EHI-Technologietage in Köln

Wer ist Mary Smith? - Trends bei der Handels-IT

15.11.2006 von Riem Sarsam
Mehr als 400 Teilnehmer aus dem Handel treffen sich zu den diesjährigen Technologietagen des EHI Retail Instituts in Köln. Am ersten Tag erfuhren sie unter anderem, was bei der Einführung von VoIP zu beachten ist, warum OBI ohne Standard-Software glücklich wird, und aus welchen Gründen das britische Nobelkaufhaus Harrods auf SOA setzt.

Bei stürmischem Herbstwetter muten die Hallen der Kölnmesse geradezu gemütlich an. In dem Kongressraum, der dank seiner riesigen Leuchter als "Kristallsaal" bezeichnet wird, tummeln sich IT-Verantwortliche aus sämtlichen Handelsunternehmen der DACH-Region.

Bereits der erste Vortrag von Ernst Bloch, CIO der Schweizer Handelskette Manor, zur Einführung von VoIP spricht die Besucher an. Manor erzielt einen jährlichen Umsatz von knapp drei Milliarden Schweizer Franken und beschäftigt rund 11.500 Mitarbeiter. Bei dem Unternehmen wird jedes IT-Projekt letztlich auch vom Anwender entschieden. Dabei nimmt sich die Firma die Zeit, Benutzer verschiedene Möglichkeiten testen zu lassen. Für die Einführung von VoIP wurden eins zu eins Probeanlagen installiert, mit denen das Sekretariat des Direktoriums, Mitarbeiter des Call Centers und die Telefonzentrale zur Probe arbeiten konnten.

Parallel testeten die Kollegen in der IT je eine Cisco- und eine Alcatel-Anlage, während gleichzeitig TCO und ROI der Systeme ermittelt wurden. Die Entscheidung fiel letztlich für das System von Cisco.

Ernst Bloch gab den Anwesenden eine wesentliche Erfahrung mit auf den Weg: Die Vorbereitung für ein VoIP-Projekt nicht zu unterschätzen. "Die Telefonie macht nur einen kleinen Teil aus", sagte er. Rund zwei Drittel der Arbeit seien Abläufe wie die Evaluation der Anbieter, der Entscheidungsprozess im Unternehmen oder die Gegenüberstellung der Kosten. Der CIO ist mittlerweile mit dem unternehmensweiten Rollout beschäftigt.

Fünmal Stress und fünfmal feiern

Ins Eingemachte der IT ging anschließend Jens Siebenhaar, IT-Verantwortlicher für OBI. Das Warenwirtschafts-System der Baumarktkette musste nach mehr als 15 Jahren Betrieb erneuert werden. Schon seit sechs Jahren gab es keinen Support mehr und die Beschaffung von Ersatzteilen wurde immer problematischer. Entgegen dem Trend und eigentlich ungewollt entschied sich die GfD, IT-Tochter von Obi, nicht für eine Standardlösung. Trotz gründlicher Evaluation konnte das Unternehmen kein System finden, dass den Ansprüchen genügte. Siebenhaar holte sich die Gebit Solutions GmbH an Bord, die gemeinsam mit seinem Team eine moderne Java-basierte Lösung entwickelte und die IT-Mitarbeiter, die bislang in Foxpro programmiert hatten, umschulte.

In fünf Teilschritten arbeitete sich das Team durch das Projekt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war, jeden Abschnitt wie ein eigenes Projekt zu behandeln, so Siebenhaar. "Als ob wir danach live gehen würden." Der Nachteil: fünfmal entstand der klassischer Projektabschluss-Stress. Ein Trost: "Dafür konnten wir aber auch fünfmal einen Projekterfolg feiern."

Natürlich durfte auch das Thema SOA nicht fehlen. Dazu hatte das EHI David Llamas, CIO des britischen Luxuskaufhaus Harrods, geladen. Mehr als 250 verschiedene Abteilungen beherbergt das Unternehmen. Umgerechnet werden jährlich rund 1,1 Milliarden US-Dollar umgesetzt. "Sie können bei uns ein Schreibgerät kaufen oder ein Flugzeug", erklärte Llamas. "Und wenn Sie möchten, packen wir es auch ein."

Für die IT bedeutet diese Vielfalt eine Unmenge an Abläufen, die je nach Abteilung äußerst unterschiedlich sind. Um das bis dato noch sehr traditionell arbeitende Haus - teils wurde dort noch mit handgeschriebenen Papierbelegen gearbeitet - auf den neuesten technischen Stand zu bringen, nutzte die IT den Bedarf der Fachabteilungen nach mehr Sichtbarkeit auf den Kunden. SAP wurde installiert - inklusive CRM.

Heute kann die IT mit einem "Single Customer View" dem Business saubere Kundendaten liefern, die als Basis für Marketing-Kampagnen oder Verkaufsauswertungen dienen. "Der Schlüssel liegt im Master Data Management", sagte Llamas. Die Frage "Wer ist Mary Smith?" kann Harrods nun mit Hilfe der IT sauber beantworten.