Drittwartungsvertrag bei Sympatex

Supportgebühren für SAP halbiert

22.11.2011 von Riem Sarsam
Sympatex schließt als einer der ersten Kunden in Deutschland einen Drittwartungsvertrag mit Rimini Street. CIO Hasso Ercelebi spart damit für zehn Jahre die Hälfte seiner Supportgebühren.
Hasso Ercelebi CIO, Sympatex: "Die Qualität der Wartung war nicht der Grund für den Wechsel zu Rimini Street. Es war eine reine Kostenfrage."
Foto: Sympatex Technologies GmbH

Hasso Ercelebi ist kein Draufgänger. Im Gegenteil. Der CIO der Sympatex Holding GmbH wirkt ruhig und besonnen. Wie jemand, der lieber einmal mehr als zu wenig nachdenkt. Das heißt jedoch nicht, dass er sich alles gefallen lässt. Erst recht, wenn er sich nicht ernst genommen fühlt. Und genau das passierte vor drei Jahren. SAPs damaliger Schwenk in der Wartungsstrategie traf sein Unternehmen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich mitten in der Krise.

Die Geschichte ist hinlänglich bekannt. Vielen von Ercelebis Kollegen ging es ähnlich. Das Geschäft lief schlecht, Kurzarbeit oder gar Entlassungen führten dazu, dass auf einmal Softwarelizenzen brachlagen. Doch anstatt auf die Bitte vieler Kunden nach Stilllegungen eines Teils der Assets einzugehen, setzte SAP noch einen drauf und drohte eine ordentliche Erhöhung der Gebühren an. Ercelebi zog die Konsequenzen. "Ich wollte mich eigentlich nicht trennen", betont er. Doch da ihm weder sein Wartungspartner noch der Softwarelieferant auch nur ein Jota entgegenkam, blieb ihm letztlich nur der Weg zum Wechsel. "Unser Verhältnis war nicht das, was ich mir unter einer Partnerschaft vorstelle", sagt er.

Die SAP-Wartung kostet viel Geld. Jährlich 22 Prozent des Lizenzpreises zu zahlen tut weh. Sympatex-CIO Ercelebi hat diese Schmerzen hinter sich gelassen. Seit Anfang 2011 ist er Kunde des US-amerikanischen Anbieters Rimini Street, der sich auf Drittwartung für Oracle- und SAP-Software spezialisiert hat. Das Unternehmen garantiert seinen Kunden, den Service für die Hälfte des bisherigen Preises zu erbringen. Für Module, die nicht genutzt werden, wird ohnehin nichts bezahlt. "Die Qualität der SAP-Wartung war nicht der Grund für den Wechsel", erklärt Ercelebi. "Es war eine reine Kostenfrage."

Rimini Street - Rechnung halbiert

Rimini Street garantiert seinen Kunden die Halbierung ihrer bisherigen Support-Gebühren. Das Support-Programm enthält Dienstleistungen, die teils über dem Standard der Anbieter sind. Hierzu zählen: ein primärer, namentlich bekannter Support-Techniker, der für jeden Kunden abgestellt wird, eine garantierte Reaktionszeit von maximal 30 Minuten, der Support von Customizations, Performance Tuning sowie Support bei Interoperabilitätsproblemen.

Nachdenken lohnt sich

Der halbe Preis - garantiert über einen Zeitraum von zehn Jahren - ist nur ein Teil dieser Rechnung. Was der CIO jetzt ebenfalls einspart, sind die zusätzlichen Aufwände, die mit der Pflege des Systems verbunden sind. "Upgrades können ziemlich teuer sein und stören den laufenden Betrieb", bestätigen die Analysten von Nucleus Research in einem Report zu Rimini Street. Individuelle Entwicklungen und integrierte Systeme müssen umgebaut und getestet, Reportings und Schnittstellen erneuert und Daten angepasst werden. Selbstverständlich sind diese Kosten nicht in der jährlichen Gebühr enthalten, das Geld, die Zeit und die Menschen müssen die Kunden schon oben drauflegen.

Geringere Support-Gebühren, weniger Bearbeitungsaufwand - laut Nucleus sind dies nur zwei von vier guten Gründen, warum Anwender zumindest über eine Drittwartung nachdenken sollten. Ein weiterer Vorteil kann sein, dass sich die Patches und Bug Fixes einer Rimini Street auf neue Steuervorschriften oder gesetzliche Vorschriften beschränken. Statt eines Rundumpakets, wie es viele Softwareanbieter ausliefern, spart das Zeit bei Installation und Tests. "Wir benötigen nur noch ein Viertel der Zeit, um Updates einzuspielen", zitiert Nucleus Vice President Rebecca Wettemann einen Kunden.

Nicht zuletzt sollten IT-Manager auch die Qualität der Dienstleistung in Betracht ziehen. Die bisherige Kundschaft von Rimini Street lobt den proaktiven, personalisierten und schnellen Service. Vieles, was der Softwarelieferant extra in Rechnung stellt, ist beim Drittanbieter bereits im Basispaket enthalten. "Unsere Ansprechpartner bringen mindestens zehn Jahr SAP-Erfahrung mit", sagt Sympatex-CIO Ercelebi. "Und wenn die Fragen mal mehr in die Tiefe gehen, zahle ich nicht drauf." Mag sein, dass dies vor allem geschieht, weil die Amerikaner besonders hohe Ansprüche erfüllen müssen und sich noch nicht am Markt etabliert haben.

Für Ercelebi ist das im Moment jedoch nur von Vorteil. Als besonders komfortabel hebt er die Lieferung individueller Patches hervor. Anstelle von Erweiterungen für den SAP-Standard schneidet Rimini Street die Änderungen speziell auf Sympatex zu. Der Aufwand, Patches anzupassen, entfällt. "Und mich interessiert schließlich nur, wie es bei mir läuft."

Es klingt paradox: Der einzige Wermutstropfen nach zehn Monaten Zusammenarbeit mit Rimini Street ist, dass Ercelebi noch nicht von einem Ernstfall berichten kann. "Bis jetzt bezahlen wir für einen Support, den wir bislang kaum in Anspruch nehmen", sagt er. Aber wenigstens ist es dieses Mal nur noch die Hälfte

Der Wechsel zum neuen Partner gestaltete sich leicht. Nachdem der bisherige Wartungsvertrag zum Ende des Jahres 2010 gekündigt war, kam Rimini Street ins Haus, um die vorhandenen Systeme zu analysieren. „On boarding process“ nennen die Amerikaner das. Sie schauen, was da ist, prüfen, ob noch fehlende Patches eingespielt werden, und fordern noch fehlende Informationen ein. Eine Aufgabenliste, die akribisch alle Punkte aufführte, lenkte die Beteiligten durch diese Phase. Viel Aufwand war nicht damit verbunden, sagt Ercelebi. "Die Übergabe konnte ich nebenher erledigen."

Dennoch: "Drittwartung eignet sich sicherlich nicht für jedes Unternehmen und nicht zu jedem Zeitpunkt", weiß Ercelebi. Die SAP-Landschaft von Sympatex war jedoch idealtypisch für den Wechsel. Das ERP war mit der Version ECC 6.0 auf den neuesten Stand gebracht. Lösungen wie Business Warehouse oder CRM nutzt das Unternehmen nicht. "Wir haben ein stabiles System, das wir in absehbarer Zeit nicht groß verändern werden." Das für die Drittwartung erforderliche Einfrieren des Status Quo war also nicht mit extrem großen Gefahren verbunden.

Geringeres Risiko ohne HR

Entscheidend bei der Risikobetrachtung war auch, dass Sympatex den Bereich Human Ressources (HR) aus SAP herausgenommen hat. Immerhin das Modul, das rund 90 Prozent der Legal Patches beansprucht. Unsicherheiten bleiben trotzdem. "Aber das Rechenexempel geht auf", sagt Ercelebi. Und ist zuversichtlich, im Fall eines ernst zu nehmenden Problems immer noch günstiger dabei wegzukommen als bei seinem ehemaligen Servicepartner.

Der CIO weiß, dass trotzdem einige Fragen offenbleiben. Nicht nur technischer Natur, sondern auch, was den Partner selber betrifft. Zwar rühmt sich Rimini Street, seit der Firmengründung im Jahr 2005 mehr als 400 Kunden gewonnen zu haben, darunter auch große Unternehmen. In Deutschland allerdings finden sich noch keine Referenzen im SAP-Umfeld. Auch dürften die meisten Klienten die Dienste im Bereich Oracle beziehungsweise Siebel und Peoplesoft in Anspruch nehmen. Die Betreuung von SAP-Landschaften hat das Unternehmen erst seit zwei Jahren im Angebot.

Mit diesem Fokus stemmen sich die Amerikaner gegen niemand Geringeres als die größten Player im Markt. Und greifen sie noch dazu an einer empfindlichen Stelle an. Gerade die Einnahmen aus dem Wartungsgeschäft verzücken den Kapitalmarkt, bescheren sie doch einen ordentlichen Umsatz, der in schöner Regelmäßigkeit eine satte Marge von 80 Prozent abwirft.

Ob sich die Software-Riesen das gefallen lassen werden, bleibt abzuwarten. Schon laufen in den USA die ersten Gerichtsverfahren. Hasso Ercelebi reagiert gelassen. "Ich verfolge die Auseinandersetzungen schon länger, aber bis jetzt hat Rimini Street noch nicht verloren." Dass SAP auch ihm Knüppel zwischen die Beine wirft - etwa in Form extrem langer Antwortzeiten -, solche "Nickeligkeiten" will er den Walldorfern nicht unterstellen. Schließlich stehe man ja nach wie vor in einer Geschäftsbeziehung zueinander

Trotz Besonnenheit: Ein Restrisiko bleibt. Was, wenn Ercelebi eines Tages wieder weg will von Rimini Street? Wann könnte das sein, welches ERP braucht Sympatex dann? Welche Wartungsmodelle wird es zu dem Zeitpunkt am Markt geben? Der CIO kennt die Fragen für dieses Szenario - die Antworten leider nicht.

Drittwartung

Damit der CIO nicht im Regen steht - Für wen eignet sich Drittwartung?

Das IT Forum Seestern macht sich stark für die Verbreitung von Drittwartung. Es hat einen Leitfaden für Interessierte aufgestellt:

Drittwartung ist geeignet für:

• Anwender in Extended Maintenance

• Anwender mit individueller Wartung

• Anwender mit Releasestand älter als ECC 5.0

• Anwender mit stabiler Installation:
ca. 1 Jahr ohne Releasewechsel,
ca. 1 Jahr ohne Einspielen eines EHPs
mindestens 1 Jahr nach Produktivsetzung

• Anwender mit zufriedenstellender
Funktionsabdeckung im SAP-Standard

• viele Eigenentwicklungen

• HR auf einem separaten System

• Anwender von Industrie-Solutions

Drittwartung ist weniger geeignet für:

• hoch innovativ in der neuesten
Softwaretechnologie

• neuestes SAP Release

• neueste Datenbank

• neueste Enhancement Package (EHPs)

• intensive Zusammenarbeit mit SAP

• hohes Datenvolumen

• Firmen im validierten Umfeld (Pharma)

• Firmen mit hoher Firmendynamik
in der Organisation (M&A)

• Einsatz von SAP-Spezialprodukten
(BO, EH & S, IPM)

Quelle: IT Forum Seestern, www.drittwartung.de