Capgemini: IT-Trends Tops und Flops

Google Apps noch kein Bringer

24.02.2011 von Werner Kurzlechner
Mashup-Integration, Microbloggings, Google Apps und Social CRM: Sie klingen wie die heißesten Trends in IT. Beruhigend: Diese Themen zieren das Ende der Prioritätenliste, die Capgemini in einer Trendstudie ermittelt hat.
Ein bisschen wie eine Rose von oben: Diese Grafik zeigt die wichtigsten Informationen zu 32 IT-Trends.
Foto: Capgemini

Jeroen Timmer setzt klare Prioritäten. „Multi-Channel-Management – inklusive Mobile Commerce und Social Media – ist für uns im Einzelhandel ein zentrales Thema“, sagt der IT-Chef der Parfümeriekette Douglas. „Die IT entwickelt sich über diese Innovationen zum strategischen Faktor bei Marktentwicklung und Kundenansprache.“ Eine nachvollziehbare Argumentation – aber sind Mobility, Social Media und Innovation auch insgesamt bestimmende IT-Trends in diesem Jahr? Nicht unbedingt, wie eine Studie von Capgemini zeigt.

Die Umfrage unter 173 Großunternehmen im deutschsprachigen Raum liest sich spannend, weil sie zum einen scharf aktuelle Trends herausarbeitet. Zum anderen zwingt sie dazu, sich mit den Fallstricken des Begriffs "Trend" genauer auseinanderzusetzen. Das Bild dazu ist eine rosenblütenartige Kreis-Grafik, die 32 IT-Themen in drei Dimensionen veranschaulicht: aktuelle Bedeutung, Ist-Zustand und Projektplanung. Hinzu käme noch als vierter Aspekt, dass sich die Prioritäten bekanntlich rasant verschieben können. Es zeigt sich zu einzelnen Themen eine höchst unterschiedliche Gemengelage.

Virtualisierung inzwischen ein Dauerbrenner

Der brachialste Teil der Studie ist das Ranking der jeweils fünf wichtigsten und unwichtigsten Themen, gemessen an der derzeitigen Relevanz für die befragten Firmen. Ganz oben rangiert immer noch Virtualisierung, was allerdings nicht mit einem Boom an Implementierungen einhergeht. Der Blick auf die Rosengrafik zeigt, dass dieser Vorgang in den meisten Firmen längst stattgefunden hat. Virtualisierung ist eben kein Modethema, sondern ein Dauerbrenner.

Die Virtualisierung der Server sei zumeist abgeschlossen, jetzt seien die Desktops an der Reihe, so Capgemini: „Sie sollen zentral administrierbar werden und dadurch der IT-Abteilung Freiraum schaffen, Lizenzkosten senken und die Auslastung der Hardware verbessern.“

Innovation kommt wieder in Mode: Das stellt Capgemini-Geschäftsführer Peter Lempp fest.
Foto: Capgemini

Auf Platz Zwei folgt die Integration von Standard- und Individualsoftware. Capgemini attestiert den Firmen hier langjährige Bemühungen, die oft noch nicht zum erhofften Durchbruch geführt haben. Risikomanagement gewann bekanntlich durch die Wirtschaftskrise enorm an Bedeutung. Diese hat sie laut Studie neben der Finanzwirtschaft mittlerweile auch in Branchen wie Handel und Automobilindustrie.

Nachholbedarf bei der Datenqualität

Nummer Vier und Fünf sind mit Master Data Management und Data Quality Management zwei Felder, in denen es vor allem jede Menge Nachholbedarf zu konstatieren gibt. "Getrieben wird dieser Trend durch die steigende Geschäftsprozessintegration, Risiko- und Compliance-Management, aber auch durch die besser gewordenen Analysemöglichkeiten", heißt es in der Studie. Im "Trend" liegen kann also genauso innovative Lösungen und Potenziale wie unerledigte Hausaufgaben bedeuten – oder sogar beides zugleich.

Das Ende der Liste zieren die „Flops des Jahres“, wie es in der Studie plakativ heißt: Mashup-Integration, unternehmensinterne Blogs, Social CRM, Google Apps und als Schlusslicht unternehmensinterne Microbloggings. Flop heißt: Diese Themen spielen in den meisten Unternehmen keine Rolle, wenngleich einige Konzerne unbemerkt auf Google Apps umgestiegen sind und sich zum Teil mit Vertraulichkeitsproblemen ihrer Daten herumschlagen müssen.

Die schlechten Platzierungen von Blogs und Microbloggings zeigen, dass der Bedarf an Kommunikationsplattformen auch seine Grenzen hat. So nützlich und durchdacht die Konzepte in der Theorie klingen: Irgendwann sind Mitarbeiter und Kunden neben E-Mail, Chat, Newsletter und Intranet auch überfordert mit immer neuen Kanälen.

Dennoch hält Capgemini Web 2.0 insgesamt für ein wegweisendes Trendthema, dessen Entwicklung aber in vielen Unternehmen auf die längere Bank geschoben werde. Aus CIO-Sicht würden Social Media-Elemente – insbesondere Social CRM – in den kommenden zwei Jahren an Bedeutung gewinnen.

Bis dahin werde vor allem am Nutzungserlebnis auf Portalen und Web-Applikationen sowie am Außenauftritt und am Kundenservice gearbeitet. Darüber hinaus werden laut Capgemini mit Hochdruck Applikationen für mobile Endgeräte entwickelt.

Für viele der aktuellen Flop-Themen gilt, dass die Anwender eine größere Relevanz in der Zukunft sehen. Social CRM hat etwa durchaus das Potenzial, zeitnah aus dem jetzigen Schattendasein zu treten. Schon für 2011 zeigen sich weitere Trendgebiete, in denen mit einer Vielzahl neuer Projekte zu rechnen ist – Enterprise Content Management (ECM) sowie Identity und Access-Management beispielsweise.

7 innovative Lösungen im Schnitt

Ebenso aufschlussreich wie die absoluten Rankingwerte sind Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Das Aufsteigerthema schlechthin sind mobile Applikationen, gefolgt von Unified Communications und Business Activity Monitoring. Absteigerthemen sind Plattformen zur Kundeneinbindung und Auswertung unstrukturierter Daten, aber auch Green IT und Shared Services.

Neben dieser Detailanalyse einzelner Themen zoomt die Capgemini-Studie auch auf die größeren Entwicklungen in der IT. So steht nach Jahren der einseitigen Kostenperspektive die IT als Innovationsmotor wieder stark im Fokus. Mehr als die Hälfte der Firmen hält die Unternehmens-IT für höchst wichtig in der Entwicklung von Innovation bei Endprodukten und Primärprozessen.

"Die kreative Seite der IT war in den letzten Jahren selten gefragt, außer in Zusammenhang mit Kostensenkungen", so Peter Lempp, Geschäftsführer bei Capgemini Deutschland und mitverantwortlich für die Studie. "Das ändert sich jetzt, die IT ist wieder als innovative Kraft im Unternehmen gefordert." Im Mittel implementieren die befragten Unternehmen jährlich 6,7 innovative Software-Applikationen.

Dies korrespondiert mit einer Erhöhung der Budgets im Firmendurchschnitt. Die Budget-Prognose als Teil der Studie wurde bereits vor einigen Wochen veröffentlicht.

Eigenentwicklungen nehmen wieder zu

Weitere Beobachtungen aus der Studie: Die Unternehmen setzen wieder stärker auf IT-Eigenleistungen. Vor allem trifft dies auf die Software-Entwicklung zu, bei der es einen gemittelten Anstieg um zehn Prozentpunkte gab – eindeutige Signale für eine Trendumkehr. Outsourcing findet dennoch weiter statt. Zu 65 Prozent bleiben die Aufträge in Zentraleuropa, 15 Prozent des Volumens gehen an indische Dienstleister.

Die Studie "IT-Trends 2011" kann auf der Website von Capgemini heruntergeladen werden.