Strategien


Bistum Münster

Einheit für die Kirche

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
T-Systems führt als Referenzkunden in Sachen Web-Services das Bistum Münster an. Die Diözese zeigt, wie mit geringen Mitteln ein Portal für 780 kirchliche Einrichtungen entstehen kann.

Der Sprecher des Bischofs ist zunächst irritiert: "Web-Services? Ich weiß gar nicht, was das ist." Dann verweist er auf das neue Portal des Bistums: "Kirchensite.de" steht seit diesem Sommer im Internet und weist den Weg in eine Welt mit weniger Schnittstellenproblemen. "Gerade eine karitative Einrichtung sollte eine Technik anstreben, die Grenzen überwinden kann", sagt Henning Bargatzki, Web-Administrator bei der Kirchensite. In Teilen ist das den Kirchenmännern gelungen. Allerdings stehen sie bei den 780 Gemeinden und Bildungseinrichtungen der Diözese auch nicht vor der Aufgabe, aufwendige Backend-Systeme einbinden zu müssen. "Wir sind nicht mit einem Konzern vergleichbar", räumt Bargatzki ein, wobei die 2,1 Millionen Kunden (Katholiken) im Bistumsgebiet diesen Vergleich durchaus nahe legen.

Die Macher der Kirchensite haben mithilfe von T-Systems eine mandantenfähige Portallösung etabliert. Bislang wurschtelten sich die einzelnen Einrichtungen mit eigenen Content-Management-Systemen (CMS) durch. Jetzt greifen sie - wenn sie wollen - mit der Lösung HD Content der Firma Hammerdeals auf einen Web-Server der Telekom zu. Mitglieder verschiedener Gemeinden können so gleichzeitig an ihren Online-Auftritten arbeiten und diese untereinander abstimmen. Norbert Göckener, Redaktionsleiter der Kirchensite, lobt besonders den Terminkalender im Netz: "Neulich hat mir jemand aus der Erwachsenenbildung erzählt, dass er eine Veranstaltung zur Pisa-Studie organisiert hat, ohne zu wissen, dass 30 Kilometer weiter ein Kollege am selben Tag das Gleiche tat." Mit solchen Informationslücken soll jetzt Schluss sein.

Wenn in Zukunft eine Bildungseinrichtung wie das kürzlich 50 gewordene Franz-Hitze-Haus in Münster Geburtstag feiert, dann kann der Website-Verantwortliche per Mausklick nur die eigenen oder gleich alle Nutzer der Kommunikationsplattform Kirchensite davon unterrichten. Nicht immer werde dies gewünscht, räumt Göckener ein. Weiterbildungsanbieter verzichteten zum Teil darauf, Kurse einer benachbarten Akademie auf ihrer Website anzukündigen. In diesem Punkt ähneln sich Einrichtungen der katholischen Kirche und Abteilungen eines Konzerns. Im Workflow des CMS ist deshalb vorgesehen, dass die lokal agierenden Website-Betreiber Meldungen aus der Nachbargemeinde oder von der Kirchensite, sozusagen der Mantelredaktion im Bistum, auch ablehnen können.

Genauso können auch die Mitarbeiter der Kirchensite-Redaktion entscheiden, wie sie mit Fürbitten umgehen, die unter der Rubrik "Wir beten für Sie" bei der zentralen Site auflaufen. Ein Redakteur schaltet sie für die Website frei, wenn sie für die Öffentlichkeit bestimmt sind, oder er leitet sie direkt an die Klarissenschwestern in Kevelaer oder die Hiltruper Missionsschwestern weiter, wenn der Absender um Diskretion gebeten hat. Die Schwestern lesen dann vor ihrem Gebet die E-Mails mit den Fürbitten, die ihnen aus der zentralen Datenbank in Kiel zukommen.

Das Bistum Münster hat diese Lösung mit der Programmiersprache Hypertext Preprocessor (PHP) auf einem Apache-Server unter Verwendung von My SQL realisieren lassen. "Kann ich nur weiterempfehlen", lobt Bargatzki. Die Open-Source-Software PHP sei einfach zu lernen, sehr wandlungsfähig und natürlich günstig. "Primär ging es uns aber um die Server-Seitigkeit des Systems", sagt Bargatzki. "Kein User braucht das Java Runtime Environment oder Ähnliches auf seinem Rechner, um sämtliche Funktionalitäten ausschöpfen zu können."

Der Web-Administrator hält Java für eine schöne, aber langsame Sprache, und die Alternative ".net" nennt er "besser als so manches, was bislang aus dem Hause MicrosoftMicrosoft kam, allerding immer noch nicht ausgereift und im Preis-Leistungs-Verhältnis zu unausgewogen". Aus diesen Gründen hat das Bistum dem Dienstleister T-Systems den klaren Auftrag erteilt, mit PHP zu arbeiten. Dort hätte man zwar lieber eine Middleware eingesetzt, die mehr Sicherheit bietet; auch die Lastverteilung im Routing hätte man sich mit einer anderen Lösung als PHP besser vorstellen können. Aber aufseiten der Kirche besteht nicht der Bedarf an Sicherheit, wie ihn eine Bank hat. Und auch die Lastspitzen gleichen nicht denen einer Medien-Site, die WM-Endspiele abfangen muss. Fürbitten tröpfeln über den Tag verteilt durch das System. Ob sie wirklich ein gutes Beispiel für Web-Services sind, sei dahingestellt. "Die Grundlagen dafür sind mit dieser Lösung auf jeden Fall geschaffen", meint Administrator Bargatzki. Da sage noch einer, die katholische Kirche sei neuen Ideen gegenüber nicht aufgeschlossen. Alles zu Microsoft auf CIO.de

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