BARC analysiert Produkte

Projektmanagement-Software im Test

25.02.2011 von Werner Kurzlechner
Wer Software fürs Projektmanagement einkauft, muss sich in einem schwierigen Markt kundig machen. Laut einer BARC-Analyse haben die Produkte von SAP, Oracle und Microsoft viele Stärken. Zum Teil brillante Bewertungen erhalten aber auch Changepoint, Planisware 5 und Projectile.
Projektmanagement-Software erleichtert Teamarbeit beträchtlich. Egal, wo die Mitarbeiter sich gerade aufhalten.
Foto: MEV Verlag

Der Markt für Projektmanagement-Software ist mittlerweile höchst unübersichtlich geworden. Erhältlich ist eine ganze Schar von Lösungen, angeboten von Branchenriesen wie SAP, Oracle und Microsoft, aber auch von einer Reihe an spezialisierten Herstellern. Welches Produkt das Beste ist, lässt sich – wie so oft – nicht pauschal sagen, denn es hängt von den für den jeweiligen Anwender relevanten Kriterien ab. Deshalb enthält eine neue Studie des Business Application Research Centers (BARC) und der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) zwar eine detaillierte Evaluation einzelner Lösungen, aber kein simples Qualitäts-Ranking.

Die Ursache der Unübersichtlichkeit: Projektmanagement-Software ist längst nicht mehr nur für Projektmanager gemacht. BARC konstatiert, dass die Tools inzwischen von allen möglichen Projektbeteiligten, von Kunden, Zulieferern, Teams, Projektbüros und dem höheren Management genutzt werden. Die Systeme hätten sich von monolithischen Desktop-Anwendungen zu in hohem Maße skalierbaren Enterprise Solutions entwickelt. Sie könnten zur Steuerung einzelner oder mehrerer Projekte ebenso verwendet werden wie für Portfoliomanagement und seien außerdem anschlussfähig für Collaboration. So ermöglichen sie unter anderem die Zusammenarbeit von Projektteams, die an Standorten in aller Welt verstreut sind.

„Projektmanagement-Software-Systeme werden mehr für unternehmensweites Projektmanagement verwendet“, heißt es in der Studie. „Deshalb ist die Auswahl und Implementierung von Projektmanagement-Software bemerkenswert komplex geworden.“ Zu berücksichtigen sind dabei laut BARC vier Aspekte: Zahl und funktionelle Differenzierung der Systeme auf dem Markt (derzeit mehr als 220 von 200 Herstellern); Anforderungen einer Vielzahl von Anwendern im Unternehmen; die firmeneigene Projektmanagement-Methode; finanzielle und personelle Ressourcen, um geeignete Schnittstellen zu vorhandenen Systemlösungen zu gestalten.

Die Autoren, Berater Mey Mark Meyer und Frederik Ahlemann von der European Business School in Wiesbaden, versuchen den Anwendern, die Wahl des richtigen Produktes so weit wie möglich zu erleichtern. Sie gehen das an, in dem sie Qualitätsmerkmale in drei Kategorien gegenüberstellen.

Ein erster Bereich ist der Project Lifecycle Support. BARC bewertet hier elf zeitliche Stufen von der Ideenentwicklung über diverse Planungs- und Controllingphasen bis hin zur Administration. Jeweils gibt es von den Experten bis zu fünf Sterne, also maximal 55. Beim Lesen der Auswertung ist zu bedenken, dass manche Lösungen bestimmte Phasen wie etwa das Portfolio Controlling nicht unterstützen und hier gar nicht punkten. Ein Makel ist dies logischerweise nur für Anwender, in deren Anforderungen diese Funktionalitäten eine Rolle spielen.

Microsoft: Nur 40 von 55 Sternen

Mit 49 von 55 Sternen ist die Lösung aus dem Hause Changepoint klarer Punktsieger. Unternehmen, für die alle erdenklichen Phasen im Projektlebenszyklus von Bedeutung sind, fahren also mit diesem System fast garantiert unfallfrei. Von den Branchenriesen schneidet Microsoft mit dem Project Server 2010 und fehlenden 15 Sternen am schlechtesten ab. Oracle fehlen mit Primavera P6 EPPM elf Sterne, der SAP Suite neun.

Ein zweiter Analyseteil hat ein funktionelles Augenmerk und gewichtet verschiedene Merkmale wie etwa Scope, Zeit, Kosten, Qualität und Risiko auf einer Prozentskala. Oracle besticht hier mit zwei Maximalwertungen in den Bereichen Zeit und Risiko, erreicht aber nur um die 40 Prozent in den Kategorien Qualität, Wissensverarbeitung und Kundenfreundlichkeit. Hier erreicht SAP 100 Prozent und erzielt insgesamt eine ausgewogenere Bewertung. Microsoft erreicht keine derartigen Spitzen und weist einige Mängel unter anderem ebenfalls in der Kundenfreundlichkeit auf. Im Vergleich zu Oracle in den zentralen Kategorien fehlt zumeist ein Quäntchen, insgesamt erscheint Microsoft aber sogar etwas solider aufgebaut.

Lifecycle-Sieger Changepoint hinterlässt auch hier insgesamt einen hervorragenden Eindruck – mit zwei aus Sicht vieler Anwender erheblichen Aussetzern: nur jeweils 50 Prozent bei Zeit und Qualität. Einige weitere Lösungen schieben sich hier ins Blickfeld. Projectile etwa erreicht 100 Prozent in den stets relevanten Kategorien Kosten und Qualität.

Garantiertes stimmiges Preis-Leistungsverhältnis also bei Projectile – mit einer eklatanten Schwäche im Portfoliomanagement. Dabei sind die Schwachpunkte der hier genannten Lösungen insgesamt relativ zu betrachten, denn einzelne der 24 von BARC untersuchten Systeme fallen mit mehreren unterirdischen Wertungen aus Anwendersicht glatt durch.

Ebenfalls auf Prozentbasis bewerten die Autoren drittens die Reifegrade in fünf Kategorien. Oracle erreicht hier die einzige 100 Prozent-Bewertung überhaupt beim Single Project Management. Ein Blick auf diese BARC-Tabelle verdeutlicht indes, wie differenziert dieser Markt teilweise ist. Beispiel Oracle: Die Bewertung beim an der Performance orientierten Projektmanagement ist gut, die beim wissensbasierten Projektmanagement mau.

Multi Project Management: 3pleP vorn

In dieser Kategorie reihen sich die vorgenannten Lösungen insgesamt gesehen zwar weit oben ein. Changepoint erreicht durchweg hervorragende Bewertungen, SAP sticht Oracle und Microsoft beim Enterprise Project Management aus und erscheint dadurch insgesamt homogener.

Daneben zeigt schon ein Blick auf die Punktsieger, dass es im Markt eine Reihe von Spitzenlösungen für spezielle Anforderungen gibt: Beim Multi Project Management ist die 3pleP Project Suite mit 90 Prozent unübertroffen. Planisware 5 kommt beim Enterprise Project Management mit 87 Prozent und bei der Performance-Orientierung mit 93 Prozent sogar auf zwei Spitzenplätze. Beim wissensbasierten Projektmanagement sind die 79 Prozent von Changepoint nicht zu schlagen – die Krönung für ein insgesamt formidables Resultat für diese Lösung.

Die StudieProject Management Software Systems“ ist bei BARC erhältlich. Sie enthält neben detaillierten Analysen der wichtigsten Produkte im Markt auch eine ausführliche Betrachtung von Marktentwicklungen und Anwenderfragen bei der Auswahl. Unterstützt wurde die Studie unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).