Analysten-Kolumne

BI-Angebot am deutschen Markt - eine Bestandsaufnahme

13.09.2006 von Tina Turpeinen
Die heterogene Struktur des deutschen Marktes für Business-Intelligence-Software wurde in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Interessenlagen heraus beleuchtet. Grafische Übersichten sollen nun die Zuordnung der BI-Lösungen und Leistungssegmente der Anbieter innerhalb der vielfältigen BI-Landschaft erleichtern.

Allein im Themenbereich Business-Intelligence-Anwender-Werkzeuge (d.h. Tools für Reporting, Ad-hoc-Analyse, Planung sowie Data Mining) agieren mehr als 100 Anbieter auf dem deutschen Markt. Dazu gibt es BI-Anbieter für Datenintegration, Datenqualität, Datenspeicherung und Metadaten-Management, um nur einige der Teilbereiche zu nennen.

Um eine verständliche Struktur sowohl der Anbieterprofile als auch von deren Leistungsspektrum zu schaffen, hat die Lünendonk GmbH ein Modell für den BI-Markt entwickelt. Damit können Kundenunternehmen prüfen, welche unterschiedlichen BI-Lösungen sie von verschiedenen Anbietern beziehen können. Die gesamte BI-Anbieterseite wurde zunächst in zwei Blöcke aufgeteilt:

Die BI-Technologielösungen umfassen Systeme für die folgenden fünf Segmente:

Hierbei geht es um "pure" Business-Intelligence-Werkzeuge, unabhängig von unterschiedlichen konkreten Einsatzgebieten in Kundenunternehmen.

Der zweite Block der Added-Value-BI-Lösungen umfasst einerseits die Anbieter von allgemeinen Fachlösungen und andererseits Anbieterunternehmen für Branchenlösungen mit konkretem Branchenfokus. Mit Fachlösungen können unterschiedliche Branchen bedient werden beziehungsweise ein Unternehmen aus einer bestimmten Branche verwendet einige oder alle Fachlösungen. Hier wird der erste BI-Technologieblock auf die "Businessebene" gebracht und mit verschiedenen applikationsorientierten Lösungen angereichert. Branchenlösungen können beispielsweise die Branchen Industrie, Banken/Versicherungen, Öffentlicher Dienst, Gesundheit, Energie/Verkehr, Telekommunikation oder Handel als Schwerpunkt haben.

Die Fachlösungen, die der Schwerpunkt-Branche angeboten werden, sind zum Beispiel nach folgenden Kategorien geordnet: Performance Management/Scorecards; Risk Management/Compliance; Konsolidierung/Planung/Budgetierung; Marketing/Sales/CRM; Produktion/Supply Chain und IT-Controlling. In der Praxis ist es außerdem möglich, fertige Branchenmodule (beispielsweise für Versicherungsunternehmen) herzustellen und diese durch Adaption auch anderen Branchen anzubieten. Möglich ist auch eine modulare Baukastenlösung, bei der beispielsweise die Module "Marketing, Sales, CRM" und "Risk Management" sofort eingeführt werden und das Modul "Performance Management/Scorecards" später.

Konsolidierung innerhalb der Lösungsbereiche

Die derzeitige Tendenz scheint weg von "Best of Breed" in Richtung Business-Intelligence-Suites zu gehen. Allein in diesem Jahr haben sich unter anderen Anbieter für Datenintegration und Datenqualität zusammengeschlossen, beispielsweise Informatica und Similarity Systems. Diese Akquisition erlaubt dem Datenintegrationsspezialisten Informatica, nun Lösungen für Datenbereinigung und Datenanalyse anzubieten.

Auch Business Objects erweiterte durch den Erwerb von Firstlogic sein Angebotsspektrum um eine Lösung für die Datenqualität. Zudem übernahm der IT-Infrastrukturanbieter Sybase die Solonde AG, einen Spezialisten für die Datenintegration. In wieweit die hier genannten zugekauften Software-Komponenten mit den Kernprodukten der Hersteller zu Suites aus "einem Guss" entwickelt werden können, bleibt abzuwarten. Die unternehmensweiten BI-Suites als die höchste Form von Konsolidierung umfassen die kompletten Blöcke "BI-Technologielösungen" und "BI-Value-Added-Lösungen" mit allen Facetten.

Angebotsstruktur am BI-Markt in Deutschland: Leistungssegmente

Bei der Analyse des Leistungsspektrums der BI-Unternehmen wird der Unterschied zwischen den klassischen und den Anbietern von Zusatzlösungen deutlich. Die Leistungssegmente der klassischen BI-Anbieter bestehen in erster Linie aus Entwicklung und Vertrieb eigener BI-Standard-Software, Standard-Software-Einführung (der selbst hergestellten BI-Software), Software-Wartung und Support sowie Training und Schulung.

Zu ihren hauptsächlichen Aufgabenfeldern gehören nicht IT-Beratung, Entwicklung und Vertrieb von Nicht-BI-Software oder Managementberatung. Diese Leistungen werden von Unternehmen angeboten, die unter anderen Schwerpunkten auch BI-Know-how besitzen und in der Regel mit den BI-Software-Herstellern kooperieren. BI-Plattform-Anbieter dagegen bieten ihren Kunden neben dem gesamten Leistungsspektrum der klassischen Anbieter zusätzlich Systemintegration (der Fremdlösungen) sowie Individual-Software-Entwicklung beziehungsweise Customizing und teilweise auch IT-Beratung aus einer Hand an.

Evolution am Markt für Business Intelligence

Es bleibt abzuwarten, wie weit die Marktkonsolidierung voranschreitet. Bei einer Best-of-Breed-Strategie hat man aus Kundensicht die bestmöglichen spezifizierten Lösungen für jedes betriebliche Aufgabenfeld, jedoch kann die Systemlandschaft unübersichtlich werden und es kann schwierig sein, die Systeme aufeinander abzustimmen. Gerade die Reduzierung der Komplexität steht heute bei Business Intelligence ganz oben auf der Agenda. Letztendlich dient BI originär dem Ziel, aus einer immer schneller wachsenden Datenflut die für fundierte Entscheidungen relevanten Informationen herauszufiltern.

Setzt man alles auf einen Plattform-Anbieter, erhält man dessen breiteres Know-how und man kann in der Regel Kosten in Betrieb und Wartung reduzieren. Als Risiko könnte in dem Fall die Abhängigkeit an die künftigen Entwicklungspotenziale eines einzigen Anbieters sein.

Tina Turpeinen ist Consultant bei der Lünendonk GmbH in Bad Wörishofen.