E-Learning im Mittelstand

Bodenständiges Lernen

05.07.2004
Elf Projekte zeigen, wie auch mittelständische Unternehmen ihre Mitarbeiter schnell und billig fortbilden können. Die Bundesregierung fördert die Online-Lernformen.

"Eine E-Learning-Plattform funktioniert nur, wenn es eine ganz konkrete Aufgabenstellung gibt." Christine Höfer, EDV-Leiterin beim Dürener Hersteller für Gewebe und Anlagen, Andreas Kufferath GmbH, weiß, wovon sie spricht: Sie war zusammen mit Kollegen Test-User von Clear2B, einem von elf E-Learning-Projekten, die vom Bundeswirtschaftsministerium im großen Stil gefördert werden. Reinem Online-Lernen erteilt die EDV-Leiterin eine Absage: "Die Präsenztage waren für uns ganz wichtig. Hier wurden die Themen noch einmal aufgearbeitet und mit den Dozenten besprochen. Es konnten Kontakte geschlossen und mit anderen Nutzern Erfahrungen ausgetauscht werden."

Dirk Ablass, Referent für Neue Lernmedien bei der TÜV-Akademie Rheinland, sieht das ähnlich. Die TÜV-Akademie war eine der vier an dem Projekt beteiligten Firmen und lieferte die Lerninhalte zum Thema ITSicherheit. "Ohne die tutorielle Betreung wird das elektronische Lernen schnell zum Misserfolg", sagt Dirk Ablass. Die TÜV-Akademie wollte deshalb nicht die üblichen Wege gehen, sondern neue Ideen umsetzen. "Uns ging es darum, Lernprozesse anders abzubilden", sagt Ablass. "Wir haben sehr viel Wert gelegt auf Planspiele und das gemeinsame Bearbeiten von Gruppenarbeiten." Eine Form von E-Learning, die bei den Test-Usern gut ankam. "Der Lernerfolg war mindestens genauso gut wie bei Präsenzseminaren", sagt Ablass. "Das Problem ist allerdings, das Lernen in den Arbeitsalltag zu integrieren. Lernen und Arbeiten sollten parallel erfolgen und ineinander verwoben sein. Dieser Prozess ist sehr fragil."

Mix aus Präsenz- und Online-Lernen

Inzwischen ist das Projekt ausgelaufen, die TÜV-Akademie Rheinland vermarktet die Inhalte der von ihr betreuten Kurse IT-Sicherheit und Supply Chain Management. "Die Konzeption, die entwickelt wurde, haben wir in großen Teilen übernommen und an unser Geschäftsmodell angepasst. Man kann die beiden Kurse mieten", sagt Ablass. Allerdings ist Clear2B kein freies Wissenslearning-Angebot, wie man es sich gemeinhin vorstellt. "Das sind geschlossene Kurse im Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Lernen. Man bucht ganz klassisch ein Seminar, nur dass ein Teil online ist", erklärt Ablass.

Clear2b ist typisch für die E-Learning-Projekte, die im Rahmen der Initiative Lernet entwickelt wurden: Plattformentwickler, Didaktiker, Content-Lieferanten und Anwender arbeiten an einem Projekt, von dem vor allem der Mittelstand profitieren soll. Denn der Einsatz bisheriger E-Learning-Lösungen bringt Unwägbarkeiten für kleine Firmen. Der unübersichtliche Markt und die Angst vor hohen Kosten lassen viele zögern, ihre Mitarbeiter via E-Learning weiterzubilden. "Letztlich geht es bei Lernet-Projekten wie Clear2B darum, Firmen zu unterstützen, für die eigene E-Learning-Angebote zu aufwändig sind - sowohl in der Herstellung als auch in der Durchführung", sagt E-Learning-Experte Ablass. Lernet-Projekte verschlanken die Herstellung durch Baukastenmodelle, Wiederverwendung von Content, standardisierte Workflows und den Einsatz fortschrittlicher Entwicklungswerkzeuge, wie etwa innovative Autorensysteme. Hinzu kommt die Orientierung hin zu Geschäftsmodellen, die sich an den wirtschaftlichen Möglichkeiten vieler kleiner Betriebe ausrichten.

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