten. Die Ankündigung neuer Produkte wurde immer wieder dadurch unterbrochen, dass Talkmaster und Evangelist Benioff prominente Kunden zu sich auf die Bühne bat, die ihre vollste Zufriedenheit mit der Company zur Schau stellen durften.

Auch die immer wieder betonte Zahl von über 90.000 registrierten Besuchern sollte beweisen, dass man längst kein kleiner CRM-Anbieter mehr sei und sogar Oracle übertrumpfe. Außerdem verfüge man inzwischen über große Kunden wie Burberry, Rossignol, Coca Cola, General Electric oder die Virgin Group. Alle – so die Botschaft – setzen auf das "von Salesforce erfundene Cloud-Modell“. Und die Daten liegen zentral auf den Servern des Herstellers und nicht mehr in einem Rechenzentrum des jeweiligen Unternehmens.

Stoßrichtung Social Media

Dieses Modell wird nun kräftig erweitert. Gab es bisher hauptsächlich nur Customer Relationship Management (CRM), die Entwicklungsplattform Force und Chatter, eine Collaboration-Anwendung für Unternehmen, so präsentierte Salesforce in San Francisco weitere Cloud-Angebote. Ihre gemeinsame Stoßrichtung ist analog zu den erfolgreichen "Social Media“ zu sehen: Unternehmen sollen sich die Vorteile von "social“, wie sie in der Consumer-Welt vorherrschen, zu Nutze machen.

Der Vorteil für die Kunden: "Mit diesen Technologien können Unternehmen – wie in den sozialen Netzwerken – auf eine zeitgemäße Art und Weise Vertrieb, Service, Marketing, Collaboration, Arbeitsabläufe und Innovationsprozesse gestalten und sich damit fit für die Social Revolution machen.“

Die Neuerungen im Überblick

Auf der Dreamforce von Salesforce in San Francisco lauschten bis zu 30.000 Zuhörer den Keynotes von CEO Marc Benioff.
Foto: Salesforce

1. Marketing Cloud: Für diese Lösung hatte Salesforce die beiden Startups Buddy Media und Radian6 eingekauft. Die integrierten Programme sollen "Social Listening, Inhalte, Kundenbeziehungen, Werbung, Arbeitsabläufe, Automatisierung und Reporting“ zusammenführen. Brand-Managern stehe nun eine "felderprobte Suite“ zur Verfügung, "in der sämtliche Marketing-Aktivitäten für das vernetzte Zeitalter verwaltet werden können und auf alle gemeinsamen Assets zentral zugegriffen werden kann“.

2. Work.com: Diese "Performance Management Plattform mit Social-Technologie“ will sich um das Verhältnis von Unternehmen und Mitarbeitern kümmern. Es gehe um die Art und Weise, wie Unternehmen Ziele einbinden, Mitarbeiter mit Anerkennungen und Boni in Echtzeit motivieren und ihre Leistungsbereitschaft erhöhen können. Dazu sollen ein kontinuierliches Feedback und "aussagekräftige Leistungsbewertungen“ beitragen. Mittels einer Partnerschaft mit Amazon.com können Unternehmen ihre Mitarbeiter unmittelbar aus der Applikation Work.com heraus "belohnen und motivieren“ – ihnen also kleine Präsente zukommen lassen.

Touch und Chatterbox

3. Touch: Dieses Tool ist in allen Salesforce Editions enthalten und soll den Vertrieb auf das "soziale Zeitalter“ ausrichten. Durch die Einbindung von mobilen Geräten könne der Vertrieb in die Lage versetzt werden, bei Abschlüssen "jederzeit und überall“ zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel sind Vertragsunterschriften direkt auf einer mobilen Applikation möglich. Touch ist laut Salesforce ab sofort für das iPad verfügbar. Versionen für iPhone und Android sind für die erste Hälfte des Jahres 2013 angekündigt.

4. Chatterbox: Chatter ist ein Lieblingsprodukt von Salesforce und soll in der Lage sein, firmenintern die Kommunikation zwischen Mitarbeitern effizienter zu gestalten. Statt langwieriger Telefonate, Sitzungen oder aufwändigem E-Mail-Verkehr soll es mit dieser Software eine gestraffte, übersichtliche Kommunikation geben. Das Zusatztool Chatterbox bietet in diesem Zusammenhang Filesharing an, eine Art Dropbox für Unternehmen.

5. Salesforce Platform: Unternehmen sollen in die Lage versetzt werden, selbständig "vernetzte und mobile“ Cloud-Anwendungen zu entwickeln. Zu der bereits bestehenden Entwicklungsplattform werden AppExchange, "Salesforce Identity“ und die "Touch-Platform“ hinzugefügt. Identity soll "dem Unternehmen eine Facebook-artige Identität verleihen“, über die alle Cloud-Apps zentral verwaltet und genutzt werden können. Und mit AppExchange und Touch lassen sich mobile Apps programmieren.

CEO Benioff sieht Social Revolution

Rückseite einer Bühne für Rock-Bands auf der Dreamforce in San Francisco: CEO Benioff ist überall auf der Show präsent.

CEO Benioff sieht "weltweit eine Social Revolution im Gange“. Mehr als 4,5 Milliarden Menschen nutzten bereits soziale Netzwerke und führten "jeden Tag auf Facebook, Twitter oder LinkedIn mehr als 150 Millionen Gespräche“. Salesforce will sich an die Spitze dieser "Revolution“ setzen und sie in die Welt der Unternehmen hineintragen. Benioff beruft sich auf Studien von IDC, McKinsey und IBM, nach denen bereits sehr viele Unternehmen in soziale Netzwerke investiert hätten.

Den angestrebten höheren Marktanteil auf diesen Gebieten kann Salesforce insofern glaubwürdig legitimieren, als man ja schon länger über Virtualisierungs- und Cloud-Expertise verfügt. Kunden und Interessenten sollten jedoch überprüfen, inwieweit der Hersteller auch feinstufige und zeitlich begrenzte Cloud-Lizenzen für seine neuen Software-Pakete vergeben wird, wie es allgemein bei Cloud-Services üblich ist.

In Japan hat Salesforce bereits für den dortigen Markt ein Rechenzentrum für die Ablage der Kundendaten eröffnet. Gerüchteweise soll das auch für den deutschen Markt geplant sein. Cloud-skeptische Unternehmen, die ihre Daten nicht auf Servern in den USA sehen wollen, hätten dann ein Argument weniger.