BARC: BI-Auswahlkriterien der Anwender

Oracle sieht kaum Land

02.05.2012 von Werner Kurzlechner
Oracle tut sich als Anbieter von Business Intelligence (BI) im Mittelstand schwer, während Microsoft auf Augenhöhe mit SAP und IBM liegt. Das geht aus einer BARC-Studie hervor.
Mittelständler arbeiten gerne mit Microsoft-Tools: die verwendeten Anwenderwerkzeuge im Überblick.
Foto: BARC

Mittelständische Firmen haben beim Einsatz von Business Intelligence (BI) in den vergangenen fünf Jahren mächtig aufgeholt. Und sie lassen sich bei der Auswahl von BI-Software nicht vorrangig von einem niedrigen Preis leiten, der nur für 61 Prozent der Befragten ein wichtiges oder gar sehr wichtiges Kriterium ist. Entscheidender sind aus Sicht der mittelständischen Anwender eine kurze Einführungszeit, die Integration von Analyse, Planung und Reporting sowie die Zugriffsmöglichkeit über den Web-Browser. Jeweils mehr als 90 Prozent nennen diese Faktoren in einer Studie des Business Application Research Centers (BARC).

Zum zweiten Mal nach 2007 befragte BARC rund 170 kleine und mittlere Firmen aus der Bundesrepublik. Seinerzeit hatte lediglich die Hälfte der Unternehmen mit weniger als 5000 Mitarbeitern eine BI-Lösung implementiert. Dieser Wert ist seither deutlich auf 83 Prozent gestiegen.

„Mittelständler haben die strategische Bedeutung von Informationen für die Führungsebene erkannt“, kommentieren dies die Studienautoren. „Die Möglichkeiten für zeitnahe Berichterstattung und Datenanalyse bis hin zu dynamischer Planung und Forecasting sichern entscheidende Wettbewerbsvorteile und rechtfertigen den Aufwand für Business-Intelligence-Projekte.“

Oracle, SAS und MicroStrategy tun sich schwer

Vorrangig kaufen die Mittelständler Lösungen der großen und etablierten Anbieter. Neben SAP und IBM gilt dies insbesondere für Microsoft, das in dieser Zielgruppe mit seinen BI-Angeboten deutlich besser abschneidet als bei den Großunternehmen. Umgekehrt tut sich das Schwergewicht Oracle bei den kleineren Kunden deutlich schwerer – wie auch SAS und MicroStrategy.

Dafür wird durchaus auf Produkte des BI-Spezialisten QlikView zurückgegriffen, ebenso auf Lösungen kleinerer und lokaler Anbieter wie Cubeware, Jedox, Board, Corporate Planner, Actuate, Arcplan, Jaspersoft, MIK und Pentaho. Drei Viertel der Befragten sagten, die Bekanntheit des Herstellers sei für sie bei der Produktauswahl unwichtig.

Ranking BI-Einsatz im Alltag

Beim Einsatzzweck der BI-Software führt mit 97 Prozent der Nennungen der Bereich Datenanalyse. 84 Prozent beschäftigen sich mit der Erstellung und Verteilung von Berichten, 58 Prozent mit Planung und Budgetierung und 49 Prozent mit Forecasting und rollierender Planung. Bei der Rangfolge des geplanten zukünftigen Einsatzes führt mit 50 Prozent das Thema Management Dashboards, 46 Prozent nennen Forecasting und 39 Prozent wollen in die Planung investieren.

Die genannten Nutzungsfelder entwickeln sich demnach mittelfristig zum Standard. Demgegenüber spielen Risikoanalyse, Data Mining und Balanced Scorecard nur für die Hälfte bis zwei Drittel der Firmen auf Sicht eine Rolle. Wichtigster Einsatzbereich der BI-Lösungen ist das Controlling, nämlich in 89 Prozent der Unternehmen. Es folgen das Management mit 70 Prozent und der Vertrieb mit 57 Prozent.

Die Zufriedenheit mit den eingesetzten Lösungen schwankt auf einer Schulnotenskala zwischen einer guten 2 und einer befriedigenden 3. Aktualität, Verfügbarkeit und Qualität von Berichten werden tendenziell gut bewertet. Qualität und Integration von Daten, Bedienbarkeit der Software und der Aufwand zur Erstellung von Berichten und Analysen ruft deutlich stärkeren Unmut hervor. 84 Prozent aktualisieren ihre Daten mindestens einmal täglich. Davon tun das aber nur 7 Prozent in Echtzeit. 11 Prozent begnügen sich mit wöchentlicher, 4 Prozent sogar mit monatlicher Aktualisierung.

Predictive Analytics mittlerweile auch ein Thema

Gegenüber neuen BI-Trends erscheinen die Mittelständler inzwischen überraschend offen. So bezieht bereits ein Fünftel unstrukturierte Daten in seine Auswertungen ein. Auch Predictive Analytics ist mittlerweile im Mittelstand ein Thema. Mehr als 30 Prozent der Befragten wollen in den kommenden zwölf Monaten in Vorhersageverfahren investieren. Einen Zugriff über mobile Endgeräte wollen innerhalb des kommenden Jahres insgesamt 56 Prozent ermöglichen. „Dies ist für den kurzen Zeitraum, in dem ausgereifte mobile Lösungen und Endgeräte verfügbar sind, eine sehr schnelle Adaption dieser Option“, kommentiert BARC.

„Als größten Vorteil von Mobile BI wird die bessere Verfügbarkeit von Informationen durch mobilen Zugriff genannt“, führt BARC weiter aus. Dies ermögliche eine schnellere Reaktionsgeschwindigkeit, die ebenfalls immer häufiger aktualisierte Informationen und Kennzahlen bedinge. Interessant sei ferner, dass lediglich 42 Prozent der Befragten durch den Einsatz mobiler Geräte eine verbesserte Kommunikation erleben. „Die relativ geringe Zahl zeigt, dass der vor allem bei größeren Unternehmen wahrnehmbare Trend nach mehr Kollaboration im Mittelstand momentan keine allzu große Rolle spielt“, kommentieren die Analysten. Das mobile Gerät alleine sorge auch nicht automatisch für bessere Zusammenarbeit: „Hier haben viele mittelstandsorientierte BI-Lösungen noch wenig zu bieten.“

Wenig SaaS-Euphorie

Deutlich verhaltener sehen sowohl Einsatz als auch Planung für Business-Intelligence-as-a-Service (BIaaS) aus. „Keiner der Befragten nutzte eine entsprechende Lösung zum Befragungszeitpunkt, aber 15 Prozent der Unternehmen planen einen Einsatz innerhalb von 12 Monaten und weitere 24 Prozent langfristig“, heißt es in der Studie. Im Bereich Business Intelligence herrsche im Vergleich zu anderen SaaS-Segmenten noch Nachholbedarf.

73 Prozent der Befragten nennen hier die Datensicherheit als Hindernis, 63 Prozent den Datenschutz. Häufig als Hürden genannt wurden zudem die Abhängigkeit vom Provider, die fehlende Hoheit über den Datenspeicherort und die zu lange Abfragegeschwindigkeit.

„Große Business-Intelligence-Hersteller bieten für den Mittelstand spezielle Pakete ihrer Produkte an mit Basisfunktionen zu einem reduzierten Preis“, lautet das BARC-Fazit. Allerdings sollten gerade mittelständische Unternehmen die funktionalen Restriktionen sowie die technische Komplexität der Produkte im Auge behalten. Ein weiterer Tipp der Analysten ist es, für die erste Projektumsetzung maximal sechs Monate einzuplanen. „Je kürzer die Implementierungszeit, desto höher ist der Nutzen ihres BI-Projektes“, so die Studienautoren.

Die Studie „Business Intelligence im Mittelstand 2011/12“ ist bei BARC erhältlich. Sponsoren sind IBM, Board, Cubeware und Jaspersoft.