Die Fünf Trends der CeBIT 2003

Technik für die Strategie

03.03.2003 von Ulrike Ostler
Der Sparkurs der Unternehmen prägt in diesem Jahr auch die Cebit. Jede Technologie wird an ihrer Wirtschaftlichkeit gemessen. Mit dem Zusammenspiel von drahtlosen lokalen Netzen und UMTS gibt es dennoch ein echtes Hightech-Thema.

Das vergangene Jahr war von Entlassungen und abgebrochenen Projekten geprägt. Inzwischen sind die Einsparmaßnahmen differenzierter geworden. Die Unternehmen investieren wieder, allerdings nur in Techniken, deren Return on Investment (RoI) sich klar abzeichnet. Das Hauptkriterium: Die Ausgaben müssen dabei helfen, Kosten zu sparen und Investitionen zu schützen.

Die IT-Branche hat sich offenbar endlich auf diese Vorgaben eingestellt. So stellte HP-Chefin Carly Fiorina die eigentlich selbstverständliche Forderung auf, IT müsse sich stärker am RoI messen lassen. Und Fujitsu Siemens gab als Cebit-Motto aus: "Reduce complexity, create value."

Für IT-Entscheider ist Integration der Königsweg zur Kostenoptimierung; als Shootingstar gelten hier Web-Services. Investitionsschutz wird aber auch mit Business Intelligence (BI) betrieben: Durch Portale sollen Chefs über alle wirtschaftlichen Eckwerte informiert werden (s. "IT-Integration ..." und "Analysen ...", S. 42).

Weil das Hauptargument bei der Beschaffung von Technik der RoI ist, haben es Linux-Anbieter hier relativ einfach: Ihr Ausgangsprodukt kostet im Zweifelsfall gar nichts. Redhat und Suse haben sich zudem für dieses Jahr vorgenommen, Microsoft im Desktop-Markt Anteile abzujagen (s. "Linux …", S. 40). Deutlich schwerer fällt es den Anbietern betriebswirtschaftlicher Software, günstige Preise anzubieten (s. "Gerangel …", S. 40).

Nur am Rande zum Generalthema Sparen gehören Speichersysteme, die wegen der durch BI und DataWarehousing sprunghaft wachsenden Datenmengen erneut eine tragende Rolle auf der Messe spielen dürften. Ein klassischer Herstellertrend wird hingegen Security bleiben. Zwar genießt das Thema inzwischen auch in den Unternehmen die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Doch für umfassende Sicherheitskonzepte, wie sie Computer Associates, Network Associates und Symantec auf der Veranstaltung propagieren werden, ist bei den Anwendern derzeit das Geld zu knapp.

Fehlt noch ein Buzz-Word: E-Business. Der Begriff ist weiterhin so verpönt, dass außer IBM kaum ein Anbieter damit zu werben wagt. In Wirklichkeit ist E-Business jedoch längst wieder da. Es versteckt sich nur hinter Ausdrücken wie Integration, Web-Services, Supply Chain Management oder Business Intelligence.

Mobile Zukunft

Seit Jahren warten die Besitzer von Personal Digital Assistants (PDAs), Handys und Pagern auf eine Verschmelzung dieser Geräte. PDA-Marktführer Palm glaubt jedoch offenbar nicht ganz an diese Kombination und wird ein für den US-Markt entwickeltes Gerät zumindest in Europa nicht anbieten. PDAs, heißt es, würden fast nur von Geschäftsleuten verwendet, während Handys etwas für Konsumenten seien, die die hohen Kosten eines Kombigeräts scheuten. Erst eine massive Subventionierung durch Mobilfunkverträge könnte hier ein Geschäftsfeld entstehen lassen.

Für das laufende Jahr war die flächendeckende Einführung der dritten Mobilfunkgeneration geplant. Zwar jammern die Mobilfunkanbieter noch immer über die ruinösen UMTS-Lizenzkosten. Dennoch soll auf der Cebit zumindest der Startschuss für diese Technik fallen. Dabei dürfte es allerdings weniger um die Präsentation von Handys gehen - auch wenn Siemens geheimnisvoll tut, was die vier Geräte betrifft, die in Hannover vorgestellt werden. Zu erwarten ist eher, dass neben den Multimedia-Funktionen für den Consumer-Markt die bessere Integration der Handys in die UnternehmensDV eine Rolle spielt - etwa durch den Datenabgleich mittels Bluetooth. Wenn UMTS gleichwohl eines der zentralen Messethemen sein wird, dann liegt das daran, dass sich der Konkurrenzkampf hier deutlich verschärft. Schließlich gehört der Mobilfunkbereich zu den wenigen Hoffnungsträgern der Branche.

Linux erobert den Desktop

Das Unix-Betriebssystem lässt sich kostenlos aus dem Netz laden. Doch bei allen Fortschritten, etwa der aktuellen Version 5.0 von Free BSD, erfüllen diese Systeme meist nicht alle Anforderungen der Unternehmen. Vor allem fehlt es an professionellem Service. Firmenkunden greifen daher meist zu den so genannten Linux-Distributionen von Anbietern wie Red Hat und Suse. Diese stehen den Unix-Betriebssystemen von HP, IBM oder Sun technisch kaum nach, kosten aber auch nur unwesentlich weniger. Preisvorteile ergeben sich deshalb vor allem dadurch, dass sich Linux mit günstiger Intel-Hardware begnügt, während AIX, HP/UX und Solaris die leistungsfähigeren und teureren RISC-Rechner benötigen.

Auf der Cebit werden die Linux-Anbieter also weiterhin versuchen nachzuweisen, dass sich ihre Produkte für den Unternehmenseinsatz eignen. So verspricht Red Hat neue Reporting- und Monitoring-Funktionen, während Suse einen Enterprise Client vorstellt, der für Business-Anwendungen von SAP und Lotus zertifiziert ist. Vor allem aber haben sich beide Software-Hersteller vorgenommen, den Desktop zu erobern. Noch etwas unklar ist dabei das Konzept von Red Hat, wo es in erster Linie um die Integration von Linux in vorhandene IT-Umgebungen wie die von Microsoft geht. Suse dagegen bietet eine Desktop-Edition des Systems an, die es ermöglichen soll, Microsofts Office-Programme zu nutzen.

Mit der Desktop-Kampagne versuchen die LinuxAnbieter, Kapital aus der Verärgerung der Anwender über das neue Lizenzmodell von Microsoft zu schlagen (s. CIO 7- 8/02, S. 16). Als hilfreich dürfte es sich erweisen, dass das Problem der Standardisierung mit United Linux größtenteils gelöst ist. Das Betriebssystem wird mittlerweile von Firmen wie AMD, HP oder IBM unterstützt; Ziel dabei: die Server-Funktionalität auszubauen. Auch Bull und Silicon Graphics haben jüngst ihre Linux-Aktivitäten verstärkt.

Gerangel um den Mittelstand

Die Aktivitäten der Branchengrößen setzen die bisherigen Mittelstandsspezialisten unter Druck. Relativ sicher fühlt sich J. D. Edwards. Zum einen bietet das Unternehmen ein umfassendes Paket mit klassischen ERP-Funktionen - vom Kunden-, Lieferanten- und Lieferkettenmanagement bis hin zu Business Intelligence. Zudem ist die Software modularer aufgebaut als viele andere Produkte. Und nicht zuletzt kommt dem Hersteller eine Vertriebsvereinbarung mit IBM zugute.

Sage KHK gibt sich zwar gelassen, räumt aber ein, dass man das Geschäft aufgrund wachsender Konkurrenz in Abteilungen für Kleinunternehmen (PC-Kaufmann) und mittelständische Anwender eingeteilt habe. Für die gibt es eine aktuelle Version der Office-Line.

IT-Integration und Web-Services

Die Integration heterogener IT-Komponenten ist eigentlich die Funktion von EAI (Enterprise Application Integration) -Systemen, wie sie unter anderem Seeburger, Tibco, Vitria oder Web Methods anbieten. Doch die sind proprietär und teuer. Web-Services hingegen basieren auf Standards, verknüpfen heterogene Systeme, lassen sich, so das Versprechen, leichter einführen und kosten wenig - offenbar eine echte Konkurrenz für die traditionellen EAI-Systeme.

Deren Anbieter stellen sich darauf ein. Sonic Software, auf Messaging-Lösungen spezialisiert, kaufte Ende 2002 den XML- und Java-Spezialisten Excelon. Zur Cebit will der Hersteller mit neuen, integrierten Produkten für seinen Enterprise Service Bus aufwarten. Aber auch IBM (mit Websphere) und Sun (mit Sun One) bauen EAISysteme auf, die sich als so genannte Laufzeitumgebungen für Web-Services eignen. Ob und wann sich Web-Services bei Integrationsvorhaben rechnen, mit dieser Frage haben sich die TU Dresden und T-Systems Multimedia Solutions in einer fünfmonatigen Studie beschäftigt; die Ergebnisse werden am 13. März (12.15 Uhr/Raum "Bonn II", 13.45 Uhr/Raum "Frankfurt") vorgestellt.

Analysen immer und überall

Im Trend auch: Information selbst als Wert zu begreifen und möglichst viele Quellen zu erschließen; BI-Anbieter wie Business Objects, Cognos und SAS Institute passen ihre Produkte den Forderungen nach allzeit verfügbaren Information an, und auch Tibco widmet sich der Frage, wie sich Business Intelligence für die Auswertung und Kontrolle operativer Systeme einsetzen lässt. Hierzu gehört die Modellierung von Datenströmen, die sich an die Geschäftsprozesse anpassen.

Neben entscheidungsunterstützenden Systemen und Informations-Workflows sollen Portale (s. auch S. 16) Transparenz ins Unternehmen bringen. Zwei Varianten sind für die Integration wichtig: Portale zur Verbindung verschiedener Plattformen und Informationsportale. Als Anbieter der ersten Gruppe etablieren sich unter anderem Bea, IBM, Microsoft und Oracle, für die zweite ist zum Beispiel Vignette wichtig.