Kaum Interesse an Big Data

Die IT-Kennzahlen der Versicherungen

06.03.2017 von Werner Kurzlechner
Versicherungen wollen vordringlich Kosten senken und Produktivität steigern. Big Data und Cloud spielen kaum eine Rolle, wie eine umfassende Studie des GDV zeigt.
  • IT-Ausgaben steigen seit Jahren stetig
  • Kommunikationskanäle sind besonders wichtig für die Branche
  • InsureTechs sind bislang noch keine Impulsgeber
  • Kostensenkung gewann zuletzt an Bedeutung
  • Prognostizierter Stellenabbau in der IT bleibt bislang aus
So entwickelten sich die IT-Ausgaben der Versicherungsbranche in den vergangenen Jahren.
Foto: GDV

Die Versicherungsbranche investiert kräftig in ihre IT und in die Digitalisierung. Das geht aus der sehr umfassenden Studie "IT-Kennzahlen 2014-2016" des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass keineswegs alle digitalen Technologien für die Unternehmen relevant sind. Das gilt beispielsweise für Themen wie Big Data und Cloud Computing.

IT-Ausgaben bei insgesamt 4,41 Milliarden

In 2015 - darauf beziehen sich die aktuellsten Daten der Ende 2016 veröffentlichten Studie - stiegen die Investitionen der Branche in die IT in jedem Fall deutlich stärker als der Gesamtjahresumsatz. Dieser wuchs lediglich um 0,6 Prozent, während die IT-Ausgaben um rund 3,8 Prozent auf 4,41 Milliarden Euro zulegten. Seit 2011, als dieser Wert noch bei 3,77 Milliarden Euro lag, gab es laut GDV jedes Jahr einen Anstieg.

"Der Anstieg der Investitionen unterstreicht den hohen Stellenwert, den die Digitalisierung für die Unternehmen hat", sagt Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Geschäftsführung. "Die Versicherer reagieren auf die gewachsenen Ansprüche der Kunden, die immer mehr digitale Angebote erwarten." Neben zusätzlichen Kommunikationskanälen stünden Investitionen in Datensicherheit und neue Technologien im Vordergrund.

Neue Kommunikationskanäle schaffen

In der Studie werden die einzelnen Aspekte der Digitalisierung noch stärker ausgelotet. Als reif, relevant und deshalb weitgehen umgesetzt darf in der Tat die Schaffung von Kommunikationskanälen im Zusammenspiel mit Kriterien wie Datenschutz, Datensicherheit und Compliance gelten. "Ebenfalls in vollem Gange sind im Bereich der Effizienz die Bemühungen zur Kostenoptimierung und Steigerung der Produktivität durch Prozessstandardisierung und Modernisierung der IT-Organisation", heißt es in der Studie.

Die Top-CIOs der Versicherungsbranche
INTER Versicherungsgruppe
Roberto Svenda ist seit 1. Juli 2023 Vorstandssprecher der INTER Versicherungsgruppe und zuständig für das IT-Ressort.
AachenMünchener
Seit Juni 2014 verantwortet Helmut Gaul die Ressorts Betrieb und IT im Vorstand der AachenMünchener. Er kennt das Haus: schon 1984, kurz nach Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums an der Fachhochschule Köln, kam er zu der Aachener Versicherung. Dazwischen lag lediglich ein Jahr im Außendienst der Colonia Versicherung.
Talanx
Jens Warkentin ist seit Januar 2023 Talanx-CIO. Der Talanx-Finanzvorstand übernahm die Aufgaben von Christopher Lohmann.
ERGO Deutschland
Mario Krause ist seit Anfang 2019 CIO der deutschen IT-Einheiten von ERGO und Vorsitzender der Geschäftsführung der ERGO-IT-Tochter Itergo. Er war zuvor im Vorstand des Versicherungskonzerns Talanx AG in Hannover für IT zuständig und zugleich Vorstandsvorsitzender des IT-Dienstleisters Talanx Systeme.
Helvetia Deutschland
Seit August 2020 ist Andrea Sturmfels als CIO für das Ressort Informatik von Helvetia Deutschland verantwortlich.
ERGO Global
Tomasz Smaczny ist seit Anfang 2019 Vorstandsvorsitzender der Ergo Technology & Services Management und Global CIO für die gesamte IT bei Ergo. Smaczny ist zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der IT-Tochter Itergo.
Allianz SE
Seit 1. November 2023 hat der Versicherungskonzern Allianz mit Olav Spiegel einen neuen Group Chief Information Officer an Bord. Er folgt auf Ralf Schneider.
AXA Deutschland
Der neue IT-Chef der AXA Deutschland kommt aus den eigenen Reihen. Achim Dahlbokum agiert ab September 2023 als CIO des Versicherers. Der bisherige CIO der AXA Versicherung in Deutschland, Stefan Lemke, verlässt das Unternehmen zum 31. August 2023.
Wüstenrot & Württembergische
Seit Juli 2012 ist Jens Wieland IT-Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG. Gleichzeitig gehört er der Geschäftsführung der W&W Informatik GmbH an, der IT-Tochter der Versicherungsgruppe. Zuvor war Wieland fünf Jahre lang im Vorstand der AXA für das IT-Ressort zuständig.
Zurich Gruppe Deutschland
Seit Januar 2021 ist Jens Becker Head of IT der Zurich Gruppe Deutschland. Er folgte auf Dorothée Appel.
Signal Iduna
Stefan Lemke, CIO von Axa Deutschland, wechselt zum 1. Januar 2024 als IT-Vorstand zur Signal Iduna Gruppe
Debeka
Die Debeka hat eine neue IT-Vorständin. Laura Müller steigt intern auf und folgt auf Roland Weber, der das Unternehmen verlässt.
Alte Leipziger
Seit Januar 2018 ist Udo Wilcsek stellvertretendes Vorstandsmitglied im Alte Leipziger – Hallesche Konzern und für die IT zuständig. Davor war er – seit 2014 – Leiter des konzernweiten Zentralbereichs Betriebsorganisation.
VHV Versicherung
Seit Januar 2022 ist Arndt Bickhoff Generalbevollmächtigter für den Bereich IT bei der VHV Holding.
Sparkassen Versicherung
Der promovierte Mathematiker Thorsten Wittmann übernahm im Januar 2016 die Leitung des Ressorts Leben und IT der SV Sparkassen Versicherung (SV). Dazu gehört auch die IT-Tochter SV Informatik.
Hannover Rück
Jürgen Stoffel ist seit Januar 2013 Managing Director IT/ Group CIO der Hannover Rück SE. Der Diplom-Mathematiker Stoffel war vor seinem Wechsel zur Hannover Rück fünf Monate lang Associate Partner bei IBM IT Management Consulting, arbeitete zwei Jahre lang als Head of Consulting & Projects bei ITERGO und war 13 Jahre beim IT-Beratungsunternehmen Comma Soft AG unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung.
Generali Deutschland
Rainer Sommer übernahm im Mai 2015 als Vorstand der Generali Deutschland Holding die Aufgaben als COO und CIO. Außerdem wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Tochter Generali Deutschland Informatik Services GmbH.
HUK-Coburg
Daniel Thomas hat seit 2016 die Aufgaben Betriebsorganisation und IT von Jörn Sandig übernommen, der Ende 2015 nach Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand ging.
Swiss Life Deutschland
Beim Versicherungsunternehmen Swiss Life Deutschland hat Tobias Herwig zum 1. März 2023 die Position des Chief Technology Officer übernommen.
VPV Versicherungen
Jürgen Reinsch ist seit Juli 2010 CIO der VPV Versicherungen in Stuttgart. Seit Januar 2018 ist er CDO und CIO. Vor seinem Wechsel zu VPV war Reinsch zwölf Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der W&W Gruppe. Davor arbeitete er in zwei Systemhäusern und als freiberuflicher Berater.
Gothaer
Seit Juni 2016 ist Burkhard Oppenberg Geschäftsführer der Gothaer Systems GmbH, dem IT-Dienstleister im Gothaer Konzern, und CIO des Gothaer Konzerns. Er trat die Nachfolge von Volkmar Weckesser an.
R+V Holding
Mitte Juni 2018 ist Tillmann Lukosch in den R+V-Holdingvorstand berufen worden. Er übernahm die Verantwortung für das Zentralressort Informationssysteme sowie für die digitale Transformation. Lukosch ist Nachfolger von Peter Weiler, der in den Ruhestand ging.
Munich Re
Robin Johnson übernahm im April 2017 in Nachfolge von Rainer Janßen die Leitung des Zentralbereichs Information Technology bei der Munich Re. Johnson war vor seinem Wechsel zu Maersk von 2008 bis 2012 Global CIO beim US-Computerhersteller Dell.
LVM
Marcus Loskant ist seit dem 1. Juli 2019 Mitglied des Vorstands der LVM Versicherung und verantwortlich für das IT Ressort. Dieses beinhaltet die Vorstandsmandate der LVM a.G., LVM Kranken, LVM Leben und LVM Pension - also aller LVM Versicherungen. Zuvor war er Generalbevollmächtiger für das IT-Ressort der LVM Versicherung.
Baloise Group
Der promovierte Umweltwissenschaftler Alexander Bockelmann ist seit Februar 2019 Chief IT Officer (CTO) der Schweizer Baloise Group in Basel. Bockelmann kam von der österreichischen Versicherung Uniqua. Nach beruflichen Stationen bei der Boston Consulting Group und bei Versicherungsunternehmen in Deutschland und den USA wurde er 2013 Head of Group IT bei Uniqua. Seit Mitte 2016 war er dort Chief Digital Officer.
Provinzial Rheinland
Patric Fedlmeier ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns Provinzial Rheinland. Er ist seit 2009 im Vorstand, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender für die Ressorts Vertrieb und IT zuständig. Diese Aufgaben behält er.
Mobiliar
Thomas Kühne ist seit Januar 2019 Leiter IT und Mitglied der Geschäftsleitung beim Allversicherer Mobiliar in Bern in der Schweiz. Er war davor IT-Leiter bei Zurich Deutschland. Der Informatiker hatte diese Aufgabe im Dezember 2017 übernommen. Zuvor verantwortete er seit 2016 als Bereichsleiter Enterprise Transformation and Services bei der Zurich Gruppe Deutschland alle Shared Services sowie Betriebsorganisation, Real Estate, Einkauf und das Druckzentrum. Seit 2017 war er zugleich auch COO des Direktversicherers der Gruppe DA Direkt.
Viridium
Martin Setzer ist seit April 2018 CIO und Mitglied des Vorstands der Viridium Gruppe. Setzer war davor bis Mitte 2017 Mitglied des Vorstands und COO der Landesbank Baden-Württemberg. Im Anschluss beriet er Unternehmen im Bereich der Digitalen Transformation und übernahm Mandate in Start-ups der Finanzindustrie (Fintechs).
HDI Global SE
Die IT und den Bereich Operations im Vorstand der HDI Global SE führt seit Juli 2018 Thomas Kuhnt. Kuhnt kam von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
HDI Lebensversicherungs AG
Zum 1. März 2021 wechselte Dirk Böhme vom IT-Beratungshaus Silbury in den Vorstand der HDI Lebensversicherungs AG. Zugleich wird er Vorstandsmitglied der HDI Systeme AG, dem IT-Dienstleister der Talanx-Gruppe.
Zurich
Seit Frühjahr 2012 verantwortet Claudia Dill als COO (Chief Operation Officer) die IT der Sparte General Insurance beim Schweizer Konzern Zurich. Sie berichtet an Kristof Terryn, den obersten IT-Entscheider des Konzerns.
BayDit AG
Die Versicherungsgruppe die Bayerische bündelt seit Januar 2019 in der "die Bayerische Digital AG" (BayDit AG) ihre digitalen Aktivitäten. Das Unternehmen wird von einer Doppelspitze geführt: Der Vorstand besteht aus Michael Brand (l.) und Thomas Wolf. Michael Brand ist Diplom-Informatiker mit Schwerpunkt Software-Engineering und seit 1990 in der Versicherungs-IT tätig. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Bayerischen IT GmbH. Thomas Wolf, Diplom-Ingenieur Elektrotechnik, war von 2002 bis Oktober 2018 Vorstand der iS2 Intelligent Solution Services AG.
Süddeutsche Krankenversicherung (SDK)
Ralf Oestereich wurde im April 2019 IT-Vorstand der Süddeutsche Krankenversicherung a. G (SDK). Er ist als Vorstand für Informationstechnik für die Bereiche IT-Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb sowie die Betriebsorganisation zuständig.

Dort wird weiter ausgeführt: "Dagegen scheinen die seit mehreren Jahren hochgehandelten Themen Big Data und Cloudifizierung noch nicht recht aus den Startlöchern gekommen zu sein." Diese Zurückhaltung gilt sowohl hinsichtlich der Relevanz als auch hinsichtlich der Reife. Dabei sind die größeren Firmen - wenig überraschend - einen erkennbaren Schritt weiter als kleinere Versicherer.

InsurTechs spielen noch keine Rolle

Während die sogenannten FinTechs als Innovationsbringer im Bankensegment seit geraumer Zeit gehätschelt und abgefeiert werden, tut sich bei ihren Pendants in der Versicherungsbranche offenbar noch recht wenig. "Die InsurTechs werden noch nicht als Impulsgeber für mehr Effizienz in der Wertschöpfungskette oder als Hebel für Wachstum gesehen", kommentieren die Autoren der GDV-Studie. Die weitere Entwicklung sei abzuwarten.

Somit kristallisieren sich drei aktuelle Planungs- und Umsetzungsschwerpunkte heraus, die alle dem Ziel der Effizienzsteigerung dienen: Standardisierung der Geschäftssoftware, Skill-Management für den Einsatz neuer Technologien und Investitionen in die IT-Organisation.

Wie sich die IT-Ausgaben verteilen

1,3 Milliarden Euro der IT-Ausgaben flossen 2015 in internes IT-Personal, 1,2 Milliarden in Hardware und Software. 595 Millionen Euro gaben die Unternehmen für externe Beratung aus. Mit 820 Millionen Euro schlugen Provider- und Outsourcing-Ausgaben zu Buche.

"Für den hohen Anteil von internen Personalkosten sowie externer Beratung ist vor allem die Systementwicklung verantwortlich, die ein großes Gewicht hat", kommentiert der GDV. "Denn um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden, erneuern die Versicherungsunternehmen alte Systeme und arbeiten an neuen Software-Lösungen."

Die Grafik zeigt, welche Schwerpunkte die Unternehmen bei ihren IT-Investitionen für 2016 planten.
Foto: GDV

Ein Beispiel für erzielte Fortschritte ist der gestiegene E-Mail-Verkehr. Der Anteil der elektronischen Post stieg von 28 Prozent in 2014 auf 31 Prozent in 2015. Weitere sechs Prozent der Nachrichten wurden über Kunden- und Vertriebsportale abgeschickt. "Somit erhalten Versicherer schon mehr als ein Drittel ihrer Nachrichten digital", frohlockt der Verband. 87 Prozent der Briefe werden nach dem Eingang gescannt. 2014 lag der Anteil noch bei 79 Prozent.

Inhaltlich entfielen 2015 knapp 27 Prozent der IT-Ausgaben auf sparten- und prozessübergreifende Projekte zum Beispiel aus dem Bereich Workflow, fast 20 Prozent auf IT-interne Prozesse wie etwa die Infrastruktur. "Die für die digitale Transformation notwendigen Anpassungen der IT-Infrastruktur und weitere Optimierung der Geschäftsprozesse könnten hier eine Rolle spielen", merken die Studienautoren an. 17 Prozent der IT-Ausgaben flossen in Außendienst, Vertrieb und Marketing, knapp 13 Prozent in Produktinnovationen respektive -erweiterungen.

13 Prozent der Ausgaben wegen Compliance

Als Ziel der IT-Investitionen wird zu rund einem Drittel die strategische Ausrichtung genannt. Fast ein Viertel der Projekte kreisen indes um die Senkung von Kosten. Hier gab es mit einem Plus von 5 Prozentpunkten einen starken Anstieg gegenüber 2014. Rund 18 Prozent der IT-Ausgaben zielen auf Wachstum und neue Märkte, fast 13 Prozent sind gesetzlichen Anforderungen geschuldet.

"Stellenabbau in der IT ist bislang nicht eingetreten"

Personell baut die hiesige Versicherungs-IT weiterhin auf. Letztmals gab es 2008 in der Branche einen Abbau an IT-Mitarbeitern, 2006 war dieser mit einem Minus von 2,14 Prozent sogar ziemlich stark ausgefallen. 2015 gab es bei einer Zugangsquote von 4,63 Prozent und einer Abgangsquote von 4,08 Prozent einen Saldo von 0,55 Prozent, der im Vergleich der vergangenen fünf Jahre bescheiden ausfällt.

Für 2016 planten die befragten Unternehmen indes mit einem Zuwachs von 1,39 Prozent. "Der hin und wieder erwartete Stellenabbau in der IT ist bislang nicht eingetreten", stellt der Verband fest. Basis der Studie ist eine Befragung der Verbandsmitglieder. Es beteiligten sich rund drei Viertel der 450 Mitgliedsunternehmen.