Expertenanalyse

ERP-Systeme zu langsam für das Business?

24.02.2011 von Martin Bayer
Die Anforderungen des Business an die ERP-Systeme steigen. Ob die aktuell betriebenen Anwendungen den neuen Herausforderungen gewachsen sind, bezweifeln Experten.
Wunsch und Wirklichkeit klaffen beim Enterprise 2.0 auseinander.
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Moderne Unternehmen haben ihre Prozesse im Griff und ihre IT-Architektur strikt an den Geschäftszielen ausgerichtet. Moderne Unternehmen sind in der Lage, mit Hilfe einer flexiblen IT ihre Geschäftsabläufe je nach Marktanforderung schnell zu verändern und neu zu justieren. Moderne Unternehmen können auf Basis von einfach anpassbaren IT-Lösungen jeden Grad an Komplexität im täglichen Business meistern.

So weit die Theorie vom agilen Unternehmen oder Enterprise 2.0, die Wirtschaftsexperten, Berater und Analysten seit Jahren predigen. Wie ein agiles und flexibles Unternehmen funktionieren sollte, ist im Grunde bekannt, genauso wie die zugrunde liegenden Zusammenhänge zwischen Business und IT. Doch die Realität sieht anders aus. Das hat man spätestens im zurückliegenden Krisenjahr gesehen, als viele Firmen gezwungen waren, ihr Geschäftsmodell, ihre Prozesse und ihre interne Organisation auf den Prüfstand zu stellen. Ein geordnetes "Change Management" beziehungsweise eine "Business Transformation", wie es im guten Beraterdeutsch heißt, gelang den wenigsten Firmen. Im Gegenteil: Panikreaktionen und Aktionismus bestimmten das Handeln und die Strategie vieler Firmenlenker.

Sieben Tipps zur ERP-Auswahl
1. Geschäftsprozesse analysieren:
Identifizieren Sie in einem ersten Schritt nur die unternehmenskritischen Geschäftsprozesse, die das ERP-System abbilden soll. (Foto: olly/Fotolia.com)
2. Spezifika vergleichen:
Erkennen Sie, wo die Spezifika der Branche im Allgemeinen und die Stärken Ihres Unternehmens im Speziellen liegen. (Foto: thoro/Fotolia.com)
3. Alte Zöpfe abschneiden:
Modellieren Sie optimale Arbeitsabläufe und stärken Sie das Zusammenspiel zwischen allen Unternehmensbereichen. (Foto: Inter-Stilist/Fotolia.com)
4. Vorauswahl treffen:
Vergleichen Sie die infrage kommenden Software-Systeme unter Berücksichtigung der zu erwartenden Lizenz- und Wartungskosten. (Foto: 3d kot/Fotolia.com)
5. Professionelle Vergabe:
Formulieren Sie präzise, vollständige und übersichtliche Ausschreibungsunterlagen, die Sie idealerweise direkt in den späteren Vertrag übernehmen können. (Foto: L. Tus/Fotolia.com)
6. Bietergespräche führen:
Lassen Sie berechtigte Ansprüche in den Verhandlungen nicht aufweichen. Fordern Sie aber auch nichts, was der technische Realisationspartner fachlich nicht leisten kann oder möchte. (Foto: endostock/Fotolia.com)
7. Vertrauen aufbauen
Treffen Sie die Wahl des technischen Realisationspartners zügig und betrachten Sie den ERP-Wechsel als Chance, Ihr Unternehmen zu stärken.

Die ERP-Herausforderungen

"Firmen müssen heute schnell auf Herausforderungen in ihrem Geschäftsumfeld reagieren können", sagt Axel Schoth, verantwortlich für das ERP Innovation Lab am Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH). Für die Unternehmen werde es immer schwieriger, sich im Markt von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Dabei gehe es längst nicht mehr allein um die Produkte. Auch Dienstleistungen und Services spielten im Portfolio-Mix eine immer wichtigere Rolle. "Das wirkt sich auf die IT-Systeme aus", so der Softwareexperte. ERP müsse eng an den Prozessen sein und sich schnell an Veränderungen anpassen lassen.

"Die Herausforderungen für die Firmen steigen", beobachtet auch Markus Heinen, Leiter der Management-Beratung bei Ernst & Young Advisory Services. Speziell die Wirtschaftskrise habe dazu geführt, dass Unternehmen ihr Geschäftsmodell und ihre Geschäftsprozesse im Grunde laufend hinterfragen müssten. Die Organisationen seien zunehmend gezwungen, sich ständig neu zu justieren und immer wieder neu zu erfinden. "Die Dynamik ist mittlerweile extrem stark", sagt Heinen. "Die in den vergangenen Jahren viel beschworene Globalisierung ist angekommen - bei den Konzernen, aber auch im Mittelstand."

Darüber hinaus stehen die Firmen heute vor der Herausforderung, Organisation und Prozesse auf neues Wachstum zu trimmen, berichtet Martin Arnoldy, SAP- und ERP-Experte in IBMs Beratungssparte Global Business Services. Viele Unternehmen seien davon überrascht worden, wie schnell die Wirtschaft wieder anzieht. Haben die Verantwortlichen in der Krise hauptsächlich die Kosten im Blick gehabt, gehe es jetzt vor allem darum, die Geschäftsprozesse für die laufende Wachstumsphase richtig zu unterstützen. "Das muss vor allem jetzt schnell passieren", sagt Arnoldy.

Die ERP-Anforderungen

"Die ständigen Geschäftsmodellanpassungen erfordern eine hohe Flexibilität im ERP-System", folgert Ernst-&-Young-Partner Heinen. Business-Anwendungen müssten sich zügig anpassen lassen. ERP-Hersteller und Anwender sollten daher das Thema Agilität stärker in den Vordergrund rücken. Es gehe darum, die Softwarelösungen zu dynamisieren und anpassbarer zu machen. Heinen nennt in diesem Zusammenhang Stichworte wie "Enterprise 2.0" oder "Agile Enterprise". Diese Schlagworte verblassten jedoch schnell, wenn die Unternehmen nicht in der Lage seien, die dahinterstehenden Ideen in ihren Softwaresystemen abzubilden.

Beispielsweise müssten Unternehmen heute ihre Mitarbeiter, Abteilungen, Niederlassungen und Geschäftsbereiche intern viel stärker miteinander vernetzen, aber auch extern Partner und Kunden in das firmeneigene Ökosystem einbinden. Eine Integration mit vielen unterschiedlichen Schnittstellen sei jedoch falsch, warnt Heinen. Das schaffe Abhängigkeiten, sei nur schwer zu verwalten und erhöhe drastisch die Komplexität. Die Unternehmen benötigten vielmehr dynamische Systeme, die es erlaubten, diese Verbindungen schnell und flexibel aufzubauen und auch wieder zu entflechten.

Die ERP-Systeme steckten in einem Spannungsfeld, ergänzt Jan-Henning Krumme, ERP-Experte von Accenture. Angesichts der weiter anhaltenden Konsolidierung in einigen Branchen sowie der noch nicht abgeschlossenen Globalisierung müssten die Firmen ihre Integrationsanstrengungen verstärken. Für die erforderliche Konsolidierung böten sich im Grunde zentrale ERP-Monolithen an. Auf der anderen Seite wachse jedoch der Bedarf, Prozesse schnell und flexibel ändern zu können. Zwei Ansprüche, die sich nur schwer unter einen Hut bekommen lassen - ein ERP-Dilemma.

Das ERP-Problem

Die meisten ERP-Systeme sind von ihrer Historie her viel zu statisch und zu starr. Service-orientierte Architekturen (SOA) haben dies noch nicht hinreichend gelöst. Anpassungen im Zuge einer Business Transformation fallen den Firmen nach wie vor schwer. "ERP muss zum Technologie- und Innovationshebel werden und darf kein Hinderungsgrund für erforderliche Business Transformationen mehr sein", mahnt Heinen.

Professor Arnold Picot: "ERP-Systeme können nur begrenzt unternehmensübergreifend arbeiten."

Viele ERP-Systeme wurzelten entwicklungsgeschichtlich in der industriellen Welt, erläutert Arnold Picot, Professor und Leiter des Instituts für Information, Organisation und Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für andere Bereiche wie Wissens-Management und Dienstleistungen, die für die Wertschöpfung immer wichtiger würden, seien diese Applikationen nur bedingt tauglich. Heute gehe es vor allem darum, Information und Kommunikation innerhalb der Unternehmen, aber auch mit Kunden und Partnern richtig zu steuern. Diese Prozesse seien üblicherweise nicht in den Referenzarchitekturen der ERP-Anbieter hinterlegt. "ERP-Systeme können nur begrenzt unternehmensübergreifend arbeiten", so Picots Fazit. Dabei stellten gerade die Vernetzung mit Kunden und Partnern sowie der damit zusammenhängende Datenaustausch eine der größten IT-Herausforderungen dar, der sich Unternehmen heute stellen müssten.

Doch das sei dem Management oft gar nicht bewusst, warnt FIR-Experte Schoth. "Viele Firmenlenker nehmen gar nicht wahr, wie wichtig ERP für ihr Unternehmen ist." Letztlich steuere das ERP-System aber sämtliche grundlegenden Prozesse. Je nachdem, wie effizient die Software die Abläufe unterstützt, funktionieren sie besser oder schlechter. Viele Manager wissen das nicht. Sie sehen laut Schoth ERP als Tool, das einfach funktioniert und genau das macht, was sie wollen.

"Das kann die IT jedoch nicht erfüllen", stellt Schoth klar. IT glänze in der Regel nicht gerade als Innovationstreiber in den Unternehmen. Das liege jedoch nicht am fehlenden Eifer der IT-Abteilungen. Schuld daran sei meist die Komplexität der Systeme. "Es ist nicht trivial, diese miteinander zu verbinden, zu integrieren und zu verändern." Schließlich kostet dieser Aufwand auch Geld - und das war gerade im vergangenen Jahr bei den Finanzchefs kaum locker zu machen.

Die ERP-Lösung

Ein Patentrezept, wie die ERP-Herausforderungen zu lösen sind, gibt es nicht. In den vergangenen Jahren haben die Hersteller das Konzept der Service-orientierten Architekturen als zukunftsweisenden Weg hin zu flexiblen und agilen ERP-Systemen präsentiert. Die schwerfälligen Softwaremonolithen sollten in modulare Softwareservices zerschlagen werden, die sich auf Basis einer Integrationsplattform beliebig zu individuellen ERP-Landschaften konfigurieren lassen sollten.

So weit die Theorie. "Die Hersteller haben die Versprechen im Zusammenhang mit den Service-orientierten Architekturen nie eingelöst", lautet die ernüchternde Bilanz von Schoth. SOA bilde im Grunde nur eine technische Grundlage. Die Anbieter hätten sich jedoch inhaltlich einigen müssen, wie die Systeme miteinander agieren. Erst mit einer inhaltlichen Standardisierung lasse sich beispielsweise die Finanzbuchhaltung eines Softwareherstellers mit der Produktionsplanung eines anderen Anbieters relativ einfach kombinieren. Der Softwareexperte fordert Standards, wie die einzelnen Systeme Informationen und Inhalte miteinander austauschen. "Informationen müssen von A nach B geschafft werden. Das klingt einfach und trivial, ist es in komplexen Business-Softwareumgebungen aber nicht."

"Die ERP-Anbieter haben es nicht verstanden, ihre Systeme zu öffnen", kritisiert der FIR-Experte. Offenbar löse dies bei den Herstellern Ängste aus. Sie fürchten, austauschbarer zu werden und nicht mehr selbst das ganze Geschäft um ihre Plattform herum zu machen. Der Experte vergleicht ein mögliches ERP-Szenario mit dem Apps-Geschäft auf mobilen Plattformen. Apple habe seine Plattform geöffnet und anderen Anbietern die Möglichkeit geben, Produkte dafür zu entwickeln. Davon profitierten alle Beteiligten, nicht zuletzt Apple selbst.

Allerdings sollte eine solche Öffnung möglichst standardisiert erfolgen, schränkt Schoth den Vergleich ein. Davon könne auch im App-Geschäft keine Rede sein. Drittanbieter müssen ihre Produkte einmal für Apple und dann wieder für andere Plattformen wie Android separat anpassen. Diesen Aufwand gelte es gering zu halten. Drittanbieter hätten in aller Regel nicht die Ressourcen, ihre Produkte aufwendig für jede Plattform anzupassen.

Agilität lässt sich auch durch Cloud-basierende Ansätze erzeugen. Immer mehr ERP-Anbieter gehen dazu über, komplette Lösungen beziehungsweise einzelne ERP-Teile als Softwareservices in der Cloud anzubieten. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass Unternehmen von heute auf morgen ihre laufenden ERP-Systeme abschalten und in die IT-Wolke abwandern. Experten gehen vielmehr davon aus, dass Anwender zunächst mit einzelnen Services experimentieren beziehungsweise Teile ihres ERP-Systems aus der Cloud beziehen, um Erfahrungen zu sammeln.

Bevor es so weit ist, müssen die Unternehmen aber noch ihre ERP-Hausaufgaben erledigen. Um sich auf das Cloud-Zeitalter vorzubereiten, gelte es, zu konsolidieren, zu harmonisieren und zu standardisieren, mahnt IBM-Experte Arnoldy. Aus seiner Sicht werden die Unternehmen ihren ERP-Kern zunächst weiter selbst betreiben, ihn aber um Cloud-Services erweitern. Accenture-Mann Krumme sieht es ähnlich: Die Prozesse in den einzelnen Unternehmen seien teilweise so komplex, dass der Bedarf für individuelle ERP-Systeme, die sich so nicht aus der Cloud beziehen ließen, nach wie vor bestehe. Rund um diesen ERP-Kern sieht auch Krumme Potenzial für Cloud-Lösungen, beispielsweise um Niederlassungen und Außenstellen mit ERP-Funktionen zu versorgen oder sehr spezifische Funktionen abzudecken, die das Standard-ERP nicht biete. Commodity-Aufgaben wie beispielsweise Reisekostenabrechnungen könnten als externe Services ebenfalls effizienter und günstiger abgewickelt werden.

Wie stark die Cloud das ERP-Geschäft beeinflussen wird, darüber sind sich die Experten nicht einig. "Die Frage, wo die Unternehmen ihre Software und Informationen vorhalten sollen - intern oder extern - lässt sich momentan noch nicht abschließend beantworten", sagt Heinen von Ernst & Young. Man müsse abwarten, wie vertrauenswürdig die Clouds letztlich sein werden. Vielleicht werden unkritische Daten, die Unternehmen in ihrem Ecosystem verteilen möchten, in die Cloud wandern und kritische Daten im Haus bleiben. Das erfordere allerdings die Einrichtung einer Art Clearing-Stelle, die entscheidet, welche Informationen wie verteilt werden. Dabei spielen auch Themen wie Risiko-Management, Compliance und Datensicherheit eine wichtige Rolle, "was die Geschichte letztendlich auch wieder ein ganzes Stück komplexer macht. Letztlich werden die Unternehmen, die die steigende Komplexität am besten managen, die Gewinner sein."

Auch Accenture-Mann Krumme glaubt nicht, dass mit der Cloud eine ERP-Revolution losgetreten wird. Gerade mit der zunehmenden Globalisierung bräuchten die Anwender auch global ausgerichtete ERP-Provider, die dementsprechend mehrsprachige und mehrmandantenfähige Systeme aus der Cloud anbieten könnten. Das sei bislang in den seltensten Fällen gegeben.

IBM-Manager Arnoldy kann sich indes vorstellen, dass ERP-Systeme künftig als Commodity ohne große Wettbewerbsrelevanz betrachtet werden. Diese Anwender könnten offener für neue Sourcing-Modelle sein und eher nach Dienstleistern für den ERP-Betrieb suchen. In die gleiche Kerbe schlägt ERP-Experte Schoth: "Ob IT beziehungsweise einzelne Komponenten intern oder extern betrieben werden, wird künftig nicht mehr relevant sein." Technisch ließen sich beide Welten schon heute kombinieren. Wichtigster Maßstab werde der Nutzen sein: Die IT und deren Systeme müssen schnell auf Business-Anforderungen reagieren können.

Das ERP-Fazit

Themen wie Cloud Computing und Software as a Service bringen frischen Wind in die Softwarelandschaft. Zwar bemühen sich die etablierten Softwarehersteller, ihre ERP-Lösungen zu modernisieren und auf die kommenden Herausforderungen auszurichten, so einfach, wie es sich anhört, ist das allerdings nicht. Nach wie vor schleppen die Anbieter Altlasten in ihrer Produktentwicklung mit sich und müssen die installierten Systeme ihrer Kunden weiter pflegen und betreuen. Unklar ist auch, wie der Schwenk auf ein Mietmodell zu bewältigen ist. Die Hersteller haben mit dem lukrativen Lizenz-Wartungs-Geschäft hohe Margen erzielt und gut verdient. Davon müssten sie sich mit SaaS-Produkten erst einmal verabschieden, was den Investoren sauer aufstoßen dürfte. Außerdem wird das Geschäft unberechenbarer, wenn Kunden unabhängiger sind und Ressourcen auch einmal zurückfahren können. Doch die Anwender stecken ebenfalls in einer Zwickmühle: Sie müssen immer komplexere Altsysteme pflegen, bräuchten im Grunde aber flexible, leicht handhabbare ERP-Lösungen.

In dieser Situation, in der sich etablierte Anbieter nur langsam vorwärts bewegen, wäre theoretisch Platz für einen Newcomer ohne Altlasten. "Vielleicht taucht irgendwann ein schlauer Anbieter im Markt auf und bietet etwas völlig Neues an", spekuliert denn auch Picot - ähnlich wie Salesforce.com vor einigen Jahren den CRM-Markt aufgemischt hat. Allerdings werde es nicht leicht sein, eine Bresche in die ERP-Phalanx zu schlagen. Veränderungen gerade in diesem Markt bräuchten ihre Zeit, meint der Münchner Professor. Die Abhängigkeit der Unternehmen von ihren ERP-Systemen und damit von den entsprechenden Herstellern sei hoch. Bestehende Anwendungen würden nicht von heute auf morgen abgelöst. Dieser Markt sei nicht im Sturm zu erobern.

Andererseits beobachtet Picot, dass in den ERP-Markt bereits Bewegung komme. Gelinge es einem Anbieter von Zusatzlösungen oder einem Dienstleister, das Vertrauen der Anwender zu gewinnen und damit ein gewisses Renommee aufzubauen, könnte er letztendlich immer mehr ERP-Funktionen übernehmen. Dies sei jedoch ein schleichender Prozess und gerade am Anfang schwer zu erkennen.

Erste Signale, dass an den ERP-Monolithen gekratzt wird, sind jedoch bereits spürbar. Beispielsweise kündigte Bernd Seeburger, CEO und Chairman des gleichnamigen Integrationsspezialisten, an, mit seinen Lösungen zunehmend auch Funktionen aus einem ERP-System wie SAP abdecken zu wollen. "Wir werden uns massiv in die Prozesse einklinken." Der schwäbische Softwarehersteller stellt die ketzerische Frage, inwieweit Unternehmen künftig überhaupt noch ein dediziertes ERP-System benötigen werden. Es könnte eine Vielzahl von unterschiedlichen Services in der Cloud geben, aus denen sich die Anwender ihre Business-Software zusammenstellen. Die Unternehmen blieben nur noch die Herren über ihre jeweiligen Daten. Seine eigene Rolle interpretiert Seeburger derart, in einer Art Integrations-Cloud dafür zu sorgen, dass die einzelnen Services miteinander verknüpft werden. In der Folge könnte eine Reihe neuer Player im ERP-Sektor auftauchen: Dienstleister, die sich als Serviceentwickler betätigen, oder Integrationsspezialisten, die die einzelnen Services in der Cloud verknüpfen und zusammenhalten. Das Potenzial für den Paradigmenwechsel ist aus Seeburgers Sicht da: "Kein Anwender ist mit seinem ERP-System wirklich zufrieden."

Quelle: Computerwoche