Ratgeber E-Mail-Archivierung

Wie Sie das passende E-Mail-Archiv finden

30.07.2008 von Maximilian Gantner und Martin Böhn
Produkte für Verwaltung der elektronischen Post unterscheiden sich stark. Anwender sollten insbesondere auf Funktionen für die Indizierung, Ablage und Konvertierung achten.

Eine E-Mail-Archivierung sollte mehr als eine bloße Ablage elektronischer Nachrichten sein. Viele in den Archivdaten steckende Geschäftsinformationen blieben sonst ungenutzt. Daher sollte Unternehmen ihre E-Mails stets kontextbezogen ablegen und angemessen verschlagworten, um Unterlagen später suchen und vor allem finden zu können. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Archivierungsansätze: Bei der Client-seitigen Archivierung entscheidet allein der Anwender, welche E-Mails ins Archiv kommen.

Die Einbindung der Archivierungslösung erfolgt in diesem Szenario üblicherweise über eine zusätzliche Symbolleiste oder ein erweitertes Kontextmenü in Microsoft Outlook oder IBM Lotus Notes. Der Bearbeiter kann seine E-Mails manuell um Indexinformationen ergänzen oder sie direkt über einen Speicherbefehl an die vorgesehene Stelle im Archiv ablegen. Dieses Verfahren verschafft dem Anwender zwar eine große Flexibilität, birgt aber die Gefahr, dass wichtige E-Mails versehentlich nicht archiviert werden.

Der zweite Ansatz ist die Archivierung auf dem E-Mail-Server. Mit Hilfe vordefinierter Regeln werden sämtliche ein- und ausgehenden E-Mails überprüft und noch vor der Zustellung archiviert. Auf diesem Weg bleiben zwar keine Nachrichten unberücksichtigt, allerdings ist meist nur eine automatische Indexierung möglich, was die Qualität der Klassifikation schmälern kann.

Als Mischform existieren verschiedene regelbasierte Ablageformen, bei welchen die Inhalte zuerst in die Postfächer zugestellt und erst in einem zweiten Schritt nach bestimmten Regeln abgelegt werden. Solche Regeln können beispielsweise festhalten, wie lange E-Mails im Posteingang bleiben dürfen ("Alles älter als zwei Wochen wird archiviert"), in welchen Ordnern im Posteingang sie liegen sollen oder welche Größe sie nicht überschreiten dürfen.

Nicht alle unterstützten GroupWise

Die beschriebenen Ansätze werden von den meisten in der aktuellen Studie "E-Mail-Management" des Business Application Research Center (Barc) getesteten Systemen für E-Mail-Archivierung unterstützt. Nur der Anbieter Rent a Brain setzt mit seinem Produkt "iMarc" ausschließlich auf den Server-basierenden Ansatz. Gemein ist allen getesteten Produkten, dass sie sich mit Microsoft Exchange und IBM Lotus Notes einsetzen lassen, wenn sich auch im Detail unterschiedliche Möglichkeiten zur E-Mail-Archivierung finden. Die Unterstützung für Novell Groupwise ist hingegen begrenzt. So lassen sich mit dieser Groupware nur die Systeme "inboxx" von GFT inboxx GmbH, der "Email Manager" von IBM FileNet, iMarc von rent a brain sowie "e.M@ilia for windream" vom Anbieter Windream einsetzen.

Regeln und Konvertierungen

Bei der Archivierung wird zwischen der Ablage als gesamtes Objekt (beispielsweise als MSG-Datei bei Microsoft-Produkten) oder als einzelne Bestandteile (Header/Body und Attachment als separate Dateien) unterschieden. Vorteil der Ablage als Objekt ist, dass E-Mails leicht aus dem Archiv wiederhergestellt werden können und so eine Antwort oder Weiterleitung der Nachricht wie bisher gewohnt möglich ist. Allerdings ist der Zugriff auf die einzelnen Informationsbestandteile (Inhalte aus Body, Header oder Anhang) nur über Umwege möglich.

Des Weiteren lassen sich mit den Systemen Formatkonvertierungen (Renditions) vornehmen, um den langfristigen Zugriff und die Lesbarkeit zu sichern. Dabei wird die E-Mail meist als Text-, HTML- oder PDF-Datei gespeichert und der Anhang gegebenenfalls ebenfalls in PDF, PDF/A oder TIFF umgewandelt. Doch nicht alle getesteten Systeme bieten eine eigene Rendition Engine. So fehlt sie in den Produkten iMARC und inboxx. Für die Lösung "CommonStore" von IBM ist eine Engine nur als Zusatzmodul erhältlich. Als weitere Besonderheit lässt sich beispielsweise mit dem Produkt Email Manager von IBM FileNet ein Rendering von Formaten über Regeln definieren. Die Lösungen der Hersteller Windream und Saperion bieten diese Funktionalität in der Standardversion mit an, "Enterprise Vault" von Symantec legt E-Mails zusätzlich als HTML-Version ab.

Kopieren oder Verschieben?

Ferner unterscheiden sich die Systeme dahingehend, welche Informationen nach der Archivierung im E-Mail-Client verbleiben. Dank einer Kopie auf dem Client können Anwender ihre Mails zwar weiter bearbeiten, doch wird dieser Vorteil mit einer wachsenden Auslastung der Postfächer erkauft. Das andere Extrem ist das Verschieben und Löschen der E-Mail, wodurch Informationen nur noch im Archivsystem einsehbar sind. Dies entlastet zwar die Postfächer, doch ist für eine spätere Bearbeitung der Mails jedes Mal eine Wiederherstellung der archivierten Inhalte notwendig.

Als Mittelweg bieten unter anderem Saperion und GFT inboxx die Möglichkeit, in ihren Produkten Referenzen zu erzeugen. Die E-Mail-Nachricht (Header und Body) verbleibt dadurch im E-Mail-Posteingang, der Anhang hingegen wird durch einen Link ersetzt. Im Archiv lagern dann entweder nur der Anhang oder die gesamte E-Mail. Basisinformationen verbleiben so im E-Mail-Client und stehen dort für eine Recherche zur Verfügung, während sich gleichzeitig die Postfachgröße deutlich reduziert.

Drohender Informationsverlust

Nachteile dieses Ansatzes sind, dass weiterhin viele Elemente im Postkorb verbleiben (Übersichtlichkeit) und bei der alleinigen Archivierung der Anhänge ein Informationsverlust droht, da die Inhalte des Mailbodys nicht abgesichert werden. Es gibt daher in Produkten die Möglichkeit, ein mehrstufiges, regelgesteuertes Verfahren anzuwenden: Zuerst werden die E-Mails in den Postkorb zugestellt (und eventuell eine Kopie in das Compliance-Archiv geschrieben), dann die Anhänge oder die komplette E-Mail herausgelöst und durch Referenzen ersetzt und schließlich die Elemente im Posteingang des Anwenders gelöscht. Als Regeln können Zeitintervalle (beispielsweise Eingangsdatum der E-Mail), Größenbeschränkungen oder das manuelle Verschieben der Elemente in bestimmte Ordner des Posteingangs dienen.

E-Mails indexieren

E-Mails müssen verschlagwortet werden, da die notwendigen Informationen in den verschiedenen Bestandteilen der Nachricht (Betreff, Body, Anhang) verteilt sein können und eine übergeordnete Klassifikation fehlt. Bei der Indexierung der E-Mail-Inhalte gibt es verschiedene Verfahren: zum einen lassen sich die bestehenden Metadaten (Absender, Empfänger, Betreff, Versanddatum etc.) auslesen und in festgelegte Indexierungsfelder übernehmen. Diesen Ansatz unterstützen alle getesteten Archivierungssysteme. Des Weiteren kann man bei der manuellen Archivierung die Ablagestruktur nutzen, um anhand des Ablageordners Metadaten auf die eingestellten E-Mails zu vererben. Dabei lassen sich beispielsweise Projektnummern automatisch auf die einzelnen E-Mails übertragen.

Ferner ist es möglich, den Volltext der gesamten E-Mail zu indizieren. Dieser steht dann entweder für eine Inhaltssuche zur Verfügung oder lässt sich mit regelbasierten Verfahren weiter auswerten. Eine mathematische Inhaltsanalyse oder ein Abgleich mit Referenzwerten können so eine Posteingangsverteilung und eine damit verbundene Verschlagwortung gestatten. Eine weitere Option ist der Abgleich mit Fremdsystemen (ERP, CRM), um eine E-Mail einem bestimmten Kontext zuzuordnen. Ein Beispiel hierfür ist das optionale Modul "Intelligent Context Control" der Firma SER. Wer trotz aller automatischen Verfahren eine genauere Indexierung braucht, dem bleibt auch in den Archivlösungen immer noch die manuelle Verschlagwortung, bei der der Anwender aus Auswahllisten die zutreffenden Werte auswählen kann.

E-Mail-Response-Management

Neben E-Mail-Archivsystemen finden sich auf dem Markt Systeme für E-Mail-Response-Management (ERM). Diese unterscheiden sich in ihrem Funktionsumfang grundlegend von Archivsystemen, indem sie den Anwender vor allem bei der prozessbasierenden Beantwortung von elektronischen Nachrichten unterstützen sollen. Eingehende E-Mails werden dabei auf ihre Inhalte hin analysiert und anschließend klassifiziert. Anhand der Eigenschaften werden dann die E-Mails zugestellt (Routing). Das ermöglicht eine Weiterleitung der Nachricht an den für die unterschiedlichen Klassen zuständigen Mitarbeiter.

Der erhält zudem Hilfe wie beispielsweise automatisch erzeugte Textbausteine zum E-Mail-Inhalt. So lassen sich die Bearbeitungszeiten bei hoher Qualität der Antworten drastisch reduzieren. Darüber hinaus bieten Systeme für E-Mail-Response-Management Funktionsbausteine an, um das E-Mail-Aufkommen zu verringern. Dies sind beispielsweise Informationsportale auf Firmen-Web-Seiten, die Chat-Integration oder Co-Browsing-Mechanismen.

Die Einsatzgebiete von ERM-Systemen sind hauptsächlich der Kundensupport und Call-Center, wo sie für eine lückenlose Abarbeitung von Anfragen an Sammeladressen sorgen sollen. Anbieter solcher Systeme sind beispielsweise Inexso, ITyX Solutions, novomind, SER, Talisma und Xtramind, deren Software ebenfalls in der Barc-Studie gestestet wurden.

Informationen in E-Mails finden und nutzen

Die langfristige Archivierung löst nur einen Teil des E-Mail-Problems in Unternehmen. Mindestens genauso wichtig ist es, dass sich die in den elektronischen Nachrichten und den dazugehörigen Dateianhängen enthaltenen Informationen nutzen lassen. Hierfür müssen die Produkte leistungsstarke Recherchefunktionen bieten, die jedoch immer nur so gut sein können wie die Indexierung der E-Mails.

Auch sollten Anwender überlegen, ob sie die E-Mail-Verwaltung nicht zum Teil eines unternehmensweites Dokumenten-Managements machen. Dies bringt den wesentlichen Vorteil, das sich E-Mails zu Kunden- oder Projektakten von Mitarbeitern in ihre tägliche Arbeit einbeziehen lassen. Anwender, die eine E-Mail-Archivierung im Sinne eines unternehmensweiten E-Mail-Managements betreiben, können so einen deutlichen Mehrwert für alle Beteiligten schaffen. (as)

Zur Studie

Die neue Software-Evaluation "E-Mail-Management" des Business Application Research Center (Barc) beschreibt und bewertet Produkte verschiedener Hersteller in den Bereichen E-Mail-Management für E-Mail-Archivierung und E-Mail-Response-Management. Sie soll Unternehmen bei der Auswahl einer Softwarelösung an die Hand geben. Nach einem Überblick über den Markt und aktuelle Entwicklungen gibt die Studie einen Einblick in die Grundlagen von E-Mail-Management-Systemen und verdeutlicht deren Komponenten und Funktionen. Dabei stehen allgemeine Funktionen zur Verwaltung von E-Mails und deren gesetzeskonforme Archivierung im Fokus der Studie. Zudem werden E-Mail-Response-Systeme einbezogen. Anschließend wird aus den funktionalen und technischen Anforderungen an eine E-Mail-Management-Lösung ein Kriterienkatalog abgeleitet, der Unternehmen als Vorlage für einen eigenen Auswahlprozess dienen kann. Anhand dieser Kriterien hat Barc Produkttests vorgenommen, deren Ergebnisse in der Studie aufgeführt sind.

Folgende Produkte wurden untersucht:

Weitere Informationen

Zur Vertiefung des Themas E-Mail-Archivierung haben wir Ihnen hier eine Auswahl von Beiträgen der Computerwoche zusammengestellt: