CIOs profitieren von mehr Auswahl und Flexibilität

Business Intelligence: Open Source mischt den Markt auf

13.06.2008 von Christiane Pütter
Es wird eng im BI-Becken: Dickschiffe wie IBM/Cognos, SAP/Business Objects oder Oracle/Hyperion bekommen Konkurrenz von Open-Source-Anbietern. Und deren Lösungen sind nicht selten die passenderen, wie die Analysten von Aberdeen herausgefunden haben. Auch ihre deutschen Kollegen sprechen Open Source wachsenden Einfluss zu.
Das Ranking diverser Anbieter nach besonders erfolgreichen ("Best in Class"), durchschnittlichen und weniger erfolgreichen ("Laggards") Anwendern geordnet.

Zunächst einmal sorgt das Auftauchen der diversen Open-Source-Anbieter für Verwirrung: Was können ihre BI-Lösungen, was nicht? Was kostet die Software? Welche Technologie liefern die Anbieter? Um eine Bresche durch den BI-Dschungel zu schlagen, haben die Analysten von Aberdeen einige Player miteinander verglichen.

In diesem Vergleich wurden die Studienteilnehmer in besonders erfolgreiche Unternehmen ("Best in class"), Durchschnitt und Schlusslichter ("Laggard") eingeteilt. Als Kriterien gelten Dauer und Budget-Treue eines BI-Projektes sowie die Kosten pro Nutzer.

Auf die Frage, von welchen Anbietern gekauft wird, zeigt sich folgendes Bild: Im Schnitt aller Befragten führt Information Builders mit 65 Prozent der Nennungen. Es folgen SAS mit 58 und IBM/Cognos mit 57 Prozent. Werden aber die Angaben der "BiCs" gesondert betrachtet, liegen Microstrategy mit 65 und Qlik Tech mit 55 Prozent vorn. Gleich dahinter rangieren die Open-Source-Anbieter Pentaho mit 48 und Jaspersoft mit 41 Prozent. Aber: Jaspersoft ist mit 36 Prozent der Stimmen auch die erste Wahl unter den Schlusslichtern.

Kommentar der Analysten: Open Source scheint etwas für die Extreme zu sein - bisher.

Die Autoren der Studie haben den Aspekt der Gesamtkosten näher unter die Lupe genommen. Dazu zählen direkte Kosten wie Ausgaben für Lizenzen und Implementierung sowie indirekte Kosten, etwa Daten-Integration, Ease-of-use aus Sicht der Endnutzer und die Frage, wie sich der Zugriff der User gestaltet.

Gründe für das Ermitteln der Gesamtkosten von BI-Projekten

Wer den Gesamtkosten auf die Spur kommen will, tut das aus verschiedenen Motiven. So brauchen die besonders erfolgreichen Unternehmen diese Information vor allem deswegen, weil künftig mehr Endanwender mit BI-Lösungen arbeiten sollen (38 Prozent der Nennungen). Das ist aber nur für 32 Prozent der Jaspersoft-Kunden ausschlaggebend beziehungsweise für 27 Prozent der Pentaho-Kunden.

Die Open Source-Befürworter legen vor allem auf eine billigere Implementierung wert (41 Prozent der Jaspersoft- und 36 Prozent der Pentaho-Kunden). Das sagen nur 26 Prozent der BiCs.

Die schwierige Gesamtkostenfrage

Die Analysten vom Business Application Research Center (BARC) in Deutschland geben allerdings zu Bedenken, dass die Gesamtkosten eines BI-Projektes letztlich sehr schwer zu erfassen sind. "Open Source reduziert auch nur die Lizenzkosten an den Anschaffungskosten", so BARC-Geschäftsführer Carsten Bange. Die bildeten aber, gerade über längere Laufzeiten gesehen, nur einen Bruchteil der Ausgaben.

Prioritäten beim BI-Einsatz

In einem Punkt herrscht jedoch Einigkeit: Jeder dritte der Aberdeen-Studienteilnehmer erwartet sich eine bessere Integration von Daten aus verschiedenen Quellen. Und genau das kommt Open Source zu Gute, so Mario Zillmann, Junior Consultant bei Lünendonk. "Insbesondere das Schnittstellen-Management rückt bei BI-Projekten zunehmend in den Fokus", sagt er. "Da können Open-Source-Anbieter ihre Chance nutzen, sich als Spezialanbieter und somit auch als Partner der großen Software-Unternehmen stärker am Markt zu positionieren."

Blick auf die Bereiche, in denen BI unterstützen soll

Ein weiteres Ergebnis der Aberdeen-Studie: Sowohl bei den überdurchschnittlich erfolgreichen Firmen, als auch bei den Jaspersoft- und Pentaho-Kunden stehen traditionelle Reporting- und Analyse-Tools (Abstammungsdaten) ganz oben auf der Liste. Es folgen Datenintegrations-Werkzeuge und Dashboards. Allerdings legen die Open Source-Verfechter deutlich mehr Wert auf "operative BI" wie Real- oder Near-real-Time-Analyse-Tools.

Schließlich wollten die Analysten wissen, in welchen Bereichen die BI-Software eingesetzt wird. Das variiert nur zum Teil. So haben sowohl bei den BiC-Unternehmen als auch bei den Pentaho-Anhängern Sales Analysis und Kundenbindungs-Management Vorrang. Für Jaspersoft-Kunden sind es dagegen Performance Management und Produkt-Marketing.

Der Nutzen der Software steht und fällt mit den Usern

Aberdeen leitet aus den Angaben der Unternehmen folgende Tipps ab:

- Grundlage jedes geglückten BI-Einsatzes sind profunde Methoden, um die Projektkosten zu tracken und zu messen. Motto der Analysten: "You cannot manage what you do not measure." Häufig mache erst das Zusammenstellen entsprechender Check-Listen deutlich, wo es im Unternehmen hakt.

- Im Mittelpunkt ist und bleibt der Mensch. Konkret: Wichtiger als die Frage nach Features und Funktionalitäten ist eine systematische Analyse der Anwender-Bedürfnisse.

- CIOs sollten den BI-Markt genau beobachten und von den neuen Anbietern profitieren.

Dabei sollte vor einem großangelegten Einkauf ein Pilot-Projekt gestartet werden. Genau da zeigen sich zum Beispiel die Vorteile der Open-Source-Anbieter: Sie bieten häufig voll funktionsfähige Software-Module im freien Download an.

Mario Zillmann, Junior Consultant bei Lünendonk: "Es wird bei BI künftig weniger um Technik gehen, als vielmehr um eine umfassende Unternehmenssteuerung."

Mario Zillmann rechnet nicht damit, dass sich Open Source-Anbieter zur ernstzunehmenden Konkurrenz für SAP oder Oracle entwickeln. Er erwartet eher, dass die Dickschiffe ihr Portfolio Schritt für Schritt zum Komplettanbieter für die ganzheitliche Unternehmenssteuerung ausbauen. Denn, so Zillmann, der Blick auf BI verändert sich: "Es geht künftig weniger um Technik, als vielmehr un eine umfassende Unternehmenssteuerung."

Open Source und das Establishment: Die Unterschiede verringern sich

Auch die Analysten von BARC trauen Open Source zwar künftig eine größere Rolle zu, wenden aber ein, dass sich dieses Geschäftsmodell mit der Professionalisierung der Anbieter immer weniger von den etablierten Anbietern unterscheidet. Dazu Carsten Bange: "Gerade aus Marketingzwecken und um einen ersten Fuß in die Tür zu bekommen, scheint es sich gut zu eignen."

Bange schätzt, dass Giganten wie SAP oder Oracle versuchen werden, Open Source in ihre Lösungen und Geschäftsmodelle zu integrieren. Zugleich stellt er klar: "Bis Open Source Lösungen ernsthaft ein Portfolio und eine Funktionsdichte wie SAP oder Oracle erreichen, wird noch einiges an Zeit vergehen."

Aberdeen hat für die Analyse "Open Source Business Intelligence (OSBI) customers reveal best-in-class capabilities when it comes to managing the TCO of BI" mit 73 Unternehmen gesprochen, die Lösungen von Jaspersoft oder Pentaho nutzen. Deren Aussagen wurden mit denen von rund 400 weiteren Firmen verglichen, die bisher keine Open Source Software verwenden.