PAC-Kommentar zur Aufspaltung von HP

"HP hat richtig entschieden"

29.10.2014 von Christophe Châlons
Hewlett-Packard wird künftig in zwei Einheiten ähnlicher Umsatzgröße geführt. Ein richtiger Schritt, vor allem um HP als führenden Anbieter von IT-Lösungen für Unternehmen und Behörden zu positionieren.
"Insgesamt überwiegen die Gründe, die für eine Aufspaltung sprechen", sagt Christophe Châlons, Berater bei PAC.
Foto: PAC

Hewlett-Packard Enterprise fokussiert künftig auf Server, Storage, Netzwerk sowie Software & IT Services. HP Inc. hingegen kümmert sich um PCs & Printers. Schon seit einigen Jahren erwägt HP eine solche Aufspaltung immer wieder, und Léo Apotheker musste 2011 nach einer ähnlichen Ankündigung sogar seinen Chefsessel räumen. Die jetzige Entscheidung kommt daher nicht völlig überraschend.

Für diesen Schritt spricht, dass die zwei Einheiten sehr unterschiedliche Märkte adressieren, was Dynamik, Kundenerwartungen, Produktzyklen, Wettbewerb, Vertriebsansatz und Unternehmenssteuerung betrifft. Allerdings besaß HP als einer der wenigen Universalanbieter einen Wettbewerbsvorteil in einzelnen Kundensituationen und verfügt über ein gewisses Synergiepotenzial.

Insgesamt überwiegen aber die Gründe, die für eine Aufspaltung sprechen. Zunächst einmal aus Sicht der Investoren: Aufgrund der unterschiedlichen Märkte und Geschäftsmodelle sind die KPIs ebenso unterschiedlich. Dies sollte entsprechend eine höhere Bewertung für die zwei unabhängigen Einheiten ermöglichen als für den bisherigen integrierten Konzern.

Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg wird es aber sein, wie gut die beiden neuen Firmen Kundenerwartungen erfüllen und auf Wettbewerb reagieren können. Aus PAC-Sicht sollte die Aufspaltung beide Einheiten agiler machen, um sich in einem immer schneller verändernden Marktumfeld, geprägt durch einige dramatische Zäsuren (insbesondere Cloud Computing und Offshore), erfolgreich durchzusetzen.

Fokus auf Software und IT Services

Für die neue Firma Hewlett-Packard Enterprise erwarten wir eine stärkere Fokussierung auf Software und IT Services. In der bisherigen Organisation dominierte das Hardwaregeschäft, IT Services generierten bescheidene 20 Prozent und Software sogar nur drei Prozent des Umsatzes. In der neuen Einheit wird dagegen mit Software und IT Services nahezu die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet. HP ist ohnehin die klare Nummer zwei (hinter IBM) auf dem weltweiten IT-Services-Markt (in Deutschland Nummer drei hinter IBM und T-Systems), allerdings vor allem im Bereich Infrastructure Services erfolgreich.

Marktanteile von HP weltweit und in Deutschland in einzelnen Segmenten.
Foto: PAC

Bei den "Applications Services" ist HP vergleichsweise nur an fünfter Stelle (weltweit wie in Deutschland) und leidet unter dem zunehmenden Wettbewerb einiger Anbieter wie Accenture, Capgemini und vor allem der indischen Anbieter wie insbesondere TCS, Cognizant, Infosys und Wipro. Auch die ehemaligen "Big Four" (insbesondere Deloitte, PwC, KPMG) sind in diesem Marktumfeld zunehmend aggressiv und erfolgreich aktiv. Auch im Softwaregeschäft ist HP primär im Bereich "Infrastructure Software" positioniert. Allerdings ist der Abstand zu den Marktführern (Microsoft, IBM, Oracle, EMC) dort noch gewaltig.

Die Stärke im Umfeld "Infrastructure" sollte kein Nachteil sein: Bei den aktuellen Wachstumsfeldern wie Cloud Computing, Security, Big Data, Mobility oder sogar Digital Transformation stellt schließlich die Technologie den Haupttreiber dar. Allerdings erwarten die Kunden von einem IT-Anbieter, dass er ebenso die durch diese neuen Technologien hervorgerufene Anpassung der Geschäftsprozesse und sogar der Geschäftsmodelle mitgestalten kann.

HP muss deutlich aggressiver auftreten

Gerade dort muss HP deutlich aggressiver auftreten. Es sind bereits substanzielle Ressourcen vorhanden, denn allein im vergangenen Geschäftsjahr wurden mit "Applications Services" über fünf Milliarden Euro Umsatz generiert. Allerdings muss die neue Einheit in diesem Umfeld deutlich stärker wahrgenommen werden, und zwar nicht nur im "Application Management" (Pflege und Betrieb bestehender Anwendungen), sondern auch in Consulting und Systems Integration, also bei der Gestaltung der Prozesse, Entwicklung und Implementierung der entsprechenden Anwendungen. Die neue Struktur kann hier eine große Chance bieten.

Wir erwarten gleichzeitig, dass HP im Bereich der Infrastructure (Hardware wie Software) seine führende Rolle behält und vor allem die Entwicklung des Softwaregeschäfts sowohl organisch als auch über gezielte Übernahmen beschleunigen kann. Aber, wie gesagt: Der Erfolg wird davon abhängen, ob die neue Einheit nur als reiner Technologieanbieter oder als Lösungsanbieter mit den dazugehörigen Prozesskompetenzen positioniert wird.

Schwieriger PC- und Printer-Markt

Was hingegen die neue Firma "HP Inc." betrifft, sind wir weit weniger optimistisch: Sowohl der PC- als auch der Druckermarkt (abgesehen von den 3-D-Printern) sind unter Druck, und eine Besserung ist nicht in Sicht. In der neuen vernetzten Welt bevorzugen Kunden zunehmend Tablets und einfache PCs, die für die Nutzung von SaaS und SaaS-ähnlichen Anwendungen völlig ausreichen und darüber hinaus leichter zu betreiben sind. Und in der digitalen Welt wird immer weniger auf Papier gedruckt. In diesem schwierigen Marktumfeld soll die neue HP Inc. vor allem ihre Effizienz stärken und natürlich durch Innovation bei Themen wie 3-D-Printer ihre führende Rolle bestätigen.

Insgesamt sehen wir also vor allem für Hewlett-Packard Enterprise gute Chancen, sich am IT-Markt zu behaupten. Die Entwicklung vom Technologie- zum Lösungsanbieter stellt für PAC den richtigen Weg dar. Die angekündigte Abspaltung kann diesen Prozess unterstützen.