Analysten-Kolumne

SOA und BPM – ein Dreamteam?

05.04.2006 von Joachim Quantz
Die vor kurzem angekündigte Übernahme von Fuego durch BEA passt zu den aktuellen Trends im Bereich Integrationssoftware – Konsolidierung der Anbieter und Konvergenz des Angebots für serviceorientierte Architekturen (SOA) und Business Process Management (BPM). Aber warum ist die Kombination von SOA und BPM eigentlich so attraktiv?

Schauen wir uns den Entwicklungstrend am Beispiel BEA zunächst einmal genauer an. Mit dem Produkt WebLogic gehörte BEA zu den führenden Anbietern im Bereich Applikationsserver. Mit AquaLogic erweiterte das Unternehmen dann sein Portfolio in Richtung SOA-Plattformen. Durch die Übernahme von Fuego, einem Plattformanbieter im Bereich BPM, kann BEA nun eine integrierte Plattform für SOA und BPM am Markt etablieren.

Auch bei anderen Anbietern, wie etwa IBM, Microsoft, Oracle, SAP, Sonic, Tibco oder webMethods, lassen sich ähnliche Entwicklungstendenzen beobachten. Anbieter von SOA-Plattformen unterstützen zunehmend BPM-Funktionalität und Anbieter von BPM-Lösungen setzen auf SOA als grundlegende Integrationstechnologie.

Diese Konvergenz lässt sich auch in Anwendungsprojekten beobachten, wie der neue Report von Berlecon Research „SOA in der Praxis – Wie Unternehmen SOA erfolgreich einsetzen“ (www.berlecon.de/soa) zeigt. In dem Report werden acht SOA-Projekte von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen vorgestellt und ausgewertet. In der Mehrzahl dieser Projekte spielen BPM-Aspekte eine zentrale Rolle.

In vielen SOA-Projekten soll die Unternehmens-IT so flexibilisiert werden, dass Geschäftsprozesse effizienter gestaltet und schneller an neue Anforderungen angepasst werden können. Bei der Umsetzung der SOA werden dann häufig explizite Prozessmodelle erstellt, in denen die einzelnen Prozessschritte und ihre Abfolge grafisch visualisiert werden. Diese Modelle bilden dann die Grundlage für die Spezifikation der einzelnen Services. Solch ein prozessorientiertes Vorgehen bietet gleich mehrere Vorteile.

SOA und BPM ergänzen sich

Zunächst einmal geben die Prozessmodelle Aufschluss darüber, welche Services in welchen Geschäftsprozessen benötigt werden. Dies vereinfacht die Entscheidung, auf welcher Granularitätsstufe die einzelnen Dienste modelliert werden sollten, d.h. ob eher wenige Dienste mit komplexer, allgemeiner Funktionalität oder viele Dienste mit sehr spezieller Funktionalität bereit gestellt werden sollten. Darüber hinaus wird eine erste Abschätzung des Wiederverwendungspotenzials der einzelnen Dienste möglich, so dass deutlich wird, in welchen Fällen zusätzlicher Aufwand für ein wiederverwendbares Design eines Services auch tatsächlich gerechtfertigt ist.

Schließlich können die Prozessmodelle zur Visualisierung und Überwachung der ausgeführten Prozesse verwendet werden. Dies ist insbesondere dann nützlich, wenn fachliche Modelle verwendet werden und somit ein fachliches Monitoring durch Experten ermöglicht wird. Dadurch kann auch die Sichtbarkeit einer SOA beträchtlich erhöht und ihr Nutzen auch auf nicht-technischer Ebene verdeutlicht werden.

SOA und BPM ergänzen sich somit in doppelter Hinsicht: Zum einen bietet SOA eine hervorragende technologische Grundlage für BPM, zum anderen liefert BPM eine fachliche Orientierung für die Einführung und Umsetzung einer Unternehmens-SOA.

So gesehen decken die Technologien zwei komplementäre Aspekte ab, die für die Entwicklung flexibler und effizienter IT-Infrastrukturen in Unternehmen beide unabdingbar sind. SOA-Plattformen bieten eine umfangreiche und ausgereifte Funktionalität für die Integration von Systemen und Anwendungen auf der technischen Ebene. BPM-Plattformen unterstützen insbesondere auch fachliche Aspekte der Prozessmodellierung und –überwachung und die Einbindung manueller Workflows.

Je besser die Integration der fachlichen und der technischen Ebene unterstützt wird, desto flexibler lassen sich Prozesse erweitern, anpassen und optimieren. Und desto höher ist das Einsparpotenzial in Bezug auf Entwicklungs- und Wartungskosten.

Eine einheitliche Plattform, die Funktionalität für SOA und BPM integriert unterstützt, ist daher tatsächlich ein Dreamteam. Eine offene Frage bleibt dabei, inwieweit Anbieter neben der Plattform auch vorgefertigte Prozesse für bestimmte Branchen und Anwendungen mit in ihr Portfolio aufnehmen werden. Im Bereich BPM gibt es einen Trend in diese Richtung, der sich mit dem Schlagwort „BPM plus Content“ charakterisieren lässt. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend auch bei Anbietern im Bereich SOA und Unternehmensinfrastruktur durchsetzen wird.

Dr. Joachim Quantz ist Associated Senior Analyst bei der Berlecon Research GmbH.